Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Schäfer hat hier mit seiner Rede den Eindruck erweckt, daß der Ausstieg aus der Kernenergie ein großes Thema ist. Herr Kollege Schäfer, schauen Sie sich nur einmal die Redezeiten heute vormittag an. Die Frauendebatte dauerte eineinhalb Stunden. Wir alle haben Zeitmangel bei einer Dreiviertelstunde. Es ist nicht mehr das große Thema, das Sie einmal gesehen haben, als Sie diesen Gesetzentwurf eingebracht haben.
Der Kollege Schäfer hat hier richtig mitgeteilt, daß mit der Vorlage des Gesetzentwurfs ein Parteitagsbeschluß aus Nürnberg vollzogen werden soll. Es tut mir als Franke natürlich leid, daß ausgerechnet in meiner Heimat so eine falsche Weichenstellung erfolgt ist.
Leid tut es sicher auch noch heute Ihrem damaligen Bundeskanzler, meine Damen und Herren. Ich habe, weil ich den „Spiegel" aus dem Jahre 1981 aufgehoben habe, einmal nachgelesen: Helmut Schmidt hat noch auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Ottawa im Jahre 1981 den langsamen Fortschritt beim Bau von Atomanlagen beklagt und hat versprochen, hier für mehr Akzeptanz zu sorgen. Dazu hatte er dann aber nicht mehr die Kraft, weil ihm die Akzeptanz in der eigenen Partei gefehlt hat.
Sie haben diesen Gesetzentwurf unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl im Frühjahr 1986 formuliert. Ich kann Ihnen nur sagen, daß sich das Gesetz auf die falschen Anlagen bezieht.
Wir haben früher mündlich und schriftlich immer erläutert, was wir von der Sicherheit sowjetischer Anlagen halten, und wir sind jetzt noch sehr viel glaubwürdiger, weil uns eine russische Anlage mit russischer Technik zugänglich ist, weil sie von unseren Sachverständigen geprüft wurde, weil wir Ratschläge geben konnten und weil diese Anlage inzwischen ihren Betrieb eingestellt hat.
Ich halte es für intellektuell nicht redlich, das zu machen, was der Kollege Schäfer heute wieder gemacht hat. Er hat im Grunde genommen eine Katastrophe in Tschernobyl beschrieben; er hat von finanziellen und — wenn man so sagen will — auch menschlichen tragischen Folgen bei dieser Anlage da drüben gesprochen, und dann überträgt er das unausgesprochen auf unsere Anlagen. Herr Schäfer — das muß ich sagen — , das ist auch eine Beleidigung für unsere Kraftwerksbauer. Sie waren ja eine zeitlang noch selbst im Untersuchungsausschuß, der sich mit einem aus meiner Sicht wirklich ernsteren Störfall in Biblis beschäftigt hat. Ich war damals sehr beunruhigt. Wir haben dann gesehen, daß diese Anlage noch über große, große Sicherheitsreserven verfügte. Da ist vieles nicht vergleichbar.