Rede von
Rainer
Funke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist inzwischen ein ganz bewährtes Verfahren der Sozialdemokraten, kurz vor Vollendung eines Regierungsentwurfs für ein neues Gesetz dieses als besonders dringlich zu bezeichnen und dann bei der Bundesregierung anzumahnen.
Die SPD weiß doch ganz genau, daß insbesondere auf Grund des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1983 die Bundesregierung intensiv an einem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Strafverfahrensrechts gearbeitet hat.
— Natürlich, seit sechs Jahren. — Die Bundesländer, die von Ihnen mitregiert werden, sind in die Beratungen mit einbezogen worden.
— Herr Dr. de With, Sie wissen doch ganz genau — Sie sind ehemaliger Staatssekretär im Bundesjustizministerium — , wie das läuft:
daß diese Entwürfe natürlich in die Länder gehen müssen, mit ihnen besprochen werden müssen. Dazu zählen natürlich auch die von der SPD regierten Länder. Die haben die ihnen gesetzten Fristen nicht nur sehr gut ausgenutzt, sondern zum großen Teil überzogen. Daß dadurch natürlich Abstimmungsschwierigkeiten erfolgen, ist doch ganz klar.
Sie wissen ganz genau, daß es sich hier — das haben Frau Dr. Däubler-Gmelin sehr hübsch und auch Herr Eylmann dargestellt — um ganz schwierige Abwägungsprozesse handelt. Dieses Gesetz wird die strafprozessuale Ermittlungstätigkeit mit Hilfe von neuartigen, aber auch althergebrachten Ermittlungsmethoden, die Verwendung personenbezogener Informationen, die in einem Strafverfahren erhoben worden sind, sowie die Verarbeitung personenbezogener Informationen in Dateien und ihre Nutzung regeln.
Es handelt sich dabei um schwierigste verfassungsrechtliche und strafprozessuale Aufgabenstellungen. Es ist also abzuwägen zwischen dem Interesse des Staates auf Strafverfolgung, auf möglichst effektive Strafverfolgung auf der einen Seite und auf der anderen Seite den individuellen Freiheitsrechten des Bürgers. Da hilft es uns überhaupt nichts, wenn wir auf die Schnelle Regelungen treffen. Selbst bei sechs Jahren muß man gelegentlich etwas abwägen. Wir sind noch bei einer Reihe von Gesetzen dabei, das Volkszählungsurteil aufzuarbeiten. Es ist nicht das einzige Gesetz, das auf Grund des Volkszählungsurteils novelliert werden muß.
— Natürlich. — Wir haben uns schon mehrfach über diese Fragen zu unterhalten gehabt. Die Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geht ja auch weiter, so daß auch neue Urteile mit einzubeziehen sind.
Diese schwierigen Abwägungsprozesse werden von der Bundesregierung vorgenommen. Die Länder werden einbezogen. Die Wissenschaft wird einbezogen. Ich bin sicher, daß Anfang nächsten Jahres die Bundesregierung diesen Gesetzentwurf als Regierungsentwurf vorlegen kann.
Es werden auch so wichtige Fragen zu behandeln sein wie die Rasterfahndung — Sie haben das erwähnt — , der EDV-Abgleich, den die Strafverfolgungsbehörden im Strafverfahren erhoben haben, sowie die Zulässigkeit des Abgleichens des Fahndungsbestandes mit sonstigen Daten, aber auch die Fahndung in der Öffentlichkeit für die Inanspruchnahme von Publikationsorganen. Dazu zählen auch die Zulässigkeiten und die Grenzen der langfristigen Observation, der Einsatz technischer Mittel zur Tataufklärung und der Einsatz der verdeckten Ermittler, wobei ich zugebe, auch Herrn Häfner gegenüber, daß man sich bei dem Einsatz verdeckter Ermittler natürlich unwohl fühlt.
Aber wir müssen auch die Frage der effektiven Strafverfolgung abwägen. Wir müssen mit den Kartellen von Banden fertigwerden, die uns zu schaffen machen. Ich möchte dann, wenn wir keinen verdeckten Ermittler einsetzen, von Ihnen gerne wissen, welche besseren polizeilichen Ermittlungsmethoden vorhanden sind; denn wir können uns diesen Banden auf Dauer nicht aussetzen.
14348 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Dezember 1989
Funke
Darüber hinaus müssen die Erteilung von Aktenauskunft und Akteneinsicht für Gerichte, Staatsanwaltschaften, Behörden, Privatpersonen und natürlich auch für uns Anwälte geregelt werden. Wichtig ist auch, unter welchen Voraussetzungen Polizeibehörden personenbezogene Informationen, die zunächst allein für Zwecke der Strafverfolgung erhoben worden sind, auch für präventiv-polizeiliche Zwecke verwendet und gegebenenfalls in Dateien verarbeitet werden dürfen. Auch das ist ein sehr sensibler Bereich. Auch da sind wir gerne bereit, mit Ihnen darüber nachzudenken, wie die Prävention am besten erfolgen kann.
Gewünscht ist darüber hinaus die Einrichtung eines zentralen Staatsanwaltschaftsverfahrensregisters.
Erschwert wird die Arbeit an diesem Gesetzentwurf dadurch, daß einzelne Länder entweder kein entsprechendes Polizeigesetz haben oder diese Polizeigesetze noch nicht novelliert haben.
Unter diesen Umständen habe ich hinsichtlich des sogenannten Übergangsbonusses — Frau Dr. Däubler-Gmelin hat das ja vorhin erwähnt — keine Bedenken, wenn die Bundesregierung noch Anfang nächsten Jahres einen entsprechenden Regierungsentwurf vorlegt. Ich hoffe, daß dann alle Parteien, einschließlich der Sozialdemokraten, konstruktiv an der Beratung dieses neuen Gesetzes mitwirken werden.
Vielen Dank.