Rede von
Volker
Rühe
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Vermögen aller Parteien der ehemaligen DDR stand seit dem 1. Juni dieses Jahres unter treuhänderischer Verwaltung einer vom damaligen Ministerpräsidenten der DDR eingesetzten unabhängigen Kommission. Vermögensveränderungen bedurften seitdem der Zustimmung des Vorsitzenden der Kommission. Das ist nicht erfolgt. Deswegen teile ich die Empörung über das Verschieben von Millionen in Europa, das von der PDS gemacht worden ist.
Herr Gysi, wenn ich mich an Sie wenden darf: Sie haben in den letzten Tagen versucht, die Rolle des Opfers zu spielen. Ich muß Ihnen sagen, das ist eine Zumutung. Es gibt zwar viele Grautöne und Mischungen von Opfer und Täter. Aber eines ist für mich klar: Sie gehören zur Partei der Täter. Deswegen kommen sie als Opfer nicht in Frage.
Ich kann Ihnen nur sagen: Statt das Geld in Europa herumzuschieben, sollten sie diese 100 Millionen lieber in eine Stiftung für die Opfer des Stalinismus einzahlen. Die haben nämlich bisher noch nichts bekommen.
Die CDU der ehemaligen DDR hat mit Schreiben vom 28. Juni, also fristgerecht, ihr gesamtes Vermögen bei der Treuhandverwaltung angemeldet. Und, Frau Däubler-Gmelin: Nachdem die Volkskammer mit § 13 a des Parteiengesetzes die Gesamtrechtsnachfolge bei Parteienfusionen geregelt hatte, haben wir die Initiative ergriffen, um zusammen mit Ihnen
und den Sprechern der anderen Parteien im Einigungsvertrag eine Regelung zu treffen, die sicherstellt, daß das Vermögen mit dem Tag der deutschen Wiedervereinigung ohne jegliche Einschränkung in die Verfügungsgewalt der Treuhandanstalt übergeht.
Verfügungen über das Parteivermögen kann die Treuhandanstalt nur im Einvernehmen mit der vom Ministerpräsidenten der ehemaligen DDR durch Gesetz vom Mai eingerichteten und unter Aufsicht der Bundesregierung stehenden Treuhandkommission treffen.
— Seien Sie vorsichtig! — Ich möchte hier noch einmal feststellen: Es gab seitens der Sozialdemokraten keinen Wunsch, der offengeblieben ist. Denn ich hatte selbst genau die gleichen Absichten, hier 100 ige Gewißheit zu schaffen. Der Kollege Spilker und andere können sicherlich bestätigen, daß in den Verhandlungen, in denen sie dabei waren, kein Wunsch der Sozialdemokraten offengeblieben ist.
Das Ziel dieser Vereinbarung ist die baldmögliche Rückführung des Vermögens an die früher Berechtigten oder deren Rechtsnachfolger. Soweit eine solche Rückführung nicht möglich ist, ist das Vermögen zugunsten gemeinnütziger Zwecke, insbesondere der wirtschaftlichen Umstrukturierung, in der DDR zu verwenden. Soweit dieses Vermögen heute noch von den Parteien genutzt wird, z. B. als Parteiengeschäftsstellen, gehen wir davon aus, daß — unabhängig von den endgültigen vermögensrechtlichen Regelungen — die Treuhandanstalt für die Nutzung dieses Vermögens marktgerechte Mieten festsetzen wird, die von den Parteien zukünftig zu zahlen sein werden.
— Ja, sicher, zu dem Datum.
Im übrigen wird die CDU Deutschlands, wie im Einigungsvertrag vorgesehen, für die CDU der ehemaligen DDR per Vereinigungsstichtag 1. Oktober eine Schlußbilanz und eine Eröffnungsbilanz mit Testat eines Wirtschaftsprüfers vorlegen, aus der sich die tatsächlichen finanziellen Verhältnisse ergeben. Wir werden diese Bilanz termingerecht zum 1. November vorlegen.
Darüber hinaus wird der Schatzmeister der CDU zum 1. Dezember dieses Jahres eine eidesstattliche Versicherung abgeben — so wie vorgesehen —, daß im Wahlkampf kein Vermögen der ehemaligen CDU eingesetzt wurde. Ich glaube, daß wir wirklich alle Anstrengungen gemacht haben, um eine klare Grundlage zu schaffen, und daß das auch akzeptiert werden muß.
Was nicht geht, Herr Vogel, ist, daß wir mit Ihren Verhandlungspartnern Vereinbarungen treffen und uns am Ende bestätigt wird: Das ist wasserdicht; wir haben keine weiteren Wünsche — es ist auch deutlich
Rühe
geworden, daß es praktisch kaum eigenes Vermögen gegeben hat, sondern im wesentlichen nur Nutzungsrechte —, daß aber dann im Wahlkampf weiter über die angeblichen Milliarden gesprochen wird.
Was auf uns zukommt, sind Belastungen im Zusammenhang mit Sozialplänen zum Personalabbau und keinerlei zusätzliche D-Mark.
Ich bitte Sie schon, draußen genauso zu reden wie Ihre verantwortlichen Verhandlungsführer das in den Verhandlungen gemacht haben.
Wir sind uns einig, daß dies mit aller Offenheit und Sauberkeit durchgeführt werden muß. Ich habe hier die Maßnahmen entsprechend dem Einigungsvertrag angekündigt. So wie ich im Ausschuß Deutsche Einheit die Zahlen im einzelnen vorgelegt habe, hat das bisher noch keine Partei in Deutschland gemacht.
Vor allen Dingen den Kolleginnen und Kollegen der PDS — Herr Gysi, Sie lächeln schon wieder — muß ich noch einmal mit aller Klarheit sagen: Was Sie treiben, ist angesichts der Tatsache, daß Sie Menschen 40 Jahre um ihr Leben, um ihre Lebenschancen betrogen haben, wirklich eine Ungeheuerlichkeit!
Sie sollten Schluß machen mit diesen Finanzschiebereien in Europa und das Geld endlich dem Volk zur Verfügung stellen, vor allen Dingen denjenigen, die von Ihnen in den vergangenen 40 Jahren gepeinigt worden sind, den Opfern der SED, den Opfern Ihrer Partei.