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ID1122806800

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    Vokabeln: 20
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    Plenarprotokoll 11/228 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 228. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 4. Oktober 1990 Inhalt: Präsidentin Dr. Süssmuth 18015A Verzicht des Abg. Porzner auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 18017 B Eintritt des Abg. Weinhofer in den Deutschen Bundestag 18017 B Erweiterung der Tagesordnung 18017 B Tagesordnungspunkt 1: Eidesleistung von Bundesministern Präsidentin Dr. Süssmuth 18017 D Frau Dr. Bergmann-Pohl, Bundesministerin für besondere Aufgaben 18018A de Maizière, Bundesminister für besondere Aufgaben 18018A Dr. Krause, Bundesminister für besondere Aufgaben 18018B Dr. Ortleb, Bundesminister für besondere Aufgaben 18018B Dr. Walther, Bundesminister für besondere Aufgaben 18018 C Tagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zur Politik der ersten gesamtdeutschen Bundesregierung Dr. Kohl, Bundeskanzler 18018D Brandt SPD 18029 B Dr. Dregger CDU/CSU 18032 C Dr. Knabe GRÜNE 18033 B Dr. Ullmann GRÜNE 18036 A Lafontaine, Ministerpräsident des Saarlandes 18037 D Stratmann-Mertens GRÜNE 18040 B Dr. Hirsch FDP 18041 A Dr. Gysi PDS 18043 A Wetzel GRÜNE 18044 B Stratmann-Mertens GRÜNE 18045 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 18046A Dr. Bötsch CDU/CSU 18053 A Dr. Klejdzinski SPD 18054 B Thierse SPD 18055 C Dr. Elmer SPD 18056 C Dr. Lammert CDU/CSU 18056 D Frau Dr. Vollmer GRÜNE 18058A Dr. Wieczoreck (Auerbach) CDU/CSU 18060A Frau Unruh fraktionslos 18061 D Wüppesahl fraktionslos 18063 B Zusatztagesordnungspunkt 1: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Anzahl der Mitglieder des Präsidiums des Deutschen Bundestages Frau Birthler GRÜNE 18065 C Bohl CDU/CSU 18066 A Jahn (Marburg) SPD 18066 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 18067 A Frau Birthler GRÜNE 18067 C Dr. Steinitz PDS 18067 D Wüppesahl fraktionslos 18068A, D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Oktober 1990 Zusatztagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes sowie zur Änderung des Parteiengesetzes (Drucksache 11/8023) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drucksache 11/8033) Dr. Schäuble, Bundesminister BMI 18070B Bernrath SPD 18071 B Frau Birthler GRÜNE 18071 D Lüder FDP 18072 D Dr. Knabe GRÜNE 18073 B Jahn (Marburg) SPD 18073 C Häfner GRÜNE 18074 B Dr. Heuer PDS 18076 B Gerster (Mainz) CDU/CSU 18077A, 18079 C Stahl (Kempen) SPD 18077 D Reddemann CDU/CSU 18078 A Westphal SPD 18079 A Wüppesahl fraktionslos 18079D, 18080D Frau Unruh fraktionslos 18080 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. September 1990 über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland (Drucksache 11/8024) 18081 A Nächste Sitzung 18081 C Berichtigung 18081 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 18083 A Anlage 2 Liste der Abgeordneten, in deren Namen der Abgeordnete Conradi eine mündliche Erklärung nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands — Einigungsvertragsgesetz — (Drucksachen 11/7760, 11/7817, 11/7831, 11/7841, 11/7920, 11/7931, 11/7932) abgegeben hat 18083* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Oktober 1990 18015 228. Sitzung Berlin, den 4. Oktober 1990 Beginn: 10.00 Uhr
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    Berichtigung 225. Sitzung, Seite 17797 * C, Zeile 17: Statt „.. 2-39 Jahre. " ist „... 12-39 Jahre." zu lesen. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Oktober 1990 18083* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 05. 10. 90 * Büchner (Speyer) SPD 05. 10. 90 * Dr. Gautier SPD 05. 10. 90 Gerster (Worms) SPD 05. 10. 90 Grünbeck FDP 05. 10. 90 Hornhues CDU/CSU 05. 10. 90 Kalisch CDU/CSU 05. 10. 90 Kastning SPD 05. 10. 90 Müller (Düsseldorf) SPD 4. 10. 90 Frau Nickels GRÜNE 5. 10. 90 Schäfer (Offenburg) SPD 05. 10. 90 Dr. Schulte (Schwäbisch CDU/CSU 05. 10. 90 Gmünd) Steiner SPD 05. 10. 90 * Wischnewski SPD 05. 10. 90 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Liste der Abgeordneten, in deren Namen der Abgeordnete Conradi eine mündliche Erklärung nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands — Einigungsvertragsgesetz — (Drucksachen 11/7760, 11/7817, 11/7831, 11/7841, 11/7920, 11/7931, 11/7932) abgegeben hat* ) Antretter, Büchner (Speyer), Dr. von Bülow, Conradi, Duve, Egert, Erler, Fuchs (Verl), Gansel, Dr. Glotz, Frau Dr. Götte, Frau Dr. Hartenstein, Heyenn, Hiller (Lübeck), Dr. Holtz, Jungmann (Wittmoldt), Kirschner, Kühbacher, Frau Kugler, Kuhlwein, Lambinus, Lutz, Müller (Düsseldorf), Müller (Pleisweiler), Frau Odendahl, Opel, Peter (Kassel), Dr. Pick, Rixe, Schanz, Dr. Scheer, Schmidt (Salzgitter), Dr. Schöfberger, Sielaff, Frau Dr. Skarpelis-Sperk, Sonntag-Wolgast, Steiner, Dr. Struck, Frau Terborg, Toetemeyer (alle SPD) *) Siehe 226. Sitzung, Seite 17891 C
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    Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ja.


Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege Thierse, mich würde interessieren, ob Sie den neuentdeckten Antikommunismus der PDS zur intelligenten oder zur dummen Variante des Antikommunismus zählen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der CDU/ CSU, der FDP sowie bei Abgeordneten der GRÜNEN)


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    Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sie bringen mich in die fatale Situation, mich selbst zitieren zu müssen. Ich halte daran fest, daß die PDS die Partei der fröhlichen Unschuld und der entschlossenen Gedächtnislosigkeit ist.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Die deutsche Einigung — das will ich sagen — muß auch eine Versöhnung zwischen den selbstbewußten, erfolgreichen Wessis und den erfolglosen, gedemütig-



    Thierse
    ten Ossis anstreben. Ich weiß, es ist nicht nur Arroganz, wenn von uns in der ehemaligen DDR verlangt wird, durch eigene Arbeit, eigene Leistung den Aufschwung, den besseren Wohlstand zu organisieren und nicht immer nur als Fordernde, als Bittsteller aufzutreten. Wir brauchen aber Zeit und Unterstützung zum Erlernen von Selbständigkeit und Selbstverantwortung, zur Überwindung der Lähmung durch totale Vormundschaft. Guten Willen, Entschlußkraft zu fordern, den Geist Ludwig Erhards zu beschwören reicht da nicht aus. Es ist die Aufforderung, sich selbst am Schopfe aus dem Sumpf zu ziehen. Wie soll etwa ein Arbeiter in einem maroden Großbetrieb initiativ werden und sich selber helfen? Alle können ja nicht Imbißstände aufmachen, nur damit die Bundesregierung hübsche Gründungsstatistiken vorweisen kann.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Die staatliche Einheit ist erreicht, und wir Sozialdemokraten freuen uns aus ganzem Herzen darüber. Die staatliche Einheit beendet eine Teilung, die noch bis vor einem Jahr nur durch Stacheldraht und Mauern aufrechterhalten werden konnte. Die Menschen in der DDR haben diese Mauern zum Einsturz gebracht.

    (Dr. Vogel [SPD]: Richtig!)

    Es waren ihr Mut, ihre Besonnenheit und ihre Phantasie, die das Regime von SED und Blockparteien beendet haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich möchte daher zuallererst meinen Landsleuten für das danken, was sie gewagt und bewegt haben.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der GRÜNEN und der PDS)

    Sie und nicht etwa die Politiker sind die Väter und Mütter der Befreiung unseres Landes. Das sage ich ausdrücklich als Laienspieler in einem Hause voller alterfahrender Profi-Politiker.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Diese Erfahrung bedeutet aber auch: Die Gestaltung des künftigen Deutschland kann nicht allein oder zuerst Sache der Politiker sein, sie muß Sache aller Bürger werden.

    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    Ein demokratisches Deutschland muß von unten, von den Bürgern gestaltet werden. Bisher waren zu sehr und fast allein die Regierungen und ein wenig auch die Parlamente am deutschen Einigungsprozeß beteiligt.

    (Zuruf von der SPD: Leider wahr!)

    Die beiden deutschen Staaten sind nicht zusammengewachsen, nein, vielmehr geht der eine, der gescheiterte Staat in dem anderen, dem erfolgreichen auf. Dies ist eine Tatsache. Man kann das begrüßen oder bedauern; es ist ein Faktum. Wir haben versucht, diesen Prozeß mitzugestalten; es ist nur zum Teil gelungen.
    Die staatliche Einheit bildet den Rahmen der zukünftigen politischen Gestaltung, sie ist aber kein Ersatz für Kindergärten, Wohnungen und Arbeitsplätze.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Wenn ein System gescheitert ist, und zwar wie das realsozialistische System mit Notwendigkeit gescheitert ist, könnte das bedeuten, daß auch alle seine Elemente erledigt und zu streichen sind. Geht es also um einen wirklich vollständigen Neuanfang, und muß mit allem gebrochen werden, was sich in gut 40 Jahren an Lebenswirklichkeit herausgebildet hat? Ich glaube, nicht. Es gibt gerade — und mir scheint dies vielleicht das einzige zu sein, was wir aus der DDR hinüberbringen — eine Erfahrung von sozialer Sicherheit, die mit sehr vielen Kleinigkeiten verbunden ist.
    Ich habe nicht mehr die Zeit, eine Reihe davon aufzuzählen, aber ich denke, daß wir erstens darum kämpfen müssen, den DDR-Bürgern die Erfahrung von Arbeitslosigkeit — auf die wir in keiner Weise vorbereitet sind — wenigstens in der Weise zu ersparen, daß sie diese Erfahrung nur kurz machen müssen.
    Zweitens geht es darum, daß eine Erfahrung nicht verlorengeht, die für die DDR typisch war: daß Männer und Frauen die Möglichkeiten hatten zu arbeiten.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der PDS)

    Es geht darum, daß die Frauen nicht aus ökonomischen Gründen gezwungen werden, ihr Recht auf Arbeit nicht mehr ausüben zu können. Darum müssen wir kämpfen.
    Es geht drittens darum, daß die Rentner — die, was oft genug gesagt wurde, die wirklich Geschädigten dieser 60 Jahre der deutschen Geschichte sind — nicht die Opfer auch der Einigung werden.

    (Zuruf von der SPD: Norbert, hör zu!)

    Zwar wird der Sockelbetrag erhöht, aber der Sozialzuschlag wird abgeschmolzen. Dies ist eine Täuschung, die wir nicht zulassen können. Die wirkliche Rente muß erhöht werden!

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der GRÜNEN und der PDS)

    Auch der vierte Punkt betrifft etwas, womit wir zum Glück keine Erfahrung haben. Ich meine die Angst davor, daß wir unsere Wohnungen verlieren, weil wir die Mieten nicht mehr zahlen können. Auch darum müssen wir kämpfen: Wir müssen der Bevölkerung in diesem Teil Deutschlands zusichern können, daß sich die Mieten in den nächsten Jahren nur um 10 oder 15 oder 20 %, aber auf keinen Fall stärker erhöhen können.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der PDS — Zurufe von der CDU/CSU)

    Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
    Ich denke, diese vier Stichworte haben gezeigt, daß wir erst am Anfang des deutschen Einigungsprozesses stehen, daß wichtige Probleme auf eine Lösung warten, damit neben die staatliche Einigung die Angleichung der Lebensverhältnisse tritt. Hier gibt es keinen



    Thierse
    Selbstlauf zum Besseren, wie uns einige Gesundbeter weismachen wollen, die bereits mit der Einführung der D-Mark in der DDR Wohlstand und Fortschritt einziehen sahen. Wir erleben zur Zeit schmerzlich, daß es bis dahin noch ein langer Weg ist. Hier sind viel Arbeit und eine vernünftige soziale Politik anstelle von nationalem Pathos nötig.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der PDS)

    Die deutsche Hochzeit ist gefeiert. Jetzt geht es darum, den ehelichen Lebensunterhalt zu verdienen, die Wohnung menschlich einzurichten und die Kinder zu versorgen. Erst im prosaischen Alltag einer Ehe bewährt sich die Liebe der Eheleute wirklich.

    (Beifall bei der SPD)

    Drücken wir dem Paar, also uns, die Daumen!

    (Anhaltender Beifall bei der SPD sowie Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der GRÜNEN und der PDS)