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    Plenarprotokoll 11/183 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 183. Sitzung Bonn, Freitag, den 8. Dezember 1989 Inhalt: Erklärung zum Tag der Menschenrechte . 14149A Tagesordnungspunkt 17: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG-ReformG 1990) (Drucksache 11/5347) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (12. BAföGÄndG-E) (Drucksache 11/5961) c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD zu einer Reform des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (Drucksache 11/5348) d) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen mit der Altersgrenze in der Ausbildungsförderung (Drucksache 11/2823) e) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Achter Bericht nach § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zur Überprüfung der Bedarfssätze, Freibeträge sowie Vomhundertsätze und Höchstbeträge nach § 21 Abs. 2 (Drucksache 11/5524) Frau Odendahl SPD 14150A Möllemann, Bundesminister BMBW . . 14151D Wetzel GRÜNE 14153D Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU . . 14155 C Kuhlwein SPD 14158B Dr.-Ing. Laermann FDP 14160B Tagesordnungspunkt 18: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Daniels (Regensburg), Stratmann, Frau Teubner und der Fraktion DIE GRÜNEN: Einführung eines einheitlichen linearen zeitvariablen Tarifs für alle Verbrauchergruppen und Stromanwendungsgebiete (Drucksachen 11/2079, 11/5635) Dr. Sprung CDU/CSU 14162A Jung (Düsseldorf) SPD 14162D Dr.-Ing. Laermann FDP 14163 C Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . . 14164 C Beckmann, Parl. Staatssekretär BMWi . 14165B Tagesordnungspunkt 20: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz — EschG) (Drucksache 11/5460) b) Erste Beratung des von der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Siebenunddreißigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 74 Nr. 19 a — neu —) (Drucksache 11/5709) c) Erste Beratung des von der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 183. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Dezember 1989 zur Regelung von Problemen der künstlichen Befruchtung beim Menschen und bei Eingriffen in menschliche Keimzellen (Drucksache 11/5710) Engelhard, Bundesminister BMJ 14166D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 14167 D Seesing CDU/CSU 14170C Frau Schmidt (Hamburg) GRÜNE . . . 14172C Funke FDP 14173D Tagesordnungspunkt 19: a) Erste Beratung des von dem Abgeordneten Dr. de With, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — Abschöpfung von Gewinnen, Geldwäsche — (. . . StrÄndG) (Drucksache 11/5313) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — Vermögensstrafe — (. . . StrÄndG) (Drucksache 11/5461) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Matthäus-Maier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Unterbindung der Geldwäsche zur Bekämpfung des Rauschgifthandels (Drucksache 11/5738) d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Nickels und der Fraktion DIE GRÜNEN: Abrüstung im Drogenkrieg Entkriminalisierung des Drogenkonsums, Verringerung der Kriminalität und Förderung von Hilfsangeboten (Drucksache 11/4936) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Nickels und der Fraktion DIE GRÜNEN: Sofortprogramm für Heroinabhängige (Drucksache 11/5966) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit über die Rauschgiftsituation und die Grundzüge eines Nationalen Rauschgiftbekämpfungsplans Bericht des Bundesministers der Justiz zur Umsetzung der Drogenkonvention, zur Novellierung der Vorschriften über Verfall und Einziehung und anderer Vorschriften des Strafgesetzbuches sowie zu Maßnahmen zum Aufspüren von Drogengewinnen (Drucksache 11/5525) Engelhard, Bundesminister BMJ 14175D Singer SPD 14176D Hörster CDU/CSU 14178 C Frau Nickels GRÜNE 14181 B Kleinert (Hannover) FDP 14182 D Dr. Hauchler SPD 14184 A Nächste Sitzung 14185D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 14187* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede des Abgeordneten Dr. Göhner (CDU/CSU) zu Tagesordnungspunkt 11 (Entwurf eines Tierzuchtgesetzes) 14187* D Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zu Punkt 12 der Tagesordnung (Antrag der Abgeordneten Frau Garbe und der Fraktion DIE GRÜNEN: Maßnahmen zum Schutz vor Gesundheits- und Umweltgefahren durch Perchloräthylen und andere chlorierte Kohlenwasserstoffe) 14189* A Anlage 4 Amtliche Mitteilungen 14190* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 183. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Dezember 1989 14149 183. Sitzung Bonn, den 8. Dezember 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein CDU/CSU 08. 12. 89 Dr. Ahrens SPD 08. 12. 89 Antretter SPD 08. 12. 89 * * Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 08. 12. 89 Frau Becker-Inglau SPD 08. 12. 89 Dr. Biedenkopf CDU/CSU 08. 12. 89 Bindig SPD 08. 12. 89 * * Frau Blunck SPD 08. 12. 89* * Dr. Bötsch CDU/CSU 08. 12. 89 Büchner (Speyer) SPD 08. 12. 89* Frau Conrad SPD 08. 12. 89 Daubertshäuser SPD 08. 12. 89 Daweke CDU/CSU 08. 12. 89 Duve SPD 08. 12. 89 Ehrbar CDU/CSU 08. 12. 89 Eich GRÜNE 08. 12. 89* Frau Eid GRÜNE 08. 12. 89 Dr. Faltlhauser CDU/CSU 08. 12. 89 Frau Frieß GRÜNE 08. 12. 89 Frau Ganseforth SPD 08. 12. 89 Dr. Gautier SPD 08. 12. 89 Frau Geiger CDU/CSU 08. 12. 89 Dr. Geißler CDU/CSU 08. 12. 89 Dr. von Geldern CDU/CSU 08. 12. 89 Genscher FDP 08. 12. 89 Dr. Haack SPD 08. 12. 89 Frau Dr. Hartenstein SPD 08. 12. 89 Dr. Häfele CDU/CSU 08. 12. 89 Heimann SPD 08. 12. 89 Hiller (Lübeck) SPD 08. 12. 89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 08. 12. 89 Hoss GRÜNE 08. 12. 89 Dr. Hüsch CDU/CSU 08. 12. 89 Jaunich SPD 08. 12. 89 Dr. Jenninger CDU/CSU 08. 12. 89 Kittelmann CDU/CSU 08. 12. 89 * * Kißlinger SPD 08. 12. 89 Klein (Dieburg) SPD 08. 12. 89 Dr. Klejdzinski SPD 08. 12. 89* Dr. Kohl CDU/CSU 08. 12. 89 Kolbow SPD 08. 12. 89 Dr. Kreile CDU/CSU 08. 12. 89 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU 08. 12. 89 Lamers CDU/CSU 08. 12. 89 Dr. Laufs CDU/CSU 08. 12. 89 Frau Luuk SPD 08. 12. 89* Dr. Mechtersheimer GRÜNE 08. 12. 89 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 08. 12. 89 Meyer SPD 08. 12. 89 Michels CDU/CSU 08. 12. 89 Dr. Müller CDU/CSU 08. 12. 89* * Nagel SPD 08. 12. 89 Niegel CDU/CSU 08. 12. 89* * Petersen CDU/CSU 08. 12. 89* * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Rawe CDU/CSU 08. 12. 89 Reddemann CDU/CSU 08. 12. 89* Reschke SPD 08. 12. 89 Reuschenbach SPD 08. 12. 89 Dr. Riedl (München) CDU/CSU 08. 12. 89 Frau Rock GRÜNE 08. 12. 89 Frau Rost (Berlin) CDU/CSU 08. 12. 89 Schäfer (Offenburg) SPD 08. 12. 89 Dr. Scheer SPD 08. 12. 89 * * Frau Schilling GRÜNE 08. 12. 89 Schmidt (München) SPD 08. 12. 89 * Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 08. 12. 89 Schmidt (Salzgitter) SPD 08. 12. 89 von Schmude CDU/CSU 08. 12. 89* * Schröer (Mülheim) SPD 08. 12. 89 Schütz SPD 08. 12. 89 Dr. Soell SPD 08. 12. 89 * * Steiner SPD 08. 12. 89* * Dr. Stoltenberg CDU/CSU 08. 12. 89 Frau Teubner GRÜNE 08. 12. 89 Frau Trenz GRÜNE 08. 12. 89 Dr. Unland CDU/CSU 08. 12. 89* * Voigt (Frankfurt) SPD 08. 12. 89 Frau Dr. Vollmer GRÜNE 08. 12. 89 Dr. Vondran CDU/CSU 08. 12. 89 Dr. Waigel CDU/CSU 08. 12. 89 Frau Wieczorek-Zeul SPD 08. 12. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 08. 12. 89 Wischnewski SPD 08. 12. 89 Wissmann CDU/CSU 08. 12. 89 Würzbach CDU/CSU 08. 12. 89 Zierer CDU/CSU 08. 12. 89* * Dr. Zimmermann CDU/CSU 08. 12. 89 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede des Abgeordneten Dr. Göhner (CDU/CSU) zu Tagesordnungspunkt 11 (Entwurf eines Tierzuchtgesetzes) * ) Anlaß für das neue Tierzuchtgesetz sind Rechtsvorschriften der EG zur Harmonisierung des Tierzuchtrechtes. Die Neuregelungen bringen wesentliche Vereinfachungen und erweitern den tierzüchterischen Gestaltungsraum. Gegenüber dem bisherigen Tierzuchtrecht wird vor allem künftig die staatliche Körung als Voraussetzung für die Verwendung männlicher Zuchttiere zur Zucht abgeschafft. Andere EG-Mitgliedstaaten haben das Instrument der staatlichen Körung zum Teil nie gehabt. Ich will dahinstehen lassen, ob das alte Tierzuchtrecht die Tierzucht wirklich gefördert hat. Ich bin keineswegs sicher, daß in der Vergangenheit die Tierzuchtbeamten besser gewußt haben, was für die Tierzucht gut war, als die praktischen Landwirte. Und man kann auch nicht behaupten, daß die Tierzucht in *) Vgl. 182. Sitzung Seite 14092 A 14188* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 183. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Dezember 1989 Ländern, z. B. in England, wo es nie eine staatliche Körung gab, deshalb zurückgeblieben sei. Im Gegenteil: In einigen Bereichen ist uns die Tierzucht in diesen Ländern überlegen. Für mich persönlich war es nie überzeugend, daß nach dem alten Tierzuchtrecht der Staat eine Entscheidung darüber traf, welche Zuchtbullen oder Zuchthengste z. B. zur Zucht zugelassen werden sollten. Der Vollzug des alten Tierzuchtrechts wurde — erfreulicherweise — nicht ganz so ernst genommen, wie die Buchstaben des Gesetzes es vorsahen. Mir ist jedenfalls in den letzten Jahren nicht ein einziger Fall bekannt geworden, wonach eine Ordnungswidrigkeit geahndet wurde, weil jemand ein nicht vom Staat gekörtes Vatertier zur Zucht eingesetzt hat. Daß dies gleichwohl in der Praxis häufig geschah, ist jedermann, der sich mit Tierzucht ein wenig befaßt, hinlänglich bekannt. Wir schaffen mit diesem neuen Gesetz den Anachronismus ab, staatlichen Behörden Entscheidungen über die Tierzucht zu überlassen. Die Tierzüchter sind kompetent und mündig genug, solche Entscheidungen allein und selbständig zu treffen. Auch die Zuchtverbände bedürfen für ihre Zuchtpolitik keiner staatlichen Bevormundung. Überflüssige Rechtsstreitigkeiten zwischen Tierzüchtern und Körbehörden entfallen künftig. Insoweit werden mit dem neuen Tierzuchtgesetz überflüssige staatliche Einmischung und Bürokratie abgebaut, die tierzüchterische Eigenverantwortung des einzelnen Tierzüchters und der Zuchtverbände wird gestärkt. Die Auswirkungen des neuen Tierzuchtgesetzes und die Abschaffung der Staatskörung werden allerdings offensichtlich zum Teil von den Zuchtverbänden unterschätzt. Die vielfach zu lesende Behauptung, an Stelle der bisherigen staatlichen Körung trete künftig die Verbandsanerkennung der Zuchtverbände und im übrigen bleibe alles beim alten, entspricht nicht den Tatsachen. Selbstverständlich ist es den Zuchtverbänden auch nach dem neuen Tierzuchtgesetz unbenommen, künftig z. B. Eliteherdbücher oder ein Elitezuchtbuch für besonders anerkannte Zuchttiere zu führen. Aber entscheidend ist, daß die Zuchtverbände die Nachkommen auch von solchen Zuchttieren in ihr Zucht- oder Herdbuch eintragen müssen, die den Qualitätsanforderungen dieser Verbände nicht genügen. Erst dadurch wird letztlich die Entscheidungsfreiheit des einzelnen Tierzüchters gewährleistet. Dabei mag es durchaus sinnvoll sein, daß die Zuchtverbände differenzierte, qualifikations- und leistungsbezogene, unterschiedliche Zucht- oder Herdbücher führen. Ein anerkannter Zuchtverband bleibt jedoch in jedem Falle verpflichtet, die Nachkommen auch nicht besonders anerkannter Zuchttiere einzutragen. Diese gravierende Neuerung darf von den Zuchtverbänden nicht länger übersehen werden. Sie geht letztlich zurück auf entsprechende EG-Richtlinien, deren Umsetzung durch die Bundesrepublik zwingend geboten ist. Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregierung ist in einigen Punkten durch übernommene Vorschläge des Bundesrates geändert worden, und darüber hinaus ist an einigen Punkten eine Klarstellung durch nachgereichte Vorschläge der Bundesregierung vorgenommen worden. Ich finde es erfreulich, daß diesen ergänzenden Vorschlägen der Bundesregierung auch die SPD-Fraktion beigetreten ist und daß wir dieses Gesetz in grundsätzlichem Konsens verabschieden können. Unterschiedliche Auffassung zwischen Koalition und SPD-Fraktion gab es nur im Hinblick auf die Ermächtigung der Landesregierungen, durch besondere Rechtsverordnung vorschreiben zu können, daß männliche Tiere zur Erzeugung von Nachkommen nur verwendet werden dürfen, wenn sie Zuchttiere sind. Damit hat die Koalition einem ausdrücklichen Wunsch der süddeutschen Bundesländer entsprochen, um auf einige regionale Besonderheiten Rücksicht nehmen zu können. Es gibt z. B. in Baden-Württemberg kleinere ländliche Gemeinden, in denen man eine solche Rechtsverordnung wünscht. Ich mache keinen Hehl daraus, daß ich gerne auf diese Verordnungsermächtigung verzichtet hätte; aber wir müssen andererseits einräumen, daß auch nichts dagegen spricht, auf solche regionalen Situationen mit traditionellen Möglichkeiten Rücksicht zu nehmen. Falsch ist in jedem Fall die Behauptung, damit würde die Benutzung nicht gekörter Vatertiere strafbar. Sie würde nicht einmal eine Ordnungswidrigkeit zur Folge haben. Insofern sollte man diese Kontroverse nicht überbewerten. Eine gravierende Änderung haben wir im Bereich der künstlichen Besamung für die Tierzucht vorgenommen. Um nationale Zuchtprogramme zu sichern, haben wir hier die Position der Besamungsstationen rechtlich gestärkt. Einvernehmlich geregelt haben wir auch die künftige Rolle der Zuchtunternehmen. Entgegen den in der Fachpresse und von den Zuchtunternehmen selbst verbreiteten Behauptungen sind die rechtliche Stellung und der Gestaltungsspielraum der Zuchtunternehmen im neuen Tierzuchtgesetz gestärkt und erweitert worden. Schon der Gesetzentwurf der Bundesregierung sah keine nachteilige Veränderung im Verhältnis zum alten Tierzuchtrecht vor. In der jetzt zur Verabschiedung stehenden Fassung ist im Zusammenhang mit Fragen der Besamung und Leistungsprüfung ausdrücklich klargestellt worden, daß natürlich auch ein Zuchtunternehmen mit Reinzuchtlinien züchten kann. Allerdings: Ein privates Zuchtunternehmen kann nicht ein Zuchtbuch für Reinzucht führen; das bleibt den Züchtervereinigungen vorbehalten. Wenn ein Zuchtunternehmen Reinzucht im Sinne des Gesetzes mit Herdbuch betreiben will, muß es die Tiere bei einer Züchtervereinigung eintragen lassen. Aber selbstverständlich hindert niemand ein Zuchtunternehmen daran, ob ohne oder mit Herdbuch, ob ohne oder mit Züchtervereinigung, auch mit Tieren aus Reinzucht zu züchten. In diesem Gesetz ist kein Platz für Fragen des Tierschutzes. Dafür gibt es ein besonderes Tierschutzgesetz. Wenn wir Erweiterungen dieses Gesetzes auf diesem Bereich abgelehnt haben, so nicht, weil wir Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 183. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Dezember 1989 14189* den Tierschutz nicht ernst nehmen, sondern weil wir dann überschneidende Regelungen zwischen Tierzucht- und Tierschutzgesetz schaffen würden. Mit dem neuen Tierzuchtgesetz wird die bäuerliche Tierzucht insgesamt gestärkt. Die tierzüchterische Freiheit wird erweitert, und Staat und Zuchtverbände können dem einzelnen Tierzüchter nicht mehr so viel hereinreden, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Ich bin davon überzeugt, daß dieser Schritt der Tierzucht dienen wird. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zu Punkt 12 der Tagesordnung (Antrag der Abgeordneten Frau Garbe und der Fraktion DIE GRÜNEN: Maßnahmen zum Schutz vor Gesundheits- und Umweltgefahren durch Perchloräthylen und andere chlorierte Kohlenwasserstoffe)*) Dr. Göhner (CDU/CSU): Die umfangreiche und detallierte Beschlußempfehlung des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu diesem Tagesordnungspunkt ist bereits vor mehr als einem Jahr gefaßt worden. Die Koalitionsfraktionen haben in diesem Konzept konkrete Schritte zur Verminderung der PER-Belastungen verlangt. Wir können heute feststellen, daß ein erheblicher Teil dieser Forderungen bereits erfüllt ist, die übrigen Maßnahmen befinden sich in Vorbereitung. Ob das reicht, um die Probleme der Umweltbelastung mit PER zu lösen, ist zu bezweifeln. Eines ist allerdings klar: Der Antrag der GRÜNEN und die Beschlußempfehlung des Ausschusses sind weitgehend überholt. Wir beantragen daher auch die Zurückverweisung an den Ausschuß. Das gibt uns Gelegenheit, die Umsetzung unserer Forderungen zu überprüfen und notwendige weitergehende Überlegungen zu diskutieren. Perchloräthylen steht im Verdacht, krebserzeugend zu sein. Im Sinne eines vorsorgenden Umwelt- und Gesundheitsschutzes müssen wir deshalb Sorge dafür tragen, daß Arbeitnehmer, Verbraucher, Anwohner PER-verwendender Betriebe sowie die Umwelt vor einer Belastung mit PER geschützt werden. PER und andere chlorierte Kohlenwasserstoffe müssen soweit wie möglich durch unschädliche Substanzen ersetzt werden. Die in der Beschlußempfehlung des Umweltausschusses geforderte Lösungsmittel-Höchstmengenverordnung ist verabschiedet und tritt am 1. Januar 1990 in Kraft — mit besonders strengen Grenzwerten für Lebensmittel. Daß den GRÜNEN dies nicht ausreicht, kann nicht verwundern. DIE GRÜNEN verweisen auf die USA, wo PER als krebserzeugend gilt, ohne allerdings derart strenge Grenzwerte zu haben, wie sie bei uns am 1. Januar in Kraft treten. Der Entwurf zur Novellierung der zweiten BundesImmissionsschutz-Verordnung (BIMSchVO) liegt vor: *) Vgl. 182. Sitzung Seite 13093 A In diesem Entwurf sind als Innenraumgrenzwerte die Maßstäbe zugrunde gelegt worden, die der Länderausschuß für Immissionsschutz empfohlen hat. Wichtig ist, daß mit dieser neuen Verordnung ein geschlossenes System vorgeschrieben wird — mit einer maximalen Rückgewinnung von PER und entsprechenden technischen Vorkehrungen. Dennoch bleibt die Frage, ob in chemischen Reinigungen Stoffe mit PER eingesetzt werden müssen. Diese Frage liegt nahe: Es liegt schließlich auch auf dem Tisch der Entwurf der Bundesregierung für eine Verbotsverordnung nach § 17 des Chemikaliengesetzes, eine sogenannte „Aliphatische CKW-VO". Wir begrüßen diese Verordnung ausdrücklich. Mit großer Verwunderung höre ich, daß es dagegen Widerstände gibt, z. B. aus dem Wirtschaftsministerium. Wir fordern die Bundesregierung nachhaltig auf, diesen Verordnungsentwurf aus dem Hause Töpfer so schnell wie möglich in Kraft zu setzen. Die Frage bleibt, ob man PER nicht generell in Reinigungsmitteln verbieten sollte, also auch bei solchen Reinigungsmitteln oder Produkten, mit denen der Verbraucher nicht direkt in Berührung kommt. Damit würde auch das Problem gelöst, bauordnungsrechtliche Anforderungen an einzuhaltende Abstände zwischen Räumen mit unverträglichen Nutzungen zu stellen, vor allem bei chemischen Reinigungsanlagen, die mit Lebensmittelbetrieben unter einem Dach untergebracht sind. Ein Mustererlaß auf der Basis des bestehenden Bauordnungsrechtes ist in Vorbereitung. Ich würde es bevorzugen, wenn man ein Verwendungsverbot von PER möglicherweise im Rahmen der aliphatischen CKW-VO vorsehen würde. Auch die heute noch zulässigen maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen bei PER müssen überprüft werden. Jedenfalls sind die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Innenraumgrenzwerte um ein Vielfaches strenger als die geltenden MAK-Werte. Besonderer Dank ist dem Länderausschuß für Immissionsschutz und der entsprechenden Arbeitsgruppe auszusprechen, die Vorschläge zur Lösung des Problems bei chemischen Reinigungsanlagen gemacht haben, welche bereits heute für die Vollzugsbehörden in den Ländern maßgebend sind. Bundesregierung und Bundesländer haben gemeinsam gehandelt. Die Kritik der GRÜNEN an den Empfehlungen der unabhängigen Expertengruppe aus allen Bundesländern hat wohl seinen Grund darin, daß damit den GRÜNEN ein vermeintliches Thema aus der Hand genommen worden ist. Baum (FDP): Erstens. Das in etwa 85 % aller Chemisch-Reinigungsanlagen als Reinigungsmittel verwendete Perchloräthylen ist in den letzten Jahren auf Grund neuerer Erkenntnisse über seine Umwelt- und Gesundheitsgefährlichkeit in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten. Das Umweltbundesamt schätzt die jährlichen Lösemittelverluste auf ca. 17 000 Tonnen, die zu Umwelt- und Gesundheitsbelastungen führen; dies insbesondere auch auf Grund überwiegend eingesetzter veralteter Techniken sowie Hand- 14190* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 183. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Dezember 1989 habung und Wartung der Anlagen. Das Beispiel PER zeigt den deutlichen Wandel, den manche Stoffe, die früher als Weiterentwicklung angesehen wurden, in der Bewertung erfahren. 90 % der verbrauchten PER-Mengen gehen in die Atmosphäre, auch Grundwasser kann regional und lokal belastet werden. Zweitens. Mit der 2. BImSchV hat die Bundesregierung 1986 bereits einen ersten Schritt getan. Allerdings gibt es Übergangsfristen für Altanlagen bis 1991, und es gibt auch noch Umsetzungsdefizite in bezug auf die 2. BImSchV. So hielten 1987 von ca. 4 000 überprüften Anlagen 60 % die Anforderungen der 2. BImSchV nicht ein. Drittens. Die Emissionsuntersuchungen bei Chemisch-Reinigungsbetrieben haben zudem gezeigt, daß auch in Wohnräumen, die sich in der Nachbarschaft von Textilreinigungsbetrieben befinden, das bei der Reinigung überwiegend eingesetzte PER festgestellt wurde. Auch für Lebensmittel, die in der Nähe verkauft wurden, trifft dies zu. EG-Kommission und die neue MAK-Wert-Liste von 1988 stufen PER als krebsverdächtigen Stoff ein. Das Bundesgesundheitsamt hat entsprechende Empfehlungen herausgegeben. Die Umweltministerkonferenz hat sich mehrfach mit dem Thema befaßt, so im Dezember 1987 und jetzt im November 1989. Auf Grund der Beschlüsse der Umweltministerkonferenz von 1987 wurden eine Reihe von Initiativen beschlossen. Die 33. Umweltministerkonferenz hat Mitte November weitere Beschlüsse gefaßt, die ich voll unterstütze. Fünftens. Mit unserer Beschlußempfehlung haben wir ein umfangreiches Maßnahmenbündel zur Reduzierung und zum Ersatz von PER zusammengefaßt. Es handelt sich um die Anforderungen, die sich kurz und mittelfristig realisieren lassen. Die Bundesregierung hat verschiedene Maßnahmen aus diesem Forderungskatalog umgesetzt. Auch die weiteren Maßnahmen müssen schnellstmöglich realisiert werden. Sechstens. Bei der Bekämpfung von PER ist wie bei anderen problematischen Stoffen vor allem an der Quelle anzusetzen. Die Vorschläge zur Novellierung der 2. BImSchV mit einem Stufenprogramm liegen seit geraumer Zeit vor. Diese Novellierung muß nun schnellstens in Kraft treten, damit die Anforderungen an die Anlagen dem neuesten Stand der Technik entsprechen, der Lösemittelgehalt der gereinigten Ware zum Schutz vor Lösemittelfreisetzungen beim Kunden so minimal wie möglich wird, strenge Grenzwerte für die Emission der Absaugluft aus den Reinigungsanlagen festgelegt werden und die Lösemittelfreisetzung soweit wie irgend möglich minimiert wird. Bei Altanlagen müssen überall da, wo die Gefährdungsstellen überschritten werden, sofort Sanierungsmaßnahmen erfolgen. Gegebenenfalls muß Stillegung erfolgen. Automatische Reinigungsanlagen, die PER verwenden und kein Bedienungspersonal haben, sind zu verbieten. Siebtens. Wir brauchen strenge Grenzwerte, etwa für den Lebensmittelbereich. Die LösungsmittelHöchstmengen-Verordnung tritt am 1. Januar 1990 in Kraft, ebenso die Verordnung zur Entsorgung gebrauchter halogenierter Lösungsmittel. Achtens. Bau- und Gewerbeaufsichtsbehörden sollten künftig nicht mehr die Errichtung von ChemischReinigungen in Wohn- und Ladenzentren genehmigen, solange jedenfalls PER verwendet wird. Würden künftig neue Chemisch-Reinigungsanlagen nur noch außerhalb von Wohnhäusern zugelassen, so würde dies weitere Emissionsminderungen bei angemessenem Aufwand ermöglichen. Zudem könnten umweltfreundlichere Ersatzstoffe angewandet werden, die bei Betrieb der Anlagen in Wohngebäuden nicht in Betracht kommen. Neuntens. Mit der neuen Sachkundenachweispflicht für Chemisch-Reinigungen durch Ergänzung der Umweltverhütungsvorschrift wurde ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Situation getan. Zehntens. Ich unterstütze den UMK-Vorschlag, die Möglichkeiten zu prüfen, Konzentrationswerte von PER in der Innenraumluft benachbarter betriebsfremder Wohnräume festzulegen, bei dessen Überschreitung Maßnahmen ggfs. bis hin zur Stillegung der Anlage zu treffen sind. Elftens. Erforderlich ist die verstärkte Förderung von Forschungsvorhaben, die sich mit der Bereitstellung von Ersatzstoffen befassen. Ich erwarte daher mit großem Interesse die möglichst rasche Vorlage eines Sachstandsberichts darüber, wo PER heute noch wirklich erforderlich ist, wo umweltfreundliche Ersatzstoffe bereitstehen und wie die Forschung nach umweltfreundlichen Ersatzstoffen gefördert wird. Zwölftens. Einig dürften wir uns in diesem Hohen Hause auch sicherlich darüber sein, daß FCKW als Ersatz ausscheidet. Deshalb muß der Einsatz von FCKW in Chemisch-Reinigungsanlagen grundsätzlich untersagt werden. Solange wir keinen weniger problematischen Stoff als PER haben, müssen wir jedenfalls alles daransetzen, den PER-Verbrauch und die PER-Immissionen und damit die Umwelt- und Gesundheitsgefahren so drastisch wie irgendwie möglich zu senken. Dreizehntens. Ich appelliere an Bundesregierung und Länder, ihre Anstrengungen zur Minimierung der Risiken durch PER entschlossen fortzusetzen und weiter zu verstärken. Notwendig ist ein möglichst baldiger vollständiger Ersatz. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 1. Dezember 1989 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 — RRG 1992) Gesetz zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften (BeamtVGÄndG) Elftes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes, Zehntes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes und Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 183. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Dezember 1989 14191* Zehntes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und Neuntes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Gesetz zur Verbesserung und Vereinfachung der Vereinsbesteuerung (Vereinsförderungsgesetz) Siebtes Gesetz zur Änderung des Wohngeldgesetzes Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte (Produkthaftungsgesetz — ProdHaftG) Gesetz zur Änderung des Unterhaltssicherungsgesetzes und des Arbeitsplatzschutzgesetzes Gesetz über Statistiken der Rohstoff- und Produktionswirtschaft einzelner Wirtschaftszweige (Rohstoffstatistikgesetz — RohstoffStatG) Gesetz zu dem Dritten Zusatzprotokoll vom 20. April 1989 zu dem Protokoll zu dem Europäischen Abkommen zum Schutz von Fernsehsendungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 11/2899 Nr. 3.1 Drucksache 11/3021 Nr. 2.1 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 11/5051 Nr. 44
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinrich Seesing


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Neue Technologien bestimmen immer stärker unser Leben, bestimmen menschliches Leben und die Welt um uns. Neue Techniken ermöglichen die Herstellung von Leben, aber auch seine beliebige Beendigung. Unsere Verfassung, das Grundgesetz, gibt uns auf, das Leben des Menschen zu schützen. Wenn der Staat diesen Schutz gewährleisten soll, muß er es durch ein Gesetz tun. Denn in gewisser Weise müssen wir schon das Tun von Menschen eingrenzen und einschränken.
    Es liegen heute drei Gesetzentwürfe vor, die den Rahmen der staatlichen Einflußnahme darstellen sollen. Ich nenne sie: erstens der Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Embryonen, der von der Bundesregierung eingebracht wurde, zweitens der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes und drittens der Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Problemen der künstlichen Befruchtung beim Menschen und bei Eingriffen in menschliche Keimzellen, die beide soeben von der SPD-Fraktion in die parlamentarische Beratung eingeführt wurden. Ich sichere für alle drei Gesetzentwürfe sehr gründliche, aber auch sehr zügige Beratung zu. Denn sehr viel Zeit haben wir nicht mehr zu verlieren.
    Ich möchte heute einige grundsätzliche Äußerungen zu diesem Fragenkomplex machen, damit wenigstens in etwa deutlich wird, was die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und was mich persönlich bewegt.
    Meine erste Frage lautet: Wer ist Mensch? Lange Zeit haben nicht nur Wissenschaftler geglaubt, daß die biogenetische Grundregel des Zoologen Ernst Haeckel aus dem Jahre 1866 den Beginn des menschlichen Lebens richtig darstellt. Danach durchläuft das Lebewesen im frühen embryonalen Zustand die ganze Entwicklungsgeschichte, ist also zunächst Fisch, dann Lurch, vielleicht auch Vogel oder Affe, bevor es Mensch wird. Unter Wissenschaftlern macht man sich Gedanken darüber, ab welchem Tag nach der Zeugung der Mensch als Mensch existiert. Ich las kürzlich, daß ein deutscher Professor vom 40. oder — ganz neu — vom 60. Tag spricht. Wenn ich mich nicht irre, hat schon Thomas von Aquin angenommen, daß der männliche Mensch etwa mit dem 40. Tag beseelt wird, der weibliche Mensch erst mit dem 80. Tag. Bei Thomas von Aquin ist der Augenblick, in dem Gott dem Menschen die Seele einhaucht, der Augenblick der Menschwerdung. Das paßt für Thomas von Aquin, weil es in sein philosophisches System paßt. Die Festlegung auf den 40. Tag kann für den Gesetzgeber ebensowenig Vorgabe sein wie die Festlegung auf den Augenblick der Nidation. Die Einrüstung in die Schleimhaut der Gebärmutter hat man einfach auf den 14. Tag nach der Befruchtung festgelegt. Wir wissen heute: zu Unrecht.
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 183. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Dezember 1989 14171
    Seesing
    Wenn der Staat heute menschliches Leben schützen will, muß der Schutz vom Anfang bis zum Ende des Lebens gehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Unsere Basis für die Lösung dieser Fragen ist: Menschliches Leben beginnt mit dem Augenblick der Verschmelzung der Kerne von Eizelle und Samenzelle.

    (Geis [CDU/CSU]: Das ist entscheidend!)

    Der Staat muß das menschliche Leben von diesem Augenblick an schützen. Der Schutz kann nach unserer Auffassung nicht nur für Retortenmenschen gelten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zweitens. Wie macht man einen Menschen, und was macht man mit einem Menschen? Diese beiden Fragen, vor der CDU/CSU-Bundestagsfraktion — ich verrate jetzt interne Geheimnisse — von mir gestellt — rein rhetorisch; denn ich wollte sie selbst beantworten — , lösten zunächst einen gewaltigen Heiterkeitsausbruch aus. Diese Heiterkeit wich aber sehr schnell größter Nachdenklichkeit und Betroffenheit. Man stellte bald fest, daß man heute der menschlichen Natur oder gar Gott leicht ins Handwerk pfuschen kann. Ich spreche von der sogenannten künstlichen Befruchtung. Das ist an sich ein falscher Begriff. Denn die Befruchtung geschieht nach wie vor dadurch, daß Eizelle und Samenzelle zueinander finden. Aber die Verfahren sind das Problem.
    Ich hätte es als Politiker am einfachsten, wenn es mir gelänge — was mir auch sehr sympathisch wäre — , die Instruktion der päpstlichen Kongregation für die Glaubenslehre über die Achtung vor dem beginnenden menschlichen Leben und die Würde der Fortpflanzung zum Inhalt eines Fortpflanzungsmedizingesetzes zu machen. Damit könnte ich auch das Problem der Embryonenforschung und des Embryonenschutzes wenigstens zu einem großen Teil abhaken. Ein totales Verbot würde sicher auch vielen anderen Menschen gefallen.
    Die Kundgebung der Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands vom November 1987 ist in ihren Forderungen zurückhaltender. Aber auch darin wird die kritische Distanz zu den Verfahren der sogenannten Fortpflanzungsmedizin oder Reproduktionsmedizin noch sehr deutlich.
    Ob aber die Betroffenen sehr glücklich über ein solches Verbot sein würden, ist mehr als fraglich. Ich meine die ungewollt kinderlosen Ehepaare in unserem Land. Sicher, man könnte auch diesen Betroffenen etwas vom ethischen Wert des Verzichtens sagen. Aber soll ich als Politiker ausgerechnet bei denen damit anfangen, die sich ein Kind wünschen, wenn ich sonst nicht genug tun kann, die Wünsche der Wählerinnen und Wähler zu erfüllen,

    (Helmrich [CDU/CSU]: So ist es!)

    besonders solche Wünsche, die ich erst selbst wachgerufen habe? Wir werden also das Problem Embryonenforschung und -verwendung nicht durch ein Verbot der Reproduktionsmedizin lösen können.
    Drittens. Wie soll der Mensch im frühesten Stadium seines Lebens geschützt werden? Wir haben uns darauf geeinigt, daß wir den Menschen in seinem frühesten Lebensstadium als Embryo bezeichnen wollen. Dieser Zustand beginnt im Augenblick der Verschmelzung der Kerne von Eizelle und Samenzelle und der nun einsetzenden Zellteilung. Es ist etliche Jahre lang heftig diskutiert worden, ob eine Einschränkung oder gar ein vollständiges Verbot der Forschung an und mit Embryonen sinnvoll, verfassungskonform und durchsetzbar sei. Kernpunkt der Auseinandersetzung war die Frage, ob gezielt Embryonen zu Forschungszwecken erzeugt werden dürfen.
    Ich muß gestehen, daß wir uns mit diesem Gesetz sehr schwergetan haben. Grundsätzliche Schwierigkeiten mußten überwunden werden. Über ein Jahr dauerte die Auseinandersetzung, ob eine heterologe Insemination strafrechtlich völlig verboten oder unter erheblichen Einschränkungen zugelassen werden sollte. Dabei ist in den meisten Staaten des Europarats die Herbeiziehung eines Samenspenders eine Frage, die nach Ansicht in diesen Staaten nicht vom Staat, sondern nur von dem beteiligten Paar, den Ärzten und den Trägern der medizinischen Einrichtungen zu entscheiden ist. Ich sage es ganz offen: Das ist nicht unsere Auffassung hier; wir hatten und haben andere Lösungsvorschläge. Da uns aber der Schutz des menschlichen Lebens sehr viel wichtiger ist als die Problematik Samenspender, stimmen wir dem Regierungsentwurf zu.
    Viertens. Einige Worte zum Inhalt des Embryonenschutzgesetzes. Dieses Gesetz setzt im Grunde voraus, daß bestimmte Methoden der sogenannten Reproduktionsmedizin zugelassen sind. Wie sie zu handhaben sind, ist in den standesrechtlichen Vorschriften der Bundesärztekammer festgelegt. Das Gesetz wendet sich gegen eine mißbräuchliche Anwendung von Fortpflanzungstechniken.
    Dazu einige Beispiele. Wir sind in der Lage, im Reagenzglas menschliches Leben herzustellen. Man kann mit solchen Embryonen, statt sie in eine Gebärmutter zu übertragen, experimentieren, an ihnen Forschung betreiben. In Großbritannien sind solche Experimente bis zum 14. Tag nach der Kernverschmelzung gestattet worden. Die Erzeugung menschlichen Lebens, dem von vornherein jede Chance der Entwicklung genommen wird, läuft nach meiner Auffassung den aus Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes ableitbaren Zielen des Lebensschutzes sowie der Forderung des Grundgesetzes nach einem objektiven Schutz der Menschenwürde zuwider.

    (Zustimmung des Abg. Dr. Rüttgers [CDU/ CSU])

    Gegen die Freigabe der Herstellung von Embryonen zu Forschungszwecken spricht auch die Gefahr eines Dammbruchs. Wenn die Erzeugung von Embryonen für bestimmte Forschungszwecke zugelassen würde, ließe sich die künftige Erweiterung eines solchen Katalogs um neu auftauchende Forschungszwecke kaum vermeiden. Damit würde eine Entwicklung in Gang gesetzt, deren künftiger Verlauf nicht abzusehen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    14172 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 183. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Dezember 1989
    Seesing
    Wegen des hohen Ranges des betroffenen Rechtsguts erscheint ein strafrechtliches Verbot erforderlich, und ich glaube, da sind wir alle einer Meinung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist kein Ausdruck von Mißtrauen gegenüber der Wissenschaft; vielmehr ist es das Deutlichmachen unseres Wollens, einen wirksamen Rechtsgüterschutz sicherzustellen.
    Ein anderes Beispiel. Mit Hilfe von Samenzentrifugen kann man eine Trennung der Samenzellen, die zur Geburt eines Jungen führen, also Zellen mit männlichem Geschlechtschromosom, von den Samenzellen, die zur Geburt eines Mädchens, also Zellen mit weiblichem Geschlechtschromosom, führen, erreichen. Die Injektion einer betreffenden Samenzelle muß im Erfolgsfalle zu der Geburt des gewünschten Kindes führen. Man könnte sich auch die Vorbestimmung anderer Qualitäten vorstellen. Deswegen gehört dieses Verfahren verboten, vielleicht mit einer Ausnahme. Soll die Auswahl der Samenzellen durch den Arzt dazu dienen, eine schwerwiegende geschlechtsgebundene Erkrankung des zu erzeugenden Kindes zu verhindern, dann soll die Handlung nicht strafbar sein. Ich bin mir noch nicht sicher, ob man diese Ausnahme zulassen sollte.
    In engem Zusammenhang mit den Methoden der Fortpflanzungsmedizin muß man auch die Möglichkeit sehen, menschliche Keimbahnzellen künstlich zu verändern. Dabei kann man Verfahren der Gentechnologie anwenden: Man entfernt unerwünschte Eigenschaften oder verleiht neue durch Entnahme, Hinzufügung oder Austausch eines Gens. Das wäre ein so schwerwiegender Eingriff in menschliches Leben — denn alle Nachkommen wären ja mitbetroffen —, daß der Gesetzgeber mit hoher Strafandrohung hier die notwendige Klarheit schafft. Wir wollen solche Entwicklungen nicht zulassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Fünftens einige Gedanken zu den Gesetzentwürfen der SPD-Fraktion. Viele Regelungsvorschläge, vor allem in dem Teil Fortpflanzungsmedizingesetz, könnten von mir mitgetragen werden. Aber es kann von mir nicht erwartet werden, daß ich die in diesem Gesetzentwurf durchgängige Gleichstellung von Ehe und sogenannter auf Dauer angelegter Partnerschaft gutheiße.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist das Problem! — Geis [CDU/CSU]: Das wollen wir nicht!)

    Ich gehe davon aus, daß diese Frage der Hauptpunkt unserer Auseinandersetzung werden wird.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Sicher nicht, Herr Seesing!)

    Richtig ist aber, daß manche Probleme der sogenannten künstlichen Befruchtung bisher rechtlich nicht geregelt sind, die aber geregelt werden müssen. Dafür bieten die Entwürfe der SPD-Fraktion gute Ansatzpunkte.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Na gut!)

    Meine Damen und Herren, wir beginnen heute mit der Beratung einer Gesetzesmaterie, die uns viel abverlangt, denn es geht um sehr grundsätzliche und tiefgreifende Fragen. Ich kann mir vorstellen, daß jeder nach seinem individuellen Bild vom Menschen und dessen Würde diese Probleme betrachtet. Deswegen kann ich diese Beratung nicht im Stil üblicher parteipolitischer Auseinandersetzungen führen. Hier ist wirklich, so meine ich, das Gewissen des einzelnen gefragt. Ich glaube, es wäre auch gut für das Parlament, wenn man das draußen spürte.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Schmidt (Hamburg).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Damen und Herren, so wie ich hier die bisherigen Beiträge gehört habe, wundert es mich doch sehr, daß Sie diese Gesetzesvorlagen hier einbringen, weil nach dem, was Sie hier alle beschworen haben, es doch vor allen Dingen der Mißbrauch oder die Technik an sich ist, die Sie hier beklagen, also die Möglichkeit, daß Fortpflanzung auseinandergerissen wird und daß es Möglichkeiten von Manipulationen an Embryonen gibt.
    Herr Minister, Sie haben gar nicht mehr von den Chancen der Technik geredet, was Sie ja in der Vorlage des Gesetzentwurfs noch tun, sondern vor allem von den Möglichkeiten des Mißbrauchs. Frau Dr. Däubler-Gmelin, auch Sie haben das im Prinzip getan, und auch schon bei der letzten Beratung im Jahr 1988 hat Frau Conrad von ihrer Fraktion gesagt, daß die In-vitro-Befruchtung das Trojanische Pferd für Manipulationen am menschlichen Leben ist. Das haben Sie selbst eben noch einmal mit anderen Worten wiederholt. Wenn sie das wirklich ist, dann frage ich Sie, warum Sie dieses Trojanische Pferd hier vorlegen; denn Sie wollen die In-vitro-Befruchtung ja nach wie vor zulassen.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Ein bißchen besser vorbereiten muß man sich schon!)

    Ich möchte zwar zugestehen, daß der Entwurf der Bundesregierung und auch Ihr Entwurf sich zwar den Schutz von Embryonen auf ihre Fahnen geschrieben haben und auch die schlimmsten Auswüchse — z. B. Erzeugung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken, Gentransfer in menschliche Keimbahnzellen und die gezielte Festlegung des Geschlechts — unter Strafe stellt, daß aber trotzdem beide Entwürfe noch genügend Schlupflöcher für Forscherdrang, Eugenik und Selektion lassen. Wenn Sie derartige Praktiken wirklich verhindern wollen, dann müßten Sie sich konsequenterweise gegen die gesamten neuen Fortpflanzungstechniken aussprechen.
    Wir fragen uns, wer denn kontrollieren soll, wer denn den Ärzten auf die Finger sehen soll. Wer kontrolliert denn, wieviel Eier „geerntet" werden, wie es im Fachjargon der In-vitro-Spezialisten heißt? Wer kontrolliert, wieviel Eier befruchtet werden, sich teilen und dann auch eingepflanzt werden? Und wer kontrolliert, ob nicht gezielt das Geschlecht des Kindes festgelegt wird? Wir sagen: Niemand. Denn eine solche Kontrolle ist einfach nicht möglich.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 183. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Dezember 1989 14173
    Frau Schmidt (Hamburg)

    Sie müßten ja Beamte haben, die über eine gleiche Ausbildung wie die Ärzte verfügen, die dann bei jedem technischen Prozeß dabeistehen und unter dem Mikroskop gucken, was da genau gemacht wird. Sie können noch nicht einmal feststellen, wieviel Eier es wirklich sind. Sind es drei, sind es fünf, oder sind es zehn Eier? All diese Sachen sind überhaupt nicht kontrollierbar. Wenn Sie diese Techniken zulassen, wenn Sie den Zugriff auf die Embryonen zulassen, dann ermöglichen Sie damit auch Manipulationen.
    Wer die In-vitro-Fertilisation akzeptiert, der nimmt die Gefahren der Genmanipulation in Kauf.
    Die vorliegenden Gesetzentwürfe sind symbolische Gesetze, die vorgeben, Hilfe für ungewollt kinderlose Paare zu ermöglichen, während sie in Wirklichkeit die rechtlichen Voraussetzungen für die Manipulation am menschlichen Erbgut schaffen. Dabei geht es hier nicht um Menschenzucht im Sinne einer Frankensteinschen Horrorvision, sondern um sehr viel weniger spektakuläre, aber ebenso folgenschwere Formen der Selektion.
    Der Regierungsentwurf erlaubt explizit die Selektion von Samenzellen, wenn es darum geht, eine geschlechtsgebundene erbliche Erkrankung des zu zeugenden Kindes zu vermeiden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung schließt Samenspenden nicht aus; aber jeder Samenspende geht notwendigerweise eine irgendwie geartete qualitative Auswahl voraus.
    Das sind die ersten Schritte zur genetischen Optimierung, d. h. zur Selektion nach wertvollen und minderwertigen Menschen.
    Neben dem angeblichen Schutz von Embryonen liegt ein weiterer Begründungsstrang dieses Gesetzentwurfs der Bundesregierung in der vermeintlichen Sicherung des Kindeswohls, wobei Kindeswohl verräterischerweise lediglich auf das Wissen um die eigene genetische Identität reduziert wird. Die Bedeutung von sozialen Bindungen und Bedingungen für die Entwicklung eines Menschen wird nicht einmal angedeutet.
    Auch das Wissen um genetische Identität wird zwar heraufbeschworen, aber an keiner Stelle abgesichert. Oder will die Bundesregierung die Anonymität von Samenspenden aufheben? Darüber schweigt sich der Gesetzentwurf aus.
    Etwas klarer ist er allerdings in der Erlaubnis der Ersatzmutterschaft, die er angeblich wegen des Verhinderns von gespaltener Mutterschaft verbietet. Ersatzmutterschaft ist nämlich erlaubt, wenn — Zitat —
    eine Embryospende die einzige Möglichkeit bietet, den Embryo vor einem Absterben zu bewahren.
    Das heißt, es gibt überzählige Embryonen, die einer anderen Frau als der genetischen Mutter eingepflanzt werden können. Also ist die Ersatzmutterschaft nicht verboten, das Wissen des Kindes um genetische Identität nicht gesichert, gespaltene Mutterschaft möglich und somit der Gesetzentwurf von seinem Anspruch her überflüssig.
    Mit keinem Wort erwähnen beide Gesetzentwürfe die Gefahren, denen Frauen sich aussetzen, die sich auf eine künstliche Befruchtung einlassen. Es wird nicht erwähnt, daß die Überstimulierung der Eierstöcke z. B. zu gefährlichen platzenden Zysten führen kann, daß Eierstock- und Brustkrebs infolge der hohen Hormongaben vermehrt auftreten können, daß sogar schon weibliche IVF-Babys mit Eierstockzysten zur Welt kamen und Frauen auf Grund der Medikalisierung für die Retortenbefruchtung ihr Leben ließen.
    Bei einer Technik, die derartige Gefahren für Gesundheit und Leben von Frauen birgt, die seit Jahren weltweit eine durchschnittliche Mißerfolgsrate von mindestens 90 % hat und mit hohem finanziellen Aufwand auch in der Bundesrepublik weiterbetrieben wird, stellt sich die Frage, welche Mächte und Interessen dahinterstehen.
    So prognostiziert die Ärztin Anne McLaren aus den USA, daß sich die In-vitro-Fertilisations-Forschung künftig wahrscheinlich mehr mit der Frühdiagnose und Verhütung von genetischen Anomalien befassen wird. Es wäre ja auch verwunderlich, wenn ein derartiger finanzieller und technischer Aufwand betrieben würde, um Frauen einen Wunsch zu erfüllen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat eigentlich den Wunsch?)

    Darum kann es also nicht gehen.
    Im übrigen wird der Kinderwunsch vieler Frauen von der Regierung und auch von der SPD weder in Frage gestellt noch problematisiert. Statt dessen läßt die Bundesregierung keine Gelegenheit aus, Menschen ohne Kinder als verantwortungslos, egoistisch und unsozial erscheinen zu lassen. Damit schafft sie ein Klima, das Frauen derartig unter Druck setzt, daß diese sich Torturen unterwerfen, an deren Ende mit großer Sicherheit weiterhin die Kinderlosigkeit steht. Es ist ja eben nicht so — das war auch Ihren Ausführungen nicht zu entnehmen, Frau Däubler-Gmelin —, daß den Frauen wirklich geholfen wird. Den wenigsten Frauen wird — in Anführungszeichen — geholfen; bei den meisten funktioniert es ja nicht. Den Forschern werden somit wieder einmal Frauenkörper für ihre Forschungszwecke zur Verfügung gestellt.
    Das sicherste Mittel gegen die Gefahren der Invitro-Fertilisation ist unserer Meinung nach die Weigerung der Frauen, sich als Versuchskaninchen für diese Techniken zur Verfügung zu stellen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ich hoffe und wünsche mir, daß sich viele Frauen wirklich sehr genau angucken, was da mit ihnen gemacht wird, daß sie sich über die Erfolgs- bzw. über die Mißerfolgsraten beraten und aufklären lassen und daß sie das nicht mehr mit sich und ihren Körpern machen lassen.
    Danke.

    (Beifall bei den GRÜNEN)