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ID1121104300

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    Plenarprotokoll 11/211 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 211. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. Mai 1990 Inhalt: Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die neunzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz sowie zur Änderung weiterer sozialrechtlicher Vorschriften (KOV-Anpassungsgesetz 1990) (Drucksachen 11/6760, 11/7097, 11/7098) Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU 16613 B Schreiner SPD 16614 C Heinrich FDP 16615 B Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 16616 B Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 16617 B Tagesordnungspunkt 17: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz (Drucksache 11/6946) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Benennungen von Frauen in Ämter und Funktionen, für die die Bundesregierung ein Vorschlagsrecht hat (Drucksachen 11/3285, 11/4866) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Männle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Fraktion der FDP: Geschlechtsbezogene Formulierung in Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Geschlechtsneutrale Bezeichnungen zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Geschlechtsneutrale Bezeichnungen (Drucksachen 11/1043, 11/118, 11/860, 11/2152) Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 16619 A Frau Weiler SPD 16620 C Frau Würfel FDP 16622 D Frau Schmidt (Hamburg) GRÜNE 16623 D Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 16625 B Frau Hämmerle SPD 16626 B Frau Schätzle CDU/CSU 16627 C Dr. Jahn, Parl. Staatssekretär BMJ 16628 D Uldall CDU/CSU 16629 C Tagesordnungspunkt 18: Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Zink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Dr. Thomae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Politik für die Arbeitnehmer (Drucksachen 11/5048, 11/5828) Scharrenbroich CDU/CSU 16630 C Schreiner SPD 16631 B Heyenn SPD 16633 D Heinrich FDP 16636 D Schreiner SPD 16637 C Heyenn SPD 16638 A Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 16639 B Scharrenbroich CDU/CSU 16641 C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1990 Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 16642 B Reimann SPD 16646 C Keller CDU/CSU 16649 B Urbaniak SPD 16651 B Schemken CDU/CSU 16652 C Urbaniak SPD 16652 D Reimann SPD 16654 D Vizepräsident Stücklen 16633 C Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Männle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Frau Folz-Steinacker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Maßnahmen zur Wiedereingliederung in das Erwerbsleben nach Zeiten der Kindererziehung (Drucksache 11/6856) Frau Schmidt (Spiesen) CDU/CSU 16655 D Frau Dr. Niehuis SPD 16657 B Frau Walz FDP 16659 A Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 16660 A Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 16661 A Nächste Sitzung 16662 Berichtigung 16662 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 16663* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 16663* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1990 16613 211. Sitzung Bonn, den 11. Mai 1990 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 210. Sitzung, Seite 16526 B, 5. Zeile von unten: Statt „ihnen" ist „Ihnen" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein CDU/CSU 11. 05. 90 ** Dr. Ahrens SPD 11. 05. 90 * Antretter SPD 11. 05. 90 * Bahr SPD 11. 05. 90 Frau Beer GRÜNE 11. 05. 90 Frau Blunck SPD 11. 05. 90 * Böhm (Melsungen) CDU/CSU 11. 05. 90 * Börnsen (Ritterhude) SPD 11. 05. 90 Brandt SPD 11. 05. 90 Brück SPD 11. 05. 90 Büchner (Speyer) SPD 11. 05. 90 * Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 11. 05. 90 * Buschfort SPD 11. 05. 90 Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 11. 05. 90 Cronenberg (Arnsberg) FDP 11. 05. 90 Ehrbar CDU/CSU 11. 05. 90 Eigen CDU/CSU 11. 05. 90 Engelsberger CDU/CSU 11. 05. 90 Eylmann CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Feldmann FDP 11. 05. 90 Fellner CDU/CSU 11. 05. 90 Gallus FDP 11. 05. 90 Gattermann FDP 11. 05. 90 Dr. Geißler CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Götz CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Haack SPD 11. 05. 90 Haack (Extertal) SPD 11. 05. 90 Dr. Häfele CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Haussmann FDP 11. 05. 90 Frhr. Heereman von CDU/CSU 11. 05. 90 Zuydtwyck Heimann SPD 11. 05. 90 Höffkes CDU/CSU 11. 05. 90 * Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 11. 05. 90 * Dr. Hüsch CDU/CSU 11. 05. 90 Irmer FDP 11. 05. 90 * Jung (Düsseldorf) SPD 11. 05. 90 Jungmann (Wittmoldt) SPD 11. 05. 90 Kittelmann CDU/CSU 11. 05. 90 * Dr. Klejdzinski SPD 11. 05. 90 * Kossendey CDU/CSU 11.05.90 Kreuzeder GRÜNE 11.05.90 Dr.-Ing. Laermann FDP 11. 05. 90 Dr. Graf Lambsdorff FDP 11. 05. 90 Frau Limbach CDU/CSU 11. 05. 90 Lowack CDU/CSU 11.05.90 Frau Luuk SPD 11. 05. 90 * Dr. Mechtersheimer GRÜNE 11. 05. 90 Menzel SPD 11.05.90 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 11. 05. 90 Meyer SPD 11.05.90 Dr. Müller CDU/CSU 11. 05. 90 Müller (Wesseling) CDU/CSU 11. 05. 90 Niegel CDU/CSU 11. 05. 90 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 11. 05. 90 Oostergetelo SPD 11. 05. 90 Petersen CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Pfennig CDU/CSU 11. 05. 90 Pfuhl SPD 11. 05. 90 * Poß SPD 11. 05. 90 Rappe (Hildesheim) SPD 11. 05. 90 Reddemann CDU/CSU 11. 05. 90 * Regenspurger CDU/CSU 11. 05. 90 Reuschenbach SPD 11. 05. 90 Frau Rock GRÜNE 11. 05. 90 Roth SPD 11. 05. 90 Frau Saibold GRÜNE 11. 05. 90 Dr. Scheer SPD 11. 05. 90 Scherrer SPD 11. 05. 90 Frau Schilling GRÜNE 11. 05. 90 Schmidt (München) SPD 11. 05. 90 * Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 11. 05. 90 Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 11. 05. 90 von Schmude CDU/CSU 11. 05. 90 * Schröer (Mülheim) SPD 11. 05. 90 Schütz SPD 11. 05. 90 Dr. Schwörer CDU/CSU 11. 05. 90 Sielaff SPD 11. 05. 90 Dr. Soell SPD 11. 05. 90 * Dr. Sperling SPD 11. 05. 90 Steiner SPD 11. 05. 90 * Dr. Stoltenberg CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Uelhoff CDU/CSU 11. 05. 90 ** Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 11. 05. 90 Dr. Vondran CDU/CSU 11. 05. 90 Vosen SPD 11. 05. 90 Dr. Waigel CDU/CSU 11. 05. 90 Wetzel GRÜNE 11. 05. 90 Wiefelspütz SPD 11. 05. 90 Wissmann CDU/CSU 11. 05. 90 Frau Wollny GRÜNE 11. 05. 90 Dr. Wulff CDU/CSU 11. 05. 90 * Zierer CDU/CSU 11. 05. 90 * Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/256 Drucksache 11/3895 Drucksache 11/4490 Drucksache 11/5510 Drucksache 11/6278 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/4342 Drucksache 11/4989 Drucksache 11/6116 Drucksache 11/6117 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: 16664* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1990 Finanzausschuß Drucksache 11/6285 Nr. 2.1 Drucksache 11/6423 Nr. 2.3 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/138 Nr. 3.41 Drucksache 11/973 Nr. 2.3 Drucksache 11/3311 Nr. 2.8 Drucksache 11/4534 Nr. 2.5 Drucksache 11/5351 Nr. 2.1 Drucksache 11/5954 Nr. 2.5 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/4019 Nr. 2.32-2.34 Drucksache 11/4081 Nr. 2.10, 2.13 Drucksache 11/5197 Nr. 2.10 Drucksache 11/6423 Nr. 2.14 Drucksache 11/6629 Nr. 2.14 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/6125 Nr. 12 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/4680 Nr. 2.15 Drucksache 11/5051 Nr. 51 Drucksache 11/6324 Nr. 2.35 Drucksache 11/6423 Nr. 2.16 Drucksache 11/6502 Nr. 21 Drucksache 11/6738 Nr. 2.14, 2.15
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    Rede von Günther Heyenn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist hier auch von „politischer Prostitution" gesprochen worden, und das ist nicht gerügt worden.
    Ich habe den Eindruck, Herr Kollege Scharrenbroich, daß man so, wie Sie sich hier verbogen haben, eigentlich keine Politik betreiben kann.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Das waren doch klare Zahlen!)

    Draußen tönen Sie ganz anders,

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Nein!)

    und hier

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Hier ist draußen!)

    erscheinen Sie in der Gestalt eines Jubelpersers. Ich halte das, was Sie hier geboten haben, wirklich für beschämend.

    (Beifall bei der SPD) Sie spielen mit statistischen Zahlen,


    (Vogt [Düren] [CDU/CSU]: Das waren Argumente!)

    Sie suchen sich Zahlen, die passen, und geben denjenigen recht, die sagen: Kleine Lüge — große Lüge — Statistik.

    (Günther [CDU/CSU]: Es wird auch nicht richtig, wenn Sie es so drehen!)

    Meine Damen und Herren, zwei Tage vor den Wahlen in Nordrhein-Westfalen und in Niedersach-



    Heyenn
    sen versuchen Sie doch nur, von den sozialen Ungerechtigkeiten Ihrer Politik abzulenken.

    (Beifall bei der SPD)

    Glauben Sie wirklich, daß das gelingen kann?

    (Günther [CDU/CSU]: Alte Hüte! — Scharrenbroich [CDU/CSU]: Steigende Realeinkommen sind unsozial? Sie wären doch froh gewesen, wenn Sie ein solches Ergebnis gehabt hätten! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Ihre sogenannten Reformwerke haben die Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den vergangenen acht Jahren doch erheblich verschlechtert. Das ist die Wahrheit! Das wissen auch die genau, die am Sonntag zur Wahl gehen.
    Die Bundesregierung hat bei der Beantwortung der Großen Anfrage tief in die Trickkiste gegriffen. Da heißt es — Sie haben das wiederholt, Herr Scharrenbroich —, seit 1985 hätten sich die Nettorealeinkommen der Arbeitnehmer beträchtlich erhöht. Aber das ist nicht einmal die halbe Wahrheit. Der entscheidende Vergleich wird ganz einfach vergessen. Keine Rede ist von den 134 Milliarden DM Umverteilung zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Nach der Prognose der fünf wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute wird das Volkseinkommen 1990 um 53,8 % höher liegen als 1982.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Haben Sie etwas von Statistik gesagt?)

    In der gleichen Zeit haben Sie die direkten Steuern und Sozialabgaben um 60,1 %, also überdurchschnittlich, erhöht.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Entscheidend ist doch das Nettorealeinkommen!)

    Die Unternehmer und die Vermögensbesitzer werden ihren Einkommensanteil bis Jahresende um 112 % gesteigert haben. Der Anstieg der Nettolohn- und -gehaltssumme wird 33,8 % betragen; 112 % zu 33,8 %! Das ist das Ergebnis einer Politik gegen Arbeitnehmer und nicht das Ergebnis einer Politik für Arbeitnehmer.

    (Beifall bei der SPD — Scharrenbroich [CDU/ CSU]: Auch diese Zahlen belegen, daß es den Arbeitnehmern besser geht! Das ist entscheidend!)

    Überall kann man die Überschrift „Lohnqoute weiter auf Talfahrt" nachlesen; Ifo-Institut und andere. Deswegen kann ich Ihre Rede in keiner Weise begreifen. Der Anteil der Nettolohn- und -gehaltssumme wird 1990 mit 55,4 % um 10,9 Prozentpunkte niedriger liegen als 1982; das ist konkret. Und das nennen Sie — ich kann nur sagen: übermütig — Politik für Arbeitnehmer! Wie kann man sich angesichts dieser Umverteilung von unten nach oben, die Ihre Politik prägt, hier hinstellen und diese Worte finden?

    (Beifall bei der SPD — Scharrenbroich [CDU/ CSU]: Wie lange wollen Sie das noch fortsetzen? — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ach du lieber Gott!)

    Diese Umverteilung war Ihr Ziel, vielleich nicht Ihr persönliches. Ich muß sagen, das haben Sie erreicht. Aber Sie wollen diesen Kurs ja noch fortsetzen. Sie wollen den Unternehmen und den Spitzenverdienern ein Steuergeschenk in Höhe von 25 Milliarden DM geben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: 26 Milliarden!)

    Ist Ihre Politik nun arbeitnehmerfreundlich, oder ist sie arbeitnehmerfeindlich? Ich glaube, letzteres ist der Fall.

    (Dr. Rüttgers [CDU/CSU]: Sie sollten eine neue Rede schreiben und nicht immer die alten vortragen!)

    — Ich weiß, daß Ihnen das nicht passen kann,

    (Dr. Rüttgers [CDU/CSU]: Das ist Unsinn! Das tut weh!)

    Ihnen, die Sie hier alles bejubeln wollen, was wirklich nicht zu bejubeln ist, wenn es um die Interessen der Arbeitnehmer geht.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie sagen, Sie hätten das Instrumentarium der aktiven Arbeitsmarktpolitik erheblich verbessert.

    (Louven [CDU/CSU]: Ist doch richtig! — Günther [CDU/CSU]: Kann doch jeder nachlesen!)

    Tatsache ist, Sie haben die Massenarbeitslosigkeit nur verwaltet.

    (Frau Weiler [SPD]: Sehr richtig!)

    Nur 165 000 — das sind 9 % der Arbeitslosen — haben im Moment eine Chance, an Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen.

    (Strube [CDU/CSU]: Denken Sie einmal an Ihre Regierungszeit!)

    Den Vorrang der Verwaltung vor der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wollen Sie jetzt auch noch auf die DDR übertragen. Der Entwurf des Staatsvertrages sagt nichts darüber aus, was an Qualifizierungsmaßnahmen, was an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen — man kann auch sagen: an Notstandsmaßnahmen — in der DDR ergriffen werden muß um den ökonomischen Umbau abzufedern. Die Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen in der DDR hätten längst gestartet werden müssen. Das sagen wir seit langem. Das sagen im übrigen auch die Gewerkschaften und die Arbeitgeber. Erst vor wenigen Tagen hat der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände Klaus Murmann seine Forderung, die er — genau wie wir — seit Dezember letzten Jahres vertritt, wiederholt, in der DDR mit Maßnahmen der beruflichen Bildung schnell anzufangen, um drohende Entlassungen zu vermeiden. Und was tun Sie? Ein Staatssekretär dieser Regierung erklärt auf unsere nachdrücklichen Bitten, sofort damit zu beginnen, da gebe es im Juli in der DDR einen Kongreß und den wolle man erst abwarten. Ich halte das für skandalös, Herr Staatssekretär, was für eine Politik Sie gegenüber den Menschen in der DDR betreiben.

    (Beifall bei der SPD — Parl. Staatssekretär Vogt: Das ist falsch zitiert!)




    Heyenn
    Wir wissen alle, daß mit den Betrieben verbundene Qualifizierungsgesellschaften besonders geeignet sind, Arbeitslosigkeit zu verhindern. Seit nunmehr fünf Monaten ignoriert der Bundesarbeitsminister die Hilfsangebote deutscher Arbeitgeber und deutscher Gewerkschaften; die wollen bei Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen in der DDR konkret helfen. Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der DDR eine berufliche Perspektive zu ermöglichen wird immer dringender. Wenn es konkret werden muß, ist bei Ihnen Fehlanzeige. Außer schönen Worten nichts gewesen. Wahlkampfgetöse, Herr Scharrenbroich, ist kein Ersatz für Politik. Das Problem dieser Regierung ist — das werden die Wahlen am Sonntag beweisen; die Bürgerinnen und Bürger in unserer Republik haben dies lange bemerkt — : Sie haben im letzten Jahr die Zahl der Arbeitsplätze in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen um schlappe 23 000 abgebaut. Durch die unselige neunte Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz — und Sie nennen so etwas noch Politik für Arbeitnehmer — ist 1989 die Zahl der Eintritte in Fortbildung um 13,5 % zurückgegangen, die der Umschulungen um 10,5 %, die der Einarbeitungsmaßnahmen um 19,7 %.

    (Vorsitz: Vizepräsident Westphal)

    Das soll eine Stärkung der aktiven Arbeitsmarktpolitik sein? — Herr Günther, an Ihren Aufgeregtheiten merke ich, wie peinlich Ihnen diese Aufzählung ist.

    (Günther [CDU/CSU]: Ich sitze ganz ruhig da!)

    Wer Qualifizierungsmaßnahmen abbaut und gleichzeitig über Facharbeitermangel klagt, der betreibt ein verlogenes Doppelspiel; das muß ich Ihnen leider vorwerfen.

    (Beifall bei der SPD — Günther [CDU/CSU]: Die Zahlen widerlegen Sie!)

    Und dann sprechen Sie von der Arbeitslosenstatistik. So unverfroren, wie diese Mehrheit diese Statistik fälscht, ist kaum jemals jemand hier vorgegangen. Sie haben einfach 150 000 Arbeitslose aus der Statistik gestrichen. Das nennen Sie dann Politik für Arbeitnehmer?

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Dann fragen Sie mal die älteren Arbeitnehmer, wie froh die sind, daß sie nicht mehr zum Arbeitsamt gehen müssen!)

    Sie haben — wir haben gestern gerade darüber debattiert — den § 116 des Arbeitsförderungsgesetzes verschlechtert, eindeutig nur, um das Gewicht der Arbeitgeber bei den Tarifauseinandersetzungen zu stärken.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Sie wollen die Steuerzahler die Streiks bezahlen lassen!)

    Sie haben wiederholt — der Kollege Schreiner hat in einer Zwischenfrage darauf hingewiesen — die Arbeitszeitverkürzungspolitik madig zu machen versucht. Den Tarifvertragspartnern sei dafür gedankt, daß sie sich das nicht von Ihnen haben einreden lassen. Ohne die von den Gewerkschaften erkämpfte Verkürzung der Arbeitszeit wäre die Massenarbeitslosigkeit noch höher und wären die Fortschritte auf dem Arbeitsmarkt, die es zweifelsohne in geringem
    Umfang gibt, nicht möglich geworden. Das Arbeitsvolumen — und das sollten Sie sich einmal vergegenwärtigen —, also die Summe aller geleisteten Arbeitsstunden, wird in diesem Jahr nicht höher sein als zu Beginn der 80er Jahre.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Aber besser verteilt!)

    Die Umverteilung der Arbeitszeit ist eine Politik für die Arbeitnehmer, ist der Ausdruck der Solidarität der Beschäftigten mit den Arbeitslosen. Was Sie im Kopf haben — es tut mir leid, das immer wieder sagen zu müssen — , ist lediglich die Umverteilung von unten nach oben.
    Da gibt es einen Bundesarbeitsminister und einen Kandidaten in NRW auf Durchreise, der den Vorruhestand abgeschafft hat, den bescheidenen staatlichen Beitrag zur Arbeitszeitverkürzung. Die Operation, nehme ich an, war Idee des Arbeitsministers. Aber als es dann Kritik gab, hat er wie immer sogleich klein beigegeben. Niemand ist gegen die Wende zu Lasten der Arbeitnehmer angetreten.
    Sie haben den Vorruhestand abgeschafft, aber gleich gewußt: Ohne Ablenkungsmanöver geht es nicht. Altersteilzeit heißt es nun. Nur, das ist ein Muster ohne Wert, weil die Bedingungen der Annahmefähigkeit entgegenstehen.
    Wir Sozialdemokraten danken den Metallern, daß die solidarische Arbeitszeitpolitik fortgesetzt wird. Aber Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit kann man nicht allein den Gewerkschaften, den Tarifvertragsparteien überlassen.

    (Beifall bei der SPD — Scharrenbroich [CDU/ CSU]: Haben wir auch nicht!)

    Eine beschäftigungsorientierte Wirtschaftspolitik und eine produktive Arbeitsförderungspolitik gehören dazu. Diese Verknüpfung ist Politik für Arbeitnehmer.

    (Frau Dr. Timm [SPD]: Sehr richtig! — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Findet statt!)

    Vielleicht, Herr Scharrenbroich besinnen Sie sich einmal auf diese schlichte Aussage.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Das macht die Koalition! Genau das macht die Koalition!)

    Sie wollen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern immer neue Lasten aufbürden. Sie wollen die Entkoppelung von individueller und betrieblicher Arbeitszeit forcieren.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Nein, wir steigern die Realeinkommen der Arbeitnehmer!)

    Das entspräche, sagen Sie, dem wachsenden Bedürfnis der Arbeitnehmer nach Zeitsouveränität. Wo haben Sie das eigentlich her?
    Mehr Arbeit an Wochenenden als Ausdruck gestiegener Zeitsouveränität zu verkaufen, das betrachte ich als übermütig, ja als zynisch. Die Metaller haben den Schutz des Wochenendes gesichert — Gott sei Dank — gegen Ihre Politik für Arbeitgeber. Ihr Entwurf eines Arbeitszeitgesetzes, den Sie hier nicht wei-



    Heyenn
    ter zu verfolgen wagen, macht das Tor zur Wochenendarbeit völlig auf.
    Die Bundesregierung, so habe ich in Ihrer Antwort gelesen, beobachtet die Entwicklung der Überstunden aufmerksam. Das ist eine ganz tolle Leistung. Ich stelle mir vor, wie jeden Abend vor seinem Kamin der Bundesarbeitsminister die langen Statistiken der Überstunden liest. Eine Million Arbeitsplätze macht das rein rechnerisch aus.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Eine einfache Rechnung! So einfach wie falsch!)

    Aber darf man fragen, welche Erkenntnisse dem abwesenden Arbeitsminister daraus erwachsen sind? Keine.

    (Zuruf von der SPD: Der muß sich von der gestrigen Diskussion erholen!)

    Sie wissen selber, daß nur gesetzgeberische Maßnahmen einen Abbau der massenhaften Überstunden bewirken können. Die Kollegen von den Sozialausschüssen wie Herr Scharrenbroich vertreten diese Position ja draußen auch. Aber hier gibt es nur Jubelreden, pflichtgemäß. Erledigt.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Jede Politik kann besser werden!)

    — Ja.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Natürlich!) Aber diese ist gescheitert.


    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Nein! Genau das Gegenteil! — Strube [CDU/CSU]: Wie war es 1982?)

    Lassen Sie mich doch noch einmal, wenn Sie es denn jetzt provozieren, zu Ihrem Meisterwerk kommen, zum Blumschen Meisterwerk, zur Gesundheitsreform. Diese Gesundheitsreform ist sozial ungerecht, weil sie einseitig Patienten belastet.

    (Günther [CDU/CSU]: Auch schon wieder völlig falsch!)

    Diese Gesundheitsreform ist sozialpolitisch schädlich, weil der Grundsatz der Solidarität unter der verleumderischen und unzutreffenden Aussage „Solidarität neu bestimmen!" verletzt wird. Diese Gesundheitsreform ist gesundheitspolitisch falsch, weil sie sich auf symptomatische Kostendämpfung beschränkt.

    (Strube [SPD]: Weil sie die Beitragssätze anpaßt?)

    Diese Gesundheitsreform ist verteilungspolitisch einseitig. Diese Gesundheitsreform ist strukturpolitisch unwirksam.

    (Schemken [CDU/CSU]: Und die Realeinkommen?)

    Wenn wir das sagen — Herr Schemken, Sie bestätigen das —, gibt es regelmäßig Zwischenrufe,

    (Günther [CDU/CSU]: Er hat gar nichts bestätigt!)

    weil Sie die Wahrheit nicht vertragen können.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Weil wir die Unwahrheit nicht ertragen können!)

    Nehmen Sie eigentlich die Briefe, die im Arbeitsministerium und bei Ihnen zur Gesundheitsreform eingehen, nicht ernst?

    (Günther [CDU/CSU]: Sie kennen doch meine Briefpost gar nicht!)

    Sie würden doch sonst nicht immer wieder wahrheitswidrig behaupten, die sogenannte Gesundheitsreform habe die Arbeitnehmer entlastet.

    (Günther [CDU/CSU]: Das stimmt sogar!)

    Sie haben bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern abkassiert,

    (Günther [CDU/CSU]: Entlastet!) und Sie wollen das weiter tun.


    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Was?)

    Die Lasten der beruflichen Eingliederung von Aus- und Übersiedlern in Höhe von 3 Milliarden DM bei der Sprachförderung

    (Schreiner [SPD]: Leider wahr!)

    lassen Sie die Arbeitnehmer aus ihren Beiträgen bezahlen, obwohl dies eine gesamtgesellschaftliche Belastung ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU. Das ist nicht richtig! Arbeitnehmer und Arbeitgeber!)

    Das ist ein Skandal sondergleichen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Kleinen, die Arbeitnehmer, sollen bezahlen, und die anderen wollen Sie mit 25 Milliarden DM entlasten.
    Das ist Ihr Prinzip, das Sie auch bei Ihrem Staatsvertrag anwenden wollen. Die Arbeitnehmer sollen aus ihren Beiträgen der Rentenversicherung eine sogenannte Anschubfinanzierung leisten,

    (Günther [CDU/CSU]: Wer sagt das denn?)

    und die Unternehmer sollen da drüben verdienen. Das ist Ihre Philosophie.
    Lassen Sie mich ein letztes sagen. Was Sie ideologisch hier vorbringen bei dem Streit um die Mindestrenten in der DDR, ist ein einziger Skandal. Sie wissen, daß es Mindestrenten in der DDR seit langem gibt. Deswegen von Draufsatteln zu sprechen oder von unverschämten Zusatzforderungen, das ist einfach nicht souverän und gegenüber den Bürgern in der DDR nicht seriös.
    Es geht nicht nur darum, unser Recht der DDR überzustülpen, sondern in der DDR auch zu erhalten, was zur sozialen Identität dieser DDR gehört, und da versagen Sie.

    (Beifall bei der SPD — Scharrenbroich [CDU/ CSU]: Und hier sagen Sie den Leuten, sie müßten zuviel bezahlen. Diesen Spagat werden Sie auf Dauer nicht durchhalten!)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Heinrich.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulrich Heinrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Eine alte Volksweisheit sagt: Das Glück ist mit dem Tüchtigen.



    Heinrich
    Wir haben tüchtig und konsequent den notwendigen Weg der Marktwirtschaft für mehr Privatinitiative, für den Abbau staatlicher Überreglementierung, für weniger Steuern sowie für mehr wirtschaftliches Wachstum und damit auch für mehr Beschäftigung beschritten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Fakten geben uns Recht, Herr Kollege Heyenn.
    Die Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns in der Bundesrepublik sind gut. Die Wirtschaft prosperiert, die Arbeitnehmer verdienen gutes Geld für gute Arbeit, und in breiten Schichten unseres Volkes besteht ein Wohlstand, um den uns Generationen zuvor beneidet hätten.

    (Beifall bei der FDP — Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Die nächsten Generationen werden es noch bedauern, wenn sie unseren Schutt wegräumen müssen! — Zurufe von der SPD)

    Die Attraktivität des Modells Bundesrepublik zeigt sich gerade auch im Verhältnis zur DDR. Hier ist eben nicht das kapitalistische Jammertal das SED/PDS jahrzehntelang gezeichnet hat

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Vertragspartner der SPD!)

    und das manche Kreise in der Bundesrepublik bereitwillig nachgebetet haben. Das haben wir alle noch in den Ohren; so lange ist das noch gar nicht her! Für die Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen war die konsequente, aber oft angefeindete, heute erneut vorgetragene Reformpolitik entscheidend. Wir Liberalen haben diese Reformen für notwendig gehalten.
    Erinnert sei an die Unkenrufe der Opposition, daß die Steuerreform zum totalen Ruin von Ländern und Gemeinden führen würde.

    (Abg. Günther [CDU/CSU]: Horrormeldungen waren das!)

    Die Wahrheit dagegen ist, daß wir niemals über so große Einnahmenzuwächse verfügt haben wie in dieser Zeit, in der die letzte Stufe der Steuerreform zum Tragen gekommen ist.
    Zu Recht weisen die wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute in ihrem Frühjahrsgutachten darauf hin, daß sich der private Verbrauch in der Bundesrepublik vor allem auf Grund der Steuerentlastung beschleunigt hat. Die Steuerreform hat trotz Steuersenkung

    (Günther [CDU/CSU]: Gerade deshalb!)

    — ich wiederhole das — zu einer Konsolidierung der öffentlichen Haushalte beigetragen

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    und zu einer erhöhten Zuwachsrate bei den Investitionen gerade der mittelständischen Betriebe und damit zu einer Stärkung unserer Wirtschaft insgesamt geführt. Die von der SPD ins Feld geführte Neiddiskussion um den Spitzensteuersatz

    (Zuruf von der SPD: Na, na!)

    ist ins Leere gelaufen.

    (Zuruf des Abg. Heyenn [SPD])

    — Was ist denn los, Herr Kollege; wie haben Sie das eben gerade gerechtfertigt?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Er ist ganz ruhig geworden!)

    Hier war nichts an Substanz. Gerade durch unsere kluge Steuerpolitik konnten günstige Voraussetzungen auch für den Arbeitsmarkt geschaffen werden.

    (Beifall bei der FDP)