Rede von
Dr.
Hans
de
With
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Datenschutz ist ein sehr wesentlicher Bestandteil der Rechtsstaatlichkeit, und Rechtsstaatlichkeit, Herr Eylmann, kann ohne Datenschutz nicht sein. Natürlich wissen auch wir, daß in jedem Ermittlungsverfahren Daten weitergegeben werden müssen. Deswegen besteht zwischen beidem ein natürliches Spannungsverhältnis.
Niemals haben wir gesagt, daß hier ein Gegensatz herrsche, der das eine oder andere ausschließe. Wenn Sie das unserem Entschließungsantrag entnommen haben, dann frage ich mich, wie Sie ihn gelesen haben. Er ist meiner Meinung nach nicht mißinterpretierbar. — Das zu Ihrer Kritik. —
Ich sage auch, daß Ihre Kritik gegenüber dem DAV, dem Deutschen Anwaltverein, ungerechtfertigt ist. Unser heutiger Entschließungsantrag zum Datenschutz zum Strafverfahren beschäftigt sich im Abschnitt C mit dem Verhältnis zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei. Wir verlangen darin nicht nur eine Stärkung der Staatsanwaltschaft gegenüber der Polizei in Ermittlungsverfahren. Wir fordern nachdrücklich — ich hoffe, Sie stimmen uns zu — die alleinige Sachleitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren und damit die — ich drücke es so
aus — Herrschaft der Staatsanwaltschaft über die bei der Strafverfolgung gewonnenen und übermittelten Daten.
Dazu besteht auch aller Grund; denn der bisher bekanntgewordene — ich gehe davon aus, es ist nur einer — Referentenentwurf des Bundesministers der Justiz, also der Referentenentwurf zur Regelung der durch das Volkszählungsgesetz aufgeworfenen Fragen, bringt Befürchtungen dergestalt, daß der Grundsatz, den ich soeben genannt hatte, umgestoßen werden könnte.
Der Deutsche Anwaltverein hat deswegen mit gutem Grund — das ist ein einmaliger Vorgang — zum 17. Januar 1990 in Bonn zu einem Forumsgespräch mit der Überschrift „Annexion des Strafverfahrens durch die Polizei" eingeladen. Denn die Strafverteidiger sind in höchstem Maße alarmiert und protestieren damit gegen — so heißt es dort — eine „Unterminierung der Staatsanwaltschaft in ihrer Rolle als allein zuständiger Strafverfolgungsbehörde".
Nun kann man vielleicht einwenden, das sei etwas zugespitzt. Aber Strafverteidiger im DAV müssen das tun; denn der Referentenentwurf ist in der Tat drauf und dran, das, was wir seit geraumer Zeit haben, zu verschieben, ja, fast umzustoßen. Dabei ist der Grundsatz der alleinigen Sachherrschaft — das sollte betont werden — der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren eine Errungenschaft demokratischer Umwälzungen im letzten Jahrhundert, auf die wir nicht nur stolz sein, sondern die wir auch hüten sollten. Es war nämlich das berühmte Promemoria von Savigny und Uhden vom 23. März 1846, also der Zeit vor der Paulskirche, das den Staatsanwalt — ich zitiere — „als Wächter des Gesetzes" vorschlug, mit dem Ziel, daß dieser „nicht erst mit der Überweisung eines Angeklagten an die Gerichte, sondern schon bei den vorhergehenden Operationen der Polizeibehörden" zu wirken habe, nämlich „ebenso sehr zum Schutz des Angeklagten als zu einem Auftreten wider denselben".
Dieser Grundsatz ist über den reformierten Strafprozeß in unsere Strafprozeßordnung eingegangen und gilt mit gutem Grund bis heute. Wir sollten alles tun, daß auch nicht ein Deut daran jetzt geändert wird.
Deswegen der Protest der Anwälte, und deswegen mein Hinweis hier und jetzt.