Rede von
Prof. Dr.-Ing.
Karl-Hans
Laermann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die FDP begrüßt, daß nach einem insgesamt zeitaufwendigen und schwierigen Entwicklungsprozeß nun mit dem Raumfahrtaufgabenübertragungsgesetz — eine schöne Wortschöpfung übrigens — endlich die letzte noch fehlende Komponente im Regelwerk für die Rahmenbedingungen, in denen DARA arbeiten soll, zur Beratung vorliegt. Bei den Anforderungen an die Organisationsstrukturen einer Raumfahrtagentur geht es doch — da sind wir hoffentlich einig — um folgende Kernpunkte: straffe Organisation, institutionalisierte Instrumentarien zur Gewährleistung der Zusammenarbeit zwischen den Ressorts, Herr Kollege Fischer, Einbindung von Wissenschaft und Industrie bei der Erarbeitung von Raumfahrtzielsetzungen und vor allem auch Wahrnehmung deutscher Interessen in internationalen Gremien.
Mit den jetzt geschaffenen Rahmenbedingungen sind die geforderten Strukturmerkmale weitgehend realisierbar. In dem einen oder anderen Punkt — das verhehle ich nicht — hätten wir gerne noch eine größere Flexibilität erreicht, z. B. bei den Rahmenbedingungen für die Personalpolitik der DARA. Bei unseren nachhaltigen Bemühungen sind wir hier aber offenbar an die Grenzen des in der Bundesrepublik Machbaren gestoßen. Ich meine, verbleibende Mängel können nunmehr nur noch durch besonders engagiertes und qualifiziertes Personal ausgeglichen werden.
Aus der Sicht der FDP bedarf es aber darüber hinaus zusätzlicher konzeptioneller Arbeit. Das betrifft vor allen Dingen die organisatorische Gestaltung, die inhaltliche und zeitliche Abklärung operativer Teilziele sowie ihrer Durchsetzungswege. Diese Arbeit muß die DARA jetzt leisten, und zwar selbst.
Dabei geht es z. B. auch um die Einschätzung und Entwicklung von Handlungsalternativen einschließlich der systematischen Überprüfung von Mittel- und Langfristzielen unter den vorgenannten Rahmenbedingungen und urn Realisierungskonzepte für Unternehmensziele. Bereits in der Startphase ist eine wirkungsvolle Begleitung des Aufbaus von DARA unter diesem Aspekt besonders wünschenswert. Hier müssen von Anfang an die richtigen Weichenstellungen nach innen und nach außen vorgenommen werden. Dazu gehören z. B. auch Professionalität und Sensibilität für Timing und Inhalt von Presseerklärungen. Bevor die Forderung nach mehr Geld erhoben wird, sollte doch zunächst eine in sich schlüssige Gesamtkonzeption der Raumfahrtpolitik entwickelt werden,
in die die nationalen, europäischen und internationalen Aktivitäten einbezogen werden.
Es hat von verschiedenen Seiten Klagen über die Schwierigkeiten beim personellen Aufbau der DARA gegeben. Die Zeit, die ich zur Verfügung habe, reicht leider nicht, um darauf genauer einzugehen. Aber zwei Punkte möchte ich dennoch nennen. Die FDP hat kein Verständnis dafür, wenn bei der geschilderten Sachlage Personalübergänge zur DARA durch kleinliche Tarifrabulistik behindert werden.
Die FDP hält es für unverantwortlich, wenn mit öffentlichen Mitteln langjährig aufgebaute Fachkompetenz in funktionsfähigen und erprobten Expertenteams beim Projektträger in der DLR durch unklare Arbeitsplatzperspektiven bei den Übernahmeverhandlungen in ihrem Fortbestand gefährdet sind
und damit möglicherweise oder sogar gewiß die Mitarbeiter demotiviert werden.
Meine Damen und Herren, das vorliegende Gesetz zu einem internationalen Übereinkommen über Bau und Nutzung einer bemannten zivilen Raumstation ist ein bemerkenswerter Schritt hin zu globaler Kooperation bei großen technisch-organisatorischen Aufgaben. Die FDP begrüßt dieses Übereinkommen.
14410 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1989
Dr.-Ing. Laermann
Die hoheitlichen und administrativen Fragen konnten in dem Übereinkommen zwischen den Partnerstaaten befriedigend geregelt werden.
Wichtig für uns — Herr Kollege Fischer, das ist eine Kernaussage — ist der Art. 1 Abs. 1, in dem festgestellt wird, daß es sich um eine zivile Raumstation für friedliche Zwecke in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht handelt.
Meine Damen und Herren, mit der Beteiligung an dem ESA-Projekt Columbus wie auch mit den Großprojekten Hermes und Ariane V sind weitreichende inhaltliche und finanzielle Marksteine für das Engagement der Bundesrepublik gesetzt worden. Es wird nunmehr darauf ankommen, diese Großprojekte auch im Hinblick auf ihre technische Realisierung und Leistungsfähigkeit so weit zu definieren, daß die Nutzungsmöglichkeiten dieser Infrastrukturelemente im erdnahen Weltraum inklusive der damit verbundenen Kosten in akzeptablen Grenzen kalkulierbar bleiben.
Macht ein Projekt Hermes, technisch gesehen, noch einen Sinn, wenn die Nutzlast gegen null geht?
Und muß, wenn diese Frage verneint wird, nicht auch das Projekt Ariane V kritisch betrachtet werden?
Solange also die tatsächlichen Nutzungsmöglichkeiten dieser Infrastrukturen offen sind, wird die Gewinnung von Nutzern mit eigenem finanziellen Engagement wohl erfolglos bleiben.
Damit wird aber auch die Beteiligung der Bundesrepublik an diesen Projekten umstritten bleiben.
Eine Begründung, die nur auf allgemeine außenpolitische Erfolge abzielt,
reicht hier nicht aus, wiewohl wir nicht verkennen wollen, daß hier internationale Verpflichtungen eingegangen wurden,
insbesondere mit einer Reihe von europäischen Staaten, denen sich jetzt auch — und das beachten Sie
bitte — Schweden angeschlossen hat, Verpflichtungen aus denen man mit Fug und Recht nicht so ohne weiteres herauskommt.
Aus der Sicht der FDP muß es gelingen, oberhalb der Entscheidungsebene über einzelne Raumfahrtprojekte zu einem langfristigen Grundkonsens in Politik und Wirtschaft über Ziele und Absichten der nationalen Weltraumpolitik zu kommen.
Ich danke Ihnen.