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    Plenarprotokoll 11/214 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 214. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Sieler 16755 A Bestimmung des Abg. Lintner als stellvertretendes Mitglied im Gemeinsamen Ausschuß an Stelle des ausgeschiedenen Abg. Biehle 16755 A Nachträgliche Überweisung von Gesetzentwürfen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung 16755 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 16755 B Tagesordnungspunkt 3: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines . . . Strafrechtsänderungsgesetzes — Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität — (Drucksache 11/7101) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Umwelthaftungsgesetzes (Drucksache 11/7104) c) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Entwicklungshelfer-Gesetzes (Drucksache 11/6383) d) Erste Beratung des von dem Abgeordneten Dr. Jobst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Dr. Weng, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines 4. Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes (Drucksache 11/6735) e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Viertes Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung) (Drucksache 11/7030) f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Augustin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Förderung von Zukunftsenergien (Drucksache 11/7169) g) Beratung des Antrags des Abgeordneten Brück, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Änderung der EGNahrungsmittelhilfepolitik (Drucksache 11/5656) 16756 B Tagesordnungspunkt 19: a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Berufsbildungsbericht 1990 (Drucksache 11/6787) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Hillerich und der Fraktion DIE GRÜNEN: Einrichtung eines 8. Förderungsschwerpunktes „Mädchen und Frauen" für Modellversuche der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (Drucksache 11/5713) 16757 C Tagesordnungspunkt 4: Beratungen ohne Aussprache a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 (Zweites Durchführungsgesetz/EWG zum VAG) (Drucksachen 11/6341, 11/7230) b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes gemäß Artikel 104a Abs. 4 GG für Investitionen zur vorläufigen Unterbringung von Aussiedlern und Übersiedlern (Drucksachen 11/6750, 11/7109) c) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (Drucksachen 11/2216, 11/5730) d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Statistiken im Handwerk (Handwerkstatistikgesetz) (Drucksachen 11/4801, 11/7224, 11/7278) e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Wirtschaftsprüferordnung (Drucksachen 11/6529, 11/7177) f) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung des Rates mit Gesundheitsvorschriften für die Gewinnung und Vermarktung von zum Verzehr bestimmten ausgelassenen tierischen Fetten, Grieben und Nebenerzeugnissen des Ausschmelzens (Drucksachen 11/6125 Nr. 13, 11/7123) 16757 D Zusatztagesordnungspunkt 2: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Verbesserung des Wahlrechts für die Sozialversicherungswahlen (Drucksachen 11/6337, 11/7222) 16758B Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 163 zu Petitionen (Drucksache 11/7095) 16759 D Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 164 zu Petitionen (Drucksache 11/7157) 16759 D Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 165 zu Petitionen (Drucksache 11/7158) 16759 D Tagesordnungspunkt 5: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes (Drucksachen 11/6930, 11/7151, 11/7214, 11/7215) b) Zweite und dritte Beratung des von dem Abgeordneten Müntefering, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes (Drucksachen 11/5638, 11/7214, 11/7216) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Antrag des Abgeordneten Müntefering, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Soziale Fortentwicklung des Wohngeldes zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Wohngeld- und Mietenbericht 1989 (Drucksachen 11/5267, 11/6483, 11/7214) Frau Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU . . 16760 C Menzel SPD 16761 D Dr. Hitschler FDP 16763 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 16764 D Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau 16765 C Menzel SPD 16765 D Dr. Faltlhauser CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 16800 B Namentliche Abstimmung 16800 C Ergebnis 16806 B Tagesordnungspunkt 6: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Abwasserabgabengesetzes (Drucksachen 11/4942, 11/7231) b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag des Abgeordneten Kiehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Notwendige Änderungen des Abwasserabgabengesetzes zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Behandlung kommunaler Abwässer (Drucksachen 11/1771, 11/6285 Nr. 2.13, 11/7231) Harries CDU/CSU 16768 A Kiehm SPD 16769 B Grünbeck FDP 16771 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 16772 A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 III Frau Garbe GRÜNE 16773 B Dr. Hirsch FDP 16773 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 16774 C Kiehm SPD 16775 B Tagesordnungspunkt 7: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes (Drucksachen 11/4306, 11/7235) b) Zweite und dritte Beratung des von dem Abgeordneten Wartenberg (Berlin), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz personenbezogener Informationen (Bundes-Informationsschutzgesetz) (Drucksachen 11/3730, 11/7235, 11/7251) c) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes (Drucksachen 11/2175, 11/7235, 11/7252) d) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Information über die Tätigkeit der Sicherheitsbehörden zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Such, Frau Dr. Vollmer und der Fraktion DIE GRÜNEN „Tätigkeit des Verfassungsschutzes" zu dem Entschließungsantrag des Abgeordneten Such und der Fraktion DIE GRÜNEN zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Such, Frau Dr. Vollmer und der Fraktion DIE GRÜNEN Tätigkeit des Verfassungsschutzes zu dem Antrag der Abgeordneten Such, Frau Dr. Vollmer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Auflösung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (Drucksachen 11/2125, 11/6308, 11/6304, 11/6249, 11/7235) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (Drucksachen 11/4306, 11/7235) Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes — Artikel 5 — Gesetz über den Bundesnachrichtendienst (Drucksache 11/7262) Dr. Blens CDU/CSU 16777 D Wartenberg (Berlin) SPD 16781 A Dr. Penner SPD 16781D Dr. Hirsch FDP 16783 B Dr. Penner SPD 16785 B Such GRÜNE 16785 C Dr. Emmerlich SPD 16787 C Dr. Hirsch FDP 16789A Dr. Emmerlich SPD 16789 B Dr. Schäuble, Bundesminister BMI . . . 16789D Wüppesahl fraktionslos 16792 B Namentliche Abstimmung 16800 D Ergebnis 16807 C Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Errichtungsgesetz) (Drucksache 11/7029) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Rust, Such und der Fraktion DIE GRÜNEN: Sicherheitsprobleme der Informations- und Kommunikationstechniken — Schutz von Individuum und Gesellschaft (Drucksache 11/7246) Dr. Schäuble, Bundesminister BMI . . . 16794 B Paterna SPD 16795 A Frau Rust GRÜNE 16796 C Wüppesahl fraktionslos 16797 D Tagesordnungspunkt 9: Wahl zur Parlamentarischen Kontrollkommission (Drucksache 11/7170) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Parlamentarische Kontrollkommission (Drucksachen 11/7245, 11/7272) Such GRÜNE 16798 D Frau Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU . . 16799 B Becker (Nienberge) SPD 16799 C Kleinert (Hannover) FDP 16799 D Ergebnis der Wahl 16806 A Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 SPD: Gleichberechtigte Partnerschaft im Bündnis (Drucksache 11/4158) Dr. de With SPD 16801 B Lowack CDU/CSU 16803 A Wiefelspütz SPD 16803 C Frau Beer GRÜNE 16804 B Irmer FDP 16809 A Wiefelspütz SPD 16809 C Schäfer, Staatsminister AA 16811B Gerster (Worms) SPD 16814 A Lowack CDU/CSU 16815A, 16816 C Schäfer (Mainz) FDP . . . 16816A, 16819A Lamers CDU/CSU 16817A Wiefelspütz SPD 16818A Frau Weyel SPD 16819 C Tagesordnungspunkt 11: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Auswärtigen Dienst (Drucksachen 11/6547, 11/7242, 11/7244) b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines dienst- und besoldungsrechtlichen Begleitgesetzes zum Gesetz über den Auswärtigen Dienst (Begleitgesetz Auswärtiger Dienst) (Drucksachen 11/6543, 11/7248, 11/7249) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Auswärtigen Dienst (Drucksachen 11/4756, 11/7242, 11/7243) Lowack CDU/CSU 16832 C Verheugen SPD 16833 B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 16835 A Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 16836A Genscher, Bundesminister AA 16836 D Dr. Knabe GRÜNE 16837 B Zusatztagesordnungspunkt 10: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung des Mieters bei Begründung von Wohnungseigentum an vermieteten Wohnungen (Drucksachen 11/6374, 11/7258) Dr. Pick SPD 16839A Geis CDU/CSU 16840B Müntefering SPD 16840D, 16841 C Dr. Hitschler FDP 16841 D Frau Teubner GRÜNE 16842 B Dr. Hitschler FDP 16843 B Dr. Jahn, Parl. Staatssekretär BMJ . . . 16844 A Tagesordnungspunkt 12: Zweite und dritte Beratung des von dem Abgeordneten Tillmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Gries, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes (Drucksachen 11/261, 11/7143) Ibrügger SPD . . . . 16845C, 16847B, 16850 B Tillmann CDU/CSU 16846 A Gries FDP 16848 C Frau Teubner GRÜNE 16849 C Dr. Schulte, Parl. Staatssekretär BMV . 16850A Zusatztagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Aufnahmegesetzes (Drucksachen 11/6910, 11/6948, 11/7282) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 17: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Aufnahmeverfahrens für Aussiedler (Aussiedleraufnahmegesetz) (Drucksachen 11/6937, 11/7189, 11/7280) b) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD Neuregelungen für Übersiedlerinnen und Übersiedler (Drucksachen 11/6381, 11/7280) 16850 D Tagesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau von Hemmnissen bei Investitionen in der Deutschen Demokratischen Republik und Berlin (Ost) (DDR-Investitionsgesetz) (Drucksachen 11/7073, 11/7207, 11/7294, 11/7295) Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU . . . . 16851 D Poß SPD 16852 D Rind FDP 16854 C Hüser GRÜNE 16855 C Carstens, Parl. Staatssekretär BMF . . . . 16856 C Tagesordnungspunkt 14: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Vierten Agrarsozialen Ergän- Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 V zungsgesetzes (Drucksachen 11/6469, 11/7064, 11/7233, 11/7234) Fuchtel CDU/CSU 16857 D Kirschner SPD 16859 A Heinrich FDP 16861 B Frau Flinner GRÜNE 16862 C Seehofer, Parl. Staatssekretär BMA . . 16863 C Tagesordnungspunkt 15: a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Agrarbericht 1990 Agrar- und ernährungspolitischer Bericht der Bundesregierung (Drucksachen 11/6387, 11/6388) b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Marktstrukturgesetzes (Drucksachen 11/5317, 11/6377 [neu]) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 13. November 1987 zum Schutz von Heimtieren (Drucksache 11/6854) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Tierseuchengesetzes (Drucksache 11/7065) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates für den Schutz von Tieren beim Transport (Drucksachen 11/5722, 11/6731) f) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Adler, Jansen, Kißlinger, Koltzsch, Müller (Schweinfurt), Blunck, Oostergetelo, Pfuhl, Sielaff, Wimmer (Neuötting), Wittich, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Rechtsverordnung für den Transport von Tieren (Drucksachen 11/2441, 11/6733) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von dem Abgeordneten Susset, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Paintner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Milch, Milcherzeugnisse, Margarineerzeugnisse und ähnliche Erzeugnisse (Milch- und Margarinegesetz) (Drucksachen 11/6643, 11/7236) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Susset, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Paintner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Milchaufgabevergütungsgesetzes (Drucksache 11/7253) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Susset, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Paintner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Weingesetzes sowie eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Weinwirtschaftsgesetzes (Drucksache 11/7254) Kiechle, Bundesminister BML 16866 B Oostergetelo SPD 16869 C Heinrich FDP 16871 B Susset CDU/CSU 16872 B Oostergetelo SPD 16872 C Kreuzeder GRÜNE 16875 B Paintner FDP 16877 A Müller (Schweinfurt) SPD 16879 A Sauter (Epfendorf) CDU/CSU 16880 D Oostergetelo SPD 16881 D Sielaff SPD 16883 A Bredehorn FDP 16883 D Oostergetelo SPD 16885 B Frau Adler SPD 16885 C Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . 16886 D Kißlinger SPD 16888D Tagesordnungspunkt 16: Vereinbarte Debatte zum Thema „Das soziale Europa" in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission über ihr Aktionsprogramm zur Anwendung der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte (Drucksachen 11/6324, 11/7232) in Verbindung mit VI Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 Zusatztagesordnungspunkt 15: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/88 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 68/360/EWG zur Aufhebung der Reise-und Aufenthaltsbeschränkungen für Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten und ihre Familienangehörigen innerhalb der Gemeinschaft (Drucksachen 11/4874, 11/7263) Fuchtel CDU/CSU 16891 B Peter (Kassel) SPD 16892 C Heinrich FDP 16894 C Frau Kottwitz GRÜNE 16895 D Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 16897 A Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Ausbildung und Ausbildungsstätten in der Altenpflege (Altenpflegegesetz) (Drucksache 11/7094) . . 16898 C Tagesordnungspunkt 18: a) Beratung des Antrags des Abgeordneten Gerster (Worms), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verkürzung der Dauer des Grundwehrdienstes und Anpassung der Dauer des Zivildienstes (Drucksache 11/6791) b) Beratung des Antrags des Abgeordneten Gerster (Worms), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Einberufungspraxis zum Grundwehrdienst (Drucksache 11/6833) c) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Schritte zur Ausgestaltung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung sowie zur Abschaffung von Zivildienst und Wehrpflicht (Drucksache 11/6865) d) Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zur Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen und zum Ersatzdienst (Drucksache 11/5512) 16898 C Zusatztagesordnungspunkt: Zweite und dritte Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Änderung besoldungs- und wehrsoldrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 11/6544, 11/6884, 11/7302, 11/7303) 16899 B Tagesordnungspunkt 2 (Fortsetzung): Fragestunde — Drucksache 11/7228 vom 25. Mai 1990 — Ausbau der Teilstrecke der A 1 MehrenDaun MdlAnfr 27, 28 Diller SPD Antw PStSekr Dr. Schulte BMV 16820 A ZusFr Diller SPD 16820B Gefahr der Kollision von zivilen und militärischen Flugzeugen im Luftraum über Ramstein MdlAnfr 29 Schreiner SPD Antw PStSekr Dr. Schulte BMV 16820 C ZusFr Schreiner SPD 16820 C ZusFr Wüppesahl fraktionslos 16821 A Fehlen von Grenzwerten bei Verwendung der Einheit „Sievert" für die Umgebungsüberwachung atomtechnischer Anlagen MdlAnfr 32 Wüppesahl fraktionslos Antw PStSekr Gröbl BMU 16821 B ZusFr Wüppesahl fraktionslos 16821 C ZusFr Dr. Knabe GRÜNE 16822 A Entsorgung von Flugasche aus der Mitverbrennung von Abfällen in Müllverbrennungsanlagen; Einrichtung ständiger Überwachungsanlagen MdlAnfr 33, 34 Frau Kastner SPD Antw PStSekr Gröbl BMU . . 16822A, 16822 D ZusFr Frau Kastner SPD . . . 16822B, 16823 A ZusFr Brauer GRÜNE . . . . 16822C, 16823 A ZusFr Frau Dr. Hartenstein SPD 16822C, 16823A ZusFr Dr. Emmerlich SPD 16822 D Kriterien für die Ermittlung von Emissionsgrenzwerten bei der Mitverbrennung von Abfällen MdlAnfr 35, 36 Frau Dr. Hartenstein SPD Antw PStSekr Gröbl BMU . . 16823B, 16824 B ZusFr Frau Dr. Hartenstein SPD 16823C, 16824 B ZusFr Brauer GRÜNE . . . . 16824A, 16824 D ZusFr Schmidbauer CDU/CSU 16824A, 16825 A Ergebnisse des DDR-Gutachtens über die Sicherheit des Kernkraftwerks Greifswald MdlAnfr 37 Dr. Kübler SPD Antw PStSekr Gröbl BMU 16825 B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 VII ZusFr Dr. Kübler SPD 16825 C ZusFr Dr. Emmerlich SPD 16826 A Verhinderung der Spekulation mit Sozialwohnungen MdlAnfr 42, 43 Müntefering SPD Antw PStSekr Echternach BMBau . 16826B, C ZusFr Müntefering SPD 16826B, D Verpflichtung zur Einhaltung des Kaufvertrags mit der Sowjetunion über MIG-Düsenjäger auch nach der Wiedervereinigung Deutschlands MdlAnfr 52 Gansel SPD Antw StMin Schäfer AA 16827 B ZusFr Gansel SPD 16827 B Einbürgerung des iranischen Staatsbürgers, Herrn Mehdi Aschrafi Mahabadi MdlAnfr 53 Schreiner SPD Antw PStSekr Spranger BMI 16828 B ZusFr Schreiner SPD 16828 C ZusFr Andres SPD 16829 A ZusFr Dr. Emmerlich SPD 16829 A Verkauf von Kokain durch einen Beamten des Bundeskriminalamtes MdlAnfr 56, 57 Dr. Emmerlich SPD Antw PStSekr Spranger BMI . 16829B, 16830B ZusFr Dr. Emmerlich SPD . . 16829C, 16830 B ZusFr Schreiner SPD 16829D, 16830 D ZusFr Andres SPD 16830A, 16831 A ZusFr Schmidt (Salzgitter) SPD 16830 D Durchführung der Olympischen Spiele in Berlin im Jahre 2000 oder 2004; Eignung des geschichtsträchtigen Olympiastadions als Austragungsort angesichts der sich abzeichnenden Wiedervereinigung Deutschlands MdlAnfr 58, 59 Brauer GRÜNE Antw PStSekr Spranger BMI 16831 B, C ZusFr Brauer GRÜNE 16831 C Nächste Sitzung 16899 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 16901*A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden der Abgeordneten Dr. Blens (CDU/CSU) und Dr. Hirsch (FDP) zum Tagesordnungspunkt 8 und Zusatztagesordnungspunkt 7 (Gesetz über die Errichtung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik und Antrag betr. Sicherheitsprobleme der Informations- und Kommunikationstechniken) 16901*C Anlage 3 Alphabetisches Namensverzeichnis der Abgeordneten, die an der Wahl zur Parlamentarischen Kontrollkommission teilgenommen haben 16903*A Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zu den Zusatztagesordnungspunkten 16 und 17 (Gesetz zur Aufhebung des Aufnahmegesetzes und Aussiedleraufnahmegesetz) 16904*B Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU), auch im Auftrag der Abgeordneten Dewitz und Lowack (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Aussiedleraufnahmegesetzes . 16908* B Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zum Tagesordnungspunkt 17 (Altenpflegegesetz) . . 16909* B Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zum Tagesordnungspunkt 18 (Anträge zum Grundwehrdienst und Zivildienst) 16914* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 16755 214. Sitzung Bonn, den 31. Mai 1990 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01. 06. 90* Dr. Apel SPD 01. 06. 90 Brandt SPD 01.06.90 Büchner (Speyer) SPD 01. 06. 90* Daweke CDU/CSU 31.05.90 Dewitz CDU/CSU 01.06.90 Ehrbar CDU/CSU 01.06.90 Dr. Ehrenberg SPD 31. 05. 90 Eich GRÜNE 01.06.90 Engelhard FDP 01.06.90 Francke (Hamburg) CDU/CSU 01. 06. 90 Frau Fuchs (Verl) SPD 01. 06. 90 Dr. Glotz SPD 01. 06. 90 Dr. Götz CDU/CSU 01. 06. 90 Graf SPD 01.06.90 Dr. Haack SPD 01. 06. 90 Haack (Extertal) SPD 01. 06. 90 Harries CDU/CSU 01.06.90 Heimann SPD 01.06.90 Dr. Hennig CDU/CSU 31. 05. 90 Jaunich SPD 31.05.90 Kalisch CDU/CSU 01.06.90 Möllemann FDP 31.05.90 Dr. Müller CDU/CSU 01. 06. 90 * Niegel CDU/CSU 01. 06. 90 * Pfeifer CDU/CSU 01.06.90 Porzner SPD 01.06.90 Rappe (Hildesheim) SPD 01. 06. 90 Dr. Riesenhuber CDU/CSU 01. 06. 90 Dr. Scheer SPD 01. 06. 90 Frau Schilling GRÜNE 01. 06. 90 Schmidt (München) SPD 01. 06. 90 * Schröer (Mülheim) SPD 01. 06. 90 Singer SPD 01.06.90 Frau Dr. Skarpelis-Sperk SPD 31. 05. 90 Tietjen SPD 01.06.90 Frau Unruh fraktionslos 01. 06. 90 Dr. von Wartenberg CDU/CSU 31. 05. 90 Dr. Weng (Gerlingen) FDP 01. 06. 90 Frau Will-Feld CDU/CSU 31. 05. 90 Frau Dr. Wilms CDU/CSU 31. 05. 90 Frau Wollny GRÜNE 01. 06. 90 Wüppesahl fraktionslos 01. 06. 90 Würtz SPD 01.06.90 Zierer CDU/CSU 01. 06. 90 * Dr. Zimmermann CDU/CSU 01. 06. 90 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden der Abgeordneten Dr. Blens (CDU/CSU) und Dr. Hirsch (FDP) zum Tagesordnungspunkt 8 und Zusatztagesordnungspunkt 7 (Gesetz über die Errichtung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik und Antrag betr. Sicherheitsprobleme der Informations- und Kommunikationstechniken) Dr. Blens (CDU/CSU): Die Informationstechnik dringt in immer mehr Lebensbereiche der Gesellschaft und in immer mehr Bereiche der staatlichen Verwaltung ein. In dem Maße, in dem das geschieht, werden Arbeitsfähigkeit und Funktionsfähigkeit öffentlichen und privaten Handelns und Entscheidens in zunehmendem Maße von der Richtigkeit und damit der Sicherheit der Informationen und das heißt gleichzeitig auch der Informationstechnik abhängig. Zufällige, aber auch absichtlich hervorgerufene Fehlfunktionen von Systemen der Informationstechnik können zu schweren materiellen und immateriellen Schäden führen. Solche Schäden können zum Beispiel eintreten, wenn firmeninterne oder geheimhaltungsbedürftige Informationen des Staates an Unbefugte weitergegeben oder wenn Informationen aus der Privatsphäre eines Bürgers offengelegt werden. Wenn Informationstechniksysteme zur Unterstützung kritischer Aufgaben - wie zum Beispiel in einer Intensivstation eines Krankenhauses - wegen zufälliger oder auch absichtlich hervorgerufener Fehlfunktionen nicht zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen oder falsche Informationen liefern, können schwere Schäden eintreten. Diese Beispiele zeigen, daß der Schutz der Vertraulichkeit, der Unversehrtheit und der Verfügbarkeit von Informationen in der Informations- und Kommunikationsgesellschaft von so großer Bedeutung für die zwischenmenschlichen Beziehungen sind, daß das einwandfreie und sichere Funktionieren der Informationstechnik eine wichtige staatliche Aufgabe ist. Dabei geht es darum sicherzustellen, daß informationstechnische Systeme und Komponenten einen ausreichenden Sicherheitsstandard aufweisen und daß Hersteller, Betreiber und Anwender solcher Systeme über Bedrohungen und Risiken und mögliche organisatorische und technische Sicherungsmaßnahmen informiert sind. Es geht auch um die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Hersteller von informationstechnischen Geräten. Diese Geräte sind nur zu verkaufen, wenn sie einen nachweisbar ausreichenden Sicherheitsstandard aufweisen. Es ist deshalb richtig, daß die Bundesregierung im vorliegenden Gesetzentwurf die Errichtung eines 16902* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik im Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern vorschlägt, dessen Hauptaufgabe es sein soll, in enger Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Wissenschaft die Sicherheit der Informationstechnik zu fördern. Es ist durchaus sinnvoll, die Aufgabe der Förderung der Informationssicherheit einer Behörde zu übertragen, obgleich es sich dabei nicht nur um ein Problem der öffentlichen Verwaltung, sondern auch um Probleme der Gesellschaft — nicht zuletzt aus der privaten Wirtschaft — handelt. Die Übertragung auf eine Behörde liegt deshalb nahe, weil nur eine Behörde den erforderlichen Zugang zu staatlichen Sicherheitsinformationen zum Beispiel der Computerkriminalität hat. Es kommt hinzu, daß Fragen der Sicherheit der Informationstechnik zunehmend und auch zutreffend als Sicherheitsproblem in der Gesellschaft insgesamt verstanden werden. Das Bundesamt soll bei der Wahrnehmung aller seiner Aufgaben nur auf Antrag tätig werden. Das gilt für die Erarbeitung von Sicherheitsanalysen, für die Entwicklung von geeigneten Sicherheitsstandards und für die vorgesehene Vergabe von Sicherheitszertifikaten. Selbstverständlich wird das Bundesamt auch seine Beratungstätigkeit nur auf Antrag ausüben. Auch die in § 3 Nr. 6 genannte Unterstützung der zuständigen Behörden des Bundes bei der Verhütung oder Verfolgung von Straftaten und bei der Beobachtung der in § 3 Abs. 1 des Verfassungsschutzgesetzes genannten Bestrebungen und Tätigkeiten setzt einen Antrag auf Unterstützung der jeweiligen Sicherheitsbehörde voraus. Das zukünftige Bundesamt hat also nicht das Recht, von sich aus in diesen Bereichen tätig zu werden. Im übrigen ist das Bundesamt nur dann zur Unterstützung der Sicherheitsbehörden befugt, wenn es darum geht, strafbare Handlungen, Bestrebungen oder Tätigkeiten, die gegen die Sicherheit in der Informationstechnik gerichtet sind oder unter Nutzung der Informationstechnik erfolgen, zu verhindern oder zu erforschen. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß das Amt auch bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe ausschließlich technische Aufgaben erhält ohne jede Zugriffsmöglichkeit auf personenbezogene Informationen. Alles in allem kann man feststellen, daß das Bundesamt eine sinnvolle und notwendige Einrichtung ist. Ich hoffe deshalb, daß das Gesetz noch in dieser Wahlperiode verabschiedet werden kann. Dr. Hirsch (FDP): Das ist wirklich ein merkwürdiges Gesetz. Es geht ja nicht — wie die Bezeichnung des Gesetzes glauben läßt — um die Errichtung eines neuen Bundesamtes, sondern es geht darum, eine Dienststelle, die bisher im Bereich des Bundesnachrichtendienstes tätig ist, nunmehr gesetzlich zu regeln und sie dem Innenministerium einzugliedern, und zwar derselben Abteilung, die für die Aufsicht über den Verfassungsschutz zuständig ist. Entspricht das wirklich der Aufgabenstellung, die dieser Bundesbehörde zugewiesen wird? Für das Gesetz gibt es gute Gründe. Die weit über 100 hoch qualifizierten Mitarbeiter dieser Dienststelle haben besondere Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der technischen Datensicherung, also in der Frage, wie man in Datenverarbeitungsanlagen eindringen und wie man sie gegen solche Eindringlinge nach Möglichkeit sichern könnte oder sichern sollte. Diese Kenntnisse sind sowohl für die Hersteller wie für die Nutzer solcher Anlagen von großer Bedeutung. Nicht nur in der öffentlichen Hand, sondern auch in der privaten Datenverarbeitung steigt mit der wachsenden Vernetzung der Anlagen die Gefahr und die Versuchung, daß durch mangelnde Datensicherung Unbefugte in das Netz kommen, dadurch Kenntnisse erlangen und unberechtigte Veränderungen am Datenbestand vornehmen können. Darum bemühen sich nicht nur die sogenannten Hacker, sondern das wird auch ganz professionell oder meinetwegen kriminell versucht. Daraus ergibt sich zunächst die Frage, ob und in welchem Umfang es sich bei dieser technischen Datensicherung tatsächlich um eine staatliche Aufgabe handelt. Wenn die Behörde Sicherheitszertifikate ausstellt, dann sind sie für die Hersteller von Datenverarbeitungsanlagen von Hard- und Software von äußerster wirtschaftlicher Bedeutung. Man wird nämlich Anlagen dieser Art dann in Zukunft ohne solche Zertifikate weder entwickeln noch verkaufen oder einsetzen können. Staatlicher Warentest, ein amtliches Gütesiegel bedeutet gleichzeitig eine beachtliche wirtschaftliche Macht. Wer kontrolliert sie, wer haftet für falsche Entscheidungen? Der Gesetzentwurf geht davon aus, daß die Anträge auf die Gütesiegel nicht alle in angemessener Zeit erledigt werden können. Wer haftet für die wirtschaftlichen Folgen? Normalerweise werden in der Wirtschaft solche Probleme durch Güteverbände gelöst, z. B. durch Dampfkesselüberwachungsvereine oder den TÜV, und bei ihnen leisten wir uns besondere Konstruktionen. Hier soll es eine Bundesoberbehörde werden. Wir werden feststellen müssen warum. An anderer Stelle des Gesetzes formuliert der Verfasser in § 3 Ziffer 6, daß diese Bundesoberbehörde das Bundesamt für Verfassungsschutz bei seinen Beobachtungen von Bestrebungen und Tätigkeiten unterstützen soll, und in der Begründung taucht außerdem das Bundeskriminalamt und natürlich die Organisierte Kriminalität auf. Das muß sicherlich näher erläutert werden. Wir haben nicht vor, bei der Tätigkeit dieser Einrichtung irgendeine Grauzone entstehen zu lassen. Wir werden also im einzelnen definieren müssen, welche Tätigkeit diese Behörde im Rahmen einer Amtshilfe leisten sollte und was hier ,unterstützen' heißen soll. Wenn diese Behörde für irgendjemanden Amtshilfe leisten sollte, dann unserer Meinung nach für den Bundesbeauftragten für den Datenschutz, weil es dessen primäre Aufgabe ist, für die Einhaltung der rechtlichen und auch technischen Datenschutzsicherungen zu sorgen. Wenn irgendjemand ein berechtigtes Interesse daran hat, sich des Sachverstandes einer solchen Behörde zu bedienen, dann ist es ganz sicherlich dieser Datenschutzbeauftragte. Wir haben also noch Zweifel daran, ob diese Behörde eine staatliche Aufgabe hat und welche Aufgaben sie im einzelnen erfül- Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 16903* len sollte. Wir werden das im Rahmen der Beratungen des Innenausschusses sorgfältig behandeln und wollen uns dafür einsetzen, daß die Beratungen im Innenausschuß — mit welchem Ergebnis auch immer — in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden. Wir wissen, daß auch der Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung vor kurzem eine Anhörung zur Tätigkeit dieser Behörde durchgeführt hat und die sehr interessanten Egebnisse dieser Anhörung werden wir in unsere Beratungen mit einzubeziehen haben. In diesem Sinne stimmen wir den vorgeschlagenen Überweisungen zu. Anlage 3 Alphabetisches Namensverzeichnis der Abgeordneten, die an der Wahl zur Parlamentarischen Kontrollkommission teilgenommen haben Frau Adler Amling Andres Antretter Frau Augustin Bachmaier Bahr Bamberg Bauer Baum Bayha Frau Beck-Oberdorf Dr. Becker (Frankfurt) Becker (Nienberge) Frau Becker-Inglau Beckmann Bernrath Dr. Biedenkopf Bindig Dr. Blank Dr. Blens Dr. Blüm Böhm (Melsungen) Dr. Böhme (Unna) Börnsen (Ritterhude) Dr. Bötsch Bohlsen Borchert Brauer Bredehorn Breuer Dr. Briefs Brunner Bühler (Bruchsal) Dr. von Bülow Frau Bulmahn Buschbom Buschfort Carstens (Emstek) Catenhusen Frau Conrad Conradi Cronenberg (Arnsberg) Dr. Czaja Dr. Daniels (Bonn) Dr. Daniels (Regensburg) Daubertshäuser Frau Dempwolf Deres Dr. Diedrich (Berlin) Diller Dörflinger Dr. Dollinger Doss Dreßler Echternach Frau Dr. Hellwig Helmrich Herkenrath Heyenn Hiller (Lübeck) Frau Hillerich Hinrichs Hinsken Dr. Hirsch Dr. Hitschler Höffkes Höpfinger Hörster Dr. Hoffacker Frau Hoffmann (Soltau) Dr. Holtz Hoppe Horn Dr. Hornhues Hornung Hoss Dr. Hoyer Frau Hürland-Büning Dr. Hüsch Huonker Graf Huyn Ibrügger Irmer Jäger Jahn (Marburg) Dr. Jahn (Münster) Jaunich Dr. Jenninger Dr. Jens Dr. Jobst Jung (Düsseldorf) Jung (Limburg) Jung (Lörrach) Jungmann (Wittmoldt) Kalb Dr. Kappes Frau Karwatzki Frau Kastner Kastning Keller Frau Kelly Kiechle Kiehm Kirschner Kißlinger Kittelmann Klein (München) Kleinert (Hannover) Kleinert (Marburg) Dr. Klejdzinski Klose Dr. Köhler (Wolfsburg) Kohn Kolbow Koltzsch Koschnick Kossendey Frau Kottwitz Kraus Kretkowski Krey Dr. Kronenberg Dr. Kübler Kühbacher Kuhlwein Dr.-Ing. Laermann Lambinus Dr. Graf Lambsdorff Lamers Dr. Lammert Dr. Langner Lattmann Dr. Laufs Lennartz Lenzer Leonhart Frau Limbach Link (Frankfurt) Linsmeier Lintner Dr. Lippelt (Hannover) Louven Lowack Lüder Lutz Frau Luuk Maaß Frau Männle Magin Dr. Mahlo Marschewski Frau Matthäus-Maier Dr. Mechtersheimer Meneses Vogl Menzel Dr. Mertens (Bottrop) Dr. Meyer zu Bentrup Michels Mischnick Dr. Möller Müller (Schweinfurt) Müller (Wesseling) Müntefering Nagel Nehm Nelle Neuhausen Dr. Neuling Frau Nickels Frau Dr. Niehuis Dr. Niese Dr. Nöbel Nolting Frau Odendahl Oesinghaus Frau Oesterle-Schwerin Dr. Olderog Oostergetelo Opel Dr. Osswald Oswald Paintner Paterna Dr. Penner Pesch Peter (Kassel) Petersen Pfeffermann Dr. Pfennig Pfuhl Dr. Pinger Dr. Pohlmeier Poß Dr. Probst Purps Rauen Rawe Reddemann Regenspurger Reimann Frau Renger Repnik Reschke Reuter Rind Rixe Frau Rock Frau Rönsch (Wiesbaden) Frau Roitzsch (Quickborn) Ronneburger Dr. Rose Rossmanith Roth Roth (Gießen) Dr. Rüttgers Ruf Frau Rust Frau Saibold Sauer (Stuttgart) Sauter (Epfendorf) Schäfer (Mainz) Dr. Ehmke (Bonn) Eigen Eimer (Fürth) Dr. Emmerlich Engelsberger Erler Esters Ewen Dr. Faltlhauser Frau Faße Feilcke Dr. Feldmann Dr. Fell Fellner Frau Fischer Fischer (Hamburg) Fischer (Homburg) Frau Flinner Frau Folz-Steinacker Dr. Friedrich Frau Fuchs (Köln) Frau Fuchs (Verl) Fuchtel Funke Gallus Ganz (St. Wendel) Frau Garbe Gattermann Dr. Gautier Frau Geiger Geis Dr. von Geldern Gerster (Worms) Gilges Glos Dr. Göhner Frau Dr. Götte Gries Gröbl Großmann Grünbeck Grüner Dr. Grünewald Dr. Häfele Häfner Frau Hämmerle Häuser Frau Dr. Hamm-Brücher Hasenfratz Frau Hasselfeldt Dr. Hauchler Haungs Hauser (Esslingen) Hedrich Heinrich Heistermann 16904* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 Frau Schätzle Schäfer (Offenburg) Dr. Schäuble Schanz Schemken Scherrer Scheu Frau Schmidt (Hamburg) Schmidt (Salzgitter) Schmitz (Baesweiler) Dr. Schmude von Schmude Schneider (Idar-Oberstein) Dr. Schneider (Nürnberg) Dr. Schöfberger Frau Schoppe Schreiner Dr. Schroeder (Freiburg) Schulhoff Frau Schulte (Hameln) Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) Schulze (Berlin) Schwarz Dr. Schwarz-Schilling Dr. Schwörer Seehofer Seesing Seidenthal Frau Seuster Sielaff Sieler (Amberg) Dr. Soell Dr. Solms Frau Dr. Sonntag-Wolgast Dr. Sperling Dr. Sprung Stahl (Kempen) Dr. Stark (Nürtingen) Dr. Stavenhagen Steiner Dr. Stercken Stiegler Dr. Stoltenberg Straßmeir Stratmann-Mertens Strube Dr. Struck Stücklen Such Frau Dr. Süssmuth Susset Frau Terborg Frau Teubner Dr. Thomae Frau Dr. Timm Timm Toetemeyer Dr. Uelhoff Uldall Dr. Unland Frau Unruh Urbaniak Vahlberg Frau Vennegerts Frau Verhülsdonk Dr. Vogel Vogel (Ennepetal) Vogt (Duren) Voigt (Frankfurt) Dr. Voigt (Northeim) Frau Dr. Vollmer Volmer Dr. Vondran Dr. Waffenschmidt Graf von Waldburg-Zeil Waltemathe Walther Frau Walz Dr. Warnke Dr. Warrikoff Wartenberg (Berlin) Frau Dr. Wegner Weiermann Frau Weiler Weiss (München) Werner (Ulm) Dr. Wernitz Westphal Wetzel Frau Weyel Dr. Wieczorek Wieczorek (Duisburg) Frau Wieczorek-Zeul Wiefelspütz Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms Frau Wilms-Kegel Wilz Wimmer (Neuötting) Wimmer (Neuss) Windelen Frau Dr. Wisniewski Dr. de With Wittich Dr. Wittmann Wolfgramm (Göttingen) Wüppesahl Frau Würfel Dr. Wulff Zander Zeitler Zink Zumkley Zywietz Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zu den Zusatztagesordnungspunkten 16 und 17 (Gesetz zur Aufhebung des Aufnahmegesetzes und Aussiedleraufnahmegesetz) Dr. Kappes (CDU/CSU): Der vorliegende Gesetzentwurf ist die Folge von Entwicklungen sowohl außerhalb als auch innerhalb unseres Landes, die eine angemessene Neuregelung des Aufnahmeverfahrens für Aussiedler einerseits ermöglichen und andererseits erfordern: „ermöglichen" deshalb, weil sich die Verhältnisse in Ost- und Südosteuropa erfreulicherweise in positivem Sinne gewandelt haben, ohne allerdings auch nur annähernd schon zufriedenstellend zu sein, und „erfordern" deshalb, weil die vielfältigen Probleme eines weithin ungesteuerten Zuzuges von Aussiedlern inzwischen ein Ausmaß erreicht haben, das eine geeignete Neuregelung offenkundig erforderlich macht. Wie Sie wissen, soll künftig dem auf Dauer gedachten Zuzug von Aussiedlern in der Bundesrepublik Deutschland in der Regel, von Härtefällen abgesehen, ein von außerhalb unseres Landes zu beantragender Aufnahmebescheid vorausgehen. Damit wird die verfahrensrechtliche Stellung des Aussiedlers davon abhängig gemacht, daß er vor dem Verlassen der Aussiedlungsgebiete ein gesetzlich geregeltes Aufnahmeverfahren durchlaufen hat. Das Gesetz ist also ein reines Verfahrensgesetz. In den Ausschußberatungen — und dies zu betonen ist mir wichtig — war von zentraler Bedeutung die Übereinstimmung darin, daß materielles Recht, insbesondere Vertriebenen- oder Eingliederungsrecht, mit dem vorgeschalteten Verfahren nicht geändert werden soll. Wer Deutscher oder wer Vertriebener ist, richtet sich auch in Zukunft nach den seit langem bestehenden Gesetzen. Allerdings soll der vorgesehene Aufnahmebescheid nunmehr Voraussetzung für die spätere Feststellung der Vertriebeneneigenschaft nach dem Bundesvertriebenengesetz sein. Klar ist selbstverständlich auch, daß wir mit dem neuen Verfahren nicht etwa das Grundrecht auf Freizügigkeit einschränken oder am grundgesetzlich abgesicherten Anspruch der Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes auf Eingliederung rütteln wollen oder überhaupt rütteln könnten. Keineswegs auch, meine Damen und Herren, darf mit dem Gesetz der Eindruck erweckt werden, als sei die Aufnahme der Deutschen aus den Aussiedlungsgebieten etwa nicht mehr eine unserer vornehmsten Verpflichtungen. Nach wie vor ist unsere nationale und christliche Solidarität gegenüber den von den Wirren und Verbrechen dieses Jahrhunderts besonders gepeinigten Landsleuten gefordert. Daran darf und wird sich auch in Zukunft nichts ändern! Andererseits sind die damit verbundenen wachsenden Probleme hier bei uns nicht zu verkennen. Das haben wir übrigens auch früher nicht getan. Wer jedoch die Situation vor Ort in den Kreisen, Städten und Gemeinden unseres Landes kennt, der weiß, daß die Möglichkeiten dort oftmals erschöpft sind, nachdem gerade von den Kommunen bisher Großartiges geleistet wurde. Dasselbe gilt natürlich für unsere Hilfsorganisationen, die karitativen Verbände, viele Initiativgruppen und ungezählte Bürgerinnen und Bürger. Ihnen allen sollten wir in dieser Stunde einmal herzlich danken. Auch der Bundesminister des Innern und sein Aussiedlerbeauftragter haben, wie ich finde, die Anerkennung des Deutschen Bundestages für ihre vorzügliche Arbeit auf diesem Gebiet wahrlich verdient. Leider gibt es auch mancherlei Mißbrauch und zunehmend vielerlei Konflikte, die ohne das vorgesehene Aufnahmeverfahren oft kaum noch steuerbar sind. Dies alles legt es in der Tat nahe, die Voraussetzungen einer Aussiedlung nunmehr bereits vor der Einreise zu prüfen und entsprechende Anträge vorab zu bescheiden. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 16905* Sehr zu hoffen bleibt freilich, daß das Bundesverwaltungsamt mit der neuen zentralen Aufgabe nicht personell oder sachlich überfordert wird. Nötigenfalls muß die Behörde entsprechend verstärkt werden. Aufnahme und Verteilung der Aussiedler auf die Länder dürfen sich nicht über Gebühr verzögern. Hier sind natürlich nicht zuletzt auch die einschlägigen KSZE-Erklärungen zu beachten. In diesem Sinne stimmt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion dem vorliegenden Gesetzentwurf zu. Sielaff (SPD): Die SPD fordert schon seit langem die Überprüfung und Veränderung des Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetzes (BVFG), das Auslaufen des Lastenausgleichsgesetzes und die Aufhebung des Ausnahmegesetzes, des früheren Notaufnahmegesetzes. Im Abschlußbericht unserer Arbeitsgruppe „Überprüfung des Bundesvertriebenengesetzes" vom Dezember 1989 haben wir Sozialdemokraten bereits gefordert, daß das schriftliche Verfahren für Aussiedler eingeführt werden muß. In der Begründung zum Gesetz zur Regelung des Aufnahmeverfahrens für Aussiedler, Punkt 3, stellt die Bundesregierung fest: So kann im allgemeinen bei deutschen Staatsangehörigen und deutschen Volkszugehörigen aus Ungarn und Jugoslawien kein Vertreibungsdruck mehr angenommen werden. Sie haben entweder Minderheitsrechte oder können ihr Land seit mehreren Jahren verlassen. Darüberhinaus ist Vertreibungsdruck, der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ein Kriegsfolgeschicksal auffangen soll, oft nicht mehr bei Personen festzustellen, denen auch im engsten Familienkreis deutsche Sprachkenntnisse und deutsche Kulturtradition nicht mehr vermittelt wurden, ohne daß äußere Bedingungen dies zwingend erforderten. Auch bei Sammeleingebürgerten kann von den durch Vertreibung und Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse veursachten Belastungen häufig nicht mehr ausgegangen werden, wenn sie bei und nach Kriegsende von den gegen Deutsche gerichteten Verfolgungs- und Vertreibungsmaßnahmen nicht unmittelbar betroffen waren. Wir begrüßen diese Aussage ausdrücklich, denn damit nähert sich die Bundesregierung erstmals sehr konkret unseren Positionen. In der Frage der Sammeleinbürgerung hat die Bundesregierung damit eine deutliche Veränderung ihres bisherigen Kurses vollzogen. Die Anträge der Bundesregierung sind ein erster bescheidener Schritt zur Veränderung des BVFG. Wir sind sicher, im Laufe der Zeit werden sich CDU/CSU und FDP weiteren von uns geforderten Veränderungen anpassen. Ich kann mir z. B. nicht vorstellen, daß die Bundesregierung angesichts der Veränderungen in Ost- und Südosteuropa und der Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens an Aussagen festhalten will, die international gültigen Verträgen entgegenstehen. Ich zitiere aus dem BVFG: Vertriebener sei jeder Deutscher, der die zur Zeit unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebiete, Danzig, Estland, Littauen, die Sowjetunion, Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Albanien oder China verlassen hat oder verläßt, es sei denn, daß er, ohne aus diesen Gebieten vertrieben und bis zum 31. März 1952 dorthin zurückgekehrt zu sein, nach dem 8. Mai 1945 einen Wohnsitz in diesen Gebieten begründet hat (Aussiedler). Für uns ist es völlig unverständlich, daß die Bundesregierung überwiegend alle Änderungen, die alle Bundesländer im Bundesrat fordern, ablehnt. Es bleibt festzuhalten, daß sich die Bundesregierung in wichtigen Fragen des Aussiedlerstatus gegen alle Bundesländer stellt. Das gilt übrigens auch für die Aufhebung des Aufnahmegesetzes. Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag der Bundesländer ab, die Sozialhilfeaufwendungen für Übersiedler vom Bund zu übernehmen. Sie argumentiert, daß das Eingliederungsgeld für Deutsche die aus der DDR in die Bundesrepublik übersiedeln, durch die Aufhebung des Aufnahmegesetzes nicht berührt wird. Diese Aussage ist falsch, denn nach Art. 25 des Staatsvertrages zur Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion soll das Arbeitsförderungsgesetz so geändert werden, daß Arbeitslose, die in die Bundesrepublik übersiedeln, hier nur das Arbeitslosengeld erhalten, was sie in der DDR bekämen. Das sind dann etwa 675 DM. Damit hätte dieser Personenkreis bei uns Anspruch auf Sozialhilfe, und diese müssen dann die Kommunen tragen. Diese Mehrbelastung der Städte und Kommunen ist für uns nicht akzeptabel. Der Bund kann nicht weitere Kosten auf die Länder und Kommunen abwälzen wollen. Schon heute tragen die Kommunen wesentliche zusätzliche Belastungen, die durch Über- und Aussiedler entstehen. Wir können uns nicht vorstellen, daß die Regierungskoalition diese Änderungswünsche aller Bundesländer ignoriert. Denn auch die Bundesregierung wird nicht wollen, daß die Spannungen in vielen Kommunen wegen des Zuzugs von Aus- und Übersiedlern noch stärker zunehmen. Wir werden wohl weiter von höheren Aussiedlerzahlen in der Bundesrepublik ausgehen müssen. Die gegenwärtigen Spannungen in der UdSSR und die miserable Stimmung bei der Bevölkerung in Rumänien sowie die wirtschaftliche Situation in Polen können dazu führen, daß der Aussiedlerstrom sogar sprunghaft ansteigt. Es werden dann mehrere Millionen Menschen sein, die bei uns eintreffen. Da muß Vorsorge getroffen werden. Schon heute haben wir einen akuten Wohnungsnotstand — langer Aufenthalt in Übergangswohnheimen der Kommunen und die Unterbringung von acht Personen in einer Einzimmerwohnung sind heute schon an der Tagesordnung. Deswegen wiederhole ich unseren Appell zur Schaffung eines umfangreichen Programms zur Förderung des allgemeinen sozialen Wohnungsbaus — das sich nicht allein auf Aussiedler beziehen darf. Wir unterstützen ausdrücklich die Aussage der Bundesregierung, die in der Gegenäußerung der Bundesregierung auf die Stellungnahme des Bundesrates gemacht wird, die lautet: 16906* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 Eine Änderung des Personenkreises des Bundesvertriebenengesetzes ist damit nicht berücksichtigt, sie sollte einer späteren umfassenden Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vorbehalten bleiben. Unsere Zustimmung zu den vorliegenden Gesetzen hängt eng mit dieser Zusicherung zusammen. Wir erwarten, daß diese Zusicherung noch in dieser Legislaturperiode eingelöst wird. Dabei betone ich ausdrücklich, daß die SPD-Bundestagsfraktion bei der Überprüfung des BVFG den Vertrauensschutz für die Menschen beibehalten will, die sich durch Sprache und Pflege der deutschen Kultur als Deutsche empfinden, aber bisher keine Möglichkeiten hatten, Ausreiseanträge stellen zu können, oder deren Anträge jahrelang abgelehnt wurden. Wir wollen nicht die bestrafen, die noch ausharren und es neu wagen wollen, z. B. in Rumänien oder in der UdSSR. Unsere Bemühungen, diesen Menschen dort das Leben als Deutsche zu erleichtern oder zu ermöglichen, müssen, unabhängig von der heute diskutierten Thematik, verstärkt und ausgebaut werden. Wir wollen, daß die deutsche Sprache und Kultur unabhängig von Auswanderungen auch bei weniger werdenden Deutschen dort gefördert wird, wo sie in Ost- und Südosteuropa Jahrzehnte und Jahrhunderte beheimatet war. Dabei soll sich die Förderung nicht nur auf Deutschstämmige beschränken, sondern auch Brücke zu anderen Kulturen und Nationen sein. Lüder (FDP): Mit beiden Gesetzen, die auf Vorschlag der Bundesregierung eingebracht worden sind, reagieren die parlamentarischen Körperschaften der Bundesrepublik Deutschland auf die Veränderungen, die sich durch den demokratischen Prozeß in Osteuropa ergeben haben, und die Revolution in der DDR, die uns auf den kurzfristigen Weg zur staatlichen Einheit führt. Solange es in den Ländern Osteuropas mit nahezu unüberwindbaren Schwierigkeiten verbunden war, in die Bundesrepublik Deutschland auszusiedeln, solange die demokratischen Rechte der Bürger in den Gebieten, aus denen deutsche Staatsangehörige und Volkszugehörige zu uns aussiedelten, auf ein Minimum und teilweise darunter beschränkt waren, mußten wir jedem Aussiedler, der diesem Druck entweichen konnte, hier bei uns schnell und unbürokratisch Aufnahme und Hilfe geben. Seit aber durch die Veränderungen insbesondere in den früher sozialistischen Staaten Osteuropas, aber auch in der UdSSR, das, was mit Vertreibungsdruck beschrieben war, nachgelassen hat und weitgehend verschwunden ist, können wir zu einem geordneten Verwaltungsverfahren übergehen. Dem dient das Aussiedleraufnahmegesetz. Es ist gewollt, daß Aussiedlungswillige so lange in ihrem Aussiedlungsgebiet bleiben, bis festgestellt ist, daß sie auch die Voraussetzungen erfüllen, bei uns als Aussiedler anerkannt zu werden. Nicht jeder, der sich auf diese Eigenschaft beruft, verdient auch die Anerkennung in diesem Status. Auch Mißbrauchsfälle sind in der großen Zahl der Aussiedler vorgekommen. Was jetzt gewollt ist, schafft ein dauerhaftes Recht für diejenigen, die heute oder später — wir hoffen: später, wenn überhaupt — zu uns kommen wollen. Unser Hauptinteresse gilt der Verbesserung der Lebensumstände der Aussiedler in ihren jetzigen Heimatgebieten. Unser Bestreben gilt nach wie vor dem Ziel, die Lebensverhältnisse dort so zu bessern, daß unsere deutschen Landsleute in Wahrung ihrer kulturellen Identität in Freiheit und Menschenwürde dort leben können, wo sie aufgewachsen sind. Der Aussiedlungsvorgang soll die Ausnahme bleiben. Das ist unsere politische Zielsetzung. Aber wenn der Aussiedler wünscht, zu uns zu kommen, ist er willkommen. So wird es bleiben. Ich will nicht verhehlen, daß wir auch die Voraussetzungen zur Berufung auf die deutsche Staatsangehörigkeit und die deutsche Volkszugehörigkeit dem werden anpassen müssen, was vom Grundgesetz gewollt ist. Es darf dabei zwar keine opportunistischen Einschränkungen geben. Niemandem soll die deutsche Volkszugehörigkeit oder Staatsangehörigkeit aberkannt werden. Aber ob derjenige, der von Adolf s Nazibeamten in die Volksliste 3 eingetragen wurde, damals und insbesondere auch heute noch, 50 Jahre danach, wirklich die Voraussetzungen erfüllt, nach denen er deutscher Volkszugehöriger oder Staatsangehöriger geblieben ist und bis heute diesen Status erfüllt, das möchten wir im Einzelfall geprüft wissen. Das ist freilich nicht Gegenstand des heutigen Gesetzes. Hier werden weitere gesetzgeberische Überlegungen notwendig sein, wie von der Bundesregierung bereits angekündigt. Mit dem Gesetz zur Veränderung des Aufnahmeverfahrens für Übersiedler tragen wir der Tatsache Rechnung, daß in einem Monat die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion geschaffen sein wird. Der Übersiedlungsvorgang stellt sich dann, wenn in beiden deutscher Staaten mit gleicher Währung, gleicher Wirtschaftsordnung, gleicher Sozialordnung gelebt wird, anders dar als in den Zeiten, als der Weg beider deutscher Staaten auseinanderging. Die Konsequenz aus diesem Weg zur Einheit ist, daß wir mit einem noch weiteren Zurückgehen der Übersiedlerzahlen rechnen können und dürfen. Weil dann die Voraussetzungen der Übersiedlung geschwunden sind, kann auch das Aufnahmeverfahren geändert und das frühere Notaufnahmeverfahren praktisch abgeschafft werden. Mit beiden Gesetzen folgen wir den von den Liberalen stets vertretenen Grundsätzen: Der demokratische Staat im freiheitlichen Westen, Bundesrepublik Deutschland, mußte unseren deutschen Landsleuten in der DDR wie auch in den Aussiedlungsgebieten Hilfestellung und Unterstützung gewähren, solange die Grund- und Freiheitsrechte für die Bürger eingeschränkt waren. Mit zunehmender Demokratisierung im Osten und mit Schaffung eines demokratischen Staates in allen Teilen Deutschlands — und dazu dient die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion in erster Linie — entfällt diese Aufgabe ganz oder weitgehend. Jetzt kommt es darauf an, zu verhindern, daß das früher gerechtfertigte Instrumentarium von Trittbrettfahrern mißbraucht wird. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 16907* Wir werden beiden Gesetzen in der Fassung, wie sie sich aus den Ausschüssen ergibt, zustimmen. Meneses Vogl (GRÜNE): Eigentlich hat die heutige Debatte nur einen formalen Wert, und die verschiedenen Reden der Fraktionen könnten wir uns ersparen. Die erste Lesung dieses Gesetzentwurfes fand am 25. April 1990 statt, einen Monat später wird er bereits verabschiedet. Im Innenausschuß wurde der Entwurf nur kurz behandelt, weil die Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen der Meinung war, daß er längst überfällig war und richtig ist. Ich meine, er ist zwar nicht falsch, aber er löst die Probleme, die dieses Gesetz anspricht in keiner Weise. Die Zahl der Übersiedler ist zwar zurückgegangen, sie ist aber von konjunkturellen Gegebenheiten abhängig. Der Rausch der schnellen Wiedervereinigung wirkt wie eine Faszination auf die Mehrheit der Innenpolitiker dieses Landes. Aber Faszination bedeutet auch Verblendung. Und sie führt dazu, daß diese Politiker nicht einsehen wollen, daß wir GRÜNEN Recht haben, wenn wir davor warnen. Die Übersiedler werden weiter kommen, und ab Mitte Juli werden die Zahlen wieder ansteigen. Die Lage der „deutschen Volksgruppen" im Osten hat sich nicht verbessert, wie die Bundesregierung behauptet. Und sie werden weiter kommen, ununterbrochen. Insofern ist die Diskussion um den richten Zeitpunkt für die Aufhebung des Aufnahmegesetzes unwesentlich, wenn die eigentlichen Probleme bleiben. Ein Problem für die Bundesregierung müßte z. B. die Tatsache sein, daß 68 % der westdeutschen Bevölkerung „unsere lieben Landsleute" nicht „herzlich willkommen" heißen; daß sie vor allem die Aussiedler aus Osteuropa als Ausländer betrachten. Das bedeutet Diskriminierung, soziale Konflikte und Polarisierung, die die Bundesregierung offenbar zunächst in Kauf nimmt. Das Problem der Unterbringung ist nicht gelöst, im Gegenteil: in den nächsten Monaten wird es sich verschärfen. Gesetze wie die vorliegenden bedeuten in erster Linie eine innenpolitische Schadensbegrenzung infolge der hohen Einwanderungen, und mehr nicht. Wir fordern seit langem eine vollständige Abschaffung des Bundesvertriebenengesetzes, das aus wahltaktischen Gründen von der Bundesregierung nicht berührt wird, und eine Vorlage einer Einwanderungskonzeption, die der Realität der Geschichte dieses Landes gerecht wird. Zum Schluß, meine Damen und Herren: ich bin mir sicher, daß in einer nicht fernen Zukunft die CDU und die CSU diejenigen sein werden, die eine dichte Mauer um das Land bauen werden, damit keine „Deutschstämmigen" mehr aus dem Osten kommen. Der Zeitpunkt wird aber auch dann aus wahltaktischen Gründen gewählt werden, weil diese tatsächlich die einzigen Beweggründe ihrer Politik sind. Wir werden sie dann an Gesetze wie die heutigen erinnern, die zwar nichts schaden, aber auch in der Praxis nichts lösen. Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Am 2. Juli 1990 werden die im Staatsvertrag getroffenen Vereinbarungen über die Errichtung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion in Kraft treten. Damit wird eine bedeutende Etappe im Einigungsprozeß der beiden Staaten in Deutschland erreicht sein. Die Deutschen in der DDR können mit Zuversicht in die Zukunft blicken. Die Übersiedlerzahlen gehen zurück. In der Woche vom 21. bis 27. Mai 1990 wurde mit rund 2 000 Personen der niedrigste Zugang in den Bundesaufnahmestellen seit Öffnung der Grenzen registriert. Im Hinblick darauf kann nunmehr das Aufnahmegesetz, das bisher Deutschen aus der DDR, insbesondere in den Zeiten des menschenverachtenden SED-Regimes, die rasche Eingliederung in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben der Bundesrepublik Deutschland ermöglichte, zum 1. Juli 1990 aufgehoben werden. Seine Funktion, die sich auch in Zeiten starken Zustroms nach Öffnung der Grenzen bewährt hat, ist erfüllt. Angesichts der politischen Veränderungen in der DDR, des freien Reiseverkehrs, der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion und der bevorstehenden staatlichen Einheit Deutschlands braucht niemand mehr die DDR aus den Gründen, die für die Schaffung des Aufnahmegesetzes maßgeblich waren, zu verlassen. Die Aufhebung des Aufnahmegesetzes ist daher ein bedeutendes politisches Signal. Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit hervorheben: Das Recht aller Deutschen auf Freizügigkeit bleibt unberührt. Wir werden keine neue Mauer aus Paragraphen errichten, nachdem die Mauer aus Beton gefallen ist. Wir haben die Entscheidung jedes einzelnen, in die Bundesrepublik Deutschland überzusiedeln, auch künftig zu respektieren. Er muß sich dann jedoch, wie es ja heute schon viele Menschen tun, selbst um Wohnung und Arbeitsplatz kümmern. Die bevorstehende Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion wird jedoch den Menschen in der DDR Mut machen, in ihrer Heimat zu bleiben und am Neuaufbau mitzuwirken. Zum zweiten steht heute das Gesetz zur Regelung des Aufnahmeverfahrens für Aussiedler zur Abstimmung. Wir alle wissen um die Schwierigkeiten, die mit der Aufnahme und Eingliederung der Aussiedler gerade in den Kommunen verbunden sind. Die Bundesregierung ist sich aber auch der Verantwortung und der Verpflichtung den Deutschen gegenüber bewußt, die auf Grund des Krieges und seiner Folgen in den Staaten Ost- und Südosteuropas unter einem schweren Schicksal gelitten haben und zum Teil noch leiden. Ihnen die weitere Aufnahme als Aussiedler in der Bundesrepublik Deutschland mit Hilfe eines geordneten Verfahrens zu ermöglichen, ist das Ziel des Gesetzes. Dieses Verfahren wird für die Betroffenen eine größere Sicherheit bringen und auch hier dazu beitragen, daß sich die Aufnahme und Eingliederung der Aussiedler in einer Weise vollzieht, die keine Akzep- 16908* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 tanzprobleme aufkommen läßt. Zum anderen wollen wir damit erreichen, daß es wieder zu einer einheitlichen Handhabung der Aufnahme und Eingliederung in Bund und Ländern kommt. Nach dem neuen Gesetz kann den Status als Aussiedler grundsätzlich nur erwerben, wer von seinem Herkunftsgebiet in einem beim Bundesverwaltungsamt zu betreibenden Verfahren einen Aufnahmebescheid erhalten hat. Die Freizügigkeit für Deutsche wird damit jedoch in keiner Weise eingeschränkt. Wir fordern im übrigen niemanden auf, zu uns zu kommen. Im Gegenteil: Wir wollen die persönlichen und kulturellen Entfaltungsmöglichkeiten der Deutschen in Ost- und Südosteuropa dort fördern, wo diese seit Generationen ihre Heimat haben. Wer aber zu uns kommen will, weil er da, wo er jetzt lebt, für sich und seine Kinder keine Zukunft mehr sieht, dem werden wir die Aufnahme nicht verweigern. Die Bundesregierung hat sich bei ihrem Gesetzentwurf bewußt auf Regelungen zum Verfahren beschränkt und von einer grundsätzlichen Revision des Vertriebenenrechts abgesehen. Die sollte einer späteren Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vorbehalten bleiben. Ein Abschlußgesetz zum Bundesvertriebenengesetz, wie es manche im Vorfeld unserer Beratungen gefordert haben, wäre mit Sicherheit zum gegenwärtigen Zeitpunkt das falsche Signal. Das wissen wir alle. Deshalb sollte auch niemand aus vordergründigen Motiven solche Vorschläge aufgreifen. Wir haben eine Obhutspflicht für die Deutschen in den Aussiedlungsgebieten. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, diesen vom Schicksal schwer getroffenen Menschen eine bessere Perspektive für die Zukunft zu eröffnen. Helfen wir ihnen in ihrer Heimat; aber schlagen wir ihnen auch nicht die Tür vor der Nase zu, wenn sie nur noch bei uns eine Perspektive für ihre Zukunft zu finden hoffen. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU), auch im Auftrag der Abgeordneten Dewitz (CDU/CSU) und Lowack (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Aussiedleraufnahmegesetzes 1989 sind in geordneten Rechtsverfahren 380 000 Deutsche als Aussiedler anerkannt und aufgenommen worden. Seit 1950 waren es fast 2 Millionen. Hier geht es um das Schicksal von Hunderttausenden unterdrückten Deutschen. „Veränderte Verhältnisse" der Deutschen daheim sind weithin Ankündigung geblieben. Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben sind praktisch auf der Flucht. Den Rußlanddeutschen und den Deutschen in Oberschlesien fehlt die tatsächliche Sicherung der kulturellen Eigenart; vor Ort haben Nationalitätenkämpfe begonnen. Die Aussiedlerzahlen kann man nur mindern, wenn die Deutschen wirklich — gemäß den Erklärungen — ihre nationale Eigenart pflegen können und nicht diskriminiert werden. Wo dies nicht der Fall ist, müssen wir Deutsche, die es nicht aushalten können, aufnehmen. Das Vertriebenenrecht kann dann erst enden, wenn den deutschen Heimatvertriebenen das Recht auf die Heimat friedensvertraglich gewährleistet und die Diskriminierung daheim beendet ist. Entschiedener Widerstand ist gegenläufigen Bestrebungen im Inland und der Einmischung aus dem Ausland entgegenzusetzen. Deutschen Staatsangehörigen kann die Freizügigkeit weder verweigert noch verzögert, den deutschen Volkszugehörigen der Vertrauensschutz nicht entzogen werden. Eingereiste Deutsche haben Anspruch auf bescheidene Eingliederungshilfen im Rahmen des Sozialstaatsprinzips. Sie sind am Arbeitsmarkt gefragt und wichtige Beitragszahler in der Sozialversicherung. Die Ausreisefreiheit sichert auch der Politische UN-Menschenrechtspakt. Im Innenausschuß hat man sich bemüht, unbestimmte Rechtsbegriffe und rechtliche Unsicherheiten der Begründung zum Gesetzentwurf zu korrigieren und auszuschließen. Den Berichterstattern der Koalition, den Kollegen Lüder und Dr. Kappes, gilt ganz besonderer Dank für ihre exakten Feststellungen im Ausschuß und im Ausschußbericht. Die Opposition will das Vertriebenenrecht schon jetzt beseitigen. Die unterschiedlichen Begründungen im Regierungsentwurf, interne Richtlinien, Runderlasse und Arbeitspapiere haben in der Praxis das Verfahren bereits auf rechtlich nicht vorgesehene Grundlagen gestellt und einen Wirrwarr in der Mischverwaltung geschaffen. Ein Teil der Zentralisierung in Nürnberg ist zeitweise zusammengebrochen. In der Praxis wird bereits jetzt ohne Tatsachenkenntnis über die Lage in der Heimat nach unbegründeten Verwaltungsbehauptungen über Kriegsfolgenschicksal, Vertreibungsdruck, unvollständige Sprachkenntnisse trotz massiven Assimilierungsdrucks usw. entschieden. Bei Sammeleinbürgerungen versucht man die Lage 1944 — übrigens völlig vergeblich — im Einzelfall zu prüfen. Das alles, obwohl materiell-rechtlich dafür das unveränderte BVFG und das Staatsangehörigkeitsregelungsgesetz 1955, insbesondere sein § 28, verbindlich gelten und das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht keine ethnischen Begrenzungen kennt. Darüber und über den Gleichheitssatz sowie über die 35 Jahre bestehende Selbstbindung der Verwaltung setzt man sich hinweg. Das Bundesinnenministerium hat seine jahrzehntelange Auffassung zu diesem ausschließlichen Gesetzgebungsbereich des Bundes, bei der Staatsangehörigkeit, in der Aufsicht nach Art. 84 GG bisher nicht durchsetzen können. Das Bundesverfassungsgericht hat in E 63/289 festgestellt, sogar den Gerichten sei es von Verfassungs wegen versagt, im Wege der Auslegung den Wortlaut von Gesetzen zu unterlaufen und Grundrechte über das vom Gesetzgeber vorgesehene Ausmaß hinaus Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 16909* einzuschränken. Um so mehr gilt das für Verwaltungsrichtlinien und Arbeitspapiere! Die Bundesregierung will das Tor für Aussiedler, die es daheim nicht aushalten, offenhalten. Aber vor dieses Tor werden Hunderte von Verwaltungsbeamten gesetzt. Es wird, statt schrittweiser Erweiterung des bezüglich Deutscher aus den Oder-Neiße-Gebieten vernachlässigten D 1-Verfahrens, ein Nadelöhr einer Mischverwaltung an Stelle der vorerst Hunderten von Türen bei der Feststellung der Vertriebeneneigenschaft in den Kreisen geschaffen. Das Freizügigkeitsrecht dagegen setzt auch das rasche Recht auf Einreise voraus. Angesichts der Tatsache, daß in den letzten Wochen die Einzelentscheidungen am Rechtsgehorsam vorbeigehen, befürchten Kollege Dewitz, Lowack und ich, daß die von den Kollegen Dr. Lüder und Dr. Kappes so klar dargelegten Voraussetzungen leider in der Praxis der Gesetzesanwendung auch morgen mißachtet werden. Wegen widersprüchlicher Begründungen, zahlreicher zu erwartender Gerichtsverfahren und der mangelnden Praktikabilität wird das Gesetz wohl bald geändert werden müssen. Deshalb die Ablehnung des Gesetzes, nachdem Dr. Lowack und ich bereits in den Ausschüssen nicht zugestimmt haben und inzwischen sogar im Vorblatt der Drucksache einen neuen Dissens sahen. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zum Tagesordnungspunkt 17 (Altenpflegegesetz) Jaunich (SPD): Wir beraten heute in erster Lesung einen Gesetzentwurf, dessen Gegenstand einen Aspekt des wichtigen Zukunftsthemas der Pflege Kranker und alter Menschen betrifft: die Ausbildung der Altenpflegerinnen und Altenpfleger. Nicht nur Wohlfahrtsverbände, kommunale Spitzenverbände und andere Fachleute weisen seit Jahren auf die Notwendigkeit einer Neuordnung der Altenpflegeausbildung hin, sondern in erster Linie die Altenpflegerinnen und Altenpfleger selbst. Sie sind es, die aus nächster Nähe mit Sorge beobachten müssen, daß die Zahl der Berufsanfängerinnen und -anfänger, die sich den Pflegeberufen zuwenden, immer weiter abnimmt. Diese Entwicklung wird noch verstärkt durch die Abnahme der Altersgruppe der 16- bis 19jährigen Schulabgänger, aus der sich hauptsächlich der Nachwuchs des Pflegepersonals rekrutiert. Dies in einer Situation, in der bei den heute auf den Ausbildungsstellenmarkt nachrückenden geburtenschwachen Jahrgängen ein verstärkter Wettbewerb aller Ausbildungsplatzanbieter um diese Schulabgänger einsetzt. Altenpflegerinnen und Altenpfleger, vielfach heute schon hoffnungslos überlastet, berichten auch von einer Entwicklung, die ihre berufliche Belastung noch mehr ansteigen läßt: Immer mehr ihrer Kolleginnen und Kollegen wandern manchmal schon nach drei Jahren, meist nach fünf bis zwölf Jahren aus dem Pflegeberuf in andere, attraktivere Tätigkeiten ab. Zum anderen wird der Bedarf an qualifizierten Pflegeleistungen in der Krankenpflege, in der Altenpflege und in der Haus- und Familienpflege steigen. Nicht nur der Anteil, sondern die absolute Zahl der über 60jährigen wird weiter wachsen. Ältere Patienten benötigen jedoch mehr und intensivere Pflege. Die Zunahme von Einzelhaushalten bringt es mit sich, daß künftig weniger als bisher Angehörige für die Pflege im höheren Lebensalter zur Verfügung stehen. Die tarifrechtlichen Bestimmungen mit den ständigen Arbeitszeitverkürzungen erfordern ebenfalls mehr Personal. Neben der abnehmenden Zahl von Nachwuchskräften auf Grund der demographischen Entwicklung einerseits und dem zunehmenden Bedarf an Pflegekräften in allen Pflegebereichen andererseits trägt das gewandelte Selbstverständnis von den Pflegeberufen zum Pflegekräftemangel besonders in der Altenpflege bei. Früher bildeten Selbstlosigkeit und Barmherzigkeit das Idealbild für diesen Berufsstand. Entsprechend dem allgemeinen Wandel in der Einstellung zur Dienstleistung, gewissermaßen zum Dienen schlechthin, muß jedoch akzeptiert werden, daß heute auch die Pflege nicht mehr um Gottes Lohn nach dem Motto „Ich diene und danke, daß ich darf" — wie es in einem der Demonstrationszüge der Pflegekräfte kürzlich provokativ formuliert wurde — zu haben ist. Angesichts der großen Zahl benötigter Pflegekräfte wäre es unrealistisch, allein auf das soziale Engagement dieser Menschen abzustellen. Dies bedeutet nicht, daß das soziale Engagement generell abnimmt. Ich will hier nur an die vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter in der Kranken- und Altenpflege erinnern, ohne deren außerordentlichen Einsatz die Pflegesituation noch viel schlechter wäre. Auch für die professionelle Pflegetätigkeit ist soziales Engagement nach wie vor eine wichtige Voraussetzung. Die zunehmende Komplexität des Pflegeberufs erfordert heute jedoch Qualifikationen, die mit dem Samaritergedanken allein nicht bewältigt werden können. Dies gilt nicht nur im Bereich der Krankenpflege, sondern auch besonders bei der Betreuung alter und pflegebedürftiger Mitbürger in den Heimen, bei denen weniger das technische als vielmehr das psychosoziale Element in den Vordergrund tritt. Diese Veränderung im Verständnis des Pflegeberufs hat sich nach außen unmerklich in den letzten 20 Jahren entwickelt. Sie wurde aber erst durch die Diskussion um den sogenannten Pflegenotstand auch einer breiteren Öffentlichkeit bewußt. Diese Entwicklung müssen wir berücksichtigen und überlegen, in welcher Weise diesem neuen Selbstverständnis des Pflegeberufs Rechnung getragen werden kann. Die derzeit noch geltenden, je nach Bundesland unterschiedlichen Regelungen der Altenpflegeausbildung werden diesem neuen Selbstverständnis nicht gerecht. Auch ist in einer Zeit, in der wir die europäische Zusammenarbeit beschleunigen wie nie zuvor, eine Situation als grotesk anzusehen, in der einzelne Bundesländer sich weigern, einen in einem anderen 16910* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 Bundesland erworbenen Ausbildungsabschluß anzuerkennen. Die Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Regelung der Altenpflegeausbildung ist ohnehin unumstritten. Auch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ist gegeben, wie die zuständige Bundesministerin in ihrer Presseerklärung vom 9. Mai 1990 dankenswerterweise nun endlich bestätigt hat. An gleicher Stelle verlautbarte das Ministerium, unser heute in erster Lesung behandelteter Gesetzentwurf entspräche weitgehend einer Vorstufe eines inzwischen verbesserten Entwurfs des Bundesfamilienministeriums. Es gebe — so die Pressemitteilung — jedoch noch einige — auch SPD-regierte — Länder, die Bedenken gegen die bereits bestätigte Bundeskompetenz erheben würden. Für die Sozialdemokratisch geführten Länder kann ich diese Annahme nicht bestätigen. Unseren Gesetzentwurf haben wir mit ihnen abgestimmt. Im übrigen bin ich sehr erstaunt, daß diese Bundesregierung sich ausgerechnet hinter Bedenken von SPD-regierten Ländern zu verstecken sucht. Mit der heutigen ersten Lesung wird das überfällige parlamentarische Verfahren zur Neuordnung der Altenpflegeausbildung eingeleitet. Wenn es zutrifft, daß inhaltlich weitgehende Übereinstimmung mit den bis heute unbekannten Vorstellungen der Bundesregierung besteht, ist sie herzlich eingeladen, in den Ausschußberatungen ihre Vorstellungen deutlich zu machen. Wir sind gespannt darauf. Für jegliche Regelung unverzichtbar bleiben für uns eine dreijährige Ausbildung, der Ausschluß von Schulgeldzahlungen und der Anspruch auf Ausbildungsvergütung. Die Altenpflegerinnen und Altenpfleger in erster Linie, aber auch die pflegebedürftigen Menschen und ihre Angehörigen werden bei dieser zumindest verbalen Übereinstimmung, wie sie der Presseverlautbarung des Ministeriums vom 9. Mai 1990 entnommen werden muß, mit hohen Erwartungen einem zügigen Abschluß des Gesetzgebungsverfahrens entgegensehen. Für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion bitte ich alle Seiten dieses Hohen Hauses, diese Erwartungen nicht zu enttäuschen. Sauer (Stuttgart) (CDU/CSU): Schon seit längerer Zeit drängt die CDU/CSU-Fraktion ebenso wie die Bundesregierung auf die Verabschiedung eines Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege. Eine bundeseinheitliche Regelung für diesen Bereich ist dringend erforderlich, weil die tatsächlichen Gegebenheiten sich in den letzten Jahren dramatisch verschlechert haben. Die Zunahme der Zahl der pflegebedürftigen älteren Menschen und die katastrophale Bewerbersituation im Bereich der Altenpflege sind hinlänglich bekannt, die Schlagworte „Personalnotstand" und „Pflegenotstand" sind zu Alltagsbegriffen geworden. Diese Fakten können von niemandem, der sich ernsthaft mit der Materie befaßt, geleugnet werden. So fordert die Fachöffentlichkeit schon lange, für die Fachkräfte in der Altenpflege endlich ihrer Bedeutung entsprechend angemessene Berufsbedingungen zu schaffen. Deshalb begrüßt die CDU/CSU-Fraktion nachdrücklich den gestrigen Beschluß der Bundesregierung für ein Gesetz über die Berufe in der Altenpflege. Wir werden diesen Entwurf nunmehr in Kürze als Koalitionsinitiative einbringen. Dieser Entwurf entspricht unserem Ziel, im Bereich der Bundespolitik deutliche Zeichen zu setzen: — Mit dem Schutz der Berufsbezeichnung, — mit der Einführung einer bundeseinheitlichen Ausbildung, — mit der Gewährung einer Ausbildungsvergütung, — mit der Berücksichtigung frauenfreundlicher Lösungen — und mit der Ermöglichung des Berufsbildes der Altenpflegerhelferin bzw. des Altenpflegehelfers — und zwar neben der oder zusätzlich zur vollen Fachkraft. Damit ist eine solide und tragfähige Grundlage geschaffen worden. Dieser Entwurf berücksichtigt die fachlichen Notwendigkeiten und verdient daher die Zustimmung aller Bundestagsfraktionen. Demgegenüber kann der SPD-Entwurf den Erfordernissen nicht gerecht werden. Die SPD wurde erst aktiv, als sie von der fertigen Vorlage der Bundesregierung hörte. Herausgekommen ist ein Entwurf, der offensichtlich mit der heißen Nadel gestrickt worden ist. So hat Herr Jaunich bei der Vorstellung des SPDEntwurfs behauptet, er lege einen Entwurf vor, der mit den SPD-geführten Ländern abgestimmt sei und von diesen getragen werde. Haben danach die Länder Berlin und Bremen, die bisher aus grundsätzlichen Erwägungen, nämlich wegen angeblich fehlender Bundeskompetenz, gegen eine bundesrechtliche Regelung votiert haben, nunmehr ihre Meinung geändert? Ich habe davon nichts gehört. Der SPD-Entwurf ist wohl allein mit der nordrhein-westfälischen Landesregierung abgestimmt, deren landesrechtliche Regelung er fast wörtlich übernimmt. Daraus erklärt sich z. B. auch, warum im SPD-Entwurf eine Schulgeldfreiheit vorgesehen ist, obwohl dies in einem Bundesgesetz wegen der entgegenstehenden Kulturhoheit der Länder nicht geregelt werden kann. Angesichts der drängenden Probleme in der Praxis kann ein solch mangelhafter Entwurf die Geschicke der Fachkräfte in der Altenpflege in Zukunft nicht bestimmen. So muß man sich fragen, aus welcher Vorschrift die SPD die Kompetenz des Bundes für ihren Entwurf ziehen will, wenn sie — völlig neben den praktischen Erfordernissen übrigens — die Ausbildungsziele mehr oder minder rein sozialpflegerisch ausrichtet? Es feh- Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 16911* len die heilberuflichen Elemente, die uns voll in unseren Entwurf berücksichtigen. Dies sind nur zwei aus einer ganzen Reihe weiterer Schwachpunkte des SPD-Entwurfs, die aber exemplarisch klarmachen, wie die SPD im wesentlichen unreflektiert eine Landesregelung übernommen hat, ohne sich über die Konsequenzen im klaren zu sein und ohne sich die Zeit zu nehmen, sich mit kompetenten Fachleuten zu beraten. Ich bin sicher, Sie werden sich unserem Gesetzentwurf anschließen, wenn Sie ihn einmal studiert haben; er ist der wirklich bessere Entwurf. Frau Walz (FDP) : Ich freue mich, so viele meiner Gedanken und Formulierungen gleich in zwei Gesetzesentwürfen wiederzufinden: Einmal in dem von Herrn Sauer und mir gemeinsam erarbeiteten Gesetzentwurf der Regierung, der gestern das Kabinett passiert hat, und zum andern in dem heute zur ersten Lesung anstehenden Entwurf der SPD-Fraktion. Dies wird einem Mitglied dieses Hauses recht selten zuteil. Dafür möchte ich mich zunächst einmal ganz herzlich bedanken. Ich erhebe gegenüber der SPD ausdrücklich nicht den Vorwurf des Plagiats, denn es geht um die Sache. Tatsache ist, daß wir auf Grund des drohenden Mangels an Pflegepersonal im Heimbereich, aber auch in der ambulanten Pflege mehr und besser ausgebildete Pflegekräfte brauchen, und zwar bundesweit. Dies war der Grund dafür, eine Bundeskompetenz nach Art. 74 Nr. 19 GG analog der Krankenpflegeausbildung herzustellen. Allerdings hat die Begründung dieser Bundeskompetenz zu langen Diskussionen und Verzögerungen geführt. Letzten Endes haben aber die Bundesländer, wenn auch zähneknirschend, die Zuständigkeit des Bundes akzeptiert. An dem langen Abstimmungsprozeß waren die SPD-geführten Länder nicht unschuldig. Deshalb ist es eigentlich verwunderlich, daß die SPD-Fraktion, um sozusagen der Regierung Dampf zu machen, nun einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Die SPD hätte es sehr viel einfacher gehabt, in den von ihr geführten Ländern für eine Bundeskompetenz zu werben. Aber die Politik geht, wie wir alle wissen, verschlungene Wege, und die eine Hand soll gelegentlich auch nicht wissen, was die andere tut. Auch der Freistaat Bayern blockierte sehr lange aus unerfindlichen partikularen Interessen den Gesetzesentwurf der Regierung. Dieser soll nunmehr nach dem Willen der SPD nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden. Zu vermuten ist, daß sie mit ihrem „Plagiat" sozusagen ein Erstgeburtsrecht in Anspruch nehmen will. Auf die Einzelheiten des vorliegenden Entwurfes will ich nicht weiter eingehen. Dies werde ich bei der ersten Lesung des Regierungsentwurfs tun, der fachkundiger regelt, was Bundes- und was Landeskompetenz ist, und auch den an der Praxis ausgerichteten Erfordernissen der Altenpflege stärker Rechnung trägt. Vor allem räumt er die Möglichkeit ein, im Zusammenhang mit der Regelung der Ausbildung in der Altenpflege auch die der Altenpflegehelferinnen und Altenpflegehelfer einzuführen. Mir erscheint dieser Punkt außerordentlich wichtig, denn es darf nicht sein, wie in der Krankenpflege, daß qualifizierte Fachkräfte sich weiterhin mit Arbeiten beschäftigen müssen, die von anderen, ebenfalls qualifiziert ausgebildeten Helferinnen und Helfern erledigt werden können. Darüber hinaus ist im Regierungsentwurf auch daran gedacht, die Helferinnen- bzw. Helferausbildung nicht in einer Sackgasse enden zu lassen, sondern als eine der Zugangsvoraussetzungen zum weiteren beruflichen Aufstieg. Das von der Regierung zugegeben mühsam abgestimmte Gesetz über die Ausbildung in der Altenpflege wird von den Wohlfahrtsorganisationen, den kommunalen Spitzenverbänden sowie von den Berufsorganisationen seit langem gefordert und soll in den nächsten Monaten verabschiedet werden. Deshalb hätte ich es im Interesse der Sache für überzeugender gehalten, wenn Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, Ihren parteipolitischen Drang zurückgehalten oder — besser noch — einen Gesetzesentwurf vorgelegt hätten, der Alternativen oder eigene Formulierungen gegenüber dem Regierungsentwurf enthält. Frau Hillerich (GRÜNE): Die Sache drängt — wer mit den an der Altenpflegeausbildung Beteiligten oder von ihr Betroffenen spricht, bekommt den Eindruck von dringendem Regelungsbedarf und unverantwortbaren Versäumnissen. Insofern müssen wir der Fraktion der SPD wohl dankbar sein, daß sie durch Vorlage ihres Gesetzentwurfs die Regierung, respektive Frau Ministerin Lehr, unsere selbsternannte Anwältin der Alten, endlich in Zugzwang bringt. Frau Ministerin, Sie und Ihre Beamten machen bis jetzt kein gutes Bild in dieser Angelegenheit! Unstrittig dürfte sein, daß der Bedarf an qualifizierter Altenpflege ständig steigt, jede und jeder von uns kann in die Lage kommen, auf sie angewiesen zu sein. Begrüßenswert ist ohne Frage, daß die SPD mit ihrem Entwurf durch Elemente wie Ausbildungsvertrag und Ausbildungsvergütung die gröbsten Mißstände in der Altenpflegeausbildung beseitigen möchte. Bezüglich der von ihr genannten Ausbildungsziele muß sie sich allerdings die Frage gefallen lassen, wie dies alles in einer zweijährigen Ausbildung unterzubringen sein soll, zumal die genannten Ziele noch ergänzungsbedürftig sind. Mit einem heute erlassenen Gesetz würden wir nach aller Erfahrung mit der Neuordnung von Ausbildungen den Standard für mindestens 10 Jahre festschreiben. Hier stellt sich die Frage, ob der vorliegende SPD-Gesetzentwurf wirklich ausgereift ist. Ich bezweifle dies nachdrücklich. Sie präsentieren uns hier einen Entwurf, der sehr weitgehend von Ihren Kollegen aus NRW inspiriert ist, dies jedoch offensichtlich ohne zu berücksichtigen, daß es an der in NRW seit zwei Jahren geübten Praxis inzwischen auch heftige Kritik von solchen Fachleuten gibt, die Ihnen in den sozial- und berufspolitischen Grundintentionen eher nahestehen, so z. B. von Vertretern der Arbeiterwohlfahrt. Eine Abstimmung Ihres Entwurfs mit den Berufsbildungspolitikerinnen und -politikern Ihrer eigenen Fraktion hat offensichtlich auch nicht stattgefunden. Denn zu deutlich fällt Ihr Entwurf hinter den Diskussionsstand über die sozialpflegerischen Berufe in der 16912* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 Enquete-Kommission „Bildung 2000" des Deutschen Bundestages zurück. Unsere Überlegungen zur Neuordnung der Altenpflegeausbildung finden doch nicht im luftleeren Raum statt! Sie sind in engem Zusammenhang zu sehen mit der berufspolitischen und berufspädagogischen Diskussion über die Neuordnung auch von anderen sozial-pflegerischen Berufen. Ein Altenpflegeausbildungsgesetz ist somit ein wichtiger Präzedenzfall für alle folgenden Regelungen. Und nun nennen wir das Kind doch einmal mit seinem häßlichen Namen: In der Altenpflege geht es um einen Bereich, der geradezu ein Paradebeispiel ist für unterbezahlte und schlecht angesehene Frauenarbeit, um Ausbeutung von sozialen Kompetenzen und Einstellungen von Frauen, um unbezahlte Vernutzung von relativ hoher Allgemeinbildung. Die schulische Form und die Kürze der Ausbildung werden hier zum Legitimationsinstrument für eine tarifliche und statusmäßige Unterbewertung von qualifizierter Arbeit von Frauen. Als Berufsperspektive für Frauen nach der Familienphase und für solche, die sich beruflich neu orientieren — sie stellen die mit Abstand größte Gruppe in dieser Ausbildung — wäre der Altenpflegebereich doch guten Gewissens nur zu empfehlen, wenn durch entsprechend hochqualifizierte Ausbildung den Frauen echte berufliche Arbeits- und Aufstiegschancen eröffnet würden. In einem von der Enquete-Kommission „Bildung 2000" eingeholten Gutachten von Frau Professor Krüger-Müller kritisiert diese insbesondere die Ausbildung in den sozialpflegerischen Berufen, insbesondere die häufig inbegriffenen, der eigentlichen beruflichen Qualifikation nicht zuzurechnenden, nicht abschlußbezogenen Moratorien. Denn der 1- bis 2-jährige Besuch einer Berufsfachschule ist häufig nichts anderes als eine erzwungene Warteschleife, die, selbst wenn sie teilweise angerechnet wird, wichtige Lebenszeit verbraucht. Auch sie erwähnt in diesem Zusammenhang das hohe Maß an Allgemeinbildung, das stillschweigend vorausgesetzt wird. Um zumindest eine Gleichstellung von sozialpflegerischen Berufen mit männlich dominierten Facharbeiter- und Gesellenberufen zu erreichen, empfiehlt sie die Verlagerung der Ausbildung in das Duale System nach dem Berufungsbildungsgesetz und die Einrichtung von entsprechenden, dann für die Ausbildung zuständigen Kammern. Es spricht einiges dafür, aber auch manches gegen diese Empfehlung, zumal wir GRÜNEN das Duale System aus vielen Gründen nicht für der Weisheit letzten Schluß halten. Aber dieser Vorschlag sollte in jedem Fall ausführlich diskutiert werden. Ein weiterer Vorschlag wurde von Frau Professor Heym, eine der Sachverständigen in der Enquete-Kommission und Medizinerin, in die Neuordnungsdiskussion eingebracht. Analog zu der z. B. in den USA vorfindlichen Praxis wäre auch eine Ansiedlung von pflegerischen Berufen auf Fachhochschulniveau denkbar und von den Berufungsanforderungen her sinnvoll. Auch eine solche Lösung für den Pflegenotstand im Altenbereich wäre denkbar und sollte nicht vorschnell verworfen werden. Immerhin liegt es ja nahe, die Qualifikationsanforderungen bei der Arbeit von Altenpflegerinnen mit der von Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagoginnen zu vergleichen. Die SPD hat sich in ihrem Entwurf um eine klare Entscheidung herumgedrückt. Einerseits enthält er Elemente einer Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz. Wie erklären Sie dann aber das von Ihnen zur Voraussetzung gemachte hohe Eingangsniveau (Fachoberschule)? Gerade Ihre Partei besteht doch im Zusammenhang mit den neugeordneten Ausbildungen z. B. im Metall- und Elektrobereich auf dem Hauptschulniveau als hinreichender und formal ja nicht einmal notwendiger Voraussetzung. Ihr Entwurf enthält andererseits aber auch wesentliche Elemente des Fachschulrechts, vermeidet jedoch die konsequente Anwendung der entsprechenden Gesetze, die Altenpflegeausbildung wird mit Ihrem Vorschlag „Ausbildungsseminare" in den Bereich der sogenannten „unechten Fachschulen" verwiesen. Die finanziellen Konsequenzen des Fachschulrechts sind ausgespart. Ein Regierungsentwurf liegt uns zur Beratung noch nicht vor. Die Maivöglein zwitschern es aber schon von den Dächern, daß im nunmehr dritten Entwurf von Frau Ministerin Lehr auch die unsägliche Kurzausbildung zur Altenpflegehelferin vorgesehen ist. Die Arbeitsanforderungen im Altenbereich sind es ganz bestimmt nicht, die eine Etablierung von Ausbildung auf niedrigstem Niveau von nur einjähriger Dauer nahelegen. Hier geht es darum, die schlechtbezahlte Ausbeutung von Frauenarbeit auf Dauer festzuschreiben und durch schlechte Ausbildung zu legitimieren. Frau Ministerin, dies wäre eine Schande für Sie und Ihr Haus. Es würde die im Altenpflegebereich tätigen Frauen weiter diskriminieren und gleichzeitig unseren pflegebedürftigen älteren Mitbürgern und Mitbürgerinnen Schaden zufügen. Ich plädiere hiermit entschieden für eine öffentliche Anhörung mit den beteiligten Trägern und Verbänden zu diesem Thema und ausreichende Diskussionszeit im federführenden und in den mitberatenden Ausschüssen. Frau Dr. Lehr, Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit: Wir diskutieren heute hier ein Thema, das uns alle berührt, das uns alle auch persönlich betreffen kann. Die Zahl der älteren und auch der hochbetagten Mitbürger nimmt zu — der Hilfebedarf steigt. Die Familien, die die Hilfe und Pflege übernommen haben, sind schon heute überlastet! „Hilfe den Helfenden" ist das Gebot der Stunde — darin sind wir uns alle einig. Natürlich müssen wir pflegende Angehörige nach Kräften unterstützen — ein erster Schritt hierzu ist im Gesundheitsreformgesetz bereits gemacht worden. Aber das reicht noch nicht. Schon heute wird in der Öffentlichkeit immer wieder der Pflegenotstand diskutiert; selbst vorhandene Planstellen in Alten- und Pflegeheimen können nicht besetzt werden. Der Beruf des Altenpflegers/der Altenpflegerin ist offenbar nicht mehr attraktiv genug. Die Zahl der Altenpflegeschüler geht stark zurück — und viele scheiden nach nur kurzer Berufstätigkeit aus. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 16913* Wir brauchen daher mehr Fachpersonal, das gut ausgebildet ist, das zufriedenstellende Arbeitsbedingungen vorfindet, gut motiviert ist, berufliche Zukunftsperspektiven hat und mit den Nöten des Berufsalltags nicht alleingelassen wird. Die Bundesregierung ist bereit, im Rahmen ihrer — begrenzten — Zuständigkeit zur Verbesserung der Rahmenbedingungen beizutragen. Die Ausbildung ist zur Zeit von Land zu Land verschieden: zweijährige Ausbildungszeiten stehen neben dreijähriger Ausbildung; in einigen Ländern ist die Ausbildunug mehr theoretisch, in anderen mehr praktisch ausgerichtet; während in einigen Ländern noch zum Teil Schulgeld bezahlt werden muß, haben wir in anderen Ländern Schulgeldfreiheit, und nur in Baden-Württemberg, in Hessen (ab 1. Juli) und teilweise in Hamburg wird eine Ausbildungsvergütung gezahlt. Sogar die Berufsbezeichnung ist noch nicht einmal geschützt! Das muß anders werden! Und ich freue mich, daß das offensichtlich die Meinung aller Fraktionen ist. Der Beruf des Altenpflegers/der Altenpflegerin stellt hohe Anforderungen an die persönliche und fachliche Kompetenz! Deshalb verdienen unsere Altenpflegerinnen und Altenpfleger eine hohe Anerkennung, die ihnen bisher leider nicht immer gezollt wird. Auch um diese zu fördern, ist eine gutfundierte, allgemein anerkannte — d. h. eine bundesweit einheitliche — Ausbildung nötig: eine Ausbildungszeit von 3 Jahren bei Schulgeldfreiheit, die sowohl Theorie- als auch Praxisbezug stärker berücksichtigt und neben medizinisch-pflegerischen Aspekten auch soziale und psychologische Aspekte einbezieht. Ich habe im vergangenen Herbst den Auftrag gegeben, den Entwurf eines Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege zu erarbeiten. Nach Beratungen mit den Verbänden und Ländern und in Abstimmung mit den anderen Bundesministerien wurde ein solcher Gesetzentwurf fertiggestellt. Gestern hat ihn das Bundeskabinett als Regierungsentwurf eines Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege beschlossen. Mit diesem Regierungsentwurf ist eine solide Grundlage für durchgreifende Verbesserungen beim Berufsbild der Berufe in der Altenpflege, bei der Finanzierung der Ausbildung und beim Schutz der Berufsbezeichnung geschaffen worden. Die SPD-Fraktion hat die Notwendigkeit einer praktischen Regelung auch erkannt. Der hier vorgelegte Entwurf verfolgt erkennbar ähnliche Ziele, bleibt aber inhaltlich hinter unserem Entwurf zurück. Man merkt diesem Entwurf die Eile des Überholmanövers an, mit dem die SPD-Fraktion noch vor der Bundesregierung in die Zielkurve einbiegen wollte. Er ist deshalb nicht in allen Punkten ganz durchdacht und wird auch nicht allen Interessen gerecht, die hier zu berücksichtigen sind. — Der Regierungsentwurf ist demgegenüber mit den zu beteiligenden Stellen über Monate hinweg intensiv beraten worden. Ich möchte hier nur einige Punkte hervorheben: Wir haben die Ausbildungsziele so formuliert, daß sie den Wandel in der Altenpflegepraxis berücksichtigen. Wir gehen von einem ganzheitlichen Konzept der Hilfe für ältere Menschen aus, das die Vermittlung sowohl psychosozialer als auch medizinisch-pflegerischer Kompetenzen — und zwar relativ gleichgewichtig — in der Ausbildung verlangt. Nur so kann übrigens die Gesetzgebungskompetenz des Bundes begründet werden. Der SPD-Entwurf hingegen berücksichtigt diese beiden Gesichtspunkte nicht, sondern legt den Schwerpunkt auf die sozialpflegerischen Aufgaben. Die Bundesregierung geht von der Kostenfreiheit der Ausbildung nach dem Altenpflegegesetz aus. Der Regierungsentwurf sieht einen Anspruch auf Ausbildungsvergütung vor und regelt zugleich deren Finanzierung. Durch eine integrierte Ausbildung mit überwiegenden Praxisanteilen wird eine Finanzierung dieser Vergütung über die gesamte Dauer der Ausbildung möglich. Dies ist beim SPD-Entwurf nicht der Fall. Hier fehlt eine Regelung darüber, wie die Kosten während der Unterrichtszeiten aufzubringen sind. Unser Gesetzentwurf regelt nicht nur die Ausbildung zum Altenpfleger/der Altenpflegerin, sondern sieht auch die Möglichkeit der Ausbildung zum Altenpflegerhelfer/in vor. Hierdurch können die Länder eine qualifizierte Entlastung der Fachkräfte im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung herbeiführen. Auch für den Beruf der Altenpflegehelferin sind Dauer der Ausbildung, Schutz der Berufsbezeichnung und Zahlung einer Ausbildungsvergütung festgeschrieben. Dies könnte auch eine attraktive Berufsmöglichkeit für Frauen nach der Familienphase sein, die nicht erst eine dreijährige Ausbildung absolvieren möchten. Eine berufsbegleitende Fortbildung zur Altenpflegerin ist selbstverständlich möglich. Der SPD-Entwurf enthält hierüber keine Regelung. Die SPD-Fraktion verkennt offenbar die Notwendigkeit, Mitarbeiter in der Altenpflege über die Ausbildung in der Altenpflegehilfe zu gewinnen. Die Bundesregierung hält es für erforderlich, möglichst viele Bewerber für die Ausbildungen zu gewinnen. Der Regierungsentwurf setzt deshalb die Hürden für den Zugang nicht zu hoch an und ermöglicht Umschulungen mit verkürzter Ausbildungsdauer. Dabei darf ein fachlich hoher Standard jedoch nicht leiden. Das Ausbildungsniveau wird durch eine noch zu erlassene Ausbildungs- und Prüfungsordnung gesichert, die die modernen Erkenntnisse der Gerontologie und Geriatrie berücksichtigt. Trotz der Schwächen des SPD-Entwurfs begrüße ich es, daß die SPD-Fraktion mit der Vorlage ihres Entwurfs zeigt, daß sie die Notwendigkeit einer bundesrechtlichen Regelung erkannt hat. Ich bitte Sie daher, den ausgereiften Entwurf der Bundesregierung zu unterstützen, damit wir gemeinsam ein gutes und sachlich fundiertes Altenpflegegesetz mit großer Mehrheit beschließen können — zum Wohle unserer älteren Bevölkerung von heute und von morgen. 16914* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zum Tagesordnungspunkt 18 (Anträge zum Grundwehrdienst und Zivildienst) Dr. Klejdzinski (SPD): Verkürzung der Dauer des Grundwehrdienstes, Anpassung der Dauer des Zivildienstes, Einberufungspraxis zum Grundwehrdienst sind die Themen, die auf Grund unserer Initiativen heute hier behandelt werden. Ich möchte unseren Antrag, den Grundwehrdienst auf eine Dauer von zwölf Monaten zu begrenzen, begründen und gleichzeitig die Einberufungspraxis der jetzigen Bundesregierung kritisieren. Auch dazu haben wir einen Antrag vorgelegt, nämlich die Bundesregierung aufgefordert, sicherzustellen, daß erstens Zusagen auf Nichtheranziehung von Wehrpflichtigen, z. B. für alleinerziehende Väter und für „dritte Söhne", ohne Befristung — also über das 28. Lebensjahr hinaus — erteilt werden und zweitens Wehrpflichtige, die sich selbst nicht um eine Zurückstellung vom Grundwehrdienst bemüht haben, nach Vollendung des 25. Lebensjahres nicht mehr einberufen werden. Wenn wir heute über die Länge des Wehrdienstes reden, so müssen diese Fragen sinnvoll in ihrem Umfeld betrachtet werden: Wie sieht die sicherheitspolitische Lage gegenwärtig und zukünftig aus? Wie lautet der Auftrag der Bundeswehr in den neunziger Jahren? Welche Aufgaben haben Streitkräfte in einem vereinten Deutschland? Über den Zaun geblickt: In welchem Umfeld muß diese Verpflichtung für unsere jungen Bürger diskutiert werden? In Osteuropa führen große freiheitliche Bewegungen zu tiefgreifenden politischen Veränderungen. Wir Sozialdemokraten begrüßen die in Osteuropa eingeleiteten Veränderungsprozesse. Es ist zulässig und richtig, in einer Zeit der weltpolitischen Veränderungen vermehrt Fragen nach dem Auftrag und der Zukunft unserer Streitkräfte zu stellen. Auftrag und Zukunft der Streitkräfte — auch der Streitkräfte in einem vereinigten Deutschland — sind nicht zu trennen von Friedensstärke, Verteidigungsstärke, Reservistenkonzeption. Dabei gilt es die bisher stark diskutierte Betonung der militärstrategischen und militärtechnischen Aspekte der Sicherheitspolitik abzubauen und sich zu konzentrieren auf den Rüstungskontrollprozeß, auf Verifikation, vertrauensbildende Maßnahmen, um Konfrontationen zu vermeiden. Ich möchte hier den Begriff „Konfliktlösungszentrum" erwähnen. Die Ankündigung des Bundesministers der Verteidigung, die Verteidigungsstärke von 1,34 Millionen auf 950 000 Mann, also um 390 000 Mann zu reduzieren, hat unsere Zustimmung, doch dieses allein reicht nicht. Die Regierung hat hier noch eine weitere Bring-schuld. Wir mahnen die Schularbeiten an. Auf der interparlamentarischen Abrüstungskonferenz hier in Bonn vom 21. Mai bis 25. Mai 1990 bestand Übereinstimmung in folgenden Punkten: Erstens. Die Bundesrepublik ist die Region, in der die höchste Konzentration an Streitkräften vorhanden ist, die mit modernsten Waffen ausgerüstet sind. Zweitens. Wer wirklich Abrüstung will, muß in Europa den Anfang machen. Rüstungsverminderung und Truppenverminderung sind die Stichworte. Wer Vertrauensbildung will, der muß Zeichen setzen. Abbau militärischer Potentiale und gleichzeitige Aufrechterhaltung der Verteidigungsbereitschaft sind keine Gegensätze. Unser Antrag betreffend Verkürzung der Dauer des Grundwehrdienstes und Anpassung der Dauer des Zivildienstes ist der richtige Schritt in die richtige Richtung, wobei wir uns durchaus weitere Kürzungen vorstellen können. Wir wollen, daß wir diejenigen sind, die einen wichtigen Beitrag für Frieden, Zusammenarbeit und Abrüstung leisten. Die notwendige Überprüfung des NATO-Bündnisses, was seine Strategie und Struktur betrifft, wird uns recht geben, und ich bin sicher, daß die Reduzierung der Wehrpflicht konsensfähig mit der inhaltlichen Neubestimmung des Bündnisses ist. Warum sage ich dies? Ich gehe deswegen darauf ein, weil ich allen, die es sich einfach machen wollen, in dem sie behaupten, wir seien für die Verkürzung der Wehrpflicht, aber unsere NATO-Verpflichtungen ließen dies nicht zu, argumentativ folgendes entgegenhalten will. Erstens. Die Verkürzung der Wehrpflicht stellt nicht unsere Verteidigungsfähigkeit in Frage. Zweitens. Die notwendige Reform der Bündnisse, die nicht strittig ist, bedingt eine Verkürzung der Wehrpflicht, bzw. sie ermöglicht sie. Drittens. Eine realistische Reservistenkonzeption ermöglicht es, die Einberufungspraxis wehrpflichtigenfreundlich zu regeln. Über Wehrpflicht und Länge des Wehrdienstes reden wir in diesem Hohen Hause nicht zum ersten Male. Ich bin sicher, dieses wichtige Thema wird uns auch noch des öfteren beschäftigen. So haben wir Sozialdemokraten am 8. Dezember 1988 beantragt, der Deutsche Bundestag möge beschließen, die Bundesregierung aufzufordern, einen Gesetzesentwurf einzubringen, der die für den 1. Juni 1989 vorgesehene Verlängerung der Dauer des Grundwehrdienstes von 15 Monaten auf 18 Monate aufhebt. Damals habe ich hier ausgeführt: Für uns Sozialdemokraten ist offensichtlich, daß einzig und allein dogmatisches Festhalten der Bundesrepublik am Friedensumfang der Streitkräfte in Höhe von 495 000 Mann ursächlich für die Verlängerung der Wehrdienstzeit ist. Die Koalitionsparteien lehnten damals unseren Antrag ab. In der FAZ war zu lesen: Die Entscheidung der Koalition muß wie folgt beurteilt werden: Man kann daher nicht ausschließen, daß die Entscheidung von Mutmaßungen und politischer Opportunität gefällt wurde. Wir haben am 1. Juni 1989 erneut darüber diskutiert. Unser Gesetzesentwurf betraf die Aufhebung der Verlängerung von Grundwehrdienst und Zivildienst und der Neuregelung der Dauer des Zivildien- Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 16915* stes. Mein Kollege Florian Gerster hat damals unsere Haltung begründet. Ich muß feststellen: Wir Sozialdemokraten bewegen uns also in einer erfreulichen Kontinuität. Der Zickzackkurs der Koalition dagegen ist sicherlich amüsant zu betrachten, doch dieses wird der Sache nicht gerecht. Wer über Wehrpflicht und Länge der Wehrpflicht entscheidet, greift unwillkürlich in die Lebens- und Berufsplanung junger Menschen, junger Familien ein. Aus der Verantwortung für unsere jungen Bürger haben wir den heutigen Gesetzentwurf einschließlich des Antrages, die Einberufungspraxis zu ändern, vorgelegt. Wir wollen Schluß machen mit den Spekulationen. Wir wollen unseren jungen Bürgern eine Lebensplanungssicherheit über das 28. Lebensjahr hinaus bieten. Ich bin sicher, unser Gesetzentwurf findet die Zustimmung dieses Hauses, zumal erfreulicherweise die FDP ihre Zustimmung signalisiert hat, zumal der Bildungsminister Möllemann, der Lautdenker, bereits neun Monate als Ziel genannt hat. Die Botschaft höre ich wohl, doch allein mir fehlt der Glaube, zumal die FDP im Juni 1989 unserem Antrag, generell auf die geplante Verlängerung von 15 Monaten auf 18 Monate zu verzichten, noch ihre Absage erteilte. Wenn mir entgegengehalten wird, wir seien heute klüger, dann will ich Ihnen ihr gestriges Entscheidungsverhalten nicht mehr vorhalten. Erfreulich für mich ist, die Botschaft aus CDU-Kreisen zu hören: 12 Monate Grundwehrdienst sind für uns vorstellbar. — Dieser Gedanke, der in die richtige Richtung weist, hat meine Zustimmung und Anerkennung. Theodor Heuss wird nachgesagt, er habe einmal folgendes formuliert: Die allgemeine Wehrpflicht ist das legitime Kind der Demokratie. — Wir Sozialdemokraten bekennen uns zu Streitkräften zur Sicherung unserer Landesverteidigung. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf Art. 87 a des Grundgesetzes — „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf, " — und Art. 26 des Grundgesetzes, wonach die Vorbereitung eines Angriffskrieges verboten ist. Streitkräfte ohne Wehrpflicht sind für uns keine Alternative. Wir wollen unsere jungen Bürger nicht mehr als unbedingt notwendig belasten, wobei wir wissen, daß Sicherstellung der Landesverteidigung heißt, Lasten aufzubürden und individuelle Freiheitsrechte einzuschränken. Unser Antrag, die Wehrdienstzeit auf 12 Monate zu begrenzen, orientiert sich an der geänderten Sicherheitslage und gefährdet nicht, das verteidigen zu können, was wir für verteidigungswert halten. Es bewirkt eine Präsenzverringerung der Bundeswehr. Die Friedensstärke wird natürlich reduziert werden müssen. Das ist richtig und unsere Absicht. Ich bitte daher, unseren Anträgen zuzustimmen. Wilz (CDU/CSU): Ziel der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist eine weitere Verkürzung der Wehrdienstzeit. Es bedarf hierzu nicht erst der Aufforderung durch die SPD. Wie Ihnen bekannt ist, hat Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl am Sonntag auf dem Deutschen Katholikentag in Berlin erklärt: „Wir werden in dem Maße, in dem es zu Abrüstung kommt, Schritt für Schritt die Kosten für die Bundeswehr senken können ... Das fängt damit an, daß wir jetzt, wenn es bei den Wiener Verhandlungen zur Reduzierung von Truppenstärken kommt, die Wehrpflicht in der Zahl der Monate reduzieren können. Das ist ein klares Ziel". Er sagte weiter, dies werde jedoch nur dann geschehen, „wenn ganz klar ist, daß wir in Ost und West gleichgewichtig abrüsten. Ich bin gegen jede Form von Vorleistungen. " In welcher Form und zu welcher Zeit wir den Wehrdienst verkürzen, ist noch offen. Natürlich werden wir in Verbindung mit der deutschen Einheit eine einheitliche Wehrdienstdauer anstreben. Insoweit ist die Frage zu stellen, ob eine 12monatige Wehrpflicht der richtige Weg ist oder ob ein alternatives Modell entwickelt werden sollte, das sich z. B. an die schwedische oder dänische Lösung anlehnen könnte. Für uns ist wichtig, daß gute Planer auf der Hardthöhe rechtzeitig über Möglichkeiten und Konsequenzen nachdenken und Modelle frühzeitig vorbereiten. Dennoch bleibt festzustellen: Diese Frage kann nicht isoliert betrachtet werden. Sie ist vielmehr im Zusammenhang mit dem Rüstungskontrollprozeß zu sehen — jedenfalls mit VKSE 1. Denn was würden Sie sagen, wenn die Verhandlungen über konventionelle Streitkräfte in Europa scheitern? Ich halte das nicht für wahrscheinlich. Aber Verträge sind erst nach Einigung und Unterschrift wirksam. In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, daß die Bundesregierung als erste Regierung überhaupt schon im Vorgriff auf die Ergebnisse von Wien erste Entscheidungen gefällt hat. Ich erinnere an den Kabinettsbeschluß der Bundesregierung vom 6. Dezember 1989 und unsere anschließende Debatte in diesem Hause. Die damals festgelegten Maßnahmen waren und sind vor dem Hintergrund der absehbaren Ergebnisse bei den Rüstungskontroll- und Abrüstungsverhandlungen zu verantworten. Wir halten uns daher an diese Koalitionsvereinbarung, auch künftig den Umfang der Bundeswehr den realen Entwicklungen im Osten anzupassen. Wie bereits bekannt ist, laufen unsere Planungen darauf hinaus, nach dem VKSE-Abkommen die Streitkräfte der Bundeswehr um ca. 20 % auf 400 000 Soldaten zu reduzieren. Das Heer wird eine Struktur mit geringerer Präsenz erhalten, Luftwaffe und Marine werden kleiner. Dazu zählt auch die gestrige Festlegung von Bundesminister Dr. Stoltenberg, den Verteidigungsumfang auf 950 000 Mann zu verringern. Wir begrüßen diese Entscheidung ausdrücklich. Alles, was hier und heute zusätzlich gefordert wird, schießt zu diesem Zeitpunkt über das Ziel hinaus. Meine Damen und Herren, Ihnen wie uns sind die Zusammenhänge und die Wechselbeziehungen zwischen dem Umfang der Streitkräfte, den laufenden Verhandlungen Zwei-plus-Vier, denen in Wien und den angestrebten Folgeverhandlungen von VKSE 1 bestens bekannt. Bei diesen Verhandlungen geht es auch und gerade um die Sicherheitsinteressen unseres Landes. Wir werden deshalb nicht zulassen, daß die Wahrnehmung unserer Interessen bei den Ver- 16916* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 handlungen in Wien beeinträchtigt wird. Wir wollen keine singuläre Rolle für Deutschland. Im Gegenteil: wir wollen als gleichberechtigte Partner am Verhandlungstisch sitzen. Ich verweise auch darauf, daß noch 380 000 bestens ausgebildete sowjetische Soldaten auf deutschem Boden stehen. Auch wollen wir uns innerhalb der NATO nicht hausgemacht isolieren oder Sonderwege beschreiten. Wie Sie wissen, findet in Kürze ein weiterer NATO-Gipfel statt, bei dem eine neue Risikoanalyse erstellt und die bisherige Strategie verändert werden soll. Auch dieses kann Auswirkungen auf die Streitkräfte und damit auch auf die Wehrpflichtdauer haben. Dies alles macht deutlich, daß der Antrag der SPD zur Unzeit gestellt ist. Zu dem weiteren Antrag „Einberufungspraxis zum Grundwehrdienst" stelle ich fest: Die Bundeswehr hat sich seit ihrem Bestehen als Wehrpflichtarmee bewährt. Für meine Fraktion ist es unzweifelhaft, daß die Wehrpflicht auch in Zukunft beibehalten wird. Dies gilt gleichermaßen für reduzierte gesamtdeutsche Streitkräfte. Die negativen Erfahrungen der Weimarer Republik dürfen sich nicht wiederholen. Dem hat sich ebenso der zuständige DDR-Minister Eppelmann angeschlossen. In Verbindung damit bleibt es unser Ziel, eine möglichst große Wehrgerechtigkeit sicherzustellen. Zu diesem Zweck hat sich die Arbeitsgruppe Verteidigungspolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gerade im letzten Jahr immer wieder mit Erfolg dafür eingesetzt, insbesondere solche Verbesserungen bei der Einberufung zu bewirken, die größere Transparenz für die Wehrpflichtigen schaffen und Härten soweit wie möglich abbauen. So wurde in den vergangenen Monaten wieder erreicht, daß sogenannte dritte Söhne — wie bis Herbst 1988 geregelt — auf Antrag nicht zum Grundwehrdienst herangezogen werden. Damit ist dieser Teil des Antrags der SPD gegenstandslos. Auch der weiteren Forderung der SPD, das Wehrpflichtgesetz dahin gehend zu ändern, daß zurückgestellte Wehrpflichtige nach Vollendung des 25. Lebensjahres nicht mehr einberufen werden, kann nicht gefolgt werden. Dem stehen Gründe der Wehrgerechtigkeit und nach gegenwärtiger Bundeswehrplanung vor allem solche der Bedarfsdeckung entgegen. Erst in jüngster Vergangenheit hat meine Arbeitsgruppe das Bundesministerium der Verteidigung aufgefordert, die Merkblätter und Erlasse für die Einberufung zum Grundwehrdienst zu überprüfen. Bei allen Kreiswehrersatzämtern muß für die Betroffenen vor der Einberufung absolute Klarheit über ihre Situation erzielt werden. Dies gilt auch für die Bescheidung von Rückstellungsanträgen. Wir wollen in der Tat besonders im Interesse unserer jungen Menschen eine flexible Lebensplanung sicherstellen. Leider kann nicht völlig ausgeschlossen werden, daß es im einen oder anderen Fall zu subjektiv unbefriedigenden Lösungen kommt. Es ist aber unbestritten, daß auch hier unter tatkräftiger Mitwirkung unserer Kollegin Agnes Hürland-Büning in jüngster Zeit gute Fortschritte erzielt wurden. Entsprechende Eingaben und Petitionen sind sicher auch bei den Kollegen der Opposition wesentlich zurückgegangen. Nachdem es kurzfristig gelungen ist, dem 2. Gesetz zur Änderung besoldungs- und wehrsoldrechtlicher Vorschriften zum Erfolg zu verhelfen, war eigentlich für heute Nacht eine Zusatzdebatte geplant. Erfreulicherweise kann die 2. und 3. Lesung dieses Gesetzes — der nächste Tagesordnungspunkt von heute — ohne Debatte erfolgen, da wir alle die Auffassung vertreten, daß die von der Koalition initiierten Verbesserungen für unsere Soldaten bedeutsam und dringend erforderlich sind. Deshalb an dieser Stelle nur einige Bemerkungen dazu: Wir verbessern mit diesem Gesetz vor allem die Lage der ca. 6 500 Kompaniefeldwebel durch Erhöhung ihrer Zulage von 80 DM auf 150 DM und die Stellensituation der Stabsfeldwebel durch Erhöhung des Stellenanteils von 25 auf 35 %; schließlich erhalten endlich auch die Flugabfertiger und die Nachprüfer von Luftfahrtgerät die lange verdiente Zulage. Schließlich werden wir in den Beratungen zum Haushalt 1991 nachdrücklich bemüht sein, die für die Beförderung zum Stabsfeldwebel notwendigen Planstellen zur Verfügung zu stellen. Für die Techniker der fliegenden Verbände werden wir uns weiterhin um die Einführung bzw. Erhöhung der Zulagen einsetzen. Alle diese Maßnahmen dienen auch der Steigerung der Attraktivität des Soldatenberufs: ein zunehmendes Erfordernis auch in Anbetracht der wachsenden Konkurrenz des zivilen Marktes. Wir wissen, was wir unseren Soldaten — den Wehrpflichtigen, Zeit- und Berufssoldaten — schuldig sind. Dr. Hoyer (FDP) : Vor anderthalb Jahren habe ich die Initiative ergriffen, um in der Koalition den Beschluß zur Einführung des 18monatigen Grundwehrdienstes und 24monatigen Zivildienstes erneut zu überprüfen und zu revidieren. Nach langer — meiner Meinung nach viel zu langer — Diskussion hat sich diese Position vor einem Jahr durchgesetzt. Die Begründung für unsere damalige Haltung ist eine sehr grundsätzliche, sie ist alles andere als populistisch; nur ist sie nicht deswegen falsch, weil sie zufällig populär ist: Wehrpflicht oder gegebenenfalls Zivildienstpflicht ist aus liberaler Sicht ein schwerwiegender, gleichwohl notwendiger und im Sinne von Theodor Heuss, der von Wehrpflicht als dem legitimen Kind der Demokratie sprach, vertretbarer Eingriff in individuelle Lebensplanung. Er ist damit ein Freiheitseingriff, und dafür haben Liberale eben eine ganz besondere Sensibilität. Aus diesem Grunde muß dieser Eingriff in individuelle Lebensplanung stets auf seine innere Begründung und auf sein unbedingt notwendiges Maß überprüft werden. Wenn das Ziel, um das es bei allen diesen Bemühungen geht, auch mit einer kürzeren Wehrdienstzeit erreicht werden kann, dann sind wir verpflichtet, diese Reduzierung vorzunehmen. Genau diese Begründung trifft auch zu, wenn wir heute über die Möglichkeit von W 12 diskutieren. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 16917* Wenn es uns die internationale Lage erlaubt, müssen wir den Wehrdienst und damit auch den Zivildienst reduzieren. Angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen erscheint mir als nächster Schritt eine Reduzierung auf 12 Monate angemessen und richtig. Das ist der Kern der FDP-Vorschläge, für die wir zuerst böse gescholten worden sind und deren Sinnhaftigkeit heute schon von ziemlich vielen gesehen wird. Das ist erfreulich. Vergessen wir doch bitte nicht, all dies einzuordnen in den Gesamtzusammenhang, in dem Sicherheitspolitik gegenwärtig darzustellen ist: Der Übergang von der Konfrontation zur Kooperation in Europa ist möglich geworden; eine erhebliche Reduzierung der Streitkräfte in Europa ist möglich geworden; nach dem erwarteten erheblichen Einschnitt in die sowjetischen und amerikanischen Truppenpotentiale in Europa wird es möglich sein, jetzt auch sehr rasch die Streitkräfte der Länder Mitteleuropas und damit auch die deutschen Streitkräfte zu reduzieren. Unsere Nachbarn in Ost- und Mitteleuropa und nicht zuletzt unsere Landsleute in der DDR haben den Weg zur Überwindung der Spaltung Europas und pari passu zur deutschen Einheit gebahnt. Unser Bündnis, in dem wir auch in Zukunft engagiert und loyal mitwirken wollen, hat, ohne daß ein einziger Schuß abgegeben worden wäre, eine Erfolgsstory sondergleichen aufzuweisen. Wer aber darauf verzichtet, sicherheitspolitische Perspektiven zu entwickeln und Zielvorstellungen zu formulieren, wer nicht bereit oder in der Lage ist, sich die Erfolge seiner eigenen Politik klarzumachen und die Früchte seiner eigenen jahrzehntelangen Anstrengungen zu ernten, der kommt — um einen Satz von Michail Gorbatschow nur anzudeuten — zu spät. Das bedeutet: Abrüstung steht auf der Tagesordnung. Die Anpassung unseres erfolgreichen Bündnisses an die gewandelten Umstände, d. h. vor allem Besinnung auf seinen eindeutig politischen Kern — nicht zuletzt enthält der NATO-Vertrag eine ausdrückliche Einladung an alle Völker Europas, die Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit auf ihre Fahne geschrieben haben —, und die Schaffung eines europäischen Sicherheitsrahmens, bei dem sich auch die nicht ausgegrenzt fühlen, die mit ihrer Ideologie und mit ihrem System ebenso Schiffbruch erlitten haben wie mit ihrem Militärbündnis. Ohne jetzt und hier eine KSZE-Debatte anzetteln zu wollen, möchte ich festhalten, daß ich insofern zwischen einer festen Verankerung des vereinten Deutschlands in der NATO und einem kraftvollen Vorantreiben des Abrüstungs- und KSZE-Prozesses überhaupt keinen Widerspruch sehe. Die erfolgreiche Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesregierung und des gesamten Bündnisses seit Harmel versetzen uns also in die Lage, jetzt zu neuen Ufern vorzustoßen. Dies bedeutet auch: Reduzierung des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes, und ich sage darüber hinaus: Möglicherweise wird die Reduzierung eines Tages sogar noch deutlicher sein können, wenn wir als ein Teilergebnis der internationalen Vereinbarungen und der Reduzierung unserer Streitkräfte in der Lage sein werden, das strukturelle Grundproblem der Bundeswehr zu lösen, nämlich die völlig unbefriedigende Personalstruktur, die unbefriedigende Relation zwischen Grundwehrdienstleistenden einerseits und Berufs- und Zeitsoldaten andererseits. Genau hier ist Abhilfe erkennbar, denn die Reduzierung unserer Streitkräfte wird vor allem zu Reduzierungen bei der Zahl der Grundwehrdienstleistenden führen und uns damit in die Lage versetzen, die Anzahl der Offiziere und Unteroffiziere pro Einheit in Relation zu den Auszubildenden zu verbessern. Denn die mit einer Grundwehrdienstverkürzung einhergehende Mehrbelastung geht eindeutig zu Lasten des Stammpersonals. Dort aber ist die Belastungsgrenze bereits erreicht. Wenn die Personalstrukturverbesserung hier endlich Abhilfe schafft, dann wird es nicht nur möglich sein, die Länge des Grundwehrdienstes deutlich nach unten zu korrigieren, sondern auch den Inhalt so zu reformieren, wie es sich die meisten Angehörigen der Bundeswehr, aber erst recht wir als Politiker seit langem wünschen. Wir werden dann in der Lage sein, den Spruch von dem Übergang von einer Präsenzarmee zu einer reinen Ausbildungs- und Mobilisierungsarmee mit Leben zu erfüllen, der Gestaltung und — sagen wir — Verdichtung des Dienstes auch der Grundwehrdienstleistenden in unserer Bundeswehr erkennbar deutlicher Sinn und innere Logik zu geben und — nebenbei bemerkt — den Reservisten den ihnen zukommenden Platz zuzuweisen und sinnvoll zu gestalten. Dann wird es möglich sein, manche Kritik an der inhaltlichen Gestaltung des Dienstes in der Bundeswehr abzubauen. Wir erleben gegenwärtig den größten Fortschritt in der europäischen Nachkriegsgeschichte, und gleichwohl wissen wir, daß der ewige Frieden noch nicht erreicht sein wird. Streitkräfte werden in Zukunft auch weiterhin erforderlich sein, und der Wehrdienst in der Bundeswehr wird als Kriegsverhinderungsdienst im Sinne Richard von Weizsäckers und damit als Friedensdienst unverzichtbar bleiben. Aber wir werden ihn gegenüber unseren Mitbürgern nur dann verständlich machen und vertreten können, wenn wir jede Chance, die uns die Geschichte und unsere eigenen Erfolge — nicht zuletzt die unserer Partner — bieten, um Lasten tragbarer zu machen und die erforderlichen Opfer auf das unbedingt gebotene Maß zu vermindern, auch nutzen. Wir Liberalen wollen als nächsten Schritt W 12. Ich hoffe, wir werden uns darauf auch mit unserem Koalitionspartner verständigen können. Die Zeit für W 12 ist reif, die Bundesregierung sollte sich in dieser Frage bald bewegen. Dr. Lippelt (Hannover) (GRÜNE): In diesen Tagen ging eine interessante Meldung durch die Medien: in einem Interview des Saarländischen Rundfunks forderte Bundesbildungsminister Möllemann einen zukünftigen Umfang gesamtdeutscher Streitkräfte auf ca. 350 000 Mann. Legt man das derzeitige Größenverhältnis der NVA zur Bundeswehr von ca. 1 : 2,8 zugrunde, dann müßte der Präsenzumfang der heutigen Bundeswehr von ca. 490 000 Mann auf ca. 260 000 abgesenkt werden. Da Herr Möllemann natürlich weiß, daß das Postulat der Wehrgerechtigkeit, 16918* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 das bei einer Ausschöpfungsquote von nur 60 bis 70 % pro Jahrgang wehrpflichtiger junger Männer gegenwärtig bereits kaum erfüllt werden kann, unter den neuen Voraussetzungen nur gewahrt bleibt, wenn die Dauer des Grundwehrdienstes deutlich reduziert wird, fordert er konsequenterweise eine Verkürzung des Grundwehrdienstes auf 9 Monate. Wäre Möllemanns Vorstellung Realität, würde sich der Anteil der Berufs- und längerdienenden Zeitsoldaten am Präsenzbestand der Streitkräfte deutlich erhöhen. In der Bundeswehr ist jeder zweite Soldat ein Berufssoldat oder hat sich für mindestens 4 Jahre verpflichtet, so daß man schon heute von einer Wehrpflichtigenarmee im klassischen Sinne nicht mehr reden kann. Das Kuriose und Widersprüchliche an der Politik der SPD, die ja hier — wie ich finde — einen höchst einfallslosen Antrag eingebracht hat, ist: sie will ein Mehr an Abrüstung als Möllemann — das Programm „Fortschritt 90" spricht von einer Halbierung der Bundeswehr und von einer nochmaligen drastischen Verringerung nach der deutschen Vereinigung — , aber ein Weniger an Verkürzung der Grundwehrdienstzeit als er, nämlich — wie im vorliegenden Antrag — nur von 15 auf 12 Monate. Wie Sie, meine Damen und Herren von der SPD, unter diesen Umständen die Wehrgerechtigkeit als untrennbaren Bestandteil der allgemeinen Wehrpflicht organisieren wollen, dazu sagen Sie nichts. Solange von Ihnen an der Wehrpflicht festgehalten wird, muß im Zuge signifikanter Abrüstung auch die Grundwehrdienstzeit deutlich abgesenkt werden. Das hat natürlich seine Grenze, die — wie am Beispiel Österreichs gezeigt werden kann — wohl bei 6 Monaten liegen dürfte; zu Ende gedacht bedeutet drastische Abrüstung, daß auch die Wehrpflicht abgeschafft werden muß. Das traditionelle sozialdemokratische Argument, ein Berufsheer könne zu einem Risiko für die Demokratie werden, überzeugt mich nicht, wenn es etwa als Einwand gegen eine deutliche Verkürzung des Grundwehrdienstes unter 12 Monate oder gar gegen eine substantielle Reduzierung der Bundeswehr, bzw. gesamtdeutscher Streitkräfte herangezogen wird; es überzeugt mich jedoch als Lektion für die nach einer von uns geforderten Abschaffung der Wehrpflicht noch vorläufig verbleibenden Streitkräfte: Wir sprechen uns in unserem Antrag, der heute ebenfalls zur Beratung und Überweisung in die zuständigen Ausschüsse vorliegt, gegen eine klassische Berufsarmee aus und fordern als Übergangslösung bis zur Abschaffung der Wehrpflicht spätestens zum 1. Januar 1992 stattdessen — neben der strikten parlamentarischen Kontrolle der militärischen Führung — relativ kurze Verpflichtungszeiten für Soldaten bis zu 4 Jahren, die Sicherstellung ihrer demokratischen Partizipation, eine Politik der offenen Kasernen und eine Stärkung der Inneren Führung. Diese Forderungen ändern nichts an unserer pazifistischen Zielvorstellung, Streitkräfte überhaupt loswerden zu wollen; aber Abrüstung vollzieht sich nun einmal in Zwischenschritten. Mit unserem Antrag nach Abschaffung unterstützen wir auch die Anliegen der totalen Kriegsdienstverweigerer, die aus Gewissensgründen auf Grund der Einplanung des Zivildienstes in die sogenannte „Gesamtverteidigung" auch die Ableistung des Zivildienstes verweigern und mit dieser Haltung doppelt und dreifach bestraft werden — trotz des grundgesetzlich verbrieften Verbots der Doppelbestrafung (Art. 103 GG). Obwohl wir bereits heute für einen Stopp dieser Kriminalisierungspraxis eintreten, würden mit der Abschaffung der Wehr- und — in der Folge — auch der Zivildienstpflicht allerdings die Gründe für die totale Kriegsdienstverweigerung entfallen. Wir kennen allerdings auch die Vorbehalte, die von Seiten der Verbände, vor allem im Gesundheits- und Sozialbereich, gegen eine Abschaffung der Zivildienstpflicht vorgebracht werden. In der Tat, unser Gesundheits- und Sozialwesen ist von dem verdienstvollen Wirken der dort arbeitenden Zivildienstleistenden so abhängig, daß es bei ihrem Ausfall zusammenbräche. Für uns ist dies ein ernstzunehmendes Argument, jedoch nicht gegen die friedenspolitischen Gebote von Abrüstung und — in diesem Rahmen — von Abschaffung der Wehr- und damit auch der Zivildienstpflicht, sondern für einen sozialverträglichen, von Bund und Ländern finanziell flankierten Ersatz von Zivildienstleistenden durch hauptamtliches Fachpersonal. Die für den Zivildienst eingeplanten finanziellen Mittel in Höhe von ca. 2,2 Milliarden DM jährlich müßten umgeleitet und den Verbänden als Personalerstattungskosten zur Verfügung gestellt werden. Diese Summe entspricht im übrigen ziemlich genau der durch die ca. 80 000 Zivildienstleistenden erbrachten volkswirtschaftlichen Wertschöpfung an Sozialleistungen. Nicht zuletzt aufgrund des Sozialstaatsgebotes des Grundgesetzes haben Bund und Länder die Verpflichtung zu einer dauerhaften und gesicherten Finanzierung des Gesundheits- und Sozialwesens. Meine Damen und Herren, da wir wissen, daß eine Abschaffung der Wehrpflicht und damit auch des Zivildienstes zwar möglichst bald erreicht werden sollte, trotzdem aber des Übergangs bedarf, haben wir uns selbstverständlich auch Gedanken über die Verbesserung der Gegenwart gemacht. Zusammengefaßt treten wir für unverzüglich zu treffende Regelungen ein: — für eine zeitliche Gleichstellung und deutliche Verkürzung von Grundwehr- und Zivildienst — die vorgeschlagenen 12 Monate können nur einen ersten Schritt darstellen —; — für die Stärkung des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung. Damit meinen wir, das geltende Prüfungsverfahren für Kriegsdienstverweigerer durch einen formellen Feststellungsbescheid zu ersetzen, sowie einen Vorschlag für eine Verfassungsänderung, die sicherstellen soll, daß Männer und Frauen zu keinem Kriegs-, Militär-, Kriegshilfs- oder Ersatzdienst gezwungen werden dürfen; — das Zivildienstgesetz von militärpolitischen Imperativen zu befreien, d. h. u. a. das Dienstrecht für Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 16919* den Zivildienst am Arbeits- und nicht — wie bisher — am Wehrdisziplinarrecht zu orientieren, die formelle und materielle Einplanung von Kriegsdienstverweigerern in die sogenannte Gesamtverteidigung aufzuheben und die Dienstüberwachung mit Ablauf des Zivildienstes zu beenden und eine stärkere friedenspolitische und -pädagogische Ausrichtung des Zivildienstes im weitesten Sinne zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang begrüßen wir ausdrücklich die in der DDR seit dem 1. März 1990 geltenden wohl weltweit liberalsten Regelungen für Kriegsdienstverweigerung und Zivildienst: Keine Prüfungsverfahren, gleiche, 12 Monate währende Dienstzeiten für Grundwehr- und Zivildienstleistende, keine Kriegseinplanung von Kriegsdienstverweigerern und Verzicht auf Strafverfolgung für totale Kriegsdienstverweigerer sind in der DDR schon heute Realität. Wir erwarten von der Bundesregierung im Falle der Vereinigung beider deutschen Staaten mindestens eine Übernahme dieser fortschrittlichen Verordnung in deutsches Recht. In dem von uns vorgelegten Antrag haben wir die genannten Forderungen konkretisiert und näher begründet. Wir sind dankbar für die Anregungen und Vorschläge, die wir von den vielen Verbänden und Initiativen bekommen haben. Hervorheben möchte ich besonders die „Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissengründen" sowie die „Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung der Kriegsdienstverweigerer" der Evangelischen Kirche (EAK). Mit Freude und Genugtuung konnten wir allerdings auch feststellen, daß viele der Vorstellungen, die wir entwickelt haben, auch in der Entschließung des Europaparlamentes vom 13. Oktober 1989 enthalten sind. Wir werden von der Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen CDU/CSU und FDP, die im Zeuge des Vereinigungsrennens ein Lippenbekenntnis über den europäischen Intregrationskontext nach dem anderen ablegen, eine Zustimmung zu dieser Entschließung verlangen, in der u. a. gefordert wird — ich zitiere — : „(...) daß die Mitgliedsstaaten alle notwendigen Schritte ergreifen, um ihre Gesetzesvorschriften in Übereinstimmung mit der vorliegenden Entschließung (...) zu ändern". Darauf sind wir sehr gespannt. Gilges (SPD): Nach den Entwicklungen des letzten Jahres, insbesondere nach den Veränderungen in den Staaten des Warschauer Vertrages muß die gesellschaftspolitische Frage von Landesverteidigung und Kriegsdienstverweigerung neu gestellt und beantwortet werden. Es ist heute nicht mehr so, wie es noch vor Jahresfrist war. Die Feindbilder und die Bedrohungsanalysen stimmen nicht mehr. Die uns als Bedrohung dargestellten Staaten und ihr Bündnis sind in der Auflösung. Es ist eine neue Sicherheitslage in Europa entstanden. Auf Grund dieser nur in einigen Stichpunkten dargestellten Veränderung wird die Glaubwürdigkeit für Landesverteidigung und Wehrdienst gerade für die jungen Menschen in unserem Lande der Bundesrepublik zunehmend schwierig. Es gibt keine glaubwürdige Bedrohung der Bundesrepublik. In der Folge dieser veränderten Sicherheitslage und dem damit einhergehenden veränderten Bewußtsein, gerade von jungen Bürgern, müssen die Kriegsdienstverweigerung und der Zivildienst neu beurteilt werden. Die Konsequenz, die daraus die GRÜNEN in ihrem Antrag ziehen, die Abschaffung des Wehrdienstes, wird von mir und meiner Fraktion der SPD nicht gezogen. Wir sind nach wie vor für eine Wehrpflichtarmee und gegen eine Berufsarmee. Die historischen Erfahrungen haben gezeigt, daß Berufsarmeen zum Staat im Staate neigen und somit eine konkrete Gefahr für die Demokratie sind. Nur der Wehrdienst garantiert, daß Armee und Soldat im Staat integriert bleiben. Deswegen ist der Weg, den die GRÜNEN in ihrem Antrag gehen, falsch. Die von uns geforderte Verkürzung des Wehrdienstes auf erst einmal zwölf Monate und die damit einhergehende Verkürzung des Zivildienstes auf die gleiche Länge führen zu mehr Wehr- und Zivildienstgerechtigkeit. Nur wenn junge Menschen begreifen — egal, ob sie Zivildienstleistende oder Wehrdienstleistende sind — , daß ihnen der Staat Gerechtigkeit widerfahren läßt, würden sie unter den neuen Bedingungen die Notwendigkeit dieser Dienste bejahen. Das bestehende Kriegsdienstverweigerungs- und das Zivildienstrecht waren falsch und sind heute noch falsch. Die Mehrheit des Deutschen Bundestages von CDU/CSU und FDP haben es trotzdem vor einem Jahr endgültig festgeschrieben. Zu der Festschreibung gehörte die sogenannte Drittelautomatik, die den Zivildienst um ein Drittel länger macht als den Wehrdienst. Die DDR-Regierung hat uns im Deutschen Bundestag und der Bundesregierung im Frühjahr vorgemacht, wie ein konsequentes Gesetz für Kriegsdienstverweigerung aussehen soll. Die DDR-Regierung hat drei wesentliche Forderungen der Kriegsdienstverweigerer in ihrer Verordnung festgeschrieben: 1. Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer ohne jegliche Gewissensprüfung, 2. Wahlfreiheit von Wehrdienst und Zivildienst, 3. Gleiche Dauer für Zivildienst und Wehrdienst. Wir könnten uns diesem Beispiel als Bundesrepublik Deutschland nähern, wenn wir uns die 15 Forderungen des EG-Parlamentes aus der hier zu beratenden anstehenden Drucksache 11/5512 zu eigen machen würden. Ich will die besonders unterstützenswerten Forderungen hier noch einmal hervorheben und im Original zitieren: 1. Für jeden Antragsteller, der den Kriegsdienst verweigert, soll eine individuell begründete Erklärung ausreichen. 2. Der Ersatzdienst soll genauso lange dauern wie der Wehrdienst. 3. Jedem wird die Teilnahme an Erwachsenenbildung und beruflicher Fortbildung zugesichert. 4. Das Recht auf Zivildienstersatzdienst wird als ein Menschenrecht in die europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte aufgenommen. 16920* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990 Wenn wir diese Forderungen in ein neugeschaffenes Wehrdienstverweigerungs- und Zivildienstrecht aufnehmen, haben wir auch eine der wesentlichen Forderungen der katholischen, der evangelischen Kirche und der Zivildienstverbände verwirklicht, die den Zivildienst in einen sozialen Friedensdienst umgestalten wollen. Es ist an der Zeit, daß wir uns endlich auf den Frieden und auf den Dienst für den Frieden konzentrieren. Frau Dr. Lehr, Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit: Der Deutsche Bundestag hat die Reform des Rechts der Kriegsdienstverweigerung und des Zivildienstes von 1984 im vorigen Jahr auf Dauer fortgeschrieben, weil es keine vernünftige Alternative zu diesem Reformgesetz gibt. In dieser Auffassung fühlen wir uns durch die Vorschläge der GRÜNEN auch jetzt wieder bestärkt. Diese Vorschläge sind nicht „Schritte zur Ausgestaltung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung", wie es im Antrag der GRÜNEN heißt, sondern „Schritte ins Abseits". Solange die allgemeine Wehrpflicht erforderlich ist, wird es auch den Zivildienst geben, und der muß unserer Verfassung und der allgemeinen Dienstgerechtigkeit entsprechen, wie sie vom Bundesverfassungsgericht mehrfach klar umrissen worden ist. Dem aber wird weder der Antrag der GRÜNEN noch der Antrag der SPD gerecht. Ich möchte das an folgenden Kernpunkten beispielhaft deutlich machen: Erstens. Das Bundesverfassungsgericht hat 1985 bestätigt, daß die längere Zivildienstdauer in Form der sogenannten Drittelregelung verfassungskonform ist. Sie ist mit jetzt 20 Monaten genau so bemessen, daß sie einerseits die zulässige zeitliche Höchstgrenze deutlich unterschreitet und andererseits die ihr zugedachte Indizfunktion für das Vorliegen einer Gewissensentscheidung erfüllt. Dies ist eine sinnvolle und faire Lösung auch unter dem Gesichtspunkt des Belastungsvergleichs zwischen Wehrdienstleistenden und Zivildienstleistenden. Wer es mit der Wehrgerechtigkeit wirklich ernst meint, sollte dies auch akzeptieren, meine Damen und Herren! Zweitens. Völlig unverständlich ist die Forderung der GRÜNEN nach Straffreiheit für die sogenannten Totalverweigerer. Die Wirkungen der Gewissensfreiheit im Bereich der Wehrpflicht sind in Art. 4 Absatz 3 des Grundgesetzes abschließend geregelt; über seine Grenzen hinaus erkennt das Grundgesetz weder weitere Gewissensvorbehalte noch weitere Schutzbereiche an. Es ist daher Rechtens, daß diejenigen bestraft werden, die ihrer gesetzlichen Dienstpflicht nicht nachkommen. Über die Strafzumessung entscheiden die Gerichte in richterlicher Unabhängigkeit. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich hier aber auch deutlich sagen: Wer sich als sogenannter Totalverweigerer auch dem Dienst am Nächsten entzieht, wer seinen Beitrag zur Kranken-, Alten- und Behindertenpflege verweigert, der kann auch keine moralische Rechtfertigung für sich beanspruchen! Auch die vorliegende Entschließung des Europäischen Parlaments zur Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen und zum Ersatzdienst vom 13. Oktober 1989 hält es für berechtigt, an Stelle des Wehrdienstes, sofern dieser aus Gewissensgründen abgelehnt wird, einen Ersatzdienst zu fordern. Unsere nationale Rechtslage befindet sich grundsätzlich in Übereinstimmung mit den Vorstellungen des Europäischen Parlaments: — Wir haben ein mit allen rechtsstaatlichen Sicherungen versehenes, faires und zügiges Anerkennungsverfahren. Nur in bestimmten wenigen — vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich bestätigten — Ausnahmefällen wird es nicht bloß schriftlich durchgeführt. — Wir haben den Zivildienst in völliger Trennung von den Streitkräften organisiert. — Wir haben eine Ausgestaltung des Zivildienstes, die orientiert ist an den Prinzipien von Wehr- und Dienstgerechtigkeit und die das Allgemeinwohl gebührend berücksichtigt, und — wir haben die Zivildienstleistenden sozialrechtlich den Wehrdienstleistenden gleichgestellt. Auf einen Punkt möchte ich noch besonders hinweisen: Es geht um den Wunsch des Europäischen Parlaments, anerkannten Kriegsdienstverweigerern die Ableistung sozialer Friedensdienste im EG-Bereich oder in Ländern der Dritten Welt zu ermöglichen. Wir haben dieses Anliegen bereits seit Jahren verwirklicht! Entsprechende Dienste im Ausland oder Entwicklungsdienst werden nach dem Zivildienstgesetz durch Freistellung vom Zivildienst berücksichtigt. Bisher haben wir über 30 Einrichtungen und Organisationen als Träger von Auslandsdiensten für anerkannte Kriegsdienstverweigerer zugelassen; sie führen ihre Projekte weltweit in nahezu 40 Ländern durch, von denen etwa die Hälfte Länder der Dritten Welt sind. Meine Damen und Herren, unbestreitbar gehört unser Recht der Kriegsdienstverweigerung und des Zivildienstes zu den liberalsten Regelungen dieser Welt. Das Recht auf Verweigerung des Kriegsdienstes hat verfassungsrechtlichen Rang und ist als Grund- und Menschenrecht ausgestaltet. Wo gibt es Vergleichbares? Die vorliegenden Anträge der SPD und der GRÜNEN zur Kriegsdienstverweigerung und zum Zivildienst gehen an unserer verfassungskonformen Rechtsetzung vorbei. Ich bitte Sie daher, meine Damen und Herren Abgeordneten, diese Anträge abzulehnen. Ich danke Ihnen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Klaus Kirschner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird Sie, Herr Fuchtel und meine Damen und Herren von der Koalition, nicht überraschen, wenn ich Ihnen sage, daß die SPD-Bundestagsfraktion den Gesetzentwurf eines Vierten Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes, kurz ASEG genannt, ablehnt. An den Gründen dafür, die mein Kollege Hermann Wimmer damals für die SPD dargelegt hat und die wir auch in der Sachverständigenanhörung des Arbeits- und Sozialausschusses bestätigt bekamen hat sich seit der ersten Lesung leider nichts geändert.

    (Heinrich [FDP]: Die Gründe waren damals falsch und sind heute falsch, Herr Kollege!)

    — Sie können das ja nachher sagen.
    Sie fügen mit diesem Gesetzentwurf — lassen Sie mich dies deutlich sagen — Ihrer bisherigen Agrarsozialpolitik einen weiteren Flicken hinzu und — das ist unsere Kritik vom Grundsätzlichen her — verschieben damit ein weiteres Mal die wiederholt angekündigte große Agrarsozialreform auf die Zukunft.

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Sie warten, bis die Bauern alle weg sind!)

    Mir ist noch im Ohr, wie hier Abgeordnete der Koalition gesagt haben, daß — ich möchte einmal zitieren — „eine dauerhafte Lösung dieser Problematik neuer Elemente im landwirtschaftlichen Sozialversicherungssystem bedarf" . Ein weiteres Zitat: „Ich will ... den Überlegungen, die gleich zu Beginn der nächsten Legislaturperiode einsetzen werden, nicht vorgreifen."
    Dies hat Herr Kollege von Schorlemer in der abschließenden Beratung des Beitragsentlastungsgesetzes am 6. Juni 1986, Herr Kollege Fuchtel, also vor vier Jahren, gesagt. Ich kann dazu nur feststellen, daß, falls Ihre Überlegungen zu Beginn der letzten Legislaturperiode nicht gleich wieder ausgesetzt haben, diese zumindest bis heute kein Ergebnis zeigen.
    Was immer Sie an Entschuldigungen und Gründen für Ihr neuerliches Nichtstun vorbringen, lediglich die Beanstandung des SVBEG durch die EG-Kommission hat ja dazu geführt, daß Sie überhaupt etwas vorgelegt haben.

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Genauso ist es!)

    Sie kommen z. B. mit dem Grund, daß der federführende Arbeits- und Sozialausschuß zeitlich überbeansprucht ist. Herr Kollege Fuchtel, was muß noch alles für eine solche Begründung herhalten? Als ob Sie je darauf Rücksicht genommen hätten, wenn Sie einen Gesetzentwurf in unserem Ausschuß durchboxen wollten.

    (Frau Flinner [GRÜNE]: So ist es!)

    Ich erinnere nur an das sogenannte Gesundheits-Reformgesetz und den Beratungsdruck, dem wir ausgesetzt waren.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Quatsch!)

    — Was reden Sie denn? Sie haben doch keine Ahnung.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Das alles kann doch nicht darüber hinwegtäuschen, daß Sie für eine umfassende Agrarsozialreform nicht die Kraft gefunden haben.

    (Hornung [CDU/CSU]: Aber nicht nach der Art, wie Sie es wollen!)

    Zu unterschiedlich sind Ihre Interessen innerhalb der Koalition, zu gering ist Ihre Durchsetzungskraft gegenüber der Großbauernlobby, die in dieser Frage offenbar das Handeln des Deutschen Bauernverbandes bestimmt.

    (Eigen [CDU/CSU]: Was ist denn ein Großbauer?)

    — So ist es, Herr Kollege Eigen, das wissen Sie sehr gut. Sie reden hier ständig von d e r deutschen Landwirtschaft und versuchen, wie der Deutsche Bauernverband — zugegebenermaßen mit nicht zu unterschätzendem Erfolg — in der Öffentlichkeit mit Zahlen über Durchschnittseinkommen den Eindruck zu erwecken, als ob es allen Landwirten schlechtginge und infolgedessen Einkommensübertragungen in Form von Beitragszuschüssen für alle notwendig seien.
    Ein Blick in den Agrarbericht beweist jedoch genau das Gegenteil.

    (Hornung [CDU/CSU]: Darüber werden wir gleich diskutieren!)

    So betrug das verfügbare Gesamteinkommen bei den größeren Vollerwerbsbetrieben im Wirtschaftsjahr 1988/1989 fast 80 000 DM, bei den mittleren Vollerwerbsbetrieben fast 55 000 DM und bei den kleineren Vollerwerbsbetrieben rund 38 000 DM.

    (Hornung [CDU/CSU]: Das ist ein starkes Stück!)

    Nimmt man diese Zahlen ernst, dann — so meinen wir — muß viel stärker differenziert werden. Das Beitragssystem in der Landwirtschaft führt dazu, daß bei
    16860 Deutscher Bundestag — l 1. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1990
    Kirschner
    kleineren Betrieben überproportionale Belastungen für die Sozialversicherung vorliegen.

    (Eigen [CDU/CSU]: Deswegen werden sie doch im 4. ASEG entlastet!)

    Das ist teilweise in sehr pauschaler Form durch das SVBEG ausgeglichen worden. Durch das 4. ASEG verschieben Sie das wieder zuungunsten der unteren Einkommen.

    (Eigen [CDU/CSU]: Das ist nicht wahr!)

    — Ich sage es Ihnen gleich, Herr Kollege Eigen.
    Der Wegfall des SVBEG, die Übernahme der 300 Millionen DM Beitragsentlastung in die Altershilfe, wovon ein Drittel, d. h. 100 Millionen DM, für eine generelle Beitragsentlastung in der Altershilfe und zwei Drittel, d. h. 200 Millionen DM, zur strukturellen Beitragsentlastung verwendet werden, bedeutet im Endeffekt, daß die kleineren bäuerlichen Betriebe unter dem Strich Mehrbelastungen auferlegt bekommen, die bis zu 1 770 DM im Jahr betragen können.

    (Hornung [CDU/CSU]: Die niedrigste Beitragsklasse sind 25 DM!)

    — Entschuldigen Sie bitte. Sie nehmen doch das SVBEG weg, Herr Kollege Hornung. Sie können doch nicht vergessen machen, daß unter dem Strich für die einkommensschwächsten Betriebe per saldo eine Mehrbelastung von 1 770 DM herauskommt.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Sie haben schlichtweg, Herr Kollege Fuchtel, das vorher unter den Tisch fallen lassen.

    (Zuruf von der SPD: Er hat es nicht kapiert!)

    — Das weiß er sehr genau.
    Sie entlasten dagegen alle größeren landwirtschaftlichen Betriebe sowie auch Nebenerwerbsbetriebe entweder durch die Neueinbeziehung in die Beitragsentlastung in der landwirtschaftlichen Altershilfe oder durch den verminderten Anstieg des sogenannten Einheitsbetrages von 250 statt 270 DM im Monat. Im Ergebnis ist das eine Umverteilung von unten nach oben.
    Die ungerechte Beitragsstruktur bei den landwirtschaftlichen Krankenkassen lassen Sie dagegen unangetastet. Auch hier hat die Anhörung nochmals deutlich gemacht, daß in einem sogenannten ersten Schritt zur Agrarsozialreform Handlungsbedarf für den Gesetzgeber besteht. Es wirkt doch geradezu rührend, wenn Staatssekretär Eisenkrämer jetzt den landwirtschaftlichen Krankenkassen droht, wenn sich die ungerechte Beitragsstaffel der landwirtschaftlichen Krankenkassen nicht ändere, werde der Gesetzgeber in der nächsten Wahlperiode — so ein Zitat —„mit dem dicken Hammer" dazwischenfahren.

    (Heinrich [FDP]: Das wollten Sie ja jetzt schon!)

    Ich sage Ihnen: Wir bieten Ihnen die Gelegenheit, diese Ungerechtigkeiten bereits jetzt in einem wirklichen ersten Schritt zur Agrarsozialreform zu beseitigen.
    Daß eine vernünftige und sozial gerechte Eingliederung der SVBEG-Mittel in das System der agrarsozialen Sicherung nur unter Einbeziehung der Beitragsstrukturen der landwirtschaftlichen Krankenkassen möglich ist, hat die Bundesregierung mehrfach selbst festgestellt, z. B. im Februar 1989. Dazu möchte ich zitieren:
    Da das SVBEG zu großem Anteil Entlastung auch im Bereich der Krankenversicherung ... bewirkt, ist nach Aufhebung des SVBEG zwingend die Beitragsbelastung in der LKV gerechter zu gestalten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unerhört!)

    — Ja, das schreibt das BML.
    Ohne eine derartige Veränderung in der LKV kann keine Integration der SVBEG-Mittel in das agrarsoziale Sicherungssystem erfolgen.
    Diese richtige Einschätzung des BML und BMA kann ich nur unterstreichen.

    (Hornung [CDU/CSU]: Jetzt lassen Sie doch der Selbstverwaltung einmal diesen Spielraum!)

    Auch der Entschließungsantrag der Koalition geht offensichtlich von einer ungerechten Verteilung der Beitragslasten in der LKV aus. Sie spielen aber ein schäbiges Schwarze-Peter-Spiel, wenn Sie auf die Selbstverwaltung der Krankenkassen — Sie sind ja eine Partei der Selbstsverwaltung, haben Sie gesagt, Herr Fuchtel — verweisen. Die Selbstverwaltung ist seit Jahren untätig geblieben und hat eben nicht für eine gerechtere Staffelung der Beiträge gesorgt.
    Wir vermissen weiterhin einen tatkräftigen Solidarbeitrag der besserverdienenden Landwirte in der Altershilfe. Hier ist trotz der in den vergangenen Jahren kräftig gestiegenen Einheitsbeiträge das BeitragsLeistungs-Verhältnis immer noch wesentlich günstiger als in der gesetzlichen Rentenversicherung.

    (Hornung [CDU/CSU]: Das ist das einzige, wovor Sie Angst haben! Das gönnen Sie den Bauern nicht!)

    Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlichen. Der Einheitsbeitrag beträgt in diesem Jahr 236 DM im Monat ohne Zuschuß. Dem steht in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Jahreseinkommen von 15 000 DM gegenüber. Während aber in der Altershilfe nach 15 Beitragsjahren damit ein Altersgeld für Verheiratete in Höhe von 607 DM und für Ledige in Höhe von etwa 405 DM erreicht wird, beträgt die vergleichbare Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung bei einer solchen Beitragsleistung nur etwa 216 DM.

    (Zuruf des Abg. Hornung [CDU/CSU])

    — Herr Kollege Hornung, Sie müssen sich diese Zahlen anhören, ob es Ihnen gefällt oder nicht.

    (Hornung [CDU/CSU]: Sie wissen ganz genau, daß agrarpolitische Gesichtspunkte damals dazu geführt haben!)

    Diese wenigen Beispiele verdeutlichen, wie dringend notwendig — das sagen Sie selbst — eine Gesamtreform ist. Es ist gerade ein halbes Jahr her —



    Kirschner
    daran möchte ich Sie erinnern —, als hier im Parlament gemeinsam ein Gesetzentwurf zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung verabschiedet wurde. Dieser sieht zum Teil schmerzhafte Eingriffe vor, wie Sie alle wissen. Wie wollen Sie von diesem Hintergrund weiterhin eine solche Privilegierung für gutverdienende landwirtschaftliche Unternehmer vertreten?

    (Hornung [CDU/CSU]: Beides hat nichts miteinander zu tun!)

    Damit das klar ist: Aus unserer Sicht soll den Landwirten weiterhin mit Beitragszuschüssen geholfen werden, deren Einkommenssituation das notwendig macht. Das ist bei vielen Betrieben der Fall. Aber in den Fällen, in denen etwa das außerlandwirtschaftliche Vergleichseinkommen erreicht wird, muß die heutige Begünstigung schrittweise abgebaut werden. Oder anders gesagt: Die Inhaberinnen und Inhaber der gutverdienenden landwirtschaftlichen Betriebe bedürfen einer Gleichbehandlung mit Selbständigen, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind.

    (Richtig! bei der SPD — Fuchtel [CDU/CSU]: Was heißt „gut" ?)

    — Sie kennen das doch, Herr Fuchtel. Ich habe vorhin die Zahlen genannt. Tun Sie doch nicht so, als ob Sie das nicht wüßten. Stellen Sie sich doch nicht so dumm, das nimmt Ihnen doch niemand ab.
    Meine Damen und Herren, ich möchte noch kurz auf die von Ihnen aufgesattelten Änderungen bei der Produktionsaufgaberente eingehen. Die Altersgrenze nach dem landwirtschaftlichen Vorruhestand
    — FELEG — soll danach auf 55 Jahre gesenkt werden. Allerdings verweigern Sie den landwirtschaftlichen Arbeitnehmern weiterhin einen eigenen Leistungsanspruch.

    (Hornung [CDU/CSU]: Das ist nicht richtig! — Susset [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)

    — Lesen Sie doch einmal das Gesetz! (Hornung [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)

    Das ist eine klare gesellschaftspolitische Ungleichbehandlung.
    Meine Damen und Herren, trotz einzelner Verbesserungen wie der Anhebung der Altersgrenze beim Übergangsgeld werden wir den Gesetzentwurf ablehnen, da er insgesamt nicht als Schritt in die richtige Richtung zu werten ist. Wir haben einen Entschließungsantrag eingebracht. Sie haben die Chance, diesem zuzustimmen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das war kein guter Antrag!)

    Ich glaube, dieser weist in die richtige Richtung. Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Heinrich.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulrich Heinrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Kollege Kirschner, Sie können in diesem Haus noch so oft betonen, daß dies ein Schritt in die falsche Richtung ist.

    (Zuruf von der SPD: Trotzdem machen Sie ihn!)

    Wenn Sie sich einmal sehr intensiv und nicht nur wolkig unter dem Gesichtspunkt der Rentenversicherung mit der Eigenart der landwirtschaftlichen Altershilfe auseinandergesetzt hätten, dann hätten Sie hier eine andere Rede gehalten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Bei der heutigen Verabschiedung des Vierten Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes habe ich allerdings — das betone ich — ein lachendes und ein weinendes Auge.

    (Zuruf von der SPD: Also doch!)

    Ich habe ein weinendes Auge, weil wir in der 11. Legislaturperiode keine umfassende Reform der Agrarsozialgesetze durchführen konnten. Die bekannte Arbeitsüberlastung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat dies verhindert. Das wissen Sie ganz genau. Ich bedauere dies sehr, weil berechtigte Anliegen insbesondere unserer Bäuerinnen in dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht geregelt werden, ja nicht geregelt werden konnten; denn dazu brauchen wir die umfassende Reform.
    Das lachende Auge habe ich, weil es uns gelungen ist, das verunglückte SVBEG von 1986 zu korrigieren. Wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie zugeben, daß das, was im Jahr 1986 eingeführt worden ist, mit ordnungspolitischen und systematischen Überlegungen nichts mehr zu tun hatte. Das war ein schlechtes Gesetz. Das müssen wir heute korrigieren.

    (Zuruf von der SPD: Wer hat das eingeführt? — Weitere Zurufe von der SPD)

    Der Bauernverband hat in seiner Stellungnahme
    — Kollege Fuchtel hat es zitiert — von sozialen Verzerrungen und offenkundigen Ungereimtheiten gesprochen. Der Bauernverband steht mit seiner Kritik nicht allein.
    Uns ist es gelungen, den Betrag von 300 Millionen DM in die landwirtschaftliche Altershilfe zu integrieren. Das heißt: Das SVBEG läuft zum 31. Dezember 1990 aus. Beim SVBEG 1986 war ein Finanzvolumen von 400 Millionen DM im Haushalt veranschlagt, aber
    — das ist die Begründung für das mißglückte Gesetz SVBEG — es wurden nur 279 Millionen ausgegeben, und zwar im ersten Jahr. Die Ausgaben werden sich 1990 nach Angaben des Gesamtverbandes noch weiter — auf 270 Millionen DM — verringern. Das heißt: Immer mehr Betriebe sind auf Grund des Strukturwandels aus der Förderung herausgefallen, und die verbleibenden Mittel konnten nicht übertragen werden. Wenn wir heute nach dem 4. ASEG 300 Millionen zur Verfügung haben und dieser Betrag dann auch noch dynamisiert wird — in wenigen Jahren werden es 400 Millionen DM sein — , so kann man mit Fug und Recht von einem Erfolg zugunsten der landwirtschaftlichen Altershilfe sprechen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich begrüße auch ausdrücklich, daß der von mir vorgeschlagene Weg, nämlich die Verwendung von



    Heinrich
    100 Millionen DM zur allgemeinen Beitragssatzstabilisierung, in dieses Gesetz aufgenommen worden ist.

    (Zuruf von der SPD: Typisch FDP!)

    Ich stelle weiterhin fest, daß die zwölf Zuschußklassen sozial verträglich sind und entsprechend den kleinen und mittleren Betrieben zugute kommen sowie unseren Anforderungen an das Gesetz Rechnung tragen, meine Damen und Herren von der Opposition.
    Wenn man weiß, das innerhalb von vier Jahren, d. h. von 1986 bis 1990, der Beitrag zur landwirtschaftlichen Altershilfe um mehr als 50 % gestiegen ist und ohne das 4. ASEG noch einmal um weitere 14 % steigen würde, so kann man sich über Ihre Äußerungen, die Sie auch heute wieder in diesem Hause gemacht haben, nur wundern. Sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, als könne das SVBEG in seiner überproportionalen Entlastungswirkung auf Dauer erhalten bleiben. Das, was Sie von der SPD kritisieren, nämlich die Höhe der Gesamtbelastung durch die Sozialkosten, hängt entscheidend mit der Spreizung der Beitragsklassen in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung zusammen. Das versuchen Sie hier immer mit wolkigen Worten zu verwischen.
    Ich darf in diesem Zusammenhang aber auch noch auf den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zum 4. ASEG verweisen.

    (Hornung [CDU/CSU]: Den hat die SPD gar nicht gelesen!)

    Dort wird die Selbstverwaltung der landwirtschaftlichen Krankenkassen angesprochen. Sie wird aufgefordert, ihren Handlungsspielraum auszuschöpfen und, Herr Kollege Kirschner, ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. Wir schieben hier nichts ab. Es ist vielmehr so, daß die Selbstverwaltung einen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen hat, um eine sozial gerechte Verteilung der Beitragslasten herbeizuführen und somit die Voraussetzungen zu schaffen, den kleinen und mittleren Betrieben durch eine wirksame Spreizung der Beitragsklassen eine spürbare Entlastung zuteil werden zu lassen.
    Meine Damen und Herren, wir haben auf Grund der Anhörung noch Änderungen im Gesetzentwurf vorgenommen. Die Forderungen des Landfrauenverbandes haben bei uns Gehör gefunden. Wir haben beim Hinterbliebenengeld und bei der Überbrükkungshilfe die Altersgrenze von 16 auf 18 Jahre erhöht.
    Wie schon in der ersten Lesung von mir gefordert, gibt es auch Änderungen bei der Produktionsaufgaberente. Diese Verbesserungen sind notwendig, denn die Regelungen, die jetzt seit einem Jahr Bestand haben, waren und sind nicht attraktiv genug, um den Strukturwandel entsprechend sozial erträglich zu gestalten. — Hier blinkt gerade das rote Licht. Ich werde mich deshalb kurz fassen.

    (Sielaff [SPD]: Und das mit Recht!)

    Entscheidende Änderungen sind die Absenkung der Altersgrenze von 58 auf 55 Jahre, der Umstand, daß auch bei Verpachtung der landwirtschaftlichen Betriebe die vollen Beiträge zur Altershilfe vom Staat übernommen werden, und vor allen Dingen, daß die
    Hinzuverdienstgrenze von seither einem Sechstel auf 30 % der Bezugsgröße erhöht worden ist. Das sind rund 1 000 DM. Das ist ein entscheidender Schritt in Richtung eines attraktiven Angebots.
    Das jetzt vorliegende Gesetz findet nicht nur die Zustimmung der Berufsverbände. Es ist auch absolut EG-konform. Es ist unter dem Blickwinkel des EGBinnenmarktes agrarpolitisch zukunftsorientiert ausgestaltet. Daran können Sie auch mit noch so mittelmäßiger Kritik nichts ändern.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Walther [SPD]: Das nehmen Sie sofort zurück!)