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    Plenarprotokoll 11/211 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 211. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. Mai 1990 Inhalt: Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die neunzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz sowie zur Änderung weiterer sozialrechtlicher Vorschriften (KOV-Anpassungsgesetz 1990) (Drucksachen 11/6760, 11/7097, 11/7098) Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU 16613 B Schreiner SPD 16614 C Heinrich FDP 16615 B Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 16616 B Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 16617 B Tagesordnungspunkt 17: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz (Drucksache 11/6946) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Benennungen von Frauen in Ämter und Funktionen, für die die Bundesregierung ein Vorschlagsrecht hat (Drucksachen 11/3285, 11/4866) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Männle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Fraktion der FDP: Geschlechtsbezogene Formulierung in Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Geschlechtsneutrale Bezeichnungen zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Geschlechtsneutrale Bezeichnungen (Drucksachen 11/1043, 11/118, 11/860, 11/2152) Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 16619 A Frau Weiler SPD 16620 C Frau Würfel FDP 16622 D Frau Schmidt (Hamburg) GRÜNE 16623 D Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 16625 B Frau Hämmerle SPD 16626 B Frau Schätzle CDU/CSU 16627 C Dr. Jahn, Parl. Staatssekretär BMJ 16628 D Uldall CDU/CSU 16629 C Tagesordnungspunkt 18: Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Zink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Dr. Thomae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Politik für die Arbeitnehmer (Drucksachen 11/5048, 11/5828) Scharrenbroich CDU/CSU 16630 C Schreiner SPD 16631 B Heyenn SPD 16633 D Heinrich FDP 16636 D Schreiner SPD 16637 C Heyenn SPD 16638 A Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 16639 B Scharrenbroich CDU/CSU 16641 C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1990 Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 16642 B Reimann SPD 16646 C Keller CDU/CSU 16649 B Urbaniak SPD 16651 B Schemken CDU/CSU 16652 C Urbaniak SPD 16652 D Reimann SPD 16654 D Vizepräsident Stücklen 16633 C Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Männle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Frau Folz-Steinacker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Maßnahmen zur Wiedereingliederung in das Erwerbsleben nach Zeiten der Kindererziehung (Drucksache 11/6856) Frau Schmidt (Spiesen) CDU/CSU 16655 D Frau Dr. Niehuis SPD 16657 B Frau Walz FDP 16659 A Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 16660 A Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 16661 A Nächste Sitzung 16662 Berichtigung 16662 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 16663* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 16663* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1990 16613 211. Sitzung Bonn, den 11. Mai 1990 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 210. Sitzung, Seite 16526 B, 5. Zeile von unten: Statt „ihnen" ist „Ihnen" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein CDU/CSU 11. 05. 90 ** Dr. Ahrens SPD 11. 05. 90 * Antretter SPD 11. 05. 90 * Bahr SPD 11. 05. 90 Frau Beer GRÜNE 11. 05. 90 Frau Blunck SPD 11. 05. 90 * Böhm (Melsungen) CDU/CSU 11. 05. 90 * Börnsen (Ritterhude) SPD 11. 05. 90 Brandt SPD 11. 05. 90 Brück SPD 11. 05. 90 Büchner (Speyer) SPD 11. 05. 90 * Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 11. 05. 90 * Buschfort SPD 11. 05. 90 Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 11. 05. 90 Cronenberg (Arnsberg) FDP 11. 05. 90 Ehrbar CDU/CSU 11. 05. 90 Eigen CDU/CSU 11. 05. 90 Engelsberger CDU/CSU 11. 05. 90 Eylmann CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Feldmann FDP 11. 05. 90 Fellner CDU/CSU 11. 05. 90 Gallus FDP 11. 05. 90 Gattermann FDP 11. 05. 90 Dr. Geißler CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Götz CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Haack SPD 11. 05. 90 Haack (Extertal) SPD 11. 05. 90 Dr. Häfele CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Haussmann FDP 11. 05. 90 Frhr. Heereman von CDU/CSU 11. 05. 90 Zuydtwyck Heimann SPD 11. 05. 90 Höffkes CDU/CSU 11. 05. 90 * Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 11. 05. 90 * Dr. Hüsch CDU/CSU 11. 05. 90 Irmer FDP 11. 05. 90 * Jung (Düsseldorf) SPD 11. 05. 90 Jungmann (Wittmoldt) SPD 11. 05. 90 Kittelmann CDU/CSU 11. 05. 90 * Dr. Klejdzinski SPD 11. 05. 90 * Kossendey CDU/CSU 11.05.90 Kreuzeder GRÜNE 11.05.90 Dr.-Ing. Laermann FDP 11. 05. 90 Dr. Graf Lambsdorff FDP 11. 05. 90 Frau Limbach CDU/CSU 11. 05. 90 Lowack CDU/CSU 11.05.90 Frau Luuk SPD 11. 05. 90 * Dr. Mechtersheimer GRÜNE 11. 05. 90 Menzel SPD 11.05.90 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 11. 05. 90 Meyer SPD 11.05.90 Dr. Müller CDU/CSU 11. 05. 90 Müller (Wesseling) CDU/CSU 11. 05. 90 Niegel CDU/CSU 11. 05. 90 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 11. 05. 90 Oostergetelo SPD 11. 05. 90 Petersen CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Pfennig CDU/CSU 11. 05. 90 Pfuhl SPD 11. 05. 90 * Poß SPD 11. 05. 90 Rappe (Hildesheim) SPD 11. 05. 90 Reddemann CDU/CSU 11. 05. 90 * Regenspurger CDU/CSU 11. 05. 90 Reuschenbach SPD 11. 05. 90 Frau Rock GRÜNE 11. 05. 90 Roth SPD 11. 05. 90 Frau Saibold GRÜNE 11. 05. 90 Dr. Scheer SPD 11. 05. 90 Scherrer SPD 11. 05. 90 Frau Schilling GRÜNE 11. 05. 90 Schmidt (München) SPD 11. 05. 90 * Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 11. 05. 90 Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 11. 05. 90 von Schmude CDU/CSU 11. 05. 90 * Schröer (Mülheim) SPD 11. 05. 90 Schütz SPD 11. 05. 90 Dr. Schwörer CDU/CSU 11. 05. 90 Sielaff SPD 11. 05. 90 Dr. Soell SPD 11. 05. 90 * Dr. Sperling SPD 11. 05. 90 Steiner SPD 11. 05. 90 * Dr. Stoltenberg CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Uelhoff CDU/CSU 11. 05. 90 ** Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Vondran CDU/CSU 11. 05. 90 Vosen SPD 11. 05. 90 Dr. Waigel CDU/CSU 11. 05. 90 Wetzel GRÜNE 11. 05. 90 Wiefelspütz SPD 11. 05. 90 Wissmann CDU/CSU 11. 05. 90 Frau Wollny GRÜNE 11. 05. 90 Dr. Wulff CDU/CSU 11. 05. 90 * Zierer CDU/CSU 11. 05. 90 * Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/256 Drucksache 11/3895 Drucksache 11/4490 Drucksache 11/5510 Drucksache 11/6278 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/4342 Drucksache 11/4989 Drucksache 11/6116 Drucksache 11/6117 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: 16664* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1990 Finanzausschuß Drucksache 11/6285 Nr. 2.1 Drucksache 11/6423 Nr. 2.3 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/138 Nr. 3.41 Drucksache 11/973 Nr. 2.3 Drucksache 11/3311 Nr. 2.8 Drucksache 11/4534 Nr. 2.5 Drucksache 11/5351 Nr. 2.1 Drucksache 11/5954 Nr. 2.5 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/4019 Nr. 2.32-2.34 Drucksache 11/4081 Nr. 2.10, 2.13 Drucksache 11/5197 Nr. 2.10 Drucksache 11/6423 Nr. 2.14 Drucksache 11/6629 Nr. 2.14 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/6125 Nr. 12 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/4680 Nr. 2.15 Drucksache 11/5051 Nr. 51 Drucksache 11/6324 Nr. 2.35 Drucksache 11/6423 Nr. 2.16 Drucksache 11/6502 Nr. 21 Drucksache 11/6738 Nr. 2.14, 2.15
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Vogt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Das war das Niveau, das heute schon einmal zu einem Ordnungsruf geführt hat.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Er hat schon einmal einen Ordnungsruf bekommen! Das reicht doch wohl! — Abg. Schreiner [SPD] verläßt den Saal)

    Herr Kollege Heyenn, Sie verkennen den Zusammenhang zwischen Lohnerhöhung auf der einen Seite und der Absenkung der Lohnsteuerbelastung oder der Beitragsbelastung mit Blick auf die Entwicklung der Nettorealverdienste.

    (Heyenn [SPD]: Es ist unerhört, mich dauernd anzusprechen, aber keine Zwischenfragen zuzulassen! Unerhört!)

    Wenn Sie diesen Zusammenhang sehen würden,
    dann würden Sie mir zustimmen, daß die Nettoreal-



    Parl. Staatssekretär Vogt
    verdienste der Arbeitnehmer dank der Politik von CDU/CSU und FDP steigen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Abg. Heyenn [SPD] verläßt den Saal)

    Meine Damen und Herren, auch die Arbeitslosen waren von der günstigen Einkommensentwicklung nicht abgekoppelt. Das verfügbare Einkommen der Haushalte von Arbeitslosen ist nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zwischen 1982 und 1988 im selben Umfang gestiegen wie das verfügbare Einkommen der Arbeitnehmerhaushalte, nämlich um 20,3 %. Mit anderen Worten: Die Arbeitslosen haben an der günstigen Einkommensentwicklung teilgenommen. Der Grund sind die Maßnahmen, die wir ergriffen haben: Verlängerung der Dauer des Bezugs von Arbeitslosengeld, Veränderung des Verhältnisses von Beitragszahlung und Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld und eine wesentliche Verbesserung der Bedingungen für die Inanspruchnahme der Arbeitslosenhilfe.
    Meine Damen und Herren, wir haben auch die Leistungen der Sozialhilfe bedarfsgerecht erweitert. Die Entwicklung der Regelsätze seit 1984 zeigt, daß der Sozialstaat seine Hilfe für die Bedürftigen nicht einschränkt. Im Vergleich zu den Einkommen aus Lohn und Gehalt sind sie sogar gestiegen. Im Zeitraum von 1985 bis 1989 betrug die jährliche Steigerungsrate der Eckregelsätze 2,8 %. Der Realwert der jährlichen Regelsatzsteigerung liegt bei 1,8 %. Demgegenüber betrug die durchschnittliche Zunahme der Nettorealverdienste 1,4 % pro Jahr.
    Ich bitte Sie, ich fordere Sie auf, lassen Sie doch endlich davon ab, wie ein Neandertaler mit der Keule „Neue Armut" um sich zu schlagen. Wenn die Leistungen für Sozialhilfeempfänger erhöht werden, also der finanzielle Aufwand für diesen Personenkreis steigt, dann ist das nicht Ausdruck steigender Armut, es ist vielmehr Ausdruck unserer sozialen Verantwortung diesen Mitbürgern gegenüber. Im übrigen, meine Damen und Herren, Sie, die Sozialdemokraten, können doch nicht die Tatsache vergessen machen, daß Sie 1981 die Sozialhilfesätze gedeckelt haben. Das war Ihre Entscheidung, und auch an dieser Entscheidung hat Herr Kollege Schreiner mitgewirkt. Er wird es im Protokoll nachlesen können. Es wäre ihm wahrscheinlich peinlich gewesen, das jetzt hören zu müssen. Damals haben die Empfänger von Sozialhilfe nicht einmal mehr einen Ausgleich für den Verlust an Kaufkraft erhalten. Das war aber Ihre politische Entscheidung.
    Auch Ihr Hinweis auf 3,3 Millionen Personen, die Sozialhilfe empfangen, als Beweis für Altersarmut und für Massenarmut ist nichts anderes als das Schwingen mit dieser Steinzeitkeule. Es gibt Mitbürger, die laufend auf Sozialhilfe angewiesen sind. Ihre Existenz sichern wir. Wer jedoch nur kurzzeitig die Sozialhilfe in Anspruch nimmt, vielleicht auch nur ein Darlehen beansprucht, der gehört nicht zu den Armen in unserer Gesellschaft. „Neue Armut" ist ein Wort, das die SPD nicht zur Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse verwendet, sondern als politischen Kampfbegriff. Ich finde, daß dies entlarvend, unwürdig und unsozial ist, meine Damen und Herren.

    (Becker [Nienberge] [SPD]: Aber fragen Sie einmal die Armen!)

    In diesen Tagen — und das ist ja auch heute wieder geschehen — beklagen die Sozialdemokraten, daß die Lohnquote, der Anteil der Bruttoeinkommen aus unselbständiger Tätigkeit am Volkseinkommen, seit 1982 zurückgegangen ist. Die Klage wird natürlich an die Adresse der Bundesregierung gerichtet. Ich greife sie zunächst einmal auf.
    Erstens. Meine Damen und Herren, Sie müssen nicht nur die Entwicklung der Lohnquote seit 1982 sehen, sondern auch die Entwicklung der Lohnquote davor.

    (Günther [CDU/CSU]: So ist es!)

    Meine Damen und Herren, die Entwicklung der Lohnquote von 1982 war zwar ansteigend, aber sie brachte zum Ausdruck, daß die Erträge des investierten Kapitals zurückgegangen sind. Sie brachte zum Ausdruck und sie hatte zur Folge, daß Arbeitsplätze verschwanden, weil die Investitionsneigung und die Investitionsfähigkeit der Unternehmen gesunken waren. Wenn wir heute Arbeitsplatzgewinne haben, dann ist das auch darauf zurückzuführen, daß wir in der Verteilung des Volkseinkommens auf beide Größen, Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit auf der einen Seite und Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen auf der anderen Seite, eben wieder eine vernünftige Entwicklung haben, die die Unternehmen in die Lage versetzt, zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Eine hohe Lohnquote macht für die Arbeitnehmer keinen Sinn, wenn gleichzeitig die Investitionen zurückgehen und Arbeitsplätze verlorengehen.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Das Realeinkommen ist für die Arbeitnehmer noch wichtiger als die Quote!)

    Zweitens. Meine Damen und Herren, wie sich die Verteilung des Volkseinkommens entwickelt, hängt maßgeblich von den Entscheidungen der Tarifvertragsparteien ab. Die Arbeitnehmer hätten in den letzten Jahren deutlich kräftiger mit ihren Einkommen zulegen können, wenn die Gewerkschaften nicht beträchtliche Arbeitszeitverkürzungen durch Verzicht auf mögliche Lohnerhöhungen durchgesetzt hätten. Wer es mit der Tarifautonomie und den Entscheidungen der Tarifpartner ernst nimmt, kann die Entwicklung wie das Absinken der Lohnquote, die durch die Tarifpolitik zustande gekommen ist, nicht der Bundesregierung in die Schuhe schieben, meine Damen und Herren.

    (Günther [CDU/CSU]: So ist es!)

    Und ein drittes: Im übrigen werden die Renten entsprechend dem Anstieg der verfügbaren Einkommen der Arbeitnehmer erhöht und nicht entsprechend der Entwicklung ihrer Arbeitszeit.
    Drittens. In vielen Tarifbereichen haben die Gewerkschaften wie die Arbeitgeber versäumt, von den neuen Chancen des Vermögensbildungsgesetzes Ge-



    Parl. Staatssekretär Vogt
    brauch zu machen. Wer aber den Arbeitnehmern nicht den Weg zur Kapitalbeteiligung ebnet, der schließt die Arbeitnehmer aus, auf diesem Wege an der Einkommensgröße „Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen" teilzunehmen. Ich kann deshalb nur an die Tarifpartner appellieren, wenn sie die Verteilung der Lohnquote kritisieren, daß sie endlich von dem Angebot des Ersten und des Zweiten Vermögensbeteiligungsgesetzes Gebrauch machen, die in den vergangenen Legislaturperioden seit 1983 hier verabschiedet worden sind. Im übrigen ist es keineswegs so, daß an den Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen ausschließlich die Unternehmer und sonstige Selbständige teilhaben. Nach den Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung flossen 1988 84,9 Milliarden DM Vermögenseinkommen — das sind 78,6 % des Vermögenseinkommens der privaten Haushalte — nichtselbständigen Personen, d. h. auch Arbeitnehmern, zu.
    Meine Damen und Herren, ich hätte gern noch ein Wort zu der arbeitsrechtlichen Entwicklung zugunsten der Arbeitnehmer seit 1983 gesagt. Nein, das will ich Ihnen nicht ersparen: Wir haben die Montan-Mitbestimmung dauerhaft gesichert. Sie brachten 1981 nur ein Auslaufgesetz fertig; wir haben die Beteiligungsrechte der Betriebsräte ausgebaut, wir haben den Minderheitenschutz verstärkt, wir haben die Jugendvertretung ausgebaut, wir haben den Kündigungsschutz für Arbeiter verbessert

    (Lachen bei der SPD)

    und Arbeiter und Angestellte beim verlängerten Kündigungsschutz gleichgestellt, und wir werden — das hat die vorhergehende Debatte gezeigt — die Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz verbessern.
    Meine Damen und Herren, die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage „Politik für die Arbeitnehmer" reicht aber über eine Bilanz hinaus. Sie macht deutlich, in welch hohem Maße sich die wirtschaftliche Situation der Arbeitnehmer langfristig verbessert hat. Die soziale Marktwirtschaft hat sich als die Wirtschaftsordnung erwiesen, die den Interessen der Arbeitnehmer am besten dient. Die Zeit nach 1949 stand im Zeichen des Wettbewerbs der Systeme — Markt im Westen und Kommandowirtschaft im Osten. Aus dem angekündigten Sieg des Sozialismus ist nichts geworden. Die soziale Marktwirtschaft hat den Wettbewerb der Systeme für sich entschieden, und zwar nicht deshalb, weil dies einigen Professoren oder Kapitalisten in den Kram paßt. Die soziale Marktwirtschaft verbindet am besten Freiheit, soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Wohlstand. Die soziale Marktwirtschaft hat gewonnen, weil die Bevölkerung in der DDR, in Polen, in Ungarn und in der Tschechoslowakei das wirtschaftliche und das soziale Ergebnis der beiden Systeme gewogen und das sozialistische System als zu leicht befunden hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Unsere große Aufgabe der neunziger Jahre wird es sein, unsere Erfahrungen mit der sozialen Marktwirtschaft weiterzugeben und die soziale Marktwirtschaft bei uns weiterzuentwickeln. Das ist die beste Grundlage dafür, daß wir in wenigen Jahren von diesem Pult aus wiederum eine gute, eine soziale Bilanz der Politik für Arbeitnehmer darstellen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Reimann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Manfred Reimann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Die vorliegende Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage „Politik für Arbeitnehmer" läßt wirklich vermuten, daß die Bundesregierung ihr Werben um die Arbeitnehmer vor den beiden Landtagswahlen noch einmal deutlich machen will, und zwar nach dem Motto: Unter dieser Regierung haben die Arbeitnehmer das Paradies auf Erden erhalten. Schauen wir uns Wunsch und Wirklichkeit der Politik dieser Bundesregierung an. Herr Staatssekretär, auf die eine oder andere Ihrer Bemerkungen werde ich dabei eingehen.
    Gleich auf Seite 1 ihrer Antwort behauptet die Bundesregierung, daß unter ihrer Ägide „weitaus mehr Arbeitsplätze entstanden (sind), als Anfang der achtziger Jahre verlorengingen". Hierbei wäre interessant, einmal alle geleisteten Arbeitsstunden des Jahres 1980 denen des Jahres 1989 gegenüberzustellen und damit Ihre Behauptungen an der Wirklichkeit zu messen.
    Die Regierung stellt weiter fest, daß sich die Situation der deutschen Wirtschaft seit 1983 nachhaltig verbessert habe. Dies steht auf Seite 7. Das ist richtig. Tatsache ist aber, daß sich die Arbeitslosigkeit trotz der anhaltenden Konjunktur und obwohl doch Arbeitsplätze geschaffen wurden, in der Zahl fast erhalten hat. Ihre eigenen Statistiken weisen aus, daß Sie die Zahl der Arbeitsplätze von 1980 noch lange nicht erreicht haben.

    (Heinrich [FDP]: 750 000 Aus- und Übersiedler im letztem Jahr!)

    Ihre Statistik weist aus, daß Sie nach wie vor hinterher hinken. Klopfen Sie also nicht so große Sprüche!

    (Beifall bei der SPD)

    Tatsache ist auch, daß Sie keine Zahlen darüber vorlegen, wie sich die neugeschaffenen Arbeitsplätze zusammensetzen. Es wurde schon darauf hingewiesen: Wie sieht es mit dem Jobsharing aus? Wie sieht es mit der Zunahme der nicht sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer, wie sieht es mit dem Pauschbetrag aus? Wenn nicht die tarifvertraglich vereinbarten Arbeitszeitverkürzungen gewesen wären —

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Es gibt keinen Königsweg aus der Arbeitslosigkeit!)

    denn die haben ja immerhin auch zu einer Zunahme der Zahl der Arbeitsplätze geführt, Herr Scharrenbroich —, wäre das Bild Ihrer Bilanz noch trüber.
    Auch auf Seite 2 Ihrer Antwort betonen Sie die dauerhafte Sicherung der Mitbestimmung und die verstärkten Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer. Herr Staatssekretär, von verstärkten Mitwirkungsrechten im Zusammenhang mit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes zu reden, ist ein Hohn. Sie haben bei der Novellierung des Betriebsverfassungs-



    Reimann
    gesetzes doch genau das Umgekehrte von dem gemacht, was Sie hier sagen:

    (Heyenn [SPD]: Genau so ist das!)

    Sie haben den Arbeitnehmern bei der Einführung neuer Technologien kein Mitbestimmungsrecht gegeben. Sie haben den Minderheitenschutz eingeführt, um die Belegschaften aufzuspalten.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Und wenn Sie hier sagen, es habe nicht zum Chaos geführt, dann doch deshalb, weil Sie keine Kandidaten hatten, die in den Betrieben nach Ihrem Minderheitenrecht kandidieren konnten. Das ist die Wahrheit!

    (Beifall bei der SPD)

    Bei der Jugendvertreterwahl haben Sie den Mut gehabt, die demokratischste Wahl überhaupt, die Urwahl, abzuschaffen

    (Günther [CDU/CSU]: Das ist nicht abgeschafft worden!)

    und das Verhältniswahlrecht einzuführen. Solche Maßnahmen sind keine Fortschritte — die können Sie sich nicht auf Ihre Fahnen schreiben — , sondern ein Rückfall in Klassenstrukturen von vorgestern.
    Nehmen wir § 116 AFG, den Sie angeführt haben und der nachweislich gegen die Arbeitnehmer gerichtet ist, weil dadurch die Aussperrung hoffähig gemacht wurde. Aussperrung bedeutet aber keinesfalls Waffengleichheit — wir haben gestern darüber diskutiert — , sondern sie ist ein Brecheisen gegen die Arbeitnehmer, um sie kampfunfähig zu machen. Die Änderung des § 116 AFG hat damit auch die Tarif autonomie als entscheidende Grundlage des sozialen Friedens in Gefahr gebracht.
    In diesem Kontext ist auch die von Ihnen vielgepriesene Flexibilisierung der Arbeitszeit zu sehen. Ihre Begründung, „dem wachsenden Bedürfnis der Arbeitnehmer nach mehr Zeitsouveränität zu entsprechen", ist ja wohl ein Witz. Die Bundesregierung will nichts anderes, als das freie Wochenende den wirtschaftlichen Interessen der Industrie zu opfern.

    (Heyenn [SPD]: Genauso ist es!)

    Was anderes ist es denn, wenn sie auf den arbeitsfreien Samstag ganz und auf den Sonntag teilweise verzichten will? Wie hält sie es hier mit ihrem sonst angestimmten Loblied auf die Familie, einmal in der Woche, am Wochenende, gemeinsam etwas zu unternehmen, am kulturellen Leben teilzunehmen, das Vereinsleben zu förden? Ich sage Ihnen hier: Lassen Sie die Finger vom freien Wochenende der Arbeitnehmer!

    (Günther [CDU/CSU]: Wer will das denn abschaffen?)

    Sie werden sonst die Quittung dafür bekommen.

    (Beifall bei der SPD — Schreiber [CDU/ CSU]: Was sagt denn der Lafontaine zu dem Thema?)

    Bei der Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung fehlt die Steigerung der Arbeitsproduktivität. Es wäre für die Bundesregierung schicklich gewesen,
    der Aufstellung der Jahreslöhne und -gehälter auch einmal eine Aufstellung über die Steigerung der Arbeitsproduktivität — ja, besser noch: der Gewinne bzw. der Aktienkurse von 1948 an — beizufügen. Denn wenn das der Gradmesser der Einkommensverteilung gewesen wäre, dann hätten die Arbeitnehmer heute ein spürbar höheres Einkommen, als sie es zur Zeit haben.
    Dem Einkommen des Industriearbeiters, der, wie Sie schreiben, 1950 1,25 DM die Stunde und 1988 12,91 DM die Stunde verdiente, muß man auch einmal das Einkommen der Großverdiener gegenüberstellen, was Sie scheinbar vergessen haben.

    (Beifall des Abg. Urbaniak [SPD])

    Deshalb ergänze ich: Das Spitzengehalt eines Vorstandsmitglieds in der Bundesrepublik liegt mittlerweile über 4 Millionen DM im Jahr.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Also, 4 Millionen DM zu 12,50 DM, ja?!)

    Der Durchschnitt der Vorstandsmitglieder verdient über 2 Millionen DM, viele verdienen über 1 Million DM.

    (Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Bei der Neuen Heimat z. B.!)

    Wenn Sie sagen, das haben sie auch verdient — na gut, dann bestreite ich Ihnen das nicht.

    (Heinrich [FDP]: Gilt das auch für Herrn Lappas?)

    Nur, der Verdienstzuwachs der Arbeitnehmer, wie Sie ihn ausweisen, steht in keinem Verhältnis zur Steigerung bei Kapitalerträgen und Unternehmensgewinnen. Insofern ist Ihre Aussage im Grunde genommen nur die halbe Wahrheit.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Tatsache, daß das Haushaltseinkommen im Rahmen des Wirtschaftswachstums gestiegen ist, kann sich doch wohl nicht die Bundesregierung als Erfolg an den Hut stecken; dafür haben die Gewerkschaften durch ihre erfolgreichen Tarifverhandlungen gesorgt. Denn ohne ihr Engagement wären diese Einkommenssteigerungen sicherlich nicht zustande gekommen.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Für die niedrigen Löhne sind wir zuständig — für das andere die Gewerkschaften!)

    Und jetzt kommt ein Knüller: Wenn eine ausreichende Lohndifferenzierung in sektoraler, regionaler und qualifikatorischer Hinsicht für die Bundesregierung von besonderer beschäftigungspolitischer Bedeutung ist — siehe Seite 9 der Antwort —, kann ich Ihnen nur empfehlen, einmal Nachhilfeunterricht bei den Gewerkschaften zu nehmen. Denn mit ausschließlich prozentualen Tarifabschlüssen, zusätzlich differenziert in sektoraler, regionaler und qualifikatorischer Hinsicht, driften die Einkommen immer weiter auseinander. Dies schafft nicht nur Unruhe in den



    Reimann
    Betrieben, sondern läßt auch die unteren Einkommen total auf der Strecke.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Was halten Sie denn von der Tarifautonomie? — Heinrich [FDP]: Nicht viel, das hören Sie doch!)

    Nur prozentuale Lohnerhöhungen würden die Teuerungsraten bei den unteren Einkommen nicht mehr ausgleichen. Das ist Ihre Politik der neuen Armut in der Bundesrepublik.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Aber die Gewerkschaften sind doch Tarifpartner und nicht wir!)

    — Warum zitieren Sie es dann?

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Natürlich! Auch das gehört zur Lage der Arbeitnehmer!)

    Doch in diesem Zusammenhang noch eine Anmerkung zur Kaufkraft der Löhne und Gehälter. Richtig ist, daß, wie Ihre Tabellen ausweisen durch die erfolgreichen Tarifabschlüsse der Gewerkschaften Kaufkraftsteigerungen und Wohlstand für die arbeitenden Menschen geschaffen werden. Aber unter dieser Regierung hat sich die bereinigte Lohnquote der Arbeitnehmer von 70,4 % 1982 auf 64,1 % 1989 zurückentwickelt,

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Und wie war die Reallohnentwicklung bei Ihrer und bei unserer Regierung?)

    was aussagt, daß die Arbeitnehmer nicht in der Form am wirtschaftlichen Aufstieg teilgenommen haben, wie es ihrer Leistung entsprochen hätte, während die Einkommen aus Unternehmenstätigkeit und Vermögen von 37 % auf 43 % zugenommen haben. Das ist, wie hier von den Rednern der Opposition mehrfach erwähnt wurde, die berühmte Umverteilung von unten nach oben. Das ist Ihre Politik, wie Sie sie in den letzten 8 Jahren betrieben haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Ihre Stellungnahme zur Situation auf dem Arbeitsmarkt ist ebenfalls verzerrt.

    (Günther [CDU/CSU]: Das stimmt auch dann nicht, wenn Sie es ständig wiederholen!)

    Die Klage der Unternehmer, keine geeigneten Arbeitskräfte zu finden, läßt doch die Frage stellen: Wer wird denn eigentlich gesucht? Wird der Olympiakämpfer gesucht, der Arbeiter-Ingenieur, 25 Jahre alt, aber schon 20 Jahre Berufserfahrung, der Hochleistungserbringer, der rund um die Uhr Arbeitende,

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Das ist doch hier keine Karnevalssitzung!)

    nicht Aufmuckende, seine Rechte nicht Suchende? Diesen Arbeitnehmer gibt es Gott sei Dank nur noch selten in einer demokratischen Gesellschaft. Sie müßten das endlich einmal begreifen, Herr Scharrenbroich.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Vielen Dank für die Nachhilfe!)

    Wenn Herr Blüm in diesem Zusammenhang davon redet, beschäftigungshemmende Vorschriften beseitigen zu wollen, finde ich das zynisch. Denn wenn die Wirtschaft auf so hohen Touren läuft, warum werden denn dann die Rechte der Arbeitnehmer eingeschränkt? Warum werden befristete Arbeitsverhältnisse nicht wieder in ordentliche Arbeitsverhältnisse umgewandelt, wie es vorher war? Warum hat die Lohnquote das Niveau von 1982 noch nicht wieder erreicht?
    Wie die Regierung vernebeln will — Sie haben diesen Begriff eingebracht —, geht aus dem einfachen Beispiel hervor: Bei den Einkommenszuwächsen der Arbeitnehmer wird mit Hunderten von Prozenten gerechnet. Bei den Unternehmenserträgen oder bei der mittelständischen Wirtschaft wird nur von „Verbesserungen" gesprochen; da gibt es keine einzige Zahl. Der immer wieder gebrachte Hinweis der Bundesregierung in ihrer Antwort, daß die Arbeitslosen — ungelernte, unqualifizierte — selbst schuld an ihrer Arbeitslosigkeit seien, ist falsch. Eine Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeit hat schon vor längerer Zeit ausgewiesen, daß über 50 % der Arbeitslosen eine qualifizierte Fachausbildung haben, in der Regel im handwerklich-technischen Bereich.
    Es bleibt in diesem Zusammenhang die Frage, ob diese Menschen am Arbeitsmarkt vorbei ausgebildet wurden, ob sie von jenen, die ausgebildet haben, nur mäßig qualifiziert wurden. Was verbirgt sich dahinter? Da meine ich auch, daß sich so mancher Gedanke von Verzerrung bei Qualifizierungsmaßnahmen in Ihrer Erwiderung als unsinnig erweist. Die Weiterbildungsförderung von 1983 bis 1989, wie Sie schreiben, mit 33 Milliarden DM bei über 3 Millionen Personen sollten Sie einmal kaufmännisch analysieren und bezüglich ihrer Amortisation untersuchen. Ich würde gerne einmal wissen, wie viele von den 3 Millionen trotzdem keine Arbeit gefunden haben.
    Was die Bundesregierung zum Ausdruck bringen will, wenn sie bei Saisonbeschäftigten das Loch mit Ausländern schließen will, die eine vorübergehende Arbeitserlaubnis in der Landwirtschaft usw. erhalten sollen, ist mir unklar. Anscheinend hängt es aber damit zusammen, daß die deutschen Arbeitnehmer diese Arbeit nicht mehr machen wollen. Da muß man fragen: Wenn ja, warum? Auch Aus- und Übersiedler werden als Arbeitskraftreserven von Ihnen besonders gepriesen; aber das Grundgesetz bestimmt, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Geschieht das, wenn man für bestimmte Arbeiten nur noch bestimmte Menschen einsetzt?

    (Günther [CDU/CSU]: Die werden doch gar nicht eingesetzt! Die suchen sich das freiwillig! Schon mit 17 Jahren!)

    Ich frage: Müssen die Arbeitsbedingungen nicht so gestaltet werden, daß man ohne Unterschiede jede Tätigkeit verrichten kann?
    Daß bestimmte Berufszweige, z. B. handwerkliche Fertigungsberufe oder in der Bauindustrie usw., unter besonderem Arbeitskräftemangel leiden,

    (Günther [CDU/CSU]: Arbeitsplatzzuweisung?)

    müßte auch einmal im Verhältnis zu den Arbeitsbedingungen analysiert werden. Die nämlich scheinen



    Reimann
    das Problem zu sein, genau so wie im Bereich der Saisonarbeit. Liegt es vielleicht am Einkommen, liegt es vielleicht an den schlechten Arbeitsbedingungen, daß immer weniger Menschen Neigung verspüren, in diesen Berufen zu arbeiten? Man kann doch nicht nur die Menschen schuld sein lassen.
    Einen wahren Höhepunkt der arbeitsmarktpolitischen Einschätzung bringt die Beurteilung der Frauenerwerbsquote mit sich. Sie hat sich von 51 % auf 55 % erhöht, obwohl sich der Anteil der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen nur minimal, nämlich von 39,2 % im Jahr 1983 auf 40,7 % im Jahr 1989, erhöht hat. Diese Zahlen kommen einer Bankrotterklärung gleich. Wenn ein immer größerer Teil der Frauen nur im Rahmen der Pauschalbeträge beschäftigt ist, wird die neue Armut in der Bundesrepublik förmlich gezüchtet, denn diese Frauen sind die Sozialhilfeempfänger von morgen und übermorgen.