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ID1118600600

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    Plenarprotokoll 11/186 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 186. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 14393 A Zusatztagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung über den Begriff des Arbeitsumfelds und den Anwendungsbereich von Artikel 118 a des EWG-Vertrags (Drucksachen 11/3899, 11/5997) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt: Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses zu der dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 2/89 (Drucksache 11/6084) 14393 B Zusatztagesordnungspunkt 15: Beratung der Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag des Abgeordneten Dr. Scheer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Einberufung einer zweiten Konferenz der Nicht-Kernwaffenstaaten (Drucksachen 11/2202, 11/5705) Dr. Scheer SPD 14393 D Lowack CDU/CSU 14396 C Eich GRÜNE 14397 C Dr. Feldmann FDP 14398 D Schäfer, Staatsminister AA 14400 C Dr. Soell SPD 14402 C Lamers CDU/CSU 14403 D Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 29. September 1988 zwischen der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, Regierungen von Mitgliedstaaten der Europäischen Weltraumorganisation, der Regierung Japans und der Regierung Kanadas über Zusammenar-belt bei Detailentwurf, Entwicklung, Betrieb und Nutzung der ständig bemannten zivilen Raumstation (Drucksache 11/4576) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf dem Gebiet der Raumfahrt (Raumfahrtaufgabenübertragungsgesetz) (Drucksache 11/5994) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zu dem Antrag des Abgeordneten Vosen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Weltraumpolitik der Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen 11/1995, 11/4723) Dr. Probst, Parl. Staatssekretär BMFT 14405 A Fischer (Homburg) SPD 14406 D Dr.-Ing. Laermann FDP 14409 B Wetzel GRÜNE 14410 C Dr. Rüttgers CDU/CSU 14412 A Catenhusen SPD 14415D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1989 Tagesordnungspunkt 19: Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Dr. Ehmke (Bonn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Ost-West-Handel mit Hochtechnologiegütern (Drucksachen 11/2658, 11/3726) Roth SPD 14418 D Kittelmann CDU/CSU 14421 A Stratmann GRÜNE 14423 B Funke FDP 14425 B Beckmann, Parl. Staatssekretär BMWi . 14426 C Vosen SPD 14427 C Dr. Schwörer CDU/CSU 14428 B Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Strafnachlaßgesetzes zum 40jährigen Bestehen der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 11/4555) Frau Nickels GRÜNE 14430 B Marschewski CDU/CSU 14431 A Dr. de With SPD 14432 B Kleinert (Hannover) FDP 14433 C Dr. Jahn, Parl. Staatssekretär BMJ 14434 B Nächste Sitzung 14435 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 14437* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 14437* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1989 14393 186. Sitzung Bonn, den 15. Dezember 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 185. Sitzung, Seite 14391' A: In die Liste der entschuldigten Abgeordneten sind einzufügen: Hoss GRÜNE 14. 11. 89 und Scharrenbroich CDU/CSU 14. 11. 89 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein CDU/CSU 15. 12. 89 Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP 15. 12. 89 Dr. Ahrens SPD 15. 12. 89 * Dr. Apel SPD 15. 12. 89 Bachmaier SPD 15. 12. 89 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 15. 12. 89 Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU 15. 12. 89 Frau Becker-inglau SPD 15. 12. 89 Dr. Bötsch CDU/CSU 15. 12. 89 Dr. Briefs GRÜNE 15. 12. 89 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 15. 12. 89 Dr. Diederich (Berlin) SPD 15. 12. 89 Egert SPD 15. 12. 89 Dr. Ehmke (Bonn) SPD 15. 12. 89 Ehrbar CDU/CSU 15. 12. 89 Dr. Ehrenberg SPD 15. 12. 89 Dr. Emmerlich SPD 15. 12. 89 Eylmann CDU/CSU 15. 12. 89 Frau Frieß GRÜNE 15. 12. 89 Gattermann FDP 15. 12. 89 Dr. Geißler CDU/CSU 15. 12. 89 Genscher FDP 15. 12. 89 Dr. Götz CDU/CSU 15. 12. 89 Grünbeck FDP 15. 12. 89 Frau Hasselfeldt CDU/CSU 15. 12. 89 Hauser (Esslingen) CDU/CSU 15. 12. 89 Dr. Haussmann FDP 15. 12. 89 Dr. Häfele CDU/CSU 15. 12. 89 Frau Hämmerle SPD 15. 12. 89 Heyenn SPD 15. 12. 89 Hiller (Lübeck) SPD 15. 12. 89 Hoss GRÜNE 15. 12. 89 Irmer FDP 15. 12. 89 Jaunich SPD 15. 12. 89 Jung (Düsseldorf) SPD 15. 12. 89 Kißlinger SPD 15. 12. 89 Klein (Dieburg) SPD 15. 12. 89 Kolb CDU/CSU 15. 12. 89 Frau Kottwitz GRÜNE 15. 12. 89 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 15. 12. 89 Dr. Kreile CDU/CDU 15. 12. 89 Kreuzeder GRÜNE 15. 12. 89 Dr. Kübler SPD 15. 12. 89 Lummer CDU/CSU 15. 12. 89 Lutz SPD 15. 12. 89 Dr. Mechtersheimer GRÜNE 15. 12. 89 Meneses Vogl GRÜNE 15. 12. 89 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 15. 12. 89 Meyer SPD 15. 12. 89 Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU 15. 12. 89 Michels CDU/CSU 15. 12. 89 Dr. Müller CDU/CSU 15. 12. 89 Niegel CDU/CSU 15. 12. 89 Niggemeier SPD 15. 12. 89 Dr. Nöbel SPD 15. 12. 89 Petersen CDU/CSU 15. 12. 89 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Pohlmeier CDU/CSU 15. 12. 89 Rappe (Hildesheim) SPD 15. 12. 89 Reddemann CDU/CSU 15. 12. 89 Reimann SPD 15. 12. 89 Reuschenbach SPD 15. 12. 89 Rind FDP 15. 12. 89 Frau Rock GRÜNE 15. 12. 89 Scharrenbroich CDU/CSU 15. 12. 89 Dr. Schäuble CDU/CSU 15. 12. 89 Schluckebier SPD 15. 12. 89 Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 15. 12. 89 von Schmude CDU/CSU 15. 12. 89 Dr. Sperling SPD 15. 12. 89 Dr. Sprung CDU/CSU 15. 12. 89 Steiner SPD 15. 12. 89 Dr. Thomae FDP 15. 12. 89 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 15. 12. 89 Waltemathe SPD 15. 12. 89 von der Wiesche SPD 15. 12. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 15. 12. 89 Wissmann CDU/CSU 15. 12. 89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 15. 12. 89 Würtz SPD 15. 12. 89 Würzbach CDU/CSU 15. 12. 89 Dr. Zimmermann CDU/CSU 15. 12. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 11. Dezember 1989 bzw. 14. Dezember 1989 mitgeteilt, daß sie ihre Anträge auf Drucksache 11/5274 „Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze als Westgrenze Polens" und auf Drucksache 11/5969 „Melderechtsrahmengesetz (MRRG)" zurückzieht. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/4020 Drucksache 11/4226 Drucksache 11/4339 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/4489 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/2681 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 11/4341 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/4081 Nr. 2.12 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/4680 Nr. 2.13
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Tay Eich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Leider haben die Positionen des Kollegen Scheer, die er uns hier dargelegt hat, nur in geringem Maße in dem SPD-Antrag ihren Niederschlag gefunden. So bin ich leider gezwungen, mich mit der Grundlage dessen auseinanderzusetzen, worüber wir nachher abzustimmen haben, nämlich mit dem SPD-Antrag.
    Zwar hat Willy Brandt in seinen Ausführungen vom 23. September 1988 korrigiert, daß nicht er die erste Konferenz der Nichtatomwaffenstaaten initiiert hat, aber in dem vorliegenden SPD-Antrag ist das immer noch nicht geändert — jetzt, nach anderthalb Jahren. Dafür hat sich Brandt bezüglich des Nichtverbreitungsvertrages in anderer Hinsicht hervorgetan. Er machte sich als Außenminister der Großen Koalition für den Art. IV stark, der die Unterzeichnerstaaten verpflichtet — ich betone: verpflichtet — , die Verbreitung der sogenannten zivilen Atomtechnologie zu fördern, des weiteren einzutreten für die Außerkraftsetzung des Vertrages im Kriegsfalle, für eine begrenzte statt einer unbegrenzten Laufzeit und schließlich für die bilaterale Zusatzvereinbarung mit dem Signatarstaat USA, daß die BRD in einer Europäischen Union mit gemeinsamer Außen- und Sicherheitspolitik auch über Atomwaffen mitentscheiden darf.
    Brandt betonte in der erwähnten Rede zur ersten Lesung im letzten Jahr, er habe sich für den Art. VI des Nichtweiterverbreitungsvertrages eingesetzt, der die Atomwaffenstaaten zur Abrüstung auffordert. Was er nicht sagte: Auch in den zwei der drei bisherigen Überprüfungskonferenzen, die in die Zeit der SPD/FDP-Regierung fallen, stellte sich die Bundesrepublik schützend vor die USA, wenn die Nichtatomwaffenstaaten die atomare Abrüstung forderten.
    In den Jahren zwischen der ersten und zweiten Überprüfungskonferenz ging Helmut Schmidt mit der Lüge von der Raketenlücke hausieren und war so maßgeblich an der NATO-Vor- und -Aufrüstung und der anschließenden Stationierung von Pershing II und Cruise Missiles beteiligt.
    Auf der zweiten Überprüfungskonferenz 1980 waren die Differenzen zwischen den beteiligten Staaten so groß, daß es nicht einmal zu einer gemeinsamen Schlußerklärung kam. Die BRD betätigte sich dabei als Brandstifter. Sie verhinderte nicht nur, wie gesagt, die vertikale Non-Proliferation der Atommächte, sondern auch die horizontale, indem sie — in diesem Fall gemeinsam mit den Nichtatomwaffenstaaten — schärfere Exportkontrollen blockierte.
    So wie der Nichtverbreitungsvertrag formuliert ist, steht er schon deshalb diametral grüner Politik entgegen, weil, wie gesagt, sein Art. IV die Verpflichtung zur Förderung der Verbreitung der sogenannten zivilen Atomtechnologie beinhaltet.
    Wie unglaubwürdig der von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, formulierte langfristige Ausstieg aus der Atomenergie ist, zeigen Sie in diesen Tagen nicht nur durch Ihre Benrather Mauschelei mit der Regierung, durch die Sie sich verpflichtet haben, den Finger nicht in die Wunde der offenen Entsor-
    14398 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1989
    Eich
    gungsfrage zu legen. Das zeigt sich auch, wie ich meine, im vorliegenden Antrag.
    Eine Änderung des Art. IV kommt bei Ihnen nicht vor. Statt dessen stricken Sie eifrig an dem Märchen von der Trennbarkeit ziviler und militärischer Atomenergienutzung. Auf der Grundlage dieses Märchens hat die sozialliberale Bundesregierung das Atomgeschäft mit Brasilien abgeschlossen. Heute tut die SPD ganz erstaunt, daß Brasilien auf der Schwelle zum Atomwaffenstaat steht.
    Die jetzige Bundesregierung setzte noch einen drauf und sah sich nicht einmal veranlaßt, den Atomvertrag mit Brasilien am 18. November dieses Jahres zu kündigen, obwohl Brasilien sein militärisches mit dem sogenannten zivilen Atomprogramm, bei dem es ja mit der Bundesrepublik kooperiert, unter einem Dach vereinigt hat.
    Die künstliche Trennung von zivilem und militärischem Atomprogramm ermöglicht es der Bundesrepublik, durch ungehemmten Atomtechnologieexport Länder — ich nenne nur Pakistan, Indien, Argentinien, Südafrika, Brasilien — zu Atomwaffenschwellenländern zu machen.
    Außerdem ist seit der Affäre um die Firma Transnuklear, wenn auch noch viel zu wenig, Licht auf die regierungsamtlich geduldeten schmutzigen Geschäfte der Atom-Mafia gefallen.
    Die Bundesregierungen der letzten 20 Jahre haben auf diese Weise Geist und Buchstaben des Nichtverbreitungsvertrages systematisch untergraben. Wer wird der BRD künftig noch die Mitverfügung über Atomwaffen verwehren, wenn Länder wie Pakistan welche besitzen?
    Daß die BRD heute schon ein Atomwaffenstaat auf Abruf ist, dafür hat sie mit ihren gigantischen Atomprogrammen der 70er und 80er Jahre schon selbst gesorgt — unterstützt eben durch Art. IV des Nichtverbreitungsvertrages.
    Es ist absurd, eine Regierungspartei wie die CDU, die in ihrem Programm Großbritannien und Frankreich auffordert — Zitat — , „ihr nukleares Potential in eine gemeinsame europäische Sicherheitsunion" einzubringen, auf einer Konferenz zur Sachwalterin einer Verschärfung der NPT zu machen. Die CDU steht hier übrigens im Einklang mit der erwähnten, von Willy Brandt erkämpften europäischen Option des Nichtverbreitungsvertrages. Warum kämpft die SPD nicht für die Liquidierung dieses Erbes aus der Großen Koalition?
    Statt dessen demonstriert sie mit ihrem Bekenntnis zur atomaren Abschreckung durch die Zustimmung zum deutsch-französischen Verteidigungsrat vor einem Jahr, daß auch sie dem Reiz der Beteiligung an einer westeuropäischen Atomstreitmacht nicht widerstehen kann. Auf den Fensterbänken der NATO-Zimmer im europäischen Haus sollen keine Blumenkästen, da sollen Atomwaffen stehen.
    Jüngstes Beispiel, wie sich auch die SPD um einen eindeutigen, politisch und rechtlich einklagbaren Verzicht zu drücken versucht, war die Reaktion auf den GRÜNEN-Antrag „Atomwaffenverzicht ins Grundgesetz".
    Die SPD konterte mit einem „Verzicht auf Massenvernichtungswaffen", durch den der Bundestag lediglich die völlig unzureichenden bestehenden Verträge bekräftigen soll. Ich meine, dieselbe Wischiwaschiqualität hat ihr heutiger Antrag.
    Er verschleiert zum einen die reale umfassende Exportpolitik der BRD und das Streben nach Mitverfügung über Atomwaffen im Rahmen einer westeuropäischen Atomstreitmacht; zum anderen werden wesentliche Punkte wie der Verzicht auf eine europäische Option und der Stopp auch der sogenannten zivilen Nutzung der Atomenergie — Art. IV NPT — gar nicht angesprochen. Deshalb werden wir den vorliegenden Antrag ablehnen.
    Dabei wäre es durchaus notwendig, die Unzulänglichkeiten des Nichtweiterverbreitungsvertrages und seine Verbesserung anläßlich der letzten Überprüfungskonferenz im Herbst kommenden Jahres zu diskutieren. Denn bei allen Mängeln muß dem Nichtweiterverbreitungsvertrag die Funktion einer moralischen Instanz gegenüber der Weltöffentlichkeit zugesprochen werden, auf die auch die BRD gerne verweist, wenn ihr Atomwaffengelüste nachgesagt werden, und die darum auch eine gewisse politische Schranke für atomare Alleingänge der BRD darstellt.
    Für eine wirkliche Verbesserung des Zustandes müssen aber zunächst alle Leichen aus dem Keller geholt werden, und es muß ein gründliche Neuorientierung öffentlicht diskutiert werden, wie dies die Menschen in der DDR in viel umfassenderem Maße derzeit demonstrieren. Es wäre begrüßenswert, wenn die SPD den gleichen Mut aufbringen könnte wie die Menschen in unserem Nachbarstaat.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Feldmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Olaf Feldmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Gefahr der Weiterverbreitung von Atomwaffen ist eine der größten weltpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Niemand, Herr Kollege Scheer, unterschätzt die Bedeutung des Nichtverbreitungsvertrages. Aber, Herr Kollege, die Politik hat es in diesen bewegten Tagen nicht leicht, mit den Ereignissen Schritt zu halten. Ich muß Ihnen in aller Deutlichkeit sagen, Herr Kollege Scheer: Das Thema der heutigen Debatte ist überholt.
    Wir haben bereits 1985 einen ähnlichen Antrag der SPD beraten. Nach den rasanten Entwicklungen der letzten Zeit hätten Sie Ihren Antrag eigentlich zurückziehen müssen.

    (Dr. Soell [SPD]: Aktueller ist er geworden! — Dr. Scheer [SPD]: Damit gegen die größte Herausforderung gar nichts geschieht! Was machen Sie denn?)

    — Lieber Herr Kollege Scheer, regen Sie sich nicht auf! Die Einberufung einer zweiten Konferenz der Nicht-Kernwaffenstaaten paßt nicht mehr in die politische Landschaft. Ich muß das hier einmal so deutlich sagen. Denn anders als in den 70er Jahren und An-
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1989 14399
    Dr. Feldmann
    fang der 80er Jahre stehen die Zeichen der internationalen Politik klar auf Abrüstung und nicht mehr auf Wettrüsten. Das müssen Sie auch sehen!

    (Dr. Scheer [SPD]: Und auf deutschen Nuklearexport und anderes!)

    Beide Supermächte machen jetzt mit der Verpflichtung zu umfassender Abrüstung ernst, die sie in Art. VI des Vertrages eingegangen sind. Diese positive Entwicklung zeigt sich bereits bei der Unterzeichnung des INF-Vertrages, also bereits bei der ersten Lesung, die wir hier im September 1988 — wir alle haben hier dazu gesprochen — vorgenommen haben.
    Mittlerweile haben wir die zweite Nullösung. Die Möglichkeit einer Nachrüstung der atomaren Kurzstreckenraketen, die sogenannte Lance-Modernisierung, ist, wenn die Entwicklung so weitergeht, politisch so gut wie tot.

    (Dr. Scheer [SPD]: Sie müßte nach Ihrer Analyse doch jetzt schon tot sein!)

    1990 kann wirklich zum Jahr der Abrüstung werden, sowohl bei konventionellen als auch bei strategischen Waffen. Wir haben die berechtigte Hoffnung, daß wir 1990 auch ein weltweites Verbot der chemischen Waffen erreichen können, denn in Ost und West hat sich die Einsicht durchgesetzt, daß mehr Waffen nicht mehr Sicherheit, sondern eher weniger Stabilität und weniger Sicherheit bringen. Es muß daher im Interesse aller Nicht-Kernwaffenstaaten liegen, auch die Supermächte auf diesem Weg von der Konfrontation zur Kooperation zu unterstützen.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Herr Kollege Scheer, wir haben wirklich kein Problem mit der Intention Ihres Antrages. Auch wir wollen den Nichtverbreitungsvertrag stützen, stärken und verbessern. Aber wir halten den von Ihnen gewählten Weg für falsch. Die SPD muß sich darüber im klaren sein, daß sie durch diesen umfassenden Änderungskatalog eine Vielzahl unterschiedlichster Änderungswünsche anderer geradezu provoziert. Herr Kollege Scheer, Sie gefährden das, was Sie eigentlich schützen und verbessern wollen. Deswegen können wir Ihren Antrag nicht unterstützen.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Sie unterstellen in Ihrem Antrag gewissermaßen gemeinsame Interessen aller Nicht-Kernwaffenstaaten. So kann man das aber nicht sagen; das stimmt nicht. Eher ist das Gegenteil der Fall. Diese Gruppe besteht nämlich zum einen aus Blockfreien und Neutralen, zum anderen aus Mitgliedern beider Bündnissysteme, aus Unterzeichnern des Vertrages, aus Nicht-Unterzeichnern, vor allem aber aus Befürwortern der Nichtverbreitung einerseits und aus Beinahe-
    und Möchtegern-Atommächten andererseits. Worin soll da noch das gemeinsame Interesse liegen? Wenn ein solches besteht, dann liegt es nur noch in der Ausgrenzung aller Atommächte. Es hat aber keinen Sinn, in dieser diffizilen, schwierigen Frage die Atommächte auszugrenzen. Abrüstung kann man nicht gegen, sondern nur mit den Atommächten machen. Das will ich hier in aller Deutlichkeit sagen.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    So heterogen die Interessen dieser Gruppe wirklich sind, ist nicht einmal auszuschließen, daß eine solche Konferenz dieses mühsam geschnürte Konsenspaket des Nichtverbreitungsvertrages noch gefährden kann. Das wollen weder Sie — das unterstelle ich niemandem — noch wir; wir wollen es erst recht nicht. Irreführend, ja, sogar falsch, Herr Kollege, ist die in Ihrem Antrag enthaltene Behauptung, der Nichtverbreitungsvertrag werde 1995 auslaufen. Richtig ist vielmehr, daß die vierte Überprüfungskonferenz 1995 darüber entscheiden soll — —

    (Dr. Scheer [SPD]: Die vierte Überprüfungskonferenz wird 1990 stattfinden!)

    — Gut, das ist richtig. — Es soll 1995 entschieden werden, ob der Nichtverbreitungsvertrag auf unbegrenzte Zeit in Kraft bleiben soll oder ob weiterhin eine oder mehrere Fristen gelten sollen.

    (Dr. Scheer [SPD]: Immer korrekt bleiben!)

    — Sie haben es richtig zitiert, aber in Ihrem Antrag steht es noch falsch, und einen solchen falschen Antrag sollten Sie korrigieren, oder Sie sollten ihn zurückziehen und ihn hier nicht noch einmal einbringen.

    (Dr. Soell [SPD]: Wir beschließen ja nicht die Begründung, sondern die Sachinhalte!)

    — Gut, Sie geben zu, daß das dort falsch steht; einigen wir uns darauf.

    (Dr. Soell [SPD]: Erkenntnisgewinn ist immer erlaubt!)

    Herr Kollege Eich, Ihre Ausführungen zur zivilen Nutzung der Kernenergie zeigen Ihre Kompromißunfähigkeit und damit auch Ihre Politikunfähigkeit.

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Na, na, Herr Feldmann!)

    Bis heute haben 130 Staaten diesen Vertrag unterzeichnet. Das zeigt die breite Akzeptanz dieses Vertrages. Diese Akzeptanz beruht nicht zuletzt darauf, daß den Nicht-Kernwaffenstaaten, und zwar auch den Entwicklungsländern, die zum Teil großen Wert darauf legen, der Zugang zu kontrollierter friedlicher Nutzung der Atomkraft ausdrücklich garantiert wird.

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Es gibt keine friedliche Nutzung der Atomkraft! — Zuruf des Abg. Eich [GRÜNE])

    — Herr Eich, es ist richtig, daß die friedliche Nutzung der Atomkraftwerke bei uns längst in Frage gestellt wird; da gebe ich Ihnen ja recht. Aber wir dürfen nicht vergessen, daß dies die Grundlage des damaligen Konsenses ist. Ohne diese Grundlage, ohne diesen Konsens wäre dieser Vertrag nicht zustande gekommen, wäre dieser Vertrag wahrscheinlich auch heute nicht mehr zu halten. Das muß man als Realpolitiker einfach sehen, auch wenn einem das nicht paßt.
    Seit dem Inkrafttreten des Nichtverbreitungsvertrages im Jahre 1970 haben drei Überprüfungskonferen-
    14400 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1989
    Dr. Feldmann
    zen stattgefunden — und das geht jetzt wieder an die Adresse des Kollegen Scheer —: 1975, 1980 und 1985. Die vierte Konferenz wird in der zweiten Jahreshälfte 1990 durchgeführt. Und, Herr Kollege: Zwei von drei Vorkonferenzen haben bereits stattgefunden, und die dritte Vorkonferenz ist für April 1990 geplant. Allein dieser Zeitplan zeigt, daß die Durchführung einer Vorbereitungstagung der Nicht-Kernwaffenstaaten, wie Sie dies hier fordern, absolut unrealistisch ist.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Es ist klar, Herr Scheer, ein umfassender und verifizierbarer Teststopp ist ein wichtiger Baustein zur Beendigung des atomaren Wettrüstens; da stimmen wir voll überein. Die Bundesregierung hat ihr Interesse an einem Teststoppabkommen wiederholt bekräftigt, so auch in der deutsch-sowjetischen Erklärung vom 13. Juni 1989.
    Jetzt aber weiter: Die Außenminister Baker und Schewardnadse haben in Wyoming

    (Staatsminister Schäfer: Sehr richtig!)

    gemeinsame Experimente auf dem Boden der jeweils anderen Seite vereinbart.

    (Dr. Scheer [SPD]: Da geht's nur noch um Reduzierung! Machen Sie keinen Nebel!)

    — Das geht doch weiter, das ist doch der erste Schritt!

    (Dr. Scheer [SPD]: Es geht nur noch um Reduzierung! — Dr. Rüttgers [CDU/CSU]: Wer brüllt, hat keine guten Argumente! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Lieber Herr Kollege, wir machen Realpolitik, d. h. wir gehen Schritt für Schritt voran und können nicht am ersten Tag die Sterne vom Himmel holen.

    (Beifall bei der FDP)

    Die beiden Präsidenten, Bush und Gorbatschow, haben in Malta vereinbart, auf dem Gipfeltreffen im Juni die Voraussetzungen für die Ratifizierung der beiden Schwellenverträge von 1974 und 1975 zu schaffen. Natürlich müssen die amerikanisch-sowjetischen Gespräche in multilaterale Verhandlungen münden. Dann aber ist die Genfer Abrüstungskonferenz das richtige Gremium und nicht die von Ihnen vorgeschlagene weitere Konferenz.
    Die FDP wird sich, wie Außenminister Genscher im Juni 1988 am 20. Jahrestag der Unterzeichnung ausgeführt hat — ich darf zitieren —,
    ... auch zukünftig dafür einsetzen, daß der Nichtverbreitungsvertrag als Instrument einer wirksamen Verhinderung der Weiterverbreitung von Kernwaffen und als Basis für die internationale Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie integral bestätigt und bekräftigt wird.
    Ich darf zum Schluß feststellen: Die FDP läßt sich in ihrem Engagement für den Nichtverbreitungsvertrag von niemandem übertreffen.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Wir haben 1969 maßgeblich dazu beigetragen, daß dieser wichtige Vertrag von der Bundesrepublik unterzeichnet und ratifiziert wurde.

    (Zuruf von der SPD)

    — Ich stimme Ihnen zu. — Dieser Vertrag gehört ebenso wie die Schlußakte von Helsinki zu den Kernelementen internationaler Sicherheit und Stabilität. Sie sind das Herzstück des Abrüstungsprozesses und der Vertrauensbildung zwischen Ost und West. Auf dieser Grundlage sind jetzt die Chancen für eine neue, blockübergreifende Friedensordnung gewachsen. Diese Chancen werden wir nutzen; darauf können Sie sich verlassen.
    Danke sehr.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)