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    Plenarprotokoll 11/211 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 211. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. Mai 1990 Inhalt: Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die neunzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz sowie zur Änderung weiterer sozialrechtlicher Vorschriften (KOV-Anpassungsgesetz 1990) (Drucksachen 11/6760, 11/7097, 11/7098) Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU 16613 B Schreiner SPD 16614 C Heinrich FDP 16615 B Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 16616 B Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 16617 B Tagesordnungspunkt 17: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz (Drucksache 11/6946) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Benennungen von Frauen in Ämter und Funktionen, für die die Bundesregierung ein Vorschlagsrecht hat (Drucksachen 11/3285, 11/4866) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Männle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Fraktion der FDP: Geschlechtsbezogene Formulierung in Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Geschlechtsneutrale Bezeichnungen zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Geschlechtsneutrale Bezeichnungen (Drucksachen 11/1043, 11/118, 11/860, 11/2152) Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 16619 A Frau Weiler SPD 16620 C Frau Würfel FDP 16622 D Frau Schmidt (Hamburg) GRÜNE 16623 D Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 16625 B Frau Hämmerle SPD 16626 B Frau Schätzle CDU/CSU 16627 C Dr. Jahn, Parl. Staatssekretär BMJ 16628 D Uldall CDU/CSU 16629 C Tagesordnungspunkt 18: Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Zink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Dr. Thomae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Politik für die Arbeitnehmer (Drucksachen 11/5048, 11/5828) Scharrenbroich CDU/CSU 16630 C Schreiner SPD 16631 B Heyenn SPD 16633 D Heinrich FDP 16636 D Schreiner SPD 16637 C Heyenn SPD 16638 A Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 16639 B Scharrenbroich CDU/CSU 16641 C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1990 Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 16642 B Reimann SPD 16646 C Keller CDU/CSU 16649 B Urbaniak SPD 16651 B Schemken CDU/CSU 16652 C Urbaniak SPD 16652 D Reimann SPD 16654 D Vizepräsident Stücklen 16633 C Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Männle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Frau Folz-Steinacker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Maßnahmen zur Wiedereingliederung in das Erwerbsleben nach Zeiten der Kindererziehung (Drucksache 11/6856) Frau Schmidt (Spiesen) CDU/CSU 16655 D Frau Dr. Niehuis SPD 16657 B Frau Walz FDP 16659 A Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 16660 A Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 16661 A Nächste Sitzung 16662 Berichtigung 16662 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 16663* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 16663* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1990 16613 211. Sitzung Bonn, den 11. Mai 1990 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 210. Sitzung, Seite 16526 B, 5. Zeile von unten: Statt „ihnen" ist „Ihnen" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein CDU/CSU 11. 05. 90 ** Dr. Ahrens SPD 11. 05. 90 * Antretter SPD 11. 05. 90 * Bahr SPD 11. 05. 90 Frau Beer GRÜNE 11. 05. 90 Frau Blunck SPD 11. 05. 90 * Böhm (Melsungen) CDU/CSU 11. 05. 90 * Börnsen (Ritterhude) SPD 11. 05. 90 Brandt SPD 11. 05. 90 Brück SPD 11. 05. 90 Büchner (Speyer) SPD 11. 05. 90 * Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 11. 05. 90 * Buschfort SPD 11. 05. 90 Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 11. 05. 90 Cronenberg (Arnsberg) FDP 11. 05. 90 Ehrbar CDU/CSU 11. 05. 90 Eigen CDU/CSU 11. 05. 90 Engelsberger CDU/CSU 11. 05. 90 Eylmann CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Feldmann FDP 11. 05. 90 Fellner CDU/CSU 11. 05. 90 Gallus FDP 11. 05. 90 Gattermann FDP 11. 05. 90 Dr. Geißler CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Götz CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Haack SPD 11. 05. 90 Haack (Extertal) SPD 11. 05. 90 Dr. Häfele CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Haussmann FDP 11. 05. 90 Frhr. Heereman von CDU/CSU 11. 05. 90 Zuydtwyck Heimann SPD 11. 05. 90 Höffkes CDU/CSU 11. 05. 90 * Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 11. 05. 90 * Dr. Hüsch CDU/CSU 11. 05. 90 Irmer FDP 11. 05. 90 * Jung (Düsseldorf) SPD 11. 05. 90 Jungmann (Wittmoldt) SPD 11. 05. 90 Kittelmann CDU/CSU 11. 05. 90 * Dr. Klejdzinski SPD 11. 05. 90 * Kossendey CDU/CSU 11.05.90 Kreuzeder GRÜNE 11.05.90 Dr.-Ing. Laermann FDP 11. 05. 90 Dr. Graf Lambsdorff FDP 11. 05. 90 Frau Limbach CDU/CSU 11. 05. 90 Lowack CDU/CSU 11.05.90 Frau Luuk SPD 11. 05. 90 * Dr. Mechtersheimer GRÜNE 11. 05. 90 Menzel SPD 11.05.90 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 11. 05. 90 Meyer SPD 11.05.90 Dr. Müller CDU/CSU 11. 05. 90 Müller (Wesseling) CDU/CSU 11. 05. 90 Niegel CDU/CSU 11. 05. 90 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 11. 05. 90 Oostergetelo SPD 11. 05. 90 Petersen CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Pfennig CDU/CSU 11. 05. 90 Pfuhl SPD 11. 05. 90 * Poß SPD 11. 05. 90 Rappe (Hildesheim) SPD 11. 05. 90 Reddemann CDU/CSU 11. 05. 90 * Regenspurger CDU/CSU 11. 05. 90 Reuschenbach SPD 11. 05. 90 Frau Rock GRÜNE 11. 05. 90 Roth SPD 11. 05. 90 Frau Saibold GRÜNE 11. 05. 90 Dr. Scheer SPD 11. 05. 90 Scherrer SPD 11. 05. 90 Frau Schilling GRÜNE 11. 05. 90 Schmidt (München) SPD 11. 05. 90 * Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 11. 05. 90 Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 11. 05. 90 von Schmude CDU/CSU 11. 05. 90 * Schröer (Mülheim) SPD 11. 05. 90 Schütz SPD 11. 05. 90 Dr. Schwörer CDU/CSU 11. 05. 90 Sielaff SPD 11. 05. 90 Dr. Soell SPD 11. 05. 90 * Dr. Sperling SPD 11. 05. 90 Steiner SPD 11. 05. 90 * Dr. Stoltenberg CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Uelhoff CDU/CSU 11. 05. 90 ** Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Vondran CDU/CSU 11. 05. 90 Vosen SPD 11. 05. 90 Dr. Waigel CDU/CSU 11. 05. 90 Wetzel GRÜNE 11. 05. 90 Wiefelspütz SPD 11. 05. 90 Wissmann CDU/CSU 11. 05. 90 Frau Wollny GRÜNE 11. 05. 90 Dr. Wulff CDU/CSU 11. 05. 90 * Zierer CDU/CSU 11. 05. 90 * Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/256 Drucksache 11/3895 Drucksache 11/4490 Drucksache 11/5510 Drucksache 11/6278 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/4342 Drucksache 11/4989 Drucksache 11/6116 Drucksache 11/6117 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: 16664* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1990 Finanzausschuß Drucksache 11/6285 Nr. 2.1 Drucksache 11/6423 Nr. 2.3 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/138 Nr. 3.41 Drucksache 11/973 Nr. 2.3 Drucksache 11/3311 Nr. 2.8 Drucksache 11/4534 Nr. 2.5 Drucksache 11/5351 Nr. 2.1 Drucksache 11/5954 Nr. 2.5 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/4019 Nr. 2.32-2.34 Drucksache 11/4081 Nr. 2.10, 2.13 Drucksache 11/5197 Nr. 2.10 Drucksache 11/6423 Nr. 2.14 Drucksache 11/6629 Nr. 2.14 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/6125 Nr. 12 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/4680 Nr. 2.15 Drucksache 11/5051 Nr. 51 Drucksache 11/6324 Nr. 2.35 Drucksache 11/6423 Nr. 2.16 Drucksache 11/6502 Nr. 21 Drucksache 11/6738 Nr. 2.14, 2.15
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Ich möchte weitersprechen.
    Ohne Namen zu nennen: Länderquoten von 3,6 oder 3,7 Prozent mit rückläufiger Tendenz sind angesichts der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestquote von 6 Prozent nicht gerade ein leuchtendes Beispiel.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In manchen Ländern wird die Ausgleichsabgabe für die Nichteinstellung Behinderter bereits als fester Ausgabeposten eingeplant.

    (Weiermann [SPD]: Was tun Sie dagegen?)

    — Ich spreche momentan von den Ländern und nicht vom Bund.

    (Zuruf von der SPD: Richtig schön, den Schwarzen Peter immer hin und her zu schieben!)

    Dieser Entwicklung muß man aufs schärfste entgegentreten. Und dennoch kann ich in der Forderung einer erhöhten Ausgleichsabgabe über derzeit 51 DM hinaus auch keine Lösung sehen. Ich bin davon überzeugt, daß eine weitere Erhöhung der Ausgleichsabgabe nicht zu einem Mehr an Arbeitsplätzen für Behinderte führen würde. Die unvermeidlichen Folgen gegenüber Behinderten wären nämlich verstärkte Vorurteile und weitere Abwehrreaktionen. Ich meine aber, daß gerade im Hinblick auf die Beschäftigung von Behinderten neue Wege gegangen werden müßten,

    (Zuruf von der SPD: Welche denn?)

    wie sie mit dem Sonderprogramm der Bundesregierung zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit erprobt werden.

    (Zuruf von der SPD: Ganze 300 DM!)

    Und auch für die von der Arbeitslosigkeit besonders schwer betroffenen Langzeitarbeitslosen hat die positive wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre nicht zu bestreitende Beschäftigungswirkungen gebracht. Die Zahl der ein Jahr und länger Arbeitslosen ist erfreulicherweise im vergangenen Jahr um 93 000
    zurückgegangen. Grund für diesen Silberstreifen am Horizont ist das seit Juli vergangenen Jahres laufende Sonderprogramm der Bundesregierung zur Bekämpfung dieser Langzeitarbeitslosigkeit mit 1,75 Milliarden Finanzvolumen.

    (Zuruf von der SPD: Die sind in Rente gegangen!)

    Ich meine, es ist menschlicher und sachlich besser, die Arbeit durch Lohnkostenzuschüsse zu finanzieren als Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu bezahlen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Mit diesem Programm wird die Konsequenz aus der Erkenntnis gezogen, daß ein großer Teil der derzeitigen Langzeitarbeitslosen leider nur dann vermittelt werden kann, wenn die einstellungswilligen Betriebe für mögliche Minderleistungen auch entschädigt werden.
    Aber gut 85 000 Langzeitarbeitslose Ende vergangenen Jahres sind auch uns einfach zu viel. Deshalb möchte ich besonders an die großen Unternehmen appellieren,

    (Kirschner [SPD]: Mutiger Appell!)

    vermehrt von dem großzügigen Sonderprogramm der Bundesregierung Gebrauch zu machen — wir stellen auch Geld zur Verfügung— und verstärkt auch Langzeitarbeitslose einzustellen.

    (Anhaltende Zurufe von der SPD)

    Denn gerade die Großunternehmen haben gegenüber diesem Angebot eine bisher nicht verständliche Zurückhaltung geübt, und dies gilt leider auch für die öffentlichen Verwaltungen. Das muß man einmal deutlich sagen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die könnten es sich gut leisten, da etwas mehr zu tun!)

    Die Überwindung der Langzeitarbeitslosigkeit ist für mich vor allem auch eine ethische Frage: Wie können wir älteren Arbeitslosen das Gefühl geben, daß sie mit ihrer Berufserfahrung noch gefragt sind? Letzten Endes doch nur durch Arbeit.
    An dieser Stelle möchte ich auch einen herzlichen Dank allen privaten, kirchlichen und sozialen Einrichtungen sagen, die seit Jahren aus eigener Initiative und mit eigenen Mitteln Arbeitslosen aus den Problembereichen eine Chance geben, wieder erwerbstätig werden zu können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Das sind lebendige Beispiele gelebter Solidarität.

    Wir dürfen aber auch nicht die Augen davor verschließen, daß unter den Arbeitslosen auch Personen sind, die die soziale Absicherung ausnutzen. Das ist die andere Seite der Medaille der Arbeitslosigkeit.

    (Reimann [SPD]: Wie die Wirtschaftskriminellen!)

    Schwarzarbeit und Mißbrauch der Geringfügigkeitsgrenze in der Sozialversicherung sind die entsprechenden Stichworte.

    (Frau Weiler [SPD]: Das gilt doch auch für Arbeitgeber!)




    Keller
    Schätzungsweise wird durch solche Praktiken die Schaffung von 200 000 bis 1 Million zusätzlicher Arbeitsplätze verhindert.
    Die Einbeziehung geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse in das bestehende Meldeverfahren zur Sozialversicherung und der Sozialversicherungsausweis sind nach unserer Meinung wirksame Instrumente gegen diesen Leistungsmißbrauch von beiden Seiten. Trotzdem besteht aber noch Handlungsbedarf, um die tatsächlich Hilfsbedürftigen von denjenigen zu trennen, die unsere Sozialsysteme der Arbeitnehmer für ihre Interessen ausnutzen. Wir alle kennen leider solche Fälle.
    Ich will es noch einmal in Kurzform formulieren: Wir sind solidarisch mit denen, die sich vergeblich um Arbeit bemühen. Wir sind aber nicht solidarisch mit denen, die nicht arbeiten wollen, obwohl sie arbeiten könnten, und die Solidareinrichtungen ausnutzen. Es ist daher zu begrüßen, daß die Bundesregierung nunmehr darauf hinwirken will, daß die Zumutbarkeitsregelungen von den Arbeitsämtern konsequenter und nach einheitlichen Grundsätzen angewandt werden.
    Insofern wird, wie ich hoffe, unsere Kleine Anfrage zu den tatsächlichen Ursachen und zum tatsächlichen Ausmaß der Arbeitslosigkeit einige neue, interessante Hinweise geben. Dann können wir die heutige Diskussion fortsetzen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Urbaniak.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Eberhard Urbaniak


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute nicht über eine geschönte, sondern, wie ich meine, gefälschte Bilanz der Wendekoalition.

    (Günther [CDU/CSU]: Eine realistische! — Vogt [Düren] [CSU/CSU]: Das ist eine Unterstellung!)

    — Ich werde das natürlich begründen. Das ist doch selbstverständlich.
    Es hat wohl nichts mit Politik für Arbeitnehmer zu tun, wenn durch die geänderten Wahlvorschriften in der Betriebsverfassung Splittergruppen und Pseudogewerkschaften begünstigt werden.

    (Zuruf von der SPD: So ist es! — Günther [CDU/CSU]: Was ist eine Pseudogewerkschaft?)

    Durch Aufwertung von Splittergruppen wird die betriebliche Interessenvertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geschwächt. Ich sage Ihnen nach jahrzehntelanger Erfahrung in den Betrieben: Sie haben damit keinen Erfolg. Die Arbeitnehmer haben Ihnen das bei den letzten Betriebsratswahlen mit ihrer Solidarität bewiesen. Ideologischer Streit hat in den Betrieben nichts zu suchen — das will ich mit aller Deutlichkeit sagen — , und den haben Sie in die Betriebe bringen wollen.
    Es hat auch nichts mit Politik für Arbeitnehmer zu tun, daß Sie Sprecherausschüsse geschaffen haben; denn das ist eine Spaltung des Arbeitsrechtes. Wenn
    den Leuten vorgemacht wird, sie hätten eine wirksame Vertretung, so trifft das in keiner Weise zu. Sie haben genauso wie alle anderen Arbeitnehmer einen Vertrag im Abhängigkeitsverhältnis.
    Sie haben mit der Änderung des § 116 AFG schlimme Voraussetzungen geschaffen und die Gewichte bei Tarifauseinandersetzungen zugunsten der Arbeitgeber verschoben. Wir können froh sein, daß die angedrohte Aussperrung ausgeblieben ist; denn wenn das im diesjährigen Arbeitskampf passiert wäre, hätten die Arbeitnehmer große Nachteile zu spüren bekommen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Sie haben sich ebenfalls beim Jugendarbeitsschutzgesetz, beim Behindertenrecht, im Bereich der Ausbildung, überall, wo früher feste rechtliche Regelungen bestanden, in einer Form von Demontage betätigt, die man nur bestaunen kann. Ich erinnere insbesondere an die Nichtzählung der Azubi-Plätze und die Situation bei den geschützten Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte. Vorher hatten wir 70 000, jetzt trifft dies nicht mehr zu.
    Der Anteil der Langzeitarbeitslosen unter den Schwerbehinderten ist überhaupt nicht in Ordnung; der Prozentsatz beträgt über zehn; das ist ganz enorm.
    Im Zusammenhang mit den Qualifizierungsmaßnahmen haben Sie im Rahmen der Änderung des AFG den Arbeitnehmern ihren Rechtsanspruch, sich beruflich fortzubilden, um vor Arbeitslosigkeit geschützt zu sein, völlig genommen.
    Damit ist hinreichend begründet, daß wir es mit einer gefälschten Bilanz zu tun haben. Das trifft auch für den Kündigungsschutz — meine Kollegen haben das schon betont — und für die Befristung der Arbeitsverhältnisse zu. Ich nenne hier auch die große Zahl der instabilen Beschäftigungsverhältnisse insbesondere bei den Jugendlichen.

    (Frau Weiler [SPD]: Das hat die CDU alles vergessen, verdrängt!)

    Was das Arbeitszeitgesetz angeht, das hoffentlich nicht zum Zuge kommen wird, haben Sie eine 48stündige Wochenarbeitszeit vorgesehen. Sie wollten praktisch wieder die Sechstagewoche einführen und das Verbot der Sonntags- und Samstagsarbeit durchlöchern.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: In welchem Land leben Sie denn? Wir sind doch nicht in der DDR!)

    Sie möchten es mit der Arbeitszeit so halten, wie es seinerzeit war. Das Begehren der Gewerkschaften, der IG Metall insbesondere, die 35-Stunden-Woche zu schaffen, wurde als ein Akt von Torheit und Dummheit bezeichnet. Wir werden nicht vergessen, was Sie dazu gesagt haben. Wir sind heute froh, daß die Gewerkschaften diesen entscheidenden Durchbruch geschafft haben.

    (Beifall bei der SPD — Scharrenbroich [CDU/ CSU]: Aber sehr langfristig!)

    — Das strategische Ziel, Kollege Scharrenbroich, ist
    von den Gewerkschaften voll erreicht worden. Die



    Urbaniak
    Worte „dumm und töricht" sind Sozialgeschichte. Wir werden nicht vergessen, wer das gesagt hat und wer dazu ganz kräftig applaudiert hat. Da waren auch Sie dabei.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Und daß er das korrigiert hat! Das ist unverschämt von Ihnen, daß Sie das nicht wahrhaben wollen! Vor dem IG-Chemie-Kongreß hat er das korrigiert!)

    Nun noch zur Gesundheitsreform: Da kassieren Sie ab, insbesondere bei den kranken Menschen. Zu den Belastungen gibt es einen sehr interessanten Ausspruch unseres Kollegen Dr. Hüsch (CDU). Er sagte, bezogen auf die Gesundheitsreform: Der alte oder kranke Mensch fühlt sich doch von Blüm verarscht.

    (Vogt [Düren] [CDU/CSU]: Das ist ein richtiger Experte!)

    — Ich zitiere nur, Kollege Vogt. Er kommt ja aus Ihrem Bezirk.
    Wenn das ein eigener Kollege öffentlich so bekennt, dann muß doch Herr Blüm auch diese Bilanz gefälscht haben. Das ist doch gar keine Frage.
    Zum Schluß noch ein Wort zur Wohnungsbautätigkeit. Das, was diese Regierung da zustande gebracht hat, ist eine große Pleite.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die Neue Heimat Bayern?)

    — Mit der Neuen Heimat hätte die Bayerische Staatsregierung so sozialverantwortlich handeln sollen wie Rau und Zöpel.

    (Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/ CSU und der FDP)

    Dann wäre das nicht passiert. Aber Sie haben die Hände in den Schoß gelegt und nichts gemacht.

    (Müntefering [SPD] [zur CDU/CSU gewandt]: Ihr habt das verpennt! Hättet ihr billig verkaufen können! — Scharrenbroich [CDU/CSU]: Wer hat die bayerische Neue Heimat jetzt verhökert? Das war der Aufsichtsrat, dem nur Gewerkschafter angehören! Das wird aber zu dumm hier!)

    Man muß in der aktuellen Politik die Dinge aufgreifen und darf sich nicht hinterher beschweren, wenn man geschlafen hat. Ich sage Ihnen: Mit Ihrer Bilanz können Sie keinen hinter dem Ofen hervorholen.

    (Günther [CDU/CSU]: Die sind doch schon alle vor dem Ofen! — Scharrenbroich [CDU/ CSU] : Es ist Sommerzeit!)

    Das Ergebnis werden wir sehr bald feststellen. Ansonsten streiten wir uns sachlich. Das muß auch sein. Und ich sage Ihnen, das, was unter Arendt geschaffen worden ist, was zu der Zeit in die Geschichte der Arbeitnehmerrechte und der sozialen Sicherheit eingegangen ist, kann sich mehr als sehen lassen.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Zu dem Abgang von Arendt wollen wir dann auch noch etwas hören!)

    Er hat den sozialen Fortschritt nach vorn gebracht. Sie
    haben sich mit dem Kollegen Blüm — leider sehr erfolgreich zum Nachteil der Arbeitnehmer — in der Demontage geübt. Und das ist nicht gut.

    (Beifall bei der SPD — Scharrenbroich [CDU/ CSU]: Den Entwurf von Arendt zum Betriebsverfassungsgesetz müssen Sie einmal nachlesen! Der mußte schwer nachgebessert werden! Aber da muß er ja selber lachen!)