Rede:
ID1122807400

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. Frau: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Unruh.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/228 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 228. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 4. Oktober 1990 Inhalt: Präsidentin Dr. Süssmuth 18015A Verzicht des Abg. Porzner auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 18017 B Eintritt des Abg. Weinhofer in den Deutschen Bundestag 18017 B Erweiterung der Tagesordnung 18017 B Tagesordnungspunkt 1: Eidesleistung von Bundesministern Präsidentin Dr. Süssmuth 18017 D Frau Dr. Bergmann-Pohl, Bundesministerin für besondere Aufgaben 18018A de Maizière, Bundesminister für besondere Aufgaben 18018A Dr. Krause, Bundesminister für besondere Aufgaben 18018B Dr. Ortleb, Bundesminister für besondere Aufgaben 18018B Dr. Walther, Bundesminister für besondere Aufgaben 18018 C Tagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zur Politik der ersten gesamtdeutschen Bundesregierung Dr. Kohl, Bundeskanzler 18018D Brandt SPD 18029 B Dr. Dregger CDU/CSU 18032 C Dr. Knabe GRÜNE 18033 B Dr. Ullmann GRÜNE 18036 A Lafontaine, Ministerpräsident des Saarlandes 18037 D Stratmann-Mertens GRÜNE 18040 B Dr. Hirsch FDP 18041 A Dr. Gysi PDS 18043 A Wetzel GRÜNE 18044 B Stratmann-Mertens GRÜNE 18045 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 18046A Dr. Bötsch CDU/CSU 18053 A Dr. Klejdzinski SPD 18054 B Thierse SPD 18055 C Dr. Elmer SPD 18056 C Dr. Lammert CDU/CSU 18056 D Frau Dr. Vollmer GRÜNE 18058A Dr. Wieczoreck (Auerbach) CDU/CSU 18060A Frau Unruh fraktionslos 18061 D Wüppesahl fraktionslos 18063 B Zusatztagesordnungspunkt 1: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Anzahl der Mitglieder des Präsidiums des Deutschen Bundestages Frau Birthler GRÜNE 18065 C Bohl CDU/CSU 18066 A Jahn (Marburg) SPD 18066 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 18067 A Frau Birthler GRÜNE 18067 C Dr. Steinitz PDS 18067 D Wüppesahl fraktionslos 18068A, D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Oktober 1990 Zusatztagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes sowie zur Änderung des Parteiengesetzes (Drucksache 11/8023) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drucksache 11/8033) Dr. Schäuble, Bundesminister BMI 18070B Bernrath SPD 18071 B Frau Birthler GRÜNE 18071 D Lüder FDP 18072 D Dr. Knabe GRÜNE 18073 B Jahn (Marburg) SPD 18073 C Häfner GRÜNE 18074 B Dr. Heuer PDS 18076 B Gerster (Mainz) CDU/CSU 18077A, 18079 C Stahl (Kempen) SPD 18077 D Reddemann CDU/CSU 18078 A Westphal SPD 18079 A Wüppesahl fraktionslos 18079D, 18080D Frau Unruh fraktionslos 18080 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. September 1990 über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland (Drucksache 11/8024) 18081 A Nächste Sitzung 18081 C Berichtigung 18081 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 18083 A Anlage 2 Liste der Abgeordneten, in deren Namen der Abgeordnete Conradi eine mündliche Erklärung nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands — Einigungsvertragsgesetz — (Drucksachen 11/7760, 11/7817, 11/7831, 11/7841, 11/7920, 11/7931, 11/7932) abgegeben hat 18083* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Oktober 1990 18015 228. Sitzung Berlin, den 4. Oktober 1990 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 225. Sitzung, Seite 17797 * C, Zeile 17: Statt „.. 2-39 Jahre. " ist „... 12-39 Jahre." zu lesen. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Oktober 1990 18083* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 05. 10. 90 * Büchner (Speyer) SPD 05. 10. 90 * Dr. Gautier SPD 05. 10. 90 Gerster (Worms) SPD 05. 10. 90 Grünbeck FDP 05. 10. 90 Hornhues CDU/CSU 05. 10. 90 Kalisch CDU/CSU 05. 10. 90 Kastning SPD 05. 10. 90 Müller (Düsseldorf) SPD 4. 10. 90 Frau Nickels GRÜNE 5. 10. 90 Schäfer (Offenburg) SPD 05. 10. 90 Dr. Schulte (Schwäbisch CDU/CSU 05. 10. 90 Gmünd) Steiner SPD 05. 10. 90 * Wischnewski SPD 05. 10. 90 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Liste der Abgeordneten, in deren Namen der Abgeordnete Conradi eine mündliche Erklärung nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands — Einigungsvertragsgesetz — (Drucksachen 11/7760, 11/7817, 11/7831, 11/7841, 11/7920, 11/7931, 11/7932) abgegeben hat* ) Antretter, Büchner (Speyer), Dr. von Bülow, Conradi, Duve, Egert, Erler, Fuchs (Verl), Gansel, Dr. Glotz, Frau Dr. Götte, Frau Dr. Hartenstein, Heyenn, Hiller (Lübeck), Dr. Holtz, Jungmann (Wittmoldt), Kirschner, Kühbacher, Frau Kugler, Kuhlwein, Lambinus, Lutz, Müller (Düsseldorf), Müller (Pleisweiler), Frau Odendahl, Opel, Peter (Kassel), Dr. Pick, Rixe, Schanz, Dr. Scheer, Schmidt (Salzgitter), Dr. Schöfberger, Sielaff, Frau Dr. Skarpelis-Sperk, Sonntag-Wolgast, Steiner, Dr. Struck, Frau Terborg, Toetemeyer (alle SPD) *) Siehe 226. Sitzung, Seite 17891 C
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir als ehemaligem DDR-Bürger auch ein kurzes persönliches Wort. Ich freue mich, hier bei Ihnen in Ihren Reihen sitzen zu dürfen und auch ein wenig an der Demokratie in der neuen Bundesrepublik Deutschland mitarbeiten zu dürfen. Ich bin dafür sehr dankbar, und ich danke auch Herrn Otto Graf Lambsdorff für die öffentliche Rehabilitierung eines von uns sehr geschätzten Kollegen der ehemaligen Volkskammer.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Meine Damen und Herren, nach dem großen Tag der Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands stehen wir vor dem schwierigen Prozeß des Zusammenwachsens der Deutschen und dem Weg zum geeinten Europa. Es gilt in der nächsten Zeit, das wirtschaftliche, ökologische, soziale und kulturelle Gefälle zwischen dem Westen und dem Osten Deutschlands zu überwinden und gleiche Lebensverhältnisse zu schaffen. Ich erlaube mir deshalb, einige Aspekte der wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklung in den fünf neuen Bundesländern aufzuzeigen.
    Die Wirtschafts- und Umweltpolitik hat zum Ziel, schrittweise eine Angleichung der Lebensverhältnisse zu erreichen. Die Zustandsanalyse von Wirtschaft und Umwelt in den fünf neuen Bundesländern zeigt, daß zukünftige Wirtschafts- und Umweltpolitik eine gewaltige Herausforderung ist und eine Pionierleistung von allen Bürgern abverlangt. Mit dem Umgestaltungsprozeß erwarten wir eine beginnende Konjunktur, damit wir dann eine ökologisch und wirtschaftlich ausgewogene Soziale Marktwirtschaft rasch in Schwung bringen können. Ökologie wird jetzt im direkten Verhältnis bei der wirtschaftspolitischen Konzeption sowie der Produktplanung berücksichtigt werden müssen und nicht im nachhinein als Reparaturanstalt betrieben werden. Dies möchte ich vorwegstellen, um die Dimension der Aufgaben, vor denen wir stehen, anzudeuten.
    Die Erkenntnisse zum Stand der Wirtschaftlichkeit der ehemaligen DDR-Unternehmen lassen sich bis dato wie folgt zusammenfassen. Ca. 60 % der Unternehmen können rentabel arbeiten bzw. sind durch Strukturanpassungshilfen in relativ kurzer Frist zu sanieren, ca. 20 % können diesen Stand 1992/93 erreichen, und ca. 20 % der Firmen sind direkt konkursgefährdet. Dennoch gilt — ich beziehe mich hier auf einen Bericht der Deutschen Bundesbank —, daß sich die Talfahrt der Produktion in der DDR in den letzten Monaten beschleunigt hat, während sich die bundesdeutsche Wirtschaft weiter unvermindert entwickelt. Dieser Boom ist vor allem auf die Einführung der D-Mark in der DDR zurückzuführen.
    Der eigentliche Grund für die Talfahrt liegt allerdings im Zusammenbruch der sozialistischen Kommandowirtschaft. Erinnert sei hier an hohe Kosten der Altlastsanierung. Zum Beispiel sind zur Beseitigung der Chemiealtlasten in diesem Jahrzehnt ca. 15 Milliarden DM veranschlagt.
    Die Dimension künftiger Umgestaltung werden plastisch anschaubar beim Vergleich der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Ausgangssituationen. In der Bundesrepublik haben wir eine über Jahrzehnte gewachsene, dem sozialen Frieden verpflichtete und ökologischen Erfordernissen immer stärker entsprechende Soziale Marktwirtschaft auf hohem technologischen Niveau. Damit war und ist die Soziale Marktwirtschaft in der Lage, Konjunkturschwankungen der Weltwirtschaft wirksam zu begegnen und sich in führenden Positionen in der internationalen Arbeitswelt und im Welthandel zu behaupten.
    In den fünf neuen Bundesländern dagegen finden wir eine Volkswirtschaft vor, die über Jahrzehnte von einer zentralistischen und auf höchstmögliche Autarkie gerichteten Wirtschaftsstrategie verformt worden ist. Hier ist es nicht gelungen, effektive, den Erfordernissen des Weltmarkts und der Umwelt entsprechende Strukturen zu entwickeln. Infolge einer verfehlten Investitionspolitik ist in vielen Bereichen die einfache Reproduktion mit all den damit verbundenen Konsequenzen für die Entwicklung ganzer Territorien und insbesondere auch für die Belastung von Mensch und Natur nicht mehr gesichert.
    Kernpunkt wirtschaftlicher Entwicklung, insbesondere im produzierenden Sektor, und Voraussetzung jeglicher betrieblicher Investitionen ist das Vorhalten entsprechender Verkehrs-, Kommunikations- und wirtschaftsnaher Infrastruktur. Unter wirtschaftsnaher Infrastruktur spreche ich vor allem die Ver- und Entsorgung in dem ökologisch erforderlichen Standard an. Ein besonderes Problem in den fünf neuen Bundesländern stellt die Abfallbeseitigung, die Kanalisation, der Bau von Kläranlagen dar.
    In den fünf neuen Bundesländern stehen nach Schaffung der infrastrukturellen Voraussetzungen großräumige Flächen zur Verfügung, auch in der Nähe von Verdichtungsregionen. Damit gibt es künftig Standortvorteile im internationalen Wettbewerb um Ansiedlungen von Wirtschaftsunternehmen.
    Kernstück der Umsetzung ist die Vereinbarung der regionalen Wirtschaftsförderung. Das gesamte Gebiet der fünf neuen Bundesländer wird für mindestens fünf Jahre Fördergebiet, wobei es den Ländern überlassen bleibt, Förderschwerpunkte zu setzen. Das ist sinnvoll, da bereits jetzt regionale Entwicklungskonzepte eine beschleunigte Entwicklung der gewerblichen Wirtschaft sowie die Stimulierung der Ansiedlung von mittelständischen Unternehmen vorsehen.
    Wichtig ist nun, daß neben gewerblichen Investitionen auch Investitionen für Modernisierung und Ausbau der kommunalen Infrastruktur durch Investitionszuschüsse gefördert werden können.
    Eine Schlüsselstellung in der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung kommt den Kommunen, ihrer Wirtschaftsförderung und insbesondere der Flächenpolitik zu. Für mittelständische Unternehmen und Unternehmensneugründer muß ein fachkundiger Ansprechpartner mit politischem Gewicht und mit Entscheidungskompetenz zur Verfügung stehen. Wirtschaftsförderung ist eine Querschnittsaufgabe und fordert die Sensibilität aller Verwaltungsbereiche. Was dort



    Dr. Wieczoreck (Auerbach)

    auf unserem Gebiet für Defizite bestehen, wissen Sie alle sehr genau.
    Sachkompetente und aufgeschlossene lokale Verwaltungsmitarbeiter sind für den Mittelstand eminent wichtig, weil sich so bestehende administrative Hemmnisse abbauen lassen. Das investitionsfreundliche Klima innerhalb einer Stadt und ihrer Verwaltung trägt wesentlich zum Erfolg oder Mißerfolg einer Ansiedlungsmaßnahme und damit der kommunalen Wirtschaftspolitik bei.

    (Jäger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Ohne funktionierende Verwaltungsstrukturen in den Gemeinden, Städten und Kreisen müssen sowohl kommunale Wirtschaftspolitik als auch die in den Kommunen durchzuführenden Maßnahmen im Umweltbereich scheitern.
    Die Wirtschaftspolitik der Zukunft wird auf eine Kooperation der Städte und Gemeinden innerhalb der Region abzielen müssen. Kommunale Wirtschaftspolitik sollte anstreben, die Region mit einem abgestimmten Konzept interkommunaler Zusammenarbeit zu einem attraktiven Standort mit leistungsfähiger Infrastruktur und kooperativer wie gleichermaßen effizienter Verwaltungsführung vor Ort zu entwikkeln. Eine attraktive Region, die sich im internationalen Wettbewerb behaupten kann, ist auch die Voraussetzung für die Städte und Gemeinden, innerhalb dieser Region eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung zu nehmen.
    Meine Damen und Herren, in den nächsten Jahren werden 1,8 bis 2,5 Millionen Arbeitnehmer in neue Berufe umschulen müssen, weil sie bislang Berufe ausüben, die direkt oder indirekt mit der planwirtschaftlichen Produktionsweise zusammenhingen oder der Aufrechterhaltung des sozialistischen Systems dienten. Ein Großteil des Produktionsgefälles zur Bundesrepublik ist damit zu erklären.
    Für die künftige Grundorientierung der Wiederaufbaupolitik ist es wichtig, von einer ressortbezogenen Planung zu ressortübergreifendem Denken zu kommen — und das vor allem in den neuen Bundesländern.
    Die Entflechtung großer Produktionseinheiten in Industrie und Landwirtschaft sowie die verstärkte Hinwendung zu spezialisierter Produktion in kleineren und flexibleren mittleren Unternehmen werden ohne Zweifel positive Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht und den Schutz der Natur haben. Bei der Sicherung der Landschafts- und Naturschutzgebiete, die im Interesse Deutschlands und Mitteleuropas in Nationalparks und Naturparks umgewandelt werden, entspricht das den Empfehlungen der Europäischen Gemeinschaft.
    Ich möchte hier noch ein ehemaliges DDR-Spezifikum hervorheben, und zwar die Verwertung und Aufbewahrung von industriellem Abfall und Siedlungsabfällen. Mit Hilfe fortschrittlicher Technologien der Entsorgungswirtschaft kann das bisherige SERO-System auf eine qualitativ höhere Stufe gehoben werden, indem es Erfassung und Verwertung von Sekundärrohstoffen im Rahmen eines einheitlichen Konzepts ermöglicht. Damit wird gleichzeitig ein bedeutender Beitrag zum schonenden Umgang mit Naturressourcen geleistet.
    Meine Damen und Herren, die eingeleiteten Strukturveränderungen in der Wirtschaft bieten den investitionswilligen Unternehmen langfristige und stabile Perspektiven. Es besteht die große Chance, im Osten Deutschlands eine Produktionsstruktur herauszubilden, die höchsten wissenschaftlich-technischen Bedürfnissen entspricht und den Erfordernissen ökologischen Wirtschaftens Rechnung trägt. Soziale Marktwirtschaft wird von Menschen für Menschen gestaltet. Sie bietet Arbeitsplätze, eine sinnerfüllte Existenz und Wohlstand.

    (Beifall der Abg. Frau Würfel [FDP])

    Wir kommen aus dem Chaos der Hinterlassenschaften des Sozialismus in der DDR. Wir ehemaligen DDR-Bürger müssen unsere inneren Fesseln, bedingt sowohl durch seelische als auch durch körperliche Schäden, ablegen und bereit sein, für eine bessere Zukunft im geeinten Deutschland zu wirken.
    Zum Abschluß, Herr Ministerpräsident Lafontaine, muß ich Ihnen als ehemaliger DDR-Bürger leider noch eine Bemerkung hinübergeben. Wir Bürger haben am 18. März mit über 76 % über einen eindeutigen Weg zur Einheit Deutschlands entschieden und diesen Weg erstritten. Ein Provisorium haben wir nicht gewollt.
    Danke.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Unruh.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gertrud Unruh


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Volksvertreter und Volksvertreterinnen! Ich bin mir sehr über das im klaren, was hier heute passiert. Ich bin zwei Jahre jünger als Herr Genscher. — Nein, Herr Genscher ist zwei Jahre jünger als ich.

    (Zuruf von der FDP: Was stimmt denn jetzt?)

    Also kann ich die Gedanken, die Empfindungen eines Herrn Genscher mit seinem wahnsinnigen Einsatz sehr wohl nachvollziehen. Aber gestatten Sie mir bitte auch, daß ich die Empfindungen nachvollziehen kann, die in der bisherigen DDR gelaufen sind, die Empfindungen dieser Vereinigung, die stattgefunden hat und hinsichtlich der die Menschen wirklich noch nicht wissen, wo sie mit uns dran sind.
    Sie bekamen gesagt, daß in der BRD alles so gut sei. Sie wollten es auch glauben. Dann merken sie, wie oftmals ihre Lebensalltäglichkeiten von so großartigen Worten wie denen eines Herrn Grafen Lambsdorff ignoriert werden.

    (Vorsitz: Präsidentin Dr. Süssmuth)

    Auch Herr Bundeskanzler Kohl hat heute wohlgesetzt geredet. Er hat aber vergessen, daß ein Drittel der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland den Sonnenstrahl nicht genießen kann.
    Herr Gysi hat sich hier, wie ich sagen möchte, nicht sehr bescheiden dargestellt, sondern er hat so getan,



    Frau Unruh
    als wüßte er alles. Aber mir sagen alle Bürger der ehemaligen DDR, sie wüßten eigentlich doch nichts. Ich glaube, diese Bescheidenheit, in der Demokratie zurechtzukommen, haben letztlich wir Alten im wesentlichen gelernt.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Sie zeigen das besonders!)

    Zum guten Schluß hat der Herr Bundeskanzler vergessen, seine Richtlinienkompetenz einzusetzen, damit es keine alten armen Menschen in der Bundesrepublik Deutschland gibt, daß die Altersrechtlosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland nicht so furchtbar grassiert.
    Ich nehme Frau Dr. Vollmer im besonderen übel, daß sie meint, wir Alten sollten uns mal schön zur Ruhe setzen, wir hätten ja eigentlich den Zenit überschritten. Das mag für diejenigen gelten, die mit ihren Betonköpfen nach wie vor im Deutschen Bundestag sitzen, oder auch für diejenigen Betonköpfe, die jetzt teilweise hierherkommen. Auch in der ehemaligen DDR hat es enorme Betonköpfe gegeben, und es gibt sie ja auch heute noch.

    (Frau Wegener [PDS]: Die gibt es überall!)

    — Die gibt es überall; das stimmt, junge Kollegin. Aber in besonderem Maße sollten in Volksvertretungen nicht zu viele Betonköpfe sitzen.
    Man muß ja im Zeitgeist der Geschichte leben, und wir leben nun einmal nicht mehr in der Zeit der Französischen Revolution, sondern 1990.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: So ist es!)

    Ich habe gestern Hunterttausende von Menschen in einer menschlichen Fröhlichkeit auf der Straße „Unter den Linden" spazierengehen gesehen. Ausgerechnet in dem Hotel, wo ich wohnen mußte, passierten, als es dunkel wurde, sehr, sehr üble Geschichten. Es waren Kriminelle vor der Tür, die die hunderttausendfache Freude der Menschen in — wie heißen die noch? — Molotowcocktails umsetzten. Bei dem Wort „Cocktail" denke ich natürlich an etwas ganz anderes.
    Ich saß dort und wollte essen. Da barsten die Fensterscheiben. Ich wundere mich, daß das 1990 noch möglich ist, da wir doch zum Mond fliegen, da wir alle doch immer schwören, wir wollten eine menschlichere Zukunft. Ich wundere mich, daß es in unserer Gesellschaft noch solche Gruppen geben kann. Ich stufe die als kriminell ein.
    Politik darf nicht dermaßen ausrasten, daß Menschen Gefahren ausgesetzt werden und — wie gestern — ihr Leben riskieren müssen.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Man meint, man schaut sich einen Krimi an, während das alles Realität vor der Hoteltür ist.
    Wir sollten uns alle bemühen, daß diese ganz verkorksten Typen in Sozialarbeiterhände kommen, damit sie den Mut finden, in unserer Gesellschaft neuen Tritt zu fassen. Wir können nicht immer nur auf die Länder verweisen, in denen ein Krieg tobt. Ich hatte gestern den Eindruck, daß bei mir vor der Hoteltür der
    Bürgerkrieg stattfindet. Genau das alles wollen wir nicht.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: So ist es!)

    Genau das, Herr Bötsch — Sie sind ja mein Lieblingsfreund — , ist, wie ich sagen möchte, durch ihre Mentalität gegenüber Menschengruppen gezüchtet worden, die dem Leistungsdruck nicht so standhalten konnten, wie Sie sich das alles auf dem Papier vorgestellt haben.
    Deshalb setzen gerade wir Alten, geprägt über den Seniorenschutzbund Graue Panther, uns dafür ein, daß es eine andere Zukunft gibt. Gerade wir Alten wollen nicht im Sessel sitzen und genüßlich zusehen, wie in der Geschichte immer wieder dieselben Fehler gemacht werden. Gerade wir weisen Alten wollen etwas dagegen tun. Man kann es vielleicht so sagen; denn wir sind nicht weise an vielen unnützen Gedanken oder auf Grund von drei Studiengängen. Ich habe gerade festgestellt, in der PDS wimmelt es nur so von Wissenschaftlern und Doktoren. Dies ist so ähnlich wie auf der NRW-Landesliste der GRÜNEN; da gibt es nur Wissenschaftler.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie Heiterkeit bei den GRÜNEN)

    Wo sitzt eigentlich das Volk, meine Volksvertreter und Volksvertreterinnen? Sehen Sie sich einmal die Landeslisten von uns Grauen Panthern an! Da können Sie wohlausgewogen Volk wiederfinden, auch Berufsbeamte.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Als Volksvertreter und Volksvertreterinnen werden wir mit einer verpflichtenden 50prozentigen Frauenquote dafür sorgen, daß den kleinen Leuten mehr Gerechtigkeit widerfährt, daß bei der Umverteilung des Volksvermögens mehr Gerechtigkeit herrscht und daß mehr Gerechtigkeit auch dadurch eingeführt wird, daß wir unerbittlich z. B. dafür streiten werden, daß die Volkssolidarität in ihren Strukturen erhalten bleibt. Was bei unseren in der Vereinigung befindlichen Menschen gut war oder ist, sollte man bitte auch so lassen bzw. mit besseren Möglichkeiten für die Gesundheit umstrukturieren.
    Dasselbe gilt für die Polikliniken. Volkssolidarität und Polikliniken haben etwas Wunderbares bewirkt, nämlich daß denen, die es nötig hatten, Hilfe geleistet wurde. Das sind im wesentlichen alte Menschen, die behindert geworden sind, junge Menschen, die in ihrer Gesundheit behindert wurden, und es sind die behinderten Kinder, die es in der DDR wegen der wahnsinnigen Umweltverschmutzung genauso betroffen hat, und Krebskranke.
    Über Jahrtausende strahlt das Gift der Atomkraftwerke. Geben Sie hier gar nicht so an, als wenn Sie nun alle gewollt hätten, daß die Umwelt nicht so vergiftet wurde. Wenn Sie ehrlich vor sich selbst sind — Sie sagen immer, daß Sie ehrlich sein wollen —, dann wüßten Sie, daß gerade wir aus den Friedensbewegungen, aus den Anti-Kernkraft-Bewegungen ungeniert auf die Straße gegangen sind, auch mit unserem Gewissen als Bürgerliche und nicht, wie Sie immer behauptet haben, als Kommunisten oder sonst etwas.



    Frau Unruh
    Auch Gorbatschow ist ein Kommunist. Sie können nicht einfach immer diese Verteufelung von Menschen betreiben; sie sind dabei, sich zu ändern. Sie Christlich-Sozialen, wo ist denn die Mindestrente bei uns?

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN sowie bei der PDS)

    Sie lassen die alten verdienten Bürgerinnen und Bürger doch teilweise am Hungertuch hängen, Sie lassen sie in Alterspsychiatrien einweisen. Sie dulden Pflegeheime, in denen täglich Menschenrechtsverletzungen stattfinden. Jetzt tun Sie nicht so, als wenn Sie das alle nicht wüßten!
    Ich sage: Wir Graue kommen in den nächsten Deutschen Bundestag. Wir werden das Regulativ sein, daß auch Sie letztlich in Würde alt werden können. Sie müssen nicht so überheblich tun. Wir Graue Panther haben sogar Menschen à la Graf Lambsdorff geschützt.