Rede von
Dr.
Anton
Stark
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon der
Eingangssatz der Kollegin Oesterle-Schwerin, daß es sich hier um fünf Gesetze handele, die sich nur mit den Frauen beschäftigten — mit Ausnahme des Umgangsrechts — , ist falsch. Das wirft ein bezeichnendes Licht darauf, wie Sie die Familie und das Zusammenleben von Mann und Frau und Kindern beurteilen.
Sehr verehrte Frau Kollegin, diese Gesetze betreffen Frau, Kind und Mann,
und zwar auch den verheirateten Mann und den nichtehelichen Vater. Sie dürfen aus der Familie — das geht aus den Entwürfen hervor — keine GmbH & Co KG machen, wie Sie es wollen,
in der jeder seine Rechte hat. Am besten wäre es dann, wenn der Staat dem Kind, der Frau und dem Vater einen Anwalt stellen würde.
Wir, die CDU/CSU-Fraktion, haben einen ganz anderen Familienbegriff. Auch unser Grundgesetz geht gemäß Art. 6 von einem ganz anderen Familienbegriff aus.
— Liebe Frau Nickels, mit Ihnen unterhalte ich mich im Rechtsausschuß. Stören Sie mich bitte nicht. Ich mache hervorragende Ausführungen.
Zur Änderung des Unterhaltsvorschußgesetzes und zu den geplanten Änderungen beim Regelunterhalt wird mein Kollege Werner nachher sprechen. Ich möchte mich schwerpunktmäßig mit dem Gesetz, das auch Sie in den Mittelpunkt Ihrer Ausführungen gestellt haben, nämlich mit dem Umgangsgesetz für Väter von nichtehelichen Kindern auseinandersetzen.
Wir haben im Jahre 1969, während der Großen Koalition, ein hervorragendes, modernes Nichtehelichen-Gesetz gemacht. Ich glaube, es ist eines der modernsten Gesetze dieser Art in der ganzen Welt. Es sieht u. a. einen Erbanspruch des nichtehelichen Kindes vor. Ich war maßgeblich am Zustandekommen dieses Gesetzes beteiligt. Ich war Berichterstatter meiner Fraktion für dieses Gesetz. Ich bin heute noch stolz darauf, daß es uns mit diesem Gesetz gelungen ist, daß das nichteheliche Kind und dessen Mutter aus der Diskriminierung herausgeholt wurden. Schon damals gab es eine große Diskussion: Wie weit soll der Vater des nichtehelichen Kindes eine Beziehung — und Sie reden ja soviel von Beziehungskisten; solche Dinge müßten Ihnen doch liegen — zu seinem Kind haben? Darüber gab es große Diskussionen im Unterausschuß und dann im Rechtsausschuß. Schon damals gab es die Meinung, daß das, was wir letztlich beschlossen haben, wohl nicht ausreichend sein würde. Danach hat der nichteheliche Vater nur zwei Pflichten: zu zahlen und Erbvater zu sein. Sonst hat er zu seinem Kind nahezu keinen Bezug. Im Gesetz heißt es nämlich:
14366 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Dezember 1989
Dr. Stark
Wenn er einen Umgang mit seinem Kind haben will, dann muß dieser Umgang dem Wohle des Kindes dienen. Der Vater muß das nachweisen. Er muß sagen: Ich bin ein so hervorragender Kerl, ich bin keiner normaler Mann, ich bin ein solcher Spitzenmann, daß mein Umgang mit meinem Kind dem Kind dient.
Das mußte er also bisher darlegen. Von Beweislast, liebe Frau Nickels, kann in diesem Zusammenhang überhaupt keine Rede sein, da hier das freiwillige Gerichtsbarkeitsverfahren gilt. Da gibt es keine Beweislast. Da gibt es den Amtsermittlungsgrundsatz. Da gibt es nur eine Darlegungs- und Vortragslast. Das vielleicht nebenbei gratis und en passant, Frau Nikkels.
Jetzt macht die Regierung — und das findet nach reiflicher Diskussion meine und die Unterstützung meiner Fraktion — einen behutsamen Versuch, den Vater des nichtehelichen Kindes
— eher zu behutsam; ich komme gleich noch darauf — nicht mehr nachweisen zu lassen, daß ein Umgang mit seinem Kind, für das er zahlt und von dem er auch beerbt wird — das haben wir eingeführt — , dem Wohle des Kindes nicht widerspricht. Das ist die behutsame Änderung. Sie ist vernünftig, meine Damen und Herren.
Warum hat man das nicht schon im Jahre 1969
— das ist ja keine Vorschrift von vor hundert Jahren — gemacht? Weil man von einem etwas einseitigen Bild des nichtehelichen Vaters ausging. Ich sage es jetzt auf meine Art: Man ging davon aus, daß er nur ein Interesse an dem Akt der Zeugung und sonst keines mehr seinem Kind hat. Dann muß er eben zahlen und wird beerbt.
Das wird inzwischen nicht mehr so einfach gesehen. Ich weiß ganz genau — ich habe mich mit den Problemen beschäftigt — : Es gibt sehr verschiedene Typen nichtehelicher Väter, d. h. auch hier gibt es ein breites Spektrum.
— Ich möchte jetzt nicht unterbrochen werden.
Es gibt keinen modellhaften Vater eines nichtehelichen Kindes. Es gibt sehr verschiedene Väter. Der eine hat sehr viel Interesse an seinem Kind und zahlt gern, der andere hat gar kein Interesse.
Es gibt aber inzwischen immer mehr Väter, die an ihrem Kind Interesse haben und mit ihm Umgang haben möchten.
Viele Psychologen und Psychotherapeuten sagen, es
liege im Normalfall im Interesse eines kleinen Kindes
und eines Kindes im Alter von vier, acht oder zehn Jahren, daß es auch einen Vater hat und ihn kennt. Das wollen wir ermöglichen. Deshalb ist dies ein ganz vernünftiger Vorschlag, Herr Minister Engelhardt, wenn die Regierung will.
— Bitte schön.