Rede von
Dr.
Herta
Däubler-Gmelin
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Danke schön, Frau Präsidentin. Ich nehme die Möglichkeit deswegen gern wahr, weil ich den Eindruck habe, der Grundkonflikt, um den es im Augenblick gehen soll, ist noch nicht so deutlich, und dazu möchte ich gern etwas sagen.
Ich denke, alle müssen sich darüber im klaren sein: Arbeitnehmer arbeiten verantwortungsbewußt und keineswegs irgendwie unter Verletzung von Sorgfaltspflichten. Ihnen das zu unterstellen wäre genauso falsch, wie das Gleiche z. B. Arbeitgebern zu unterstellen. Arbeitnehmer arbeiten aber in Verhältnissen, in Arbeitsbedingungen, die sie selbst nicht oder nicht allein festlegen. Arbeitgeber haben das Direktionsrecht, sie haben Weisungsrechte, sie haben die Möglichkeit, die Organisation festzulegen, sie haben die Möglichkeit, viel über das Tempo zu sagen. Deshalb ist es völlig richtig, daß hier individuelle Haftungsregelungen einfach nicht unbesehen übernommen werden können, sondern es geht darum, einen vernünftigen Interessens- und Risikoausgleich im Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu finden. Das ist das Grundanliegen und der Grundkonflikt.
Ich bin der Meinung, in den weiteren Gesetzesberatungen können wir dann ruhig offenlegen: Der eine vertritt die Arbeitgeberinteressen, der andere die Arbeitnehmerinteressen. Da gibt es sicherlich auch zwischen Ihnen und mir unterschiedliche Auffassungen. Das kann man offenlegen, nur es geht nicht, daß bestritten wird, daß die Abwägung erforderlich ist, oder daß der Arbeitnehmerseite hier Bequemlichkeit unterstellt wird, wie Sie es getan haben, Herr Hüsch. Lesen Sie es im Protokoll Ihrer Rede nach!
Ich denke, bei dieser Risikoabwägung müssen auch zwei hier noch nicht genannte Elemente sehr deutlich zum Ausdruck kommen und auch berücksichtigt werden. Das macht die Rechtsfortbildung durch den Gesetzgeber nötig.
Das ist einmal: In den letzten Jahren hat sich die Arbeitsteilung ganz ungeheuer vergrößert und vertieft. Die Leistung des einzelnen wird immer stärker auf Teilbeträge und Teilbestandteile konzentriert. Das verändert nicht nur die Verantwortlichkeit, sondern auch die Möglichkeit, hier bestimmte Sorgfaltspflichten auf Dauer auszuüben, es verändert natürlich auch die Risiken.
Ganz kleine Verletzungen haben heute unglaublich große Schäden zur Folge. Herr Kollege Kleinert, ich glaube, das sollten Sie sich auch überlegen, weil ich von Ihnen in der Rechtsfortbildung das eine oder andere wirklich kluge Argument erwarte. Deswegen sind wir der Meinung, daß bei Sorgfaltspflichtverletzungen diese Tatsache berücksichtigt werden muß. Deshalb sind wir für die Begrenzung der Haftungsschäden, wobei wir selbstverständlich über drei Monate, zwei Monate oder vier Monate miteinander reden können.
Herzlichen Dank.