Rede von
Klaus
Harries
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der GRÜNEN ist nicht nur prüfenswert, er geht inhaltlich absolut in eine richtige Richtung. Nur ist er durch die dramatische Entwicklung der letzten Monate überholt.
Das angebotene Instrumentarium — Umweltswing und Umweltfonds — halten wir nicht für das effektive und geeignete finanzielle Mittel, um das zu tun, was die Umwelt braucht.
In der inhaltlichen Konzeption gehen Sie nicht weit genug. Auch darüber ist die Zeit hinweggegangen.
Umweltminister Töpfer — jeder von uns weiß es — hat heute in der DDR verhandelt, und zwar erfolgreich. Er hat die Zahl der Projekte, die er bereits im Sommer dieses Jahres mit der DDR abgesprochen hat — damals waren es sechs — , um elf erweitert. Das ist genau der richtige Schritt in die richtige Richtung und geht über den Bereich, den Sie, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE GRÜNEN, vorgeschlagen haben, den Energiebereich, weit hinaus; und das halten wir für richtig.
Wir halten es für richtig und begrüßen es ausgesprochen, daß er auch mit den Vertretern der neuen Opposition in der DDR verhandelt, gesprochen und sich abgestimmt hat.
Die Projekte, die der Umweltminister mit der DDR abgesprochen hat, werden — Sie haben es gesagt, Herr Kollege Knabe — etwa eine Milliarde DM kosten. Das erhöht sich um die Summe, welche die DDR nach den Absprachen, die der Umweltminister getroffen hat, dazu noch gegenhalten muß. Das ist der Einstieg. Das ist der Anfang.
Meine Damen und Herren, wir hatten gestern mit dem Umweltausschuß — Sie waren teilweise beteiligt — eine sehr interessante Diskussion mit Vertretern von Umweltverbänden von drüben, mit Vertretern, die unterschiedlichen politischen Gruppierungen angehört haben,
die aber in der Beurteilung der Umweltsituation und der Umweltsorgen voll einer Meinung waren. Sie haben übereinstimmend darauf hingewiesen, daß es in weiten Gebieten der DDR nicht nur bedrohliche, sondern katastrophale Situationen gibt. Was bei uns nur immer — ich sage das — herbeigeredet und übertrieben diskutiert wird, ist dort eine tagtägliche Sorge der Bevölkerung. Meine Damen und Herren, das war gestern der Eindruck, den wir alle einvernehmlich bekommen haben. Wir waren uns ja auch alle einig, daß das hier geholfen hat.
Das Gute und Richtige am Konzept des Umweltministers ist doch, daß eine breite Palette der anstehenden Themen aufgegriffen wird. Es wird über Naturschutz gesprochen. Es wird über Abfallbeseitigung gesprochen. Schönberg ist die große Sorge, das große Thema. Aber wir haben jetzt den Eindruck und können ihn haben, daß ein Ausstieg aus Schönberg — wir
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Dezember 1989 14387
Harries
benutzen ja Schönberg immer noch viel zuviel — eingeleitet wird.
Es gibt gemeinsame Überlegungen zur Verbesserung der Sicherheit bei den Kernkraftwerken drüben. Auch das ist etwas, was wir gemeinsam begrüßen können und was wir im Grunde immer gemeinsam gefordert haben.
Dann werden endlich Meßdaten ausgetauscht, damit wir rechtzeitig Pläne zur Luftreinhaltung bei Smoggefahr aufstellen können. Es gibt darüber hinaus endlich Daten, um die Wasserqualität der Elbe und der Werra — um zwei Beispiele zu nennen — rechtzeitig und genau analysieren zu können. Auch hier gibt es den Austausch und die Finanzierung der Technik.
Es gibt darüber hinaus die Pilotprojekte für die Beseitigung der Emissionen in die Luft, in die Gewässer und in den Boden.
Meine Damen und Herren, ich greife eine Idee auf, die Sie, Herr Knabe, hier vorgetragen haben, die Sie aber, wie ich meine, nicht konsequent zu Ende gedacht haben. Gelder müssen von uns kommen. Es wird auch nicht bei dieser einen Milliarde DM bleiben.
Das wird in den nächsten Jahren mehr werden. Nur, die DDR muß sich selbst helfen. Die Wirtschaft drüben, die Gewerbebetriebe, die Industrie müssen neue, andere, bessere Rahmenrichtlinien bekommen.
— Das habe ich doch gerade gesagt. Ich habe Sie zitiert. — Sie müssen von den Fesseln befreit werden, welche die Wirtschaft 40 Jahre daran gehindert haben, auch Gewinne zu erwirtschaften, um damit die bedrohlichen Altlasten und die neuen Lasten abzubauen. Das müssen wir gar nicht als Bedingung, aber einfach als vernünftige, sachgerechte Voraussetzung nennen.
Ein letztes Wort zu Ihrem Hauptthema, zur Energie. Meine Damen und Herren, auch Energiehilfe muß sein. Darüber muß genau nachgedacht werden. Der erste Schritt scheint mir zu sein, daß wir auch die DDR an den großen europäischen und westdeutschen Stromverbund anschließen müssen, damit wir in Notzeiten — womöglich noch in diesem Winter — ganz schnell helfen können. Wir leisten damit vielleicht einen Beitrag, daß drüben Kernkraftwerke für teures Geld nicht gebraucht werden. Unser Strom muß natürlich abgekauft werden. Die Braunkohlegewinnung kann nicht Grundlage für das endgültige Energiekonzept der DDR sein.
Meine Damen und Herren, wir sind auf dem richtigen Weg durch das, was jetzt verhandelt wird. Aus den dargelegten Gründen werden wir den Antrag der GRÜNEN ablehnen.