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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/218 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 218. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. Juni 1990 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer der Erdbebenkatastrophe im Iran 17301 A Wahl der Rundfunkräte und Verwaltungsräte der Deutschen Welle und des Deutschlandfunks 17301 B Erweiterung der Tagesordnung 17301 C Absetzung der Punkte 1 f und 28 von der Tagesordnung 17302 A Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde und den Richtlinien für Aktuelle Stunden in der Sitzungswoche ab 3. September 1990 17328 C Nachträgliche Überweisung von Gesetzentwürfen an den Ausschuß für Wirtschaft bzw. an den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau 17348 C Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN: Gefahren für die Demokratie in Rumänien (Drucksache 11/7467) Vizepräsidentin Renger 17302 A Duve SPD (Erklärung nach § 31 GO) . . 17303 A Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags des Abgeordneten Dr. Hauchler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Entwicklungspolitik in gesamtdeutscher Verantwortung (Drucksache 11/7387) 17303 A Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags des Abgeordneten Graf von Waldburg-Zeil, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Hoppe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ein gemeinsamer deutscher Beitrag für eine verstärkte Entwicklungszusammenarbeit durch Entspannung zwischen Ost und West (Drucksache 11/7473) . . . 17303 A Zusatztagesordnungspunkt 8: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 166 zu Petitionen (Drucksache 11/7159) 17303 C Zusatztagesordnungspunkt 9: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 167 zu Petitionen (Drucksache 11/7271) 17303 C Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 168 zu Petitionen (Drucksache 11/7445) 17303 C Zusatztagesordnungspunkt 11: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 169 zu Petitionen (Drucksache 11/ 7446) 17303 C Zusatztagesordnungspunkt 12: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschus- II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 218. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Juni 1990 ses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Kelly und der Fraktion DIE GRÜNEN: Unterstützung einer Friedensordnung für Kambodscha, die eine Rückkehr der Roten Khmer an die Macht ausschließt (Drucksachen 11/6251, 11/7474) 17303D Tagesordnungspunkt 24: a) Zweite und dritte Beratung des von der Abgeordneten Frau Beck-Oberdorf, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Benachteiligung von Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen, insbesondere in der Erwerbsarbeit (Antidiskriminierungsgesetz Teil I — ADG I) (Drucksachen 11/3266, 11/7449, 11/7450) b) Zweite und dritte Beratung des von der Abgeordneten Frau Schmidt (Nürnberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gleichstellung von Frau und Mann im Berufsleben (Gleichstellungsgesetz) (Drucksachen 11/3728, 11/7449) Frau Schmidt (Hamburg) GRÜNE . . . 17304 C Frau Männle CDU/CSU 17306A Frau Nickels GRÜNE . . . . 17306B, 17308 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 17306 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 17309 C Frau Würfel FDP 17311C Frau Nickels GRÜNE 17313 C Frau Nickels GRÜNE 17314B Frau Seuster SPD 17315 B Frau Limbach CDU/CSU 17317 A Frau Nickels GRÜNE 17318 A Frau Dr. Sonntag-Wolgast SPD 17319B Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 17320D Frau Weyel SPD 17322 D Tagesordnungspunkt 25: Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beendigung der energiewirtschaftlichen Nutzung der Kernenergie und ihrer sicherheitstechnischen Behandlung in der Übergangszeit (Kernenergieabwicklungsgesetz) (Drucksachen 11/13, 11/4654, 11/4661) Schäfer (Offenburg) SPD 17323 B Harries CDU/CSU 17325 D Schäfer (Offenburg) SPD 17326B Frau Wollny GRÜNE 17327 B Baum FDP 17328 C Dr. Friedrich CDU/CSU 17330 A Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . 17330 C Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 17331 B Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Zweiten Berichts der Enquete Kommission Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre: Schutz der tropischen Wälder (Drucksache 11/7220) Schmidbauer CDU/CSU 17333 C Frau Ganseforth SPD 17336 D Frau Dr. Segall FDP 17338 B Dr. Knabe GRÜNE 17340D Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU . . . 17342 D Müller (Düsseldorf) SPD 17344 C Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 17346 D Tagesordnungspunkt 27: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Garbe, Frau Teubner und der Fraktion DIE GRÜNEN: Ausstieg aus der Produktion und Verwendung von PVC (Polyvinylchlorid) zu dem Antrag des Abgeordneten Müller (Düsseldorf), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Vorsorge gegen Schadensfälle in der chemischen Industrie zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Garbe, Dr. Daniels (Regensburg) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Änderung der Störfall-Verordnung zu dem Antrag des Abgeordneten Dr. Laufs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Baum, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Verbesserung der Gesundheits- und Umweltvorsorge im Chemikalienbereich (Drucksachen 11/3059, 11/714, 11/1037, 11/2348, 11/7184) Frau Garbe GRÜNE 17349 A Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU . . . . 17349 D Müller (Düsseldorf) SPD 17350 D Frau Dr. Segall FDP 17351 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . . 17352 B Frau Garbe GRÜNE (zur GO) 17353 B Dr. Rüttgers CDU/CSU (zur GO) 17354 A Nächste Sitzung 17354 D Berichtigungen 17355 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 218. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Juni 1990 III Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 17357 * A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Frau Kelly (DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung zu dem Antrag: Unterstützung einer Friedensordnung für Kambodscha, die eine Rückkehr der Roten Khmer an die Macht ausschließt (Zusatztagesordnungspunkt 12) 17357* B Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 17358* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 218. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Juni 1990 17301 218. Sitzung Bonn, den 22. Juni 1990 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 218. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Juni 1990 17355 Berichtigungen 217. Sitzung Bei der namentlichen Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses Deutsche Einheit auf Drucksache 11/7465 ist auf Seite 17 278 D hinter „Dr. Haack" einzufügen: „Haack (Extertal)". Bei dem Endgültigen Ergebnis auf Seite 17 277 D ist bei „ja" zu lesen: „487". Bei der namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik ist auf Seite 17 281 D hinter „Dr. Haack" einzufügen: „Haack (Extertal)". Bei dem Endgültigen Ergebnis auf Seite 17 281 A ist bei „ja" zu lesen: „445". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Bahr SPD 22. 06. 90 Dr. Blank CDU/CSU 22. 06. 90 Dr. von Bülow SPD 22. 06. 90 Dr. Ehmke (Bonn) SPD 22. 06. 90 Eich GRÜNE 22. 06. 90 Dr. Gautier SPD 22. 06. 90 Genscher FDP 22. 06. 90 Gerster (Mainz) CDU/CSU 22. 06. 90 Grünbeck FDP 22. 06. 90 Dr. Häfele CDU/CSU 22. 06. 90 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 22. 06. 90 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 22. 06. 90 Ibrügger SPD 22. 06. 90 * Jung (Düsseldorf) SPD 22. 06. 90 Jung (Lörrach) CDU/CSU 22. 06. 90 Dr. Lammert CDU/CSU 22. 06. 90 Linsmeier CDU/CSU 22. 06. 90 Dr. Mechtersheimer GRÜNE 22. 06. 90 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 22. 06. 90 Müller (Schweinfurt) SPD 22. 06. 90 Dr. Niese SPD 22. 06. 90 Pauli SPD 22. 06. 90 Reuschenbach SPD 22. 06. 90 Frau Rock GRÜNE 22. 06. 90 Sauer (Salzgitter) CDU/CSU 22. 06. 90 Scherrer SPD 22. 06. 90 Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 22. 06. 90 Schröer (Mülheim) SPD 22. 06. 90 Sieler (Amberg) SPD 22. 06. 90 Toetemeyer SPD 22. 06. 90 Frau Trenz GRÜNE 22. 06. 90 Vosen SPD 22. 06. 90 Wimmer (Neuss) CDU/CSU 22. 06. 90 Dr. Zimmermann CDU/CSU 22. 06. 90 Zywietz FDP 22. 06. 90 * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Frau Kelly (DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung zu dem Antrag: Unterstützung einer Friedensordnung für Kambodscha, die eine Rückkehr der Roten Khmer an die Macht ausschließt (Zusatztagesordnungpunkt 12) Frau Kelly (GRÜNE): Ich freue mich, daß dieser Antrag noch vor der Sommerpause einstimmig abgestimmt werden konnte. Ich stimme diesem Antrag zu, weil die Gefahr einer Rückkehr der Roten Khmer an die Macht in Kambodscha von Tag zu Tag wächst. Die Roten Khmer rücken nach neuesten Meldungen in Kambodscha weiter vor: zwei Tage nach ihrer Weigerung, ein Waffenstillstandsabkommen zu unterzeich- Anlagen zum Stenographischen Bericht nen, haben die Truppen der Roten Khmer weitere Gebietsgewinne erkämpft. Ich habe diesem Antrag zugestimmt, weil schon im Januar 1990 bei Vorlage des von mir eingebrachten ursprünglichen Antrags und bei der ersten Lesung im Bundestag wir uns alle für den Vorschlag der australischen Regierung eingesetzt haben, den Sitz Kambodschas in den Vereinten Nationen der „Widerstandskoalition" zu entziehen und erst dann neu zu besetzen, wenn - dem Vorbild Namibia entsprechend - nach allgemeiner Abrüstung unter treuhänderischer UNO-Verwaltung in freien Wahlen eine neue Regierung gebildet und im Amt ist. Inzwischen sind fast sechs Monate vergangen und, wie die „Time" im April 1990 schrieb, Kambodscha ist immer noch ein „Killing Field". Es gab Hoffnung zwischendurch. Vietnam und China hatten z. B. eine Vereinbarung zwischen Hun Sen (Kambodschas Ministerpräsident) und der Führung der Widerstandsbewegung akzeptiert, nach der das vom Bürgerkrieg zerrissene Kambodscha ein gemeinsames Regierungsgremium erhalten soll. Die chinesische und die vietnamesische Seite, so die Zeitungen, haben angeblich Konzessionen gemacht. Auch ist die Überwachungsrolle der Vereinten Nationen in dem Konflikt akzeptiert worden. Doch am 6. Juni 1990 haben die Roten Khmer in Tokio gesagt, sie seien an die von der kambodschanischen Regierung und dem Führer der Widerstandsallianz Prinz Sihanouk unterzeichneten Vereinbarung zur Beilegung des bewaffneten Kampfes nicht gebunden. In einer Mitteilung heißt es, der Versuch, den Konflikt in Kambodscha zu schlichten, sei „zum Scheitern verurteilt". Die Roten Khmer, die militärisch stärkste Fraktion des kambodschanischen Widerstandsbündnisses, hatten in Tokio die Unterzeichnung einer Vereinbarung boykottiert, die den „freiwilligen Verzicht von Waffengebrauch aller Parteien" festschreibt. Die Lage spitzt sich in Kambodscha dramatisch zu, auch deswegen weil die Volksrepublik China ihre Schützlinge, die Roten Khmer, nach wie vor reichlich mit Waffen versorgt, die immer noch ihren Weg durch Thailand nehmen. Ich habe diesem Antrag zugestimmt, denn nach wie vor, so erklärt die chinesische Regierung, wird sie die Roten Khmer mit Waffen versorgen (Radio Peking am 19. Juni 1990). Wir hier im Deutschen Bundestag haben eine große Verantwortung für das, was dort in Kambodscha geschieht, denn inzwischen haben die Roten Khmer hochmoderne Panzerabwehrwaffen aus bundesdeutscher Produktion auf dem illegalen Waffenmarkt erworben. Die Roten Khmer haben die „Armbrust" und prahlen auch noch damit! Wir haben auch eine große Verantwortung, und auch deswegen habe ich für diesen Antrag gestimmt, weil die Bundesrepublik bei den Abstimmungen in den Vereinten Nationen zum Thema Kambodscha einen anderen Weg hätte gehen können, den Weg der Enthaltung oder den Weg der Nein-Stimme, als es um den offiziellen Sitz Kambodschas hei den Vereinten Nationen ging. Bis heute wird Kambodscha bei den Vereinten Nationen von der 17358* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 218. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Juni 1990 „Widerstandskoalition" einschließlich der Roten Khmer vertreten. In der VN-Resolution Nr. 44/22 vom 16. November 1989 stimmte die Bundesrepublik für den „wirkungsvollen" Kampf dieser Widerstandskoalition, und ich betone noch einmal: einschließlich der Roten Khmer! Dies alles verpflichtet uns erst recht, alles nur mögliche zu tun, um eine Rückkehr der Roten Khmer an die Macht zu verhindern. Ich habe diesem Antrag zugestimmt, weil den mit ungeheuren Verbrechen gegen die Menschlichkeit belasteten Roten Khmer unverzüglich jede direkte und indirekte materielle und ideelle Unterstützung entzogen werden muß. Da China hierzu nicht bereit sein wird, müssen die westlichen Regierungen und Parlamente um so entschiedener handeln. Die jetzige Situation und die Unterstützung der Roten Khmer direkt durch China (und indirekt durch USA) hält die Überlebenden des kambodschanischen Holocaust als Geiseln, konfrontiert mit der Aussicht auf Machtergreifung oder durch eine von den USA, China, ASEAN durchgedrückte diplomatische Regelung! Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 1. Juni 1990 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Gesetz zu Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes und anderer arbeitsrechtlicher Vorschriften (Arbeitsgerichtsgesetz-Änderungsgesetz) Neuntes Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz — BtG) Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, für die Berufe des Rechtsanwalts und des Patentanwalts Gesetz zu dem Protokoll vom 17. Oktober 1989 zu dem Abkommen vom 11. August 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des Protokolls vom 30. November 1978 Gesetz zu dem Abkommen vom 18. Oktober 1989 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung Gesetz zu dem Zusatzabkommen vom 28. September 1989 zur Änderung des Abkommens vom 21. Juli 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 9. Juni 1969 Gesetz zu dem Zusatzprotokoll Nr. 4 vom 25. April 1989 zu der am 17. Oktober 1868 in Mannheim unterzeichneten Revidierten Rheinschiffahrtsakte Gesetz zu dem Abkommen vom 4. Juli 1989 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Volksrepublik Bulgarien über die Schiffahrt auf den Binnenwasserstraßen Gesetz zu dem Vertrag vom 10. November 1989 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Beichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/5331 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/5099 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/6486 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 11/6941 Nr. 1, 2 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 11/6502 Nr. 18, 19, 20
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    Rede von Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Die Leiterin des Frauenbüros in Hattingen beschrieb uns vor ein paar Monaten ihre tägliche Praxis. Sie sagte: In vielen Verwaltungen herrscht die Ansicht, daß eine Frauenbeauftragte keine besondere Fachkompetenz brauche, da über dieses Thema ja eigentlich alle im Bilde seien. Jeder Mitarbeiter in der Verwaltung habe schließlich eine Mutter, Ehefrau, Freundin oder Schwester. — Nun liegt es mir fern, solche Ahnungslosigkeit zu verallgemeinern und damit den öffentlichen Dienst samt und sonders als Bastion der Chauvis abzustempeln, nur beweist diese authentische Schilderung, wie weit wir noch vom Ziel entfernt sind.
    Eigentlich — das sagen ja alle hier — soll der öffentliche Dienst als Speerspitze des Fortschritts Gerechtigkeit, soziale Fürsorge und humane Arbeitsbedingungen verwirklichen. Das können alle hier im Saal unterschreiben. Nur, während Sie, liebe Kollegen und Kolleginnen von der Koalition, es im allgemeinen mit salbungsvollen Bekundungen zu diesem Grundsatz bewenden lassen — wir haben das auch hier wieder gehört — , haben wir uns — Zuversicht mag gut sein, Handeln scheint uns besser —

    (Frau Limbach [CDU/CSU]: Aber nur, wenn die Handlungen richtig sind!)

    zum Handeln entschlossen.
    Diskriminierungsverbote und Sanktionen gegen Arbeitgeber, die Frauen benachteiligen, sind ja nur ein Teil unseres Konzepts, Frau Männle. Wir wollen auch positive Anstöße geben. Das tun wir bei den Arbeitgebern besonders, auf die die Parlamentarier am ehesten einwirken können, nämlich bei den Behörden im öffentlichen Dienst.
    Die Zeit der freundlichen und vornehmen Appelle ist vorbei. Absichtserklärungen, Anzeigenkampagnen und die Hoffnungen auf den Sieg der Vernunft haben herzlich wenig gefruchtet. Wir brauchen auch nicht länger Modellprogramme, in denen punktuell erprobt wird, wie Frauen der Zugang zu allen Abteilungen und der Aufstieg bis in die höchsten Etagen und Besoldungsgruppen geebnet werden kann. Frau Männle, wir peitschen die Frauen ja nicht in die Karriere hinein, wie Sie es dargestellt haben, sondern wir räumen ihnen die Hürden weg, weil eben der Weg nicht freiwillig geöffnet wurde. Darum geht es hier.

    (Beifall bei der SPD)

    Das System ist ganz einfach und einleuchtend: Bei Stellenbesetzungen werden Frauen — bei gleicher Qualifikation, wohlgemerkt — männlichen Bewerbern so lange vorgezogen, bis in der jeweiligen Abteilung beide Geschlechter angemessen vertreten sind. Für die berufliche Ausbildung fordern wir Quoten, ebenso im Vorbereitungsdienst für Laufbahnen bzw. Funktionsgruppen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind. Kurz: Wir proklamieren das Ende der Bescheidenheit im öffentlichen Dienst.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir wissen, Frauenmangel in gehobenen und führenden Positionen der Ämter und Ministerien ist leider demjenigen in der sogenannten freien Wirtschaft beklagenswert ähnlich. Zum Beispiel belegt eine Untersuchung in schleswig-holsteinischen Landesbehörden: je verantwortlicher die Position, je besser die Besoldung, desto geringer der weibliche Anteil. Frauen finden sich zumeist in zuarbeitender Funktion, selten aber da, wo Entscheidungen fallen.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Richtig!)

    Also — ganz simple Folgerung — : Schaffen wir hier ein Stück Ausgleich, dann ist uns schon geholfen.
    Auch den, der jetzt mangels politischer Argumente juristische Bedenken ins Feld führt, muß ich enttäuschen. Schon die Enquete-Kommission „Frau und Gesellschaft" hat uns fachlich solide bestätigt, daß es rechtlich zulässig ist, bei gleicher Qualifikation von Bewerbern und Bewerberinnen eine Zeitlang die Kandidatinnen vorzuziehen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben natürlich am ehesten die Bundesbehörden im Visier. Aber unser Handlungsspielraum betrifft alle wichtigen Institutionen im Einflußbereich der Bundespolitik. Damit Frauenförderung nach unseren Vorstellungen greifen kann, wollen wir z. B. das Beamtenrechts- und das Hochschulrahmengesetz ändern und auch die Männerhierarchien in den Bundesrundfunkanstalten zum Bröckeln bringen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN sowie der Abg. Frau Karwatzki [CDU/CSU])




    Frau Dr. Sonntag-Wolgast
    Wir haben eben wieder Anschauungsunterricht gekriegt, wie das mit den Gremien und der Wahl ist. Es wird sich nichts ändern.
    Um das zu illustrieren: Unter den elf Mitgliedern des vor einem halben Jahr gewählten Rundfunkrates der „Deutschen Welle" ist nur eine einzige Frau; beim „Deutschlandfunk" sieht es nicht viel besser aus. Über die Zehn-Prozent-Marke kommen Frauen übrigens auch in den Gremien der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten nicht hinaus, ganz zu schweigen von den Spitzenpositionen in den Sendern selbst, Programmdirektion, Chefdirektion, Intendanz, wo wie Sie wohl wissen, Frauen überhaupt nur noch als Spurenelemente nachweisbar sind. Denn eines muß man sagen: So eifrig alle Parteien bei Personalentscheidungen über die Jahre hinweg auf die Wahrung des Proporzes links/rechts bedacht waren, so wenig hat sie der Gedanke beflügelt, die Vorherrschaft der Männer auch nur einzugrenzen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Unsere Forderung, in den Gremien der Bundesrundfunkanstalten die Frauen angemessen zu beteiligen, ist, finde ich, ein höchst behutsamer Vorstoß.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Liebe Kollegen und Kolleginnen, es geht nicht allein um Quoten, Förderpläne und Berichtspflichten, es geht auch um Personen, nämlich um leibhaftige Garantinnen dafür, daß der Verwaltung auf die Sprünge geholfen wird. Ich meine jetzt die Gleichstellungsstellen in Ländern und Gemeinden. Ich erinnere mich noch an die spöttischen Kommentare vorwiegend aus Kreisen der CDU, als vor gut zehn Jahren Sozialdemokratinnen solche Einrichtungen verlangten. Von unnötiger Bürokratie war da die Rede, von amtlich beglaubigtem Emanzentum. Heute riskiert kaum noch jemand solche Polemik. Fast 500 Gleichstellungsstellen und Frauenbüros gibt es mittlerweile im Bundesgebiet. Sie sind sozusagen salonfähig geworden. Mit Forderungen nach Frauenbeauftragten schmücken sich heute auch Christdemokraten und Liberale ganz gern,

    (Frau Limbach [CDU/CSU]: Die zweite in Nordrhein-Westfalen ist von einer CDUStadt eingeführt geworden, nämlich von Bonn!)

    klingt es doch nach Fortschritt. Nur, Frau Limbach, bewegen sich Ihre Vorstellungen im allgemeinen leider im Dunstkreis der Unverbindlichkeit. Die SPD dagegen fordert, das Amt der Gleichstellungsbeauftragten auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen, und zwar mit hauptamtlichen Kräften besetzt und ausgestattet mit Kompetenz und der Möglichkeit, frühzeitig auf Entscheidungen der Verwaltung einzuwirken.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir wissen, was sie leisten. Gleichstellungsbeauftragte setzen wichtige Akzente, drängen auf kommunale Förderpläne, familiengerechte Stadtplanung und Kinderbetreuungseinrichtungen. Sie durchforsten — auch ein wichtiger Punkt — unsere Verwaltungssprache. Deswegen brauchen wir sie als Aktivposten, als Anlaufstelle für Frauen und nicht zuletzt als Frühwarnsystem gegen das Zurückfallen in den alten
    Trott. Mir reicht allmählich die Erfahrung mit Landräten, die so tun, als sei die Gleichstellungsarbeit in ein paar gnädig eingeräumten Stunden gewissermaßen als Nebenjob zu erledigen.
    Wir behaupten nicht, daß diese Stellen alle Probleme aus der Welt räumen. Aber allein ihre Existenz wirkt als heilsames Druckmittel. Da spannt sich der Bogen von den kommunalen Frauenbüros über die Gleichstellungsstellen in den Ländern bis hin zu den Frauenministerien, wie wir sie seit zwei Jahren in echter Form in Schleswig-Holstein und seit gestern dank der SPD-Regierung auch in Niedersachsen haben.

    (Beifall bei der SPD — Frau Nickels [GRÜNE]: Rot-grün, bitte schön!)

    — Ja, unter grüner Leitung.
    Richtlinien zur Frauenförderung im öffentlichen Dienst sind mittlerweile in mehreren Ländern in Kraft. Etwa hat der Hamburger Senat eben einen Gesetzentwurf zur Gleichstellung verabschiedet. In Schleswig-Holstein sorgt die neue Gemeindeverfassung dafür, daß in Orten ab 10 000 Einwohner hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte zu ernennen sind.
    Ich finde, das alles sind begrüßenswerte Beschlüsse, aber beileibe keine Gnadenakte einsichtiger Regierungschefs, die wir dankbar bestaunen müssen. Denn im Grunde handelt es sich um eine Selbstverständlichkeit. Das Grundgesetz enthält den Verfassungsauftrag zur aktiven Frauenförderung. Staat, Verwaltung und Behörden sind aufgerufen, Maßstäbe zu setzen. Wir Parlamentarier und Parlamentarierinnen tun nichts weiter, als dem guten Willen per Gesetz ein bißchen nachzuhelfen. So ist das nun einmal: Wenn den öffentlichen Arbeitgebern zum Thema Gleichstellung zuwenig einfällt, dann muß gesetzlicher Zwang seine Phantasie beflügeln. Wer jetzt in der Frauenfrage noch auf die Selbstheilungskräfte des Marktes setzt, wie man es hier heute wieder schön hören konnte, der verschiebt wohl die Lösung des Problems ins nächste Jahrtausend. Das wollen wir nicht.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Schlußbemerkung, liebe Kollegen und Kolleginnen. Noch heute kann sich ein Bundeskanzler Kohl die Behauptung leisten, die Arbeitslosenstatistik sei verzerrt, weil sie Hunderttausende von Frauen aufführe, die „nur" Teilzeitjobs suchen.

    (Günther [CDU/CSU]: Hat er nie gesagt! Hat der Bundeskanzler so nie gesagt!)

    Ich glaube, wenn bei solchen Sätzen endlich aus jedem Arbeitsamt lauter Protest schallt, dann sind wir einen Schritt weiter.
    Danke schön.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit, Frau Dr. Lehr.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Diskussion hier hat trotz aller Differenzen gezeigt: Wir alle treten für eine Politik der Gleichberechtigung ein. Ich hoffe, das gilt auch für



    Bundesminister Frau Dr. Lehr
    die Herren Abgeordneten, die heute hier nicht anwesend sein konnten. Ich finde es gut, daß wir trotz aller Meinungsverschiedenheiten in einzelnen Fragen heute feststellen können: Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages wollen mehr tun, um die im Grundsatz verbriefte Gleichberechtigung in die soziale Wirklichkeit umzusetzen.
    Doch die Bundesregierung geht hier einen anderen Weg, als ihn die Sozialdemokraten und die GRÜNEN mit den vorliegenden Gesetzentwürfen vorschlagen. Einige Maßnahmen werden von uns unterschiedlich bewertet. Lassen Sie mich die wesentlichen Kritikpunkte zusammenfassen.
    Beide Gesetzentwürfe der Opposition verbessern in Wirklichkeit nicht die Lebenschancen der Frauen. Sie gehen zum Teil an den tatsächlichen Problemen vorbei und führen nicht weiter. Das beginnt schon bei der Quotenregelung für den öffentlichen Dienst und im Entwurf der GRÜNEN sogar auch noch für die freie Wirtschaft. Jede Form von Quotierung für Einstellung und Beförderung ist eine viel zu starre und schwerfällige Regelung,

    (Frau Schmidt [Hamburg] [GRÜNE]: Die Männerquoten sind so starr, das ist das Problem!)

    um den vielfältigen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung gerecht zu werden und mit einer flexiblen Personalpolitik vereinbar zu sein. Das Beispiel von Ihnen, Frau Limbach, könnte ich aus eigener Erfahrung an Hand vieler Fälle verstärken, Parallelen dazu aufzeigen.
    Auch die in den Entwürfen vorgesehenen Schadensersatz- und Bußgeldregelungen bei Diskriminierungsfällen sind überzogen und könnten sich somit auf die Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt eher negativ auswirken.
    In Beantwortung einer Kleinen Anfrage der SPD hat die Bundesregierung schon 1987 auf ihre verstärkten Anstrengungen zur Erhöhung des Frauenanteils in der Bundesverwaltung hingewiesen. Nach dem damaligen Stand wurden von den Bundesministerien zu über 50 % Frauen eingestellt.

    (Frau Schmidt [Hamburg] [GRÜNE]: In welchen Rängen?)

    — Es waren knapp 50 % im gehobenen Dienst, allerdings nur etwa ein Drittel der Neueinstellungen im höheren Dienst.

    (Frau Schmidt [Hamburg] [GRÜNE]: Und bei den Spitzenpositionen?)

    Hier gab es noch ein Defizit. Da aber der Frauenanteil in diesem Bereich bis dahin überhaupt nur 8,5 % betrug, durfte man jedoch eine Neueinstellungsquote von 30 % im höheren Dienst schon als Fortschritt ansehen. In Kürze wird zu diesen Fragen und neueren Entwicklungen noch ein Bericht der Bundesregierung vorgelegt werden.
    Schon jetzt aber zeigt sich: Die Frauenförderungsrichtlinie der Bundesregierung von 1986 hat eine positive Entwicklung in Gang gesetzt. Um die Frauenförderung im öffentlichen Dienst jedoch noch weiter zu beschleunigen, wird die Bundesregierung in den nächsten Monaten die Richtlinie zur beruflichen Förderung von Frauen in der Bundesverwaltung neu fassen. Eine wichtige Verbesserung wäre hier auch die Bestellung von Frauenbeauftragten oder — besser — Gleichstellungsbeauftragten in den Bundesministerien und in den nachgeordneten Behörden. Im BMJFFG gibt es seit einem halben Jahr eine Frauenbeauftragte.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Ist die immer noch teilzeitbeschäftigt?)

    Wir setzen den Gesetzentwürfen der SPD und der GRÜNEN, wie schon gesagt wurde, ein Gesamtkonzept für Frauen in Beruf und Familie entgegen, das erstens die Chancen der berufstätigen Frauen erweitert, zweitens die Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf wesentlich verbessert, drittens den Begriff der Arbeit neu bewertet und hier Familienarbeit einbezieht und viertens sich ausdrücklich nicht nur an Frauen, sondern auch an Männer richtet, die für die Durchsetzung der Gleichberechtigung mitverantwortlich sind.
    Zu erstens: Noch nie waren so viele Frauen in qualifizierten Berufen beschäftigt wie heute. Zur Zeit stehen 10,8 Millionen Frauen im Beruf, 27 % mehr als 1970. Von den in den letzten Jahren geschaffenen sozialversicherungspflichtigen Stellen wurden 65 % von Frauen besetzt.
    Der Anteil der Frauen an Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung, Umschulung und betrieblichen Einarbeitung hat sich erhöht. Die Beschäftigungschancen für qualifizierte Frauen im mittleren und oberen Management nehmen zu; der zukünftige Bedarf von 500 000 Führungskräften kann aus dem Potential der Männer gar nicht gedeckt werden. Daß Frauen hierfür besondere Fähigkeiten mitbringen, hat Frau Würfel bereits deutlich dargelegt.
    Die Bundesregierung — auch das sei hier erwähnt — legt ein Milliardenprogramm zur Förderung von Wissenschaftlern auf, von dem 800 Millionen DM für Wissenschaftlerinnen vorgesehen sind.
    Zum zweiten Punkt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist die Basis für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Über 80 % junger Männer und Frauen wollen beide Bereiche miteinander verbinden.
    Die bedeutendsten staatlichen Leistungen des letzten Jahrzehnts in diesem Bereich sind zweifellos die Einführung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub

    (Frau Schmidt [Hamburg] [GRÜNE]: Almosen!)

    und die Erweiterung des Erziehungsurlaubs seit 1987 von 10 auf 15 Monate und in wenigen Tagen, ab dem 1. Juli, auf 18 Monate.

    (Frau Schmidt [Hamburg] [GRÜNE]: Ein bißchen mehr als der Sozialhilfesatz!)

    Diesen Weg werden wir in der nächsten Legislaturperiode weitergehen.
    Ein großes Problem auf dem Arbeitsmarkt — auch darüber ist gesprochen worden — ist nach wie vor das zu geringe Angebot an Teilzeitarbeit. Positiv ist we-



    Bundesminister Frau Dr. Lehr
    nigstens der Entwicklungstrend. Der Teilzeitarbeitsmarkt hat sich ausgeweitet. 1989 waren 2 Millionen Frauen sozialversicherungspflichtig teilzeitbeschäftigt, 8,4 % mehr als 1987. Gut ein Drittel der neu geschaffenen Arbeitsplätze für Frauen sind Teilzeitarbeitsplätze.

    (Frau Schmidt [Hamburg] [GRÜNE]: Und Eigenständige?)

    Ich strebe baldmöglichst einen Beschluß der Bundesregierung an, der die Chancen und die Rahmenbedingungen für qualifizierte Teilzeitarbeit in der Bundesverwaltung verbessert.
    Angesprochen sei hier auch die Frage der Rückkehr in das Berufsleben nach der Familienphase. Jährlich wollen etwa 320 000 Frauen nach der Familienphase wieder erwerbstätig werden.
    An diese Zielgruppe richtet sich das 30-MillionenDM-Modellprogramm des Bundesministeriums zur Wiedereingliederung von Frauen in den Beruf, das den ländlichen Raum besonders berücksichtigt. Wir fördern hier zum einen mit der Laufzeit von drei Jahren 17 Beratungsstellen für Frauen in allen Bundesländern. Eine erste Bilanz zeigt, daß Frauen nach der Familienphase ein großes Bedürfnis nach beruflicher Beratung, aber auch nach umfassender Lebensberatung haben. Oft muß in den Gesprächen auch den Männern klargemacht werden, daß für ihre Frauen die Berufstätigkeit weit mehr bedeutet als eine zusätzliche Verdienstquelle oder als ein Beitrag zur Aufbesserung des Familieneinkommens.
    Nach einem Jahr Erfahrung mit dem Modellprogramm zeigt sich, daß die Nachfrage hier weit höher als das Angebot ist. Deshalb überprüfen wir zur Zeit eine Erweiterung des Modells.
    Im zweiten Teil des Sonderprogramms der Bundesregierung geht es um die Entwicklung und Erprobung qualifizierter betrieblicher Einarbeitungsmodelle für Frauen nach der Familientätigkeit. Arbeitgeber, die bereit sind, Berufsrückkehrerinnen unbefristet einzustellen, erhalten einen Zuschuß für die Qualifizierung am Arbeitsplatz, in der Regel bis zu sechs Monaten. Die Schwerpunkte dieser Einarbeitungsmodelle liegen im EDV-gestützten Bereich sowie in sozialpflegerischen und in Gesundheitsberufen.
    Kurz zu Punkt 3. Die Frauen- und Familienpolitik der Bundesregierung ist von einer neuen Bewertung des Begriffs der Arbeit geprägt. Die Arbeit in der Familie, die Arbeit im Ehrenamt und die Erwerbsarbeit sind gleichwertig. Jedoch wird die Arbeit in der Familie, in der Erziehung der Kinder und in der Pflege chronisch kranker und behinderter Angehöriger im öffentlichen Bewußtsein bisher viel zuwenig als Arbeitsleistung beachtet.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Frau Lehr, das geht ins Leere!)

    Entscheidende Leistungen zur besseren sozialen Absicherung der Familienarbeit sind die Verkürzung der Anwartschaftsfrist für die Altersrente von 15 auf 5 Versicherungsjahre, die Anerkennung von Erziehungsjahren in der Rentenversicherung und der Einstieg in eine bessere soziale Sicherung bei häuslicher Pflege. Hier sehe ich allerdings noch einen dringenden Handlungsbedarf für die nächste Legislaturperiode.
    Schließlich zu Punkt 4. Wir brauchen auch ein erweitertes Verständnis der Frauenpolitik. Obwohl es einen immer noch sehr erheblichen Nachholbedarf an sozialer Gerechtigkeit für Frauen im Beruf gibt, müssen wir doch die Frauenpolitik vor einer einseitigen Ideologisierung bewahren. Notwendig ist der Schritt von der Frauenfrage im engeren Sinne zum umfassenderen Begriff der Gleichberechtigung, der auch das Verhalten der Männer und die Situation der Kinder einbezieht.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Wo ist eine Ministerin, die endlich mal was tut und die Ärmel aufkrempelt?)

    Kooperation statt Konfrontation: Gleichberechtigung läßt sich nicht gegen die Männer durchsetzen, sondern nur mit den Männern.
    Schließlich, meine Damen und Herren, müssen wir jetzt dafür sorgen, daß sich die Gleichberechtigungspolitik in einem demnächst einheitlichen Deutschland auch einheitlich entwickelt. In der Gleichberechtigungspolitik haben wir noch ein großes Stück Arbeit vor uns. Ich wünsche mir im Interesse aller Frauen, daß wir diese Arbeit nach Ende dieser Debatte wieder gemeinsam tun, gemeinsam nach weiteren Realisierungsmöglichkeiten suchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)