Rede von
Rainer
Funke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Geis, Sie wissen, daß ich Sie außergewöhnlich schätze.
Auch die Zusammenarbeit mit Ihnen im Rechtsausschuß macht immer sehr viel Freude. Leider sind Sie viel zu selten im Petitionsausschuß, obwohl Sie dort stellvertretendes Mitglied sind. Es wäre auch gut gewesen, wenn Sie bei dieser Beratung des Petitionsausschusses dabeigewesen wären und Ihr Sachwissen dort eingebracht hätten.
Allerdings, Ihre Formulierungen von „Desperados" und davon, daß die abgesondert werden müßten, gefällt mir überhaupt nicht
und entspricht auch nur wenig den liberalen Grundsätzen, mit denen wir hier vorzugehen haben.
Herr Kollege Peter, Sie wissen, daß wir Liberalen im Petitionsausschuß uns an Bindungen und irgendwelche Koalitionsabreden überhaupt nicht halten.
Deswegen kann ich den Vorwurf, wir sollten das hier nicht parteibezogen betreiben, wenigstens nicht gegen meine Fraktion gelten lassen.
Ich glaube auch, wir sollten dieser Petition nicht mit Aufgeregtheiten begegnen.
— Da werde auch ich aufgeregt, Frau Nickels; und das ist bei mir relativ selten, wie Sie wissen.
Aber ich glaube, daß auch durch Zeitablauf manche Aufgeregtheiten sich von selbst erledigt haben. Ich will damit nicht sagen, daß der AIDS-Bekämpfung nicht eine hohe Priorität eingeräumt werden muß.
Die Bundesregierung hat zu Recht immer den Standpunkt eingenommen, daß eine pauschale Anordnung von Zwangsmaßnahmen unsinnig sei.
Die Bundesregierung hat stets — und das ist richtig — den Schwerpunkt der AIDS-Bekämpfung auf Aufklärung und Betreuung, also auf präventive Maßnahmen, gesetzt.
Die Bundesländer — das ist der Kern dieser Petition — werden auf Grund des Art. 83 in der Weise tätig, daß sie das Bundesseuchengesetz als eigene Angelegenheit ausführen. In diesem Rahmen haben die Länder Verwaltungsvorschriften zur Bekämpfung von AIDS erlassen, nicht nur Bayern. Dies hat das Land Bayern mit der angegriffenen Verwaltungsvorschrift getan. Im Zuge der Ermittlungen sollen die Personen, die der Prostitution nachgehen oder drogensüchtig sind, vom Gesundheitsamt vorgeladen und notfalls zwangsweise vorgeführt werden. Bei Erhärtung des Verdachts auf AIDS und eines Anstekkungsverdachts soll auch die Blutabnahme angeordnet werden können und für sofort vollziehbar erklärt werden.
Nach Art. 83 Abs. 3 des Grundgesetzes unterliegen diese Vorschriften der Aufsicht der Bundesregierung. Dabei erstreckt sich die Aufsicht nur auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Verwaltungsmaßnahmen, nicht auf deren Zweckmäßigkeit. Da es sich bei dieser Frage um eine Frage der Ausführung und um eine Frage der Zweckmäßigkeit und nicht um eine Frage der Rechtmäßigkeit handelt, war und ist dieses Verhalten des Landes Bayern von der rechtlichen Seite her nicht zu beanstanden, da diese Maßnahmen nicht offensichtlich rechtswidrig sind.
Sie stehen sicher nicht im Gegensatz zum Bundesseuchengesetz.
Deswegen war das Einschreiten der Bundesregierung nicht möglich. Ob diese Anordnung der Bayerischen Staatsregierung zweckmäßig ist, daran habe ich allerdings großen Zweifel.
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Dezember 1989 14357
Funke
Es hat sich aber gezeigt, daß die Grundsätze, die von der Bundesregierung für die AIDS-Bekämpfung gemeinsam mit den Ministern und Senatoren der Länder in Berlin beschlossen worden sind, sich insgesamt bewährt haben. Die Unruhe, die durch das bayerische Vorgehen im Jahr 1988 entstanden ist, hat sich auf Grund der eigenen Praxis in Bayern von selbst gelegt. Auch die Bayerische Staatsregierung ist jetzt weitestgehend den Maßnahmen der Bundesregierung zur Seuchenbekämpfung gefolgt. Vielleicht hat sie auch die bessere Einsicht geleitet.
Vielen Dank.