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    Plenarprotokoll 11i220 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 220. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. August 1990 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 17379 A Absetzung des Punktes 2 von der Tagesordnung 17379B Stellungnahmen zur geschäftsordnungsrechtlichen Situation Bohl CDU/CSU 17379 C Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 17380 B Baum FDP 17381 A Häfner GRÜNE 17381 C Zusatztagesordnungspunkt 1: Aussprache zur Vorbereitung der deutschen Einheit Dr. Graf Lambsdorff FDP 17382 D Brück SPD 17384 C Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 17384 D Lafontaine, Ministerpräsident des Saarlandes 17388A Stratmann-Mertens GRÜNE 17392 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 17393 A Dr. Waigel, Bundesminister BMF 17394 A Dr. Ehrenberg SPD 17395 A Huonker SPD 17396 A Frau Matthäus-Maier SPD 17399 C Frau Dr. Vollmer GRÜNE 17400 C Rühe CDU/CSU 17404 B Klose SPD 17406 D Breuer CDU/CSU 17408 A Rühe CDU/CSU 17410 A Seiters, Bundesminister BK 17410 D Stratmann-Mertens GRÜNE 17411 C Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi 17413 A Stobbe SPD 17414 C Dr. Blüm, Bundesminister BMA 17417 A Schreiner SPD 17418 B Dr. Penner SPD 17419 B Frau Matthäus-Maier SPD 17420 C Dr. Ehmke (Bonn) SPD 17421 A Gattermann FDP 17423 A Dr. Schäuble, Bundesminister BMI 17423 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 17425 A Dr. Sperling SPD 17425 B Frau Unruh fraktionslos 17426 D Wüppesahl fraktionslos 17428A Mischnick FDP 17430 B Namentliche Abstimmungen 17431 B, C Ergebnisse 17431C, 17433 B Nächste Sitzung 17434 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 17435* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Czaja, Dewitz, Sauer (Salzgitter), Lowack, Windelen, Jäger, Lummer, Schulze (Berlin), Nelle, Rossmanith, Dr. Kappes und Böhm (Melsungen) Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zur vereinbarten Aussprache zur Vorbereitung der deutschen Einheit (Drucksache 11/7657) 17435* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. August 1990 17379 220. Sitzung Bonn, den 9. August 1990 Beginn: 10.07 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein CDU/CSU 09. 08. 90 Dr. Biedenkopf CDU/CSU 09. 08. 90 Buschfort SPD 09.08.90 Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 09. 08. 90 Dr. Dollinger CDU/CSU 09. 08. 90 Duve SPD 09.08.90 Frau Folz-Steinacker FDP 09. 08. 90 Frau Garbe GRÜNE 09. 08. 90 Frau Geiger CDU/CSU 09. 08. 90 Grünbeck FDP 09.08.90 Dr. Göhner CDU/CSU 09. 08. 90 Dr. Häfele CDU/CSU 09. 08. 90 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 09. 08. 90 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 09. 08. 90 Hoss GRÜNE 09.08.90 Kalisch CDU/CSU 09.08.90 Dr. Knabe GRÜNE 09. 08. 90 Kreuzeder GRÜNE 09.08.90 Lennartz SPD 09.08.90 Lenzer CDU/CSU 09.08.90 Frau Luuk SPD 09. 08. 90 Dr. Mahlo CDU/CSU 09. 08. 90 Meneses Vogl GRÜNE 09. 08. 90 Niegel CDU/CSU 09.08.90 Dr. Pfennig CDU/CSU 09. 08. 90 Pfuhl SPD 09.08.90 Rauen CDU/CSU 09.08.90 Dr. Riedl (München) CDU/CSU 09. 08. 90 Frau Rock GRÜNE 09. 08. 90 Frau Schilling GRÜNE 09. 08. 90 Schmidt (München) SPD 09. 08. 90 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 09. 08. 90 Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 09. 08. 90 Dr. Schöfberger SPD 09. 08. 90 Schreiber CDU/CSU 09.08.90 Schulhoff CDU/CSU 09.08.90 Frau Dr. Segall FDP 09. 08. 90 Dr. Soell SPD 09. 08. 90 Frau Trenz GRÜNE 09. 08. 90 Waltemathe SPD 09.08.90 Dr. de With SPD 09. 08. 90 Zink CDU/CSU 09.08.90 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Czaja, Dewitz, Sauer (Salzgitter), Lowack, Windelen, Jäger, Lummer, Schulze (Berlin), Nelle, Rosmanith, Dr. Kappes und Böhm (Melsungen) (alle CDU/CSU) zum Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zur vereinbarten Aussprache zur Vorbereitung der deutschen Einheit (Drucksache 11/7657) (Zusatztagesordnungspunkt 1) Unser Abstimmungsverhalten zu Drucksache 11/7657 verbinden wir mit der nachdrücklichen Aufforderung Anlagen zum Stenographischen Bericht an die Bundesregierung, in einer Zusatzvereinbarung die Wahlberechtigung aller deutschen Staatsangehörigen, wo immer sie leben, zu ermöglichen, und stützen uns dabei auf folgende Gründe: 1. Der jetzige § 12 des Bundeswahlgesetzes entspricht nicht in allen Teilen den verfassungsrechtlichen Erfordernissen einer ersten gesamtdeutschen Wahl. Diese ist von einmaliger, überragender Bedeutung, da sie als einen „wichtigen Schritt zur Herstellung der Deutschen Einheit die Wahl des Deutschen Bundestages durch das ganze Deutsche Volk" regeln soll (so zweiter Präambelsatz des Vertrages). Nach allgemeiner Rechtsauffassung ist das Deutsche Volk im Sinne des Grundgesetzes, von dem nach Art. 20 GG „alle Staatsgewalt ausgeht" , die Summe aller deutschen Staatsangehörigen. Dies hat eben erst (in Sachen Kommunalwahlrecht für Ausländer) vor dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts Prof. Papier namens der Bundesregierung vorgetragen. Allen, die deutsche Staatsangehörige sind, muß, soweit sie es wünschen, die Beteiligung an der Wahl möglich sein. Dies verlangt das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 2 GG. 2. Die Wahlberechtigung ist in der Bundesrepublik Deutschland und in den westlichen Demokratien nicht an den Wohnsitz im Wahlgebiet gebunden. Nach § 12 des Bundeswahlgesetzes sind u. a. alle deutschen Staatsangehörigen in den 21 Mitgliedstaaten des Europarates, einschließlich aller deutschen Staatsangehörigen im EG-Gebiet und deutschen Staatsangehörigen in anderen Staaten, sofern sie nicht mehr als 10 Jahre dort ihren ordentlichen Wohnsitz haben, in der Regel wahlberechtigt. Vom Prinzip der „Seßhaftigkeit" wurde bei der Wahlberechtigung seit langem zugunsten des Demokratieprinzips abgegangen. Größere Gruppen deutscher Staatsangehöriger vom Wahlvorgang auszuschließen wäre nicht systemgerecht. Nicht wahlberechtigt sind jetzt deutsche Staatsangehörige, die über 10 Jahre im Ausland leben, insbesondere aber auch - bei gesamtdeutschen Wahlen besonders gravierend - alle deutschen Staatsangehörigen, „die vor Inkrafttreten der (Ost-) Verträge die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen" (BVerfG E 40,171). Das gilt nach deutschem Staatsangehörigkeitsrecht auch für deren Nachkommen. Allen deutschen Staatsangehörigen, auch jenen, die bei Beginn der Vertreibungsmaßnahmen die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen und die sich darauf berufen, sowie ihre Nachkommen, - auch wenn ihnen später die polnische Staatsangehörigkeit oktroyiert wurde - „steht diese Staatsangehörigkeit weiter zu" (BVerfG E 40,171). Denn es kann u. a. auch den Ostverträgen nicht die Wirkung beigemessen werden, „daß die Gebiete östlich von Oder und Neiße mit dem Inkrafttreten der Ostverträge aus der rechtlichen Zugehörigkeit zu Deutschland entlassen und der Souveränität, also sowohl der territorialen wie der personalen Hoheitsgewalt der Sowjetunion und Polens endgültig unterstellt worden seien" (BVerfG E 40,171). 17436* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. August 1990 Das Bundesverfassungsgericht begründet dies auch mit völkerrechtlichen Hinweisen, u. a. mit den von polnischer Seite entgegengenommenen Erklärungen des Bundesaußenministers Scheel im November 1970, mit der über den Notenwechsel mit den Verbündeten vor Vertragsunterschrift unterrichteten Warschauer Regierung, mit dem für die Vertragsmächte erkennbaren Willen der Bundesrepublik, „nicht über den territorialen Status Deutschlands zu verfügen", mit dem Wortlaut von Art. IV des Warschauer Gewaltverzichtsvertrages (BVerfGE 40,171-174). „Nach alledem haben die Vertragspartner die Bundesrepublik Deutschland nicht für befugt halten können, Verfügungen zu treffen, die eine friedensvertragliche Regelung vorwegnehmen". Politische Absichtserklärungen, die weitergehen, können die Vertragsentscheidungen eines gesamtdeutschen Souveräns nicht präjudizieren und die Rechtslage der besonders bedrängten Deutschen nicht verändern. Unser Grundgesetz und seine Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht haben bis zu einer rechtmäßigen Entscheidung des gesamtdeutschen Souveräns mit rechtlicher Verbindlichkeit für das Handeln der deutschen Verfassungsorgane festgeschrieben, daß „Deutschland" rechtlich als Staat und Völkerrechtssubjekt vorerst in den Grenzen von 1937 fortbesteht. 3. Das Wahlrecht gehört zu den wichtigsten Rechten eines Staatsangehörigen. Die Ausgrenzung gerade der bedrängten deutschen Staatsangehörigen durch Ausschluß von der Ausübung des Wahlrechts bei den ersten gesamtdeutschen Wahlen würde einen besonders gravierenden Verstoß gegen Art. 38 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG, gegen das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 2 GG, gegen die von Verfassungs wegen auch für diese Deutschen bestehende Schutzpflicht bedeuten und nicht systemgerecht sein. „Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl (Art. 38 Abs. 1 GG) untersagt den unberechtigten Ausschluß von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl (BVerfG E 36,141). Er verbietet dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen ... Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen" (BVerfG E 28,229; 36,141). Anders als bei früheren Wahlen müssen diese deutschen Staatsangehörigen bei Wahlen „zur Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands" und zu deren Vorbereitung wahlberechtigt sein, da das gesamte Deutsche Volk aufgefordert bleibt, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. Man darf die Deutschen in diesen vorerst noch nicht „aus Deutschland entlassenen Teilen" jenseits von Oder und Neiße nicht anders behandeln als die im Gebiet der DDR lebenden Deutschen oder gar als Deutsche z. B. in der Türkei oder in Argentinien. Ob eine spätere Verfassungsänderung den Deutschlandbegriff „aushebeln" könnte, wird anhand von Art. 25 GG und Art. 79 Abs. 3 GG zu prüfen sein; sie kann aber keinesfalls Grund- und Menschenrechte deutscher Staatsangehöriger beseitigen oder ungeschützt sein lassen. Jedenfalls sind jetzt die Deutschen aus allen Teilen Deutschlands am Wahlvorgang zu beteiligen.
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    Rede von Dietrich Stobbe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß gestehen, daß ich diese Debatte in einem ganz bestimmten Punkt sehr eigentümlich und merkwürdig finde. In der DDR bricht der Wirtschaftskreislauf zusammen. Die politische Stabilität ist nicht mehr das, was sie am Beginn der Regierungszeit de Maizière war.

    (Zuruf von CDU/CSU: Sozialisten haben die DDR bankrott gemacht!)

    Die Leute haben Sorgen. Was geschieht hier? Der Kanzler läßt seinen Finanzminister vortragen, wie gesund die Finanzen der Bundesrepublik Deutschland seien.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Eine gute Rede!)

    Er läßt seinen Wirtschaftsminister das Hohelied von der Hochkonjunktur in der Bundesrepublik Deutschland singen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Auch das stimmt! — Dr. Rüttgers [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)

    Die SPD wendet sich den konkreten Problemen der Menschen in der DDR zu und macht durch den Kanzlerkandidaten Lafontaine zehn Vorschläge und das Angebot zum Sachgespräch.

    (Beifall bei der SPD — Hornung [CDU/CSU]: Sagen Sie mal ein Beispiel!)

    Was macht der Kanzler? Der Kanzler schweigt und schweigt und schweigt. Herr Bundeskanzler, können Sie sich denn nicht vorstellen, daß die Menschen, sowohl unsere Bürger hier als auch die Menschen in der DDR, in dieser krisenhaften Entwicklung in der DDR ein Wort von Ihnen erwartet hätten?

    (Reddemann [CDU/CSU]: Sie reden wie damals, als man Sie als Bürgermeister rausgesetzt hat!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen vor der riesengroßen Aufgabe, einheitliche Lebensverhältnisse und Lebenschancen für alle Menschen in Deutschland zu schaffen. Diese Aufgabe verlangt von allen Bürgern Opfer und Leistungsbereitschaft. Sie verlangt Verständnis und vor allem Solidarität. Die Politik hat die Aufgabe, berechenbare Rahmenbedingungen zu schaffen, die auf einem breiten gesamtgesellschaftlichen Konsens beruhen sollten, Herr Bundeskanzler. Diesen Konsens kann man nur durch das Sachgespräch zwischen den politischen Kräften im Lande und anderen beteiligten Kräften herstellen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber der Lafontaine will das doch gar nicht!)

    Wer wie ich im fast täglichen Umgang mit den Menschen in der DDR seit dem 9. November miterlebt hat, was auf den Straßen in Leipzig, in Berlin und in anderen Städten der DDR so großartig begann, wer miterlebt hat, wie diese Entwicklung die Köpfe und Herzen unserer Mitbürger mit Freude und mit Hoffnung erfüllt hat, der weiß auch, daß die Bereitschaft zum gesamtgesellschaftlichen Konsens und zur Solidarität in jenen Tagen und Wochen lebendig empfunden und auch praktiziert wurde. Doch wo am Anfang Freude
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. August 1990 17415
    Stobbe
    und Zuversicht herrschten, machen sich jetzt Sorgen und Ängste breit. Herr Bundeskanzler, Sie haben es zu verantworten, daß der gute Wille so vieler unserer Bürger nicht genutzt wurde.

    (Dr. Rüttgers [CDU/CSU]: Da klatscht noch nicht einmal Ihre Fraktion!)

    Die Bürger in der Bundesrepublik wissen ganz genau, daß die Einheit teurer wird als Sie vorgeben, Herr Bundeskanzler. Ich gehe weiter: Unsere Bürger sind sogar der Auffassung, daß die Einheit einen hohen Preis wert ist. Warum muten Sie ihnen diese peinliche Vernebelung der wahren Kosten für die deutsche Einheit zu?

    (Beifall bei der SPD)

    Das macht die Politik insgesamt unglaubwürdig, und das schadet der Einheit.
    Sie vernebeln nicht nur die Kosten für die Einheit, sondern Sie haben auch bewußt Illusionen geweckt. Statt den Menschen klar und deutlich zu sagen, daß mit der Umstellung der Wirtschaft in der DDR erhebliche soziale Risiken verbunden sind, haben Sie die Menschen in dem Glauben gelassen, die soziale Marktwirtschaft könne über Nacht Wunder bewirken.

    (Dr. Hornhues [CDU/CSU]: Sie wissen es doch besser!)

    Sie haben Enttäuschungen hervorgerufen, weil sich Ihre Prophezeiungen über die Investitionsbereitschaft der westdeutschen Industrie in der DDR auf der Grundlage des ersten Staatsvertrages offenkundig als falsch erweisen.
    Herr Bundeskanzler, ich frage mich, warum Sie heute mit solchen Vorwürfen konfrontiert werden, die wir hier nicht nur als Opposition vortragen, sondern die wir landauf, landab hören.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Von Ihren eigenen Leuten!)

    Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, daß es für die falschen Ansätze Ihrer Politik im deutschen Einigungsprozeß eine gemeinsame Ursache gibt. Das ist Ihr Versuch, die große Sache der deutschen Einigung parteipolitisch zu monopolisieren und CDU-Interessen vor sachlich gebotene Entscheidungen zu stellen.

    (Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Es gibt zahlreiche Belege dafür. Der bislang sichtbarste ist Ihr Versuch, im Zusammenspiel mit Herrn de Maizière das Wahlrecht und den Wahltermin parteipolitisch zu manipulieren; wir haben uns darüber heute schon unterhalten. Ich möchte Ihnen sagen, Herr Bundeskanzler, daß dieser Versuch gerade in der DDR auf totales Unverständnis gestoßen ist, weil die Menschen dort zu Recht verlangen, daß Sie, Herr Bundeskanzler, sich um die Lebenschancen der Menschen mehr kümmern als um die Wahlchancen Ihrer Partei.
    Im Mittelpunkt Ihrer Politik muß doch stehen: Wie schaffen wir einheitliche Lebensverhältnisse im vereinten Deutschland? Wie schaffen wir es, daß die
    Menschen in der DDR ihre Hoffnung auf Besserung in überschaubaren Zeiträumen erhalten? Wie schaffen wir es, daß sie nicht aus Sorge um den Verlust des Arbeitsplatzes, der Angst vor den steigenden Preisen, Tarifen und Kosten ihren Mut und ihre Leistungsbereitschaft verlieren?
    Nun beobachten wir alle den wirtschaftlichen Verfall in der DDR. Gewiß, der Hinweis, daß diese Wirtschaft bereits in der Verantwortung der Kommunisten bankrott war, bleibt richtig; diesen Hinweis haben wir genauso gemacht wie Sie. Aber er allein hilft nicht weiter. Denn jetzt geht es in dieser Debatte und in den kommenden Wochen darum, daß die Währungsunion eben nicht so greift, wie vorher behauptet wurde. Das liegt vor allen Dingen daran, daß es an begleitenden Strukturmaßnahmen und Hilfsprogrammen für die Wirtschaft gefehlt hat, die gerade die SPD in diesem Bundestag in Verbindung mit dem ersten Staatsvertrag immer wieder gefordert hat.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Sie wollten doch nur ein Stück Planwirtschaft retten!)

    Wir diskutieren heute in einer Situation, die gekennzeichnet ist durch den rapiden Verfall der staatlichen Autorität in der DDR, den Geldmangel der Gemeinden, die Überforderung der bestehenden Verwaltungen, den fehlenden Aufbau einer neuen Administration. Und wohin man blickt: Vollzugsdefizite an allen Ecken und Enden, von denen niemand überrascht sein darf; denn auf diese Gefahren wurde rechtzeitig hingewiesen.
    In dieser Situation, Herr Bundeskanzler, ist vor allen Dingen Regierungshandeln gefordert, und zwar jetzt, in den kommenden Wochen und Monaten.

    (Beifall bei der SPD — Pfeffermann [CDU/ CSU]: Und nicht miesmachen; da haben Sie recht!)

    Ansatzpunkte dafür sind doch da. Der erste Staatsvertrag enthält — übrigens auf Druck der SPD — die Möglichkeit, durch Gespräch, durch Nachverhandeln mit der DDR-Regierung Wirtschaftsförderungsinstrumente bereitzustellen, mit deren Hilfe die notwendigen Strukturanpassungen in der DDR in Angriff genommen werden können. Zehn konkrete Fragen und Vorschläge hat Ihnen Oskar Lafontaine in dieser Debatte gestellt bzw. gemacht. Sie sind bislang alle ohne Antwort geblieben.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Nennen Sie eine davon!)

    Auch der Einigungsvertrag könnte genutzt werden, z. B. durch eine wasserdichte Regelung für die Eigentumsfragen, die u. a. die notwendige Rechtssicherheit für private Investoren in der DDR schafft.
    Es ist auch notwendig, daß der Finanzbedarf, der in der nächsten Zeit auf alle Deutschen zukommt, von dieser Bundesregierung umgehend festgestellt und öffentlich gemacht wird, so daß wir darüber reden können, wie diese Kosten unter dem Gesichtspunkt der sozialen Gerechtigkeit aufgebracht werden können. Herr Bundeskanzler, die Dinge regeln sich nicht von allein; das ist ein Irrtum von Ihnen. Es ist wahr: Sie
    17416 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. August 1990
    Stobbe
    müssen den Tatsachen, wie sie in der DDR sind, ins Auge sehen. Ihre Entschlossenheit ist gefordert.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Die hat er nicht!)

    Die SPD hat gesagt — ich möchte das hier wiederholen — : Wir sind bereit, uns den Aufgaben zu stellen und nach Lösungen für die Menschen und ihre Probleme zu suchen. Wir sind auch bereit, Entscheidungen mitzutragen, wenn sie der Sache dienen und wenn wir in die Entscheidungsprozesse auf eine parlamentarisch einwandfreie Weise einbezogen werden. Allerdings warnen wir mit Nachdruck vor einem neuerlichen Versuch, sich durch das Wecken von Illusionen über die Runden bringen zu wollen, Herr Bundeskanzler. Hüten Sie sich davor, den Menschen in der DDR oder hier in der Bundesrepublik Deutschland vorgaukeln zu wollen, mit dem Akt des Beitritts und dem Vollzug der staatlichen Vereinigung sei gewissermaßen automatisch ein Ende der wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten in unmittelbare Nähe gerückt.

    (Hornung [CDU/CSU]: Wenn es nach Ihnen ginge, hätten wir noch das alte System!)

    Die SPD ist angesichts der krisenhaften Entwicklung in der DDR, wie der Antrag der SPD in der Volkskammer beweist und wie wir es auch hier heute gesagt haben, dafür, daß wir zu einem frühestmöglichen Beitritt der DDR kommen. Wir wollen, daß die Verantwortung für die weitere Entwicklung klargestellt wird. Diese Verantwortung liegt dann bei der Bundesregierung.
    Dennoch heben wir schon heute ins Bewußtsein: Der Akt des Beitritts selbst löst die Wirtschafts- und Sozialprobleme des vereinten Deutschlands nicht automatisch. Dafür wird dieses Land Jahre brauchen. Das ist die Wahrheit. Deshalb darf nicht zugelassen werden, daß die berechtigte Freude der Menschen über den Vollzug der staatlichen Einheit benutzt wird, um die Menschen in dem Glauben zu wiegen, mit dem Vollzug der Einheit seien alle Probleme gelöst; denn damit würde der Bundeskanzler sie nur in eine neue Täuschung treiben.
    Die Wahrheit ist, daß wir uns auch im vereinigten Deutschland auf einen langen Weg vorbereiten müssen, um die dringend nötigen wirtschaftlichen und sozialen Angleichungen gerecht zu gestalten, und zwar sowohl für die Menschen dort wie auch hier. Dabei wird sich zeigen, meine Damen und Herren, daß die SPD aus ihrer traditionellen sozialen Verantwortung heraus für diese Wegstrecke mit besseren Konzepten aufwarten kann als die Konservativen mit ihren Mogelpackungen.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Nennen Sie uns einmal ein gutes Konzept!)

    Ich möchte ein Wort über die Verantwortungsbereitschaft der SPD und über die Grenzen dieser Verantwortungsbereitschaft sagen. Hier in Bonn sind wir Opposition, in der DDR regieren wir — ich sage: noch — mit. Wir haben als Opposition in Bonn von Anfang an gesagt, daß wir zur Mitverantwortung bereit sind. Der Bundeskanzler hat unsere ständig wiederholte Bereitschaft zu dieser Mitverantwortung
    fahrlässig zurückgewiesen und damit dem deutschen Einigungsprozeß geschadet.
    Die Situation ist auch nicht viel besser geworden, seitdem die SPD im Bundesrat über eine Mehrheit verfügt. Diese Mehrheit zwingt die Bundesregierung zwar zu einer gewissen Zusammenarbeit — es ist also wahr, daß auch die SPD-geführten Länder an den Verhandlungen zum Einigungsvertrag mitwirken —, dennoch hat sich am politischen Verhalten der Bundesregierung nichts geändert. Sie versucht auch jetzt noch, der Öffentlichkeit zu suggerieren, in den Verhandlungen, die jetzt anstehen, sei Wesentliches erreicht worden. Dies wird mit einer gewissen politischen Technik gemacht, um die Menschen in Ruhe zu wiegen.
    Dies geschieht, obwohl bislang wesentliche Forderungen der SPD nicht berücksichtigt worden sind. Ich kann Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU und auch von den Freien Demokraten, nur sagen: Wenn das so weitergeht, dann wird es schwierig sein, in Bonn eine Verständigung über den Einigungsvertrag zu erreichen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie bringen das alles in Ordnung!)

    In der Regierung de Maizière in Berlin steht es um die Zusammenarbeit mit der SPD und um die Koalitionsbedingungen noch schlechter. Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, daß die Sozialdemokraten in der DDR in diese Koalition mit einem tief empfundenen Gefühl der Verantwortung für das Schicksal der Menschen in der DDR eingetreten sind. Sie haben über eine längere Wegstrecke sehr viel eingebracht, um dieser Verpflichtung gerecht zu werden.
    Wir haben Achtung vor Ministerpräsident de Maizière empfunden, der auf der Grundlage der geschlossenen Koalitionsvereinbarung und der von der gesamten deutschen Öffentlichkeit kochgeachteten Regierungserklärung große Anstrengungen unternommen hat, um die DDR auf den Beitritt zur Bundesrepublik vorzubereiten. Aber auch dort in der Koalition hat sich die Zusammenarbeit schlagartig verschlechtert, seitdem Herr de Maizière die Fragen des Wahlrechts und den Beitrittstermin ganz offenkundig nicht nach sachlich gebotenen Kriterien, sondern nach parteipolitischen Interessen behandelt.

    (Beifall bei der SPD)

    Dabei sind die Sozialdemokraten zweimal aufs schwerste düpiert worden. Jeder dieser Vorgänge wäre eigentlich Anlaß genug gewesen, die Koalition zu verlassen. Wenn die Sozialdemokraten in der DDR diesen Schritt noch nicht gemacht haben, dann deshalb, weil sie sich verpflichtet fühlen, im Interesse der Menschen der DDR in den anstehenden Verhandlungen ihre Vorstellungen durchzusetzen.
    Aber wenn Sie sich, meine Damen und Herren von der CDU hier in Bonn, und wenn sich auch die Christdemokraten in Berlin-Ost weiterhin so engstirnig verhalten und die deutsche Einheit unter parteipolitischen Gesichtspunkten betreiben, dann werden die Sozialdemokraten in der DDR die Koalition noch während der Verhandlungen verlassen, und dann muß Herr de Maizière mit einer Minderheitenregierung
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. August 1990 17417
    Stobbe
    die nächsten Schritte in die deutsche Einheit verantworten. Überlegen Sie, ob das der richtige Weg ist!

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich überlege schon den ganzen Morgen, ob unsere Debatte den Ereignissen der letzten zwölf Monate gerecht wird. Man muß sich einmal vorstellen: Im Sommer vergangenen Jahres — noch kein Jahr her — sind Menschen durch Minenfelder gewandert, über Mauern gesprungen, haben Menschen Flüsse durchquert, nur damit wir als Deutsche zusammenkommen können. Jetzt haben wir es geschafft, und nun, Herr Lafontaine, wird hier eine Buchhalterdiskussion geführt, die der historischen Herausforderung nicht entspricht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Diese Debatte wird bestenfalls in den Anmerkungen der Geschichtsbücher zu finden sein.

    (Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Sie wissen das ja, Herr Blüm!)

    Zwei große Ereignisse werden im Gedächtnis der Geschichte bleiben: zum einen der 9. November und zum anderen das Gespräch, das Helmut Kohl mit Gorbatschow geführt hat. Wir schaffen die Einheit Deutschlands mit der Welt, nicht gegen die Welt. Freiheit und Einheit, das ist die große historische Botschaft dieser Tage.
    Wenn die Bürger in der DDR die Unterdrücker abgeschafft haben, dann werden wir doch zusammen den Sozialstaat schaffen können. Unterdrücker abzuschaffen ist doch schwieriger, als gemeinsam den Sozialstaat zu schaffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Botschaft eines jeden Sozialdemokraten, der heute morgen gesprochen hat — ich habe gehofft, es würde sich irgendwann einmal ändern — , war: Krise, Untergang, Verfall. Das ist die sozialdemokratische Botschaft. Wer sagt: „Landsleute in der DDR, wir werden es zusammen schaffen", der macht sich bei der SPD verdächtig. Ich habe Angst, also bin ich. Das ist das neue sozialdemokratische cogito, ergo sum.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich kann nicht sortieren, was Sie jetzt wollen. Wenn wir Vorschläge machen, sagen Sie, das sei Vormundschaft. Da habe ich noch Johannes Rau in Erinnerung: Ratschläge sind auch Schläge. — Wenn wir keine Vorschläge machen und uns zurückhalten, sagen Sie: Helmut Kohl versteckt sich hinter der Regierung der DDR. — Es ist schon ein merkwürdiges Bild, wenn man sich vorstellt, Kohl würde sich hinter de Maizière verstecken. Da habe ich schon Schwierigkeiten. Was wollen Sie denn jetzt eigentlich?
    Ich sage: Dieses Problem läßt sich lösen. Wir vereinen uns und werden ein Staat. Sie werden doch den Bürgern, die 40 Jahre um ihre demokratischen Wahlrechte betrogen wurden, nicht zumuten wollen, den ersten Schritt in die deutsche Einheit ohne Wahl zu
    vollziehen. Das wäre ja wider jeglichen geschichtlichen Sinn. Deshalb finde ich: vereinen und wählen, so schnell es geht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Lafontaine, nun zu dem, was Sie heute morgen gesagt haben. Wenn ich nicht gewußt hätte, wo Sie sprechen, hätte ich gedacht, Sie würden eine Abrechnung mit der SED vornehmen. Ich hatte gehofft, Sie beschäftigten sich mit den Verursachern der Misere. Es wird doch wohl niemand auf die Idee kommen, daß diese Bundesregierung die Misere in der DDR verursacht hätte. Es sind die Trümmer des Sozialismus, die wir beseitigen. Das ist die Ursache!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Vorwürfe sind noch keine Vorschläge. Deshalb, Herr Lafontaine, frage ich Sie: Was hätten Sie anders gemacht? Umstellung im Verhältnis 1 : 1, waren das Worte?

    (Reuschenbach [SPD]: Wollten Sie doch gar nicht!)

    — Wir haben im Verhältnis von 1 : 1 umgestellt. Das sind die Fakten. Das war bereits das größte sozialstaatliche Angebot am Beginn unserer Einheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Hätten Sie es anders gemacht, Herr Lafontaine?


    (Zurufe von der CDU/CSU: Er hört nicht zu!)

    Nun zur Rentenversicherung. Wir führen in der Rentenversicherung das bewährte bruttolohnbezogene System ein. Hätten Sie es anders gemacht, Herr Lafontaine?
    Es ist gesagt worden, wir machten nur Worte. Sind das Worte oder sind das Taten?
    Wir haben innerhalb von Wochen eine Arbeitslosenversicherung mit einer modernen Arbeitsmarktpolitik und mit mehr als 130 Arbeitsämtern aufgebaut. Ich möchte meinen Respekt vor all denjenigen ausdrücken, die daran mitgewirkt haben. Es ist eine große Leistung, in wenigen Wochen solche Institutionen zu schaffen.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das bestreitet doch niemand!)

    — Es ist heute morgen gesagt worden, es würden nur Worte gemacht, wir hätten nichts getan.
    Wir haben geholfen, das Gesundheitssystem vor dem Zusammenbruch zu bewahren.
    Ich sage auch meinen Landsleuten: Wir werden es schaffen, den Sozialstaat Deutschland unter einem Dach zu verwirklichen. Es wird keine erste und zweite Klasse, nicht ein Wohlstands-Vorderhaus und ein armes Hinterhaus geben. Freilich, niemand hat versprochen, daß diese Leistungen über Nacht zu vollbringen seien. Aber wir werden den Sozialstaat Deutschland schaffen. Wir schaffen ihn auf dem gesicherten Boden eines gefestigten Sozialsystems in der Bundesrepublik.
    17418 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. August 1990
    Bundesminister Dr. Blüm
    Wenn unser Sozialstaat heute in der Verfassung wäre, in der er sich 1982 befunden hat,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Als Ergebnis der Sozialisten!)

    hätten wir jetzt alle Hände voll zu tun, um das Sozialsystem vor dem Einsturz zu bewahren. Die Sozialpolitik der letzten acht Jahre hat dazu geführt, daß wir wieder gefestigte Verhältnisse haben, daß die Kassen voll sind und daß wir eine verläßliche Sozialpolitik machen können. Wären die Verhältnisse so wie im Jahre 1982, hätten wir die Hände nicht frei, um zu helfen.
    Wer das bestreitet, dem sage ich: Die Rentenversicherung verfügt im Jahr 1990 über die höchste Rücklage seit 1976. Die Krankenversicherung hat im Jahr 1989 einen Überschuß von 9,2 Milliarden DM zu verzeichnen gehabt. Die Beiträge sinken! In der Rentenversicherung betrug das Defzit im Jahr 1983 noch 5,1 Milliarden DM. Die Krankenversicherung hatte noch im Jahr 1986 ein Defizit von 800 Millionen DM.
    Wir haben wieder volle Kassen. Das ist die beste Nachricht auch für die Rentner hier. Unser Sozialsystem hat wieder Boden unter den Füßen. Und von diesem gesicherten Boden aus helfen wir unseren Landsleuten in der DDR. Es ist wieder Korn auf dem Speicher.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich meine deshalb, daß wir mit der Diskussion aufhören sollten, die wir hier seit acht Jahren führen. Seit acht Jahren erlebe ich die Wiederkehr des Gleichen: Die SPD behauptet den Kahlschlag, und ich antworte mit Fakten.

    (Lachen bei der SPD)

    — Ich antworte mit Zahlen. Soll ich die Zahlen wiederholen?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Der Wähler honoriert es! Nur weiter so!)

    32 Milliarden DM Rücklage in der Rentenversicherung im Jahr 1990, 5,1 Milliarden DM Defizit im Jahre 1983. Ist das eine Zahl, oder ist das keine Zahl?