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    Plenarprotokoll 11/181 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 181. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Pfuhl 13926 A Erweiterung der Tagesordnung 13926 A Tagesordnungspunkt 2: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Melderechtsrahmengesetzes (MRRG) (Drucksache 11/5111) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Verbraucherkredite, zur Änderung der Zivilprozeßordnung und anderer Gesetze (Drucksache 11/5462) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes (1. JGGÄndG) (Drucksache 11/5829) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem VN-Übereinkommen vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (Drucksache 11/5459) e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 10. Juli 1989 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über den gegenseitigen Schutz und die Förderung von Kapitalanlagen (Drucksache 11/5726) f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 13. Juni 1989 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 11/5727) g) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzabkommen vom 11. August 1989 zum Abkommen vom 7. April 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Fürstentum Liechtenstein über Soziale Sicherheit und zu der Vereinbarung vom 11. August 1989 zur Durchführung des Abkommens (Drucksache 11/5725) 13926B Zusatztagesordnungspunkt 1: Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU sowie dem Abgeordneten Gattermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 11/5977) 13927 A Tagesordnungspunkt 3: a) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes (4. BbÄndG) (Drucksachen 11/1516, 11/4074, 11/4109) b) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989 Änderung des Bundesbahngesetzes (5. BbÄndG) (Drucksachen 11/2411, 11/4073, 11/4110) c) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes (6. BbÄndG) (Drucksachen 11/2412, 11/4091, 11/4111) d) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes (7. BbÄndG) (Drucksachen 11/3770, 11/4248) e) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Ausbau des Schienenwegenetzes der Deutschen Bundesbahn (BbSchwAbG) (Drucksachen 11/2410, 11/4075) f) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau der Wettbewerbsverzerrungen und zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Bundesbahn (Bundesbahnsanierungsgesetz — BbSanG) (Drucksachen 11/1789, 11/4090, 11/4108) g) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Übernahme überhöhter Versorgungslasten (Drucksachen 11/1515, 11/4072) h) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Daubertshäuser, Antretter, Bamberg, Ewen, Faße, Haar, Hasenfratz, Ibrügger, Kretkowski, Müntefering, Dr. Niese, Pauli, Purps, Roth, Scherrer, Steinhauer, Toetemeyer, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: DB-Strecke Ruhr—Sieg/Rhein—Sieg zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Rock und der Fraktion DIE GRÜNEN: Ausbau und Verbesserung der Ruhr—Sieg- und Rhein—Sieg-Strecke (Drucksachen 11/2694, 11/3072, 11/4092) i) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Weiss (München), Frau Rock und der Fraktion DIE GRÜNEN: Vorschläge der Koalitionsarbeitsgruppe Bahn zur Sanierung der Deutschen Bundesbahn (Drucksachen 11/3162, 11/4093) j) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Weiss (München), Frau Rock und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verstoß gegen § 5 Bundesbahngesetz durch den Deutschen Bundestag (Drucksachen 11/3648, 11/4183) k) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Weiss (München), Kreuzeder und der Fraktion DIE GRÜNEN: Ausbau der Bundesbahnstrecke München—Mühldorf—Freilassing (Drucksachen 11/3973, 11/5269) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Weiss (München), Frau Rock und der Fraktion DIE GRÜNEN: FCKW (Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe) in den ICE-Triebköpfen der Deutschen Bundesbahn (Drucksachen 11/4439, 11/5959) Dr. Zimmermann, Bundesminister BMV 13929 B Daubertshäuser SPD 13932 B Dr. Jobst CDU/CSU 13936 C Weiss (München) GRÜNE . . 13940B, 13970C Kohn FDP 13945 A Rauen CDU/CSU 13948 C Bamberg SPD 13950 A Bauer CDU/CSU 13953 A Gries FDP 13954 B Ewen SPD 13957 A Haungs CDU/CSU 13959 B Jung (Limburg) CDU/CSU 13960 D Dr. Niese SPD 13962 B Hinsken CDU/CSU 13964 B Haar SPD 13966 B Fischer (Hamburg) CDU/CSU 13968 C Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 13972 B Spilker CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 13974 B Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Sofortige Einstellung der Entwicklungshilfe für El Salvador (Drucksache 11/5453 [neu]) in Verbindung mit Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989 III Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Zur Lage in El Salvador (Drucksache 11/5969) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Rückkehr zum Friedensprozeß in El Salvador (Drucksache 11/5973) Volmer GRÜNE 13975 A Hedrich CDU/CSU 13975 D Wischnewski SPD 13976 C Irmer FDP 13977 B Schäfer, Staatsminister AA 13978 B Tagesordnungspunkt 1: Fragestunde — Drucksache 11/5951 vom 1. Dezember 1989 — Schutz der deutschen Landwirtschaft vor Verlusten bei Auf- und Abwertungen innerhalb des Europäischen Währungssystems MdlAnfr 2 Eigen CDU/CSU Antw PStSekr Dr. von Geldern BML . . 13915 B ZusFr Eigen CDU/CSU 13915 C Zulassung von in anderen EG-Ländern genehmigten Pflanzenschutzmitteln MdlAnfr 3 Eigen CDU/CSU Antw PStSekr Dr. von Geldern BML . . 13916A ZusFr Eigen CDU/CSU 13916 C Verkauf des Abfallprodukts „Dikegulac" aus der Vitamin-C-Herstellung als Wachstumsregulator an die Landwirtschaft; Belastung des Rheinwassers; Interpretation des Begriffs „verursachergerechte Lösung" MdlAnfr 11, 12 Frau Weyel SPD Antw PStSekr Pfeifer BMJFFG 13917B, 13917 D ZusFr Frau Weyel SPD . . . . 13917C, 13918A Vermehrte Krebsausbreitung in Höhen des Schwarzwaldes MdlAnfr 13 Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE Antw PStSekr Pfeifer BMJFFG 13918 C ZusFr Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 13918 C Bau von Schleusenkammern zur Vermeidung unvertretbarer Wartezeiten auf der Mosel angesichts der Verdoppelung des Transportaufkommens seit Öffnung des Saarkanals; Untersuchungen über die Einstellung des Nachtbetriebs MdlAnfr 14, 15 Pauli SPD Antw PStSekr Dr. Schulte BMV 13919A, 13919D ZusFr Pauli SPD 13919B, 13920 A Beschleunigter Ausbau der Bundesstraßen in Oberfranken angesichts des vervielfachten Grenzverkehrs zur DDR MdlAnfr 16 Dr. de With SPD Antw PStSekr Dr. Schulte BMV 13920 C ZusFr Dr. de With SPD 13920 C Beschleunigung des Ausbaus der Eisenbahnübergänge zur DDR in Oberfranken MdlAnfr 17 Dr. de With SPD Antw PStSekr Dr. Schulte BMV 13921 A ZusFr Dr. de With SPD 13921 A Rechtsgrundlage für das vorgesehene Nachtfahrverbot für österreichische Lastwagen MdlAnfr 18 Dr. Kübler SPD Antw PStSekr Dr. Schulte BMV 13921D ZusFr Dr. Kübler SPD 13921D Novellierung der Wärmeschutz- und der Heizungsanlagen-Verordnung MdlAnfr 23, 24 Frau Teubner GRÜNE Antw PStSekr Echternach BMBau 13922B, 13923 A ZusFr Frau Teubner GRÜNE . 13922B, 13923 A ZusFr Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 13922D, 13923 B Beruflicher Status des Versicherungsdetektivs Werner Mauss im Bereich des Bundeskriminalamtes MdlAnfr 50, 51 Dr. Emmerlich SPD Antw PStSekr Dr. Waffenschmidt BMI . 13923D, 13924 D ZusFr Dr. Emmerlich SPD . . . 13924A, 13925 A ZusFr Dr. Hirsch FDP . . . . 13924C, 13925 C ZusFr Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE . 13924 C, 13925 C Nächste Sitzung 13980 C Berichtigungen 13980 IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 13981* A Anlage 2 Einspruch des Abg. Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) vom 27. Oktober 1989 nach § 39 GO gegen den am 26. Oktober 1989 durch Vizepräsident Cronenberg erteilten Ordnungsruf 13981* C Anlage 3 Eingriff in die Unabhängigkeit der Gerichte durch die Äußerungen des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Jahn zum „Soldatenurteil" MdlAnfr 1 — Drs 11/5951 — Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD SchrAntw BMin Engelhard BMJ . . . . 13982* A Anlage 4 Mitbeauftragung von Prof. Schroeder von der Universität Regensburg mit der Herausgabe des DDR-Handbuchs angesichts dessen „rassistischer und ausländerfeindlicher Äußerungen" laut Presseberichten von 1983 und 1984 MdlAnfr 4, 5 — Drs 11/5951 —Hiller (Lübeck) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Hennig BMB . . 13982* C Anlage 5 Verhinderung der Zerstörung der Naturschutzgebiete an der Grenze zur DDR MdlAnfr 6 — Drs 11/5951 — Wüppesahl fraktionslos SchrAntw PStSekr Grüner BMU . . . . 13982* D Anlage 6 Förderung des Baus von Entsorgungsanlagen für ölverschmutztes Wasser in Nordseehäfen mit Bundesmitteln angesichts ausreichender privat finanzierter Kapazitäten MdlAnfr 7 — Drs 11/5951 — Uldall CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMU . . . . 13983* A Anlage 7 Kritik an der vom Bundesgesundheitsamt abgegebenen Beurteilung von Asbest durch den Bundesrechnungshof MdlAnfr 10 — Drs 11/5951 — Frau Würfel FDP SchrAntw PStSekr Pfeifer BMJFFG . . 13983* C Anlage 8 Vorschläge der Bundesregierung zu den EG-Beratungen über die Bekämpfung der zunehmenden Obdachlosigkeit MdlAnfr 21, 22 — Drs 11/5951 — Müntefering SPD SchrAntw PStSekr Echternach BMBau . 13983' D Anlage 9 Aufgaben der „Projektgruppe Belegungsrechte" im Bundesbauministerium; Vorlage des ersten Berichts MdlAnfr 25, 26 — Drs 11/5951 — Dr. Sperling SPD SchrAntw PStSekr Echternach BMBau . 13984* B Anlage 10 Spezielle Schulung der für den Umkreis des Deutschen Bundestages zuständigen Einsatzleiter der Polizei; Kennzeichnung der Bannmeile MdlAnfr 52, 53 — Drs 11/5951 — Sielaff SPD SchrAntw PStSekr Dr. Waffenschmidt BMI 13984* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989 13915 181. Sitzung Bonn, den 6. Dezember 1989 Beginn: 13.00 Uhr
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    Berichtigungen 179. Sitzung, erste Seite, rechte Spalte: Bei Einzelplan 11 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — ist zwischen den Namen Zywietz FDP und Dreßler SPD einzufügen: „Frau Unruh fraktionslos" und die Seitenzahl „13777 C". Seite 13851 A Zeile 8: Statt „abgelehnt" ist „angenommen" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 08. 12. 89 * Antretter SPD 08. 12. 89 * Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 08. 12. 89 Frau Becker-Inglau SPD 08. 12. 89 Bindig SPD 08. 12. 89 * Frau Blunck SPD 08. 12. 89 * Dr. Bötsch CDU/CSU 08. 12. 89 Büchner (Speyer) SPD 08. 12. 89 * Duve SPD 08. 12. 89 Ehrbar CDU/CSU 08. 12. 89 Eich GRÜNE 08. 12. 89 * Frau Eid GRÜNE 08. 12. 89 Frau Fischer CDU/CSU 07. 12. 89 * Frau Ganseforth SPD 08. 12. 89 Dr. Gautier SPD 08. 12. 89 Heimann SPD 08. 12. 89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 08. 12. 89 * Höffkes CDU/CSU 07. 12. 89 * Ibrügger SPD 06. 12. 89 Jaunich SPD 08. 12.89 Frau Kelly GRÜNE 06. 12. 89 Kittelmann CDU/CSU 08. 12. 89 * Kißlinger SPD 08. 12. 89 Klein (Dieburg) SPD 08. 12. 89 Dr. Klejdzinski SPD 08. 12. 89 * Frau Luuk SPD 08. 12. 89 * Dr. Mahlo CDU/CSU 06. 12. 89 Frau Matthäus-Maier SPD 06. 12. 89 Meyer SPD 07. 12. 89 Dr. Müller CDU/CSU 08. 12. 89 * Niegel CDU/CSU 08. 12. 89 * Pfuhl SPD 06. 12. 89 * Rawe CDU/CSU 08. 12. 89 Reddemann CDU/CSU 08. 12. 89 * Frau Rock GRÜNE 08. 12. 89 Frau Rost (Berlin) CDU/CSU 08. 12. 89 Roth (Gießen) CDU/CSU 06. 12. 89 Dr. Scheer SPD 08. 12. 89 * Frau Schilling GRÜNE 08. 12. 89 Schmidt (München) SPD 08. 12. 89 * von Schmude CDU/CSU 08. 12. 89 * Schröer (Mülheim) SPD 08. 12. 89 Dr. Soell SPD 08. 12. 89 * Steiner SPD 08. 12. 89 * Dr. Unland CDU/CSU 08. 12. 89 * Voigt (Frankfurt) SPD 06. 12. 89 * von der Wiesche SPD 06. 12. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 08. 12. 89 Zierer CDU/CSU 08. 12. 89 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Einspruch des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) vom 27. Oktober 1989 nach § 39 GO gegen den am 26. Oktober 1989 durch Vizepräsident Cronenberg erteilten Ordnungsruf * ) Gegen den mir am 26. Oktober 1989 erteilten Ordnungsruf lege ich formal und inhaltlich Einspruch ein. Begründung: Durch Anruf aus meinem Wahlkreis wurde ich heute davon informiert, daß mir gestern nachträglich im Deutschen Bundestag ein Ordnungsruf erteilt worden ist. Offensichtlich ist in der dortigen Presse darüber berichtet worden. Zur Form stelle ich fest, daß ich für den gestrigen und heutigen Tag wegen Teilnahme an einer Sitzung der Westeuropäischen Union von Ihnen beurlaubt bin, was gewiß auch aus der Anlage zum Protokoll der Bundestagssitzung hervorgehen wird, in der mir in meiner Abwesenheit der Ordnungsruf erteilt wurde. Ich halte dieses Verfahren für unzulässig, denn ich muß in der Lage sein, gegen diesen Ordnungsruf Einspruch einlegen zu können, was mir jetzt nur durch den puren Zufall einer Presseveröffentlichung und ein daran anschließendes Telefongespräch möglich geworden ist. In der Sache begründe ich den Einspruch wie folgt: 1. Es kann und darf im Deutschen Bundestag nicht gerügt werden, wenn Kommunisten als das bezeichnet werden, was sie sind, nämlich „Mauermörder". Seit dem Bau der Mauer sind mehr als 200 Menschen ermordet worden, weil sie von ihren Menschenrechten Gebrauch machen wollten. Bisher waren sich alle Demokraten darin einig, daß es sich dabei um „Mord" handelt. Es gibt unzähliche Aussagen dieser Art. 2. Frau Kollegin Wieczorek-Zeul sprach in ihrem Redebeitrag, zu dem ich meinen Zwischenruf machte, über die „Gleichsetzung von Nazis und Kommunisten", zuvor war mehrfach von den Koalitionen gesprochen worden, die von der SPD auf örtlicher Ebene mit Kommunisten abgeschlossen worden sind. Diese Kommunisten sind politisch voll haftbar zu machen für die politisch bedingten Untaten ihrer Genossen an der Mauer, vor allem wenn sie sich davon nicht distanzieren, sondern sie sogar billigen. 3. Der Bürgermeister von Langenselbold, Ebner (SPD), hat in einem Gespräch mit der Tageszeitung „DIE WELT" seine Koalition mit den Kommunisten verteidigt und sieht keine Veranlassung, dieses Bündnis aufzulösen. Er habe dafür auch keinen Rüffel oder eine Anfrage aus seiner Partei (also der SPD) erhalten. Ebenfalls in dem Beitrag der *) Vgl. 164. Sitzung vom 5. Oktober 1989 Seite 12449 A 171. Sitzung vom 26. Oktober 1989 Seite 12828 B 174. Sitzung vom 9. November 1989 Seite 13099 B 13982* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989 „WELT" (vom 18. 8. 1989) erklärte der kommunistische Koalitionspartner der SPD Emil Schäfer (DKP) auf die Frage, warum seine Partei den Kurs der DDR stütze: „In der DDR funktioniert, was bei anderen nicht funktioniert. Auch bei uns nicht." Er werde Honecker nicht raten, die Grenze aufzumachen. Weiter heißt es: „Schäfer weigerte sich, auch nur einen einzigen Kritikpunkt gegenüber der DDR zu nennen. Auch die blutige Niederschlagung der StudentenDemonstrationen in China wollte er nicht verurteilen. " Diesen eindeutigen Aussagen des SPD-Koalitionspartners ist nichts hinzuzufügen. 4. Es ist in der Debatte kein Ordnungsruf erteilt worden für die zahlreichen Hinweise auf Koalitionen von SPD und Kommunisten. Ich erhielt den Ordnungsruf folglich dafür, daß ich statt von Kommunisten von „Mauermördern" gesprochen habe. Das aber ist sowohl generell als auch im konkreten Fall voll gerechtfertigt. Anlage 3 Antwort des Bundesministers Engelhard auf die Frage der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin (SPD) (Drucksache 11/5951 Frage 1): Welche Konsequenzen hat der Bundesminister der Justiz aus der Tatsache gezogen, daß der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz, Dr. Jahn, sich am 7. November 1989 in einer Presseerklärung zu dem sogenannten Soldatenurteil des Landgerichts Frankfurt vom 20. Oktober 1989 in einer Weise geäußert hat, die nach weit verbreiteter Auffassung u. a. des Deutschen Richterbundes einen in der Justizgeschichte der Bundesrepublik Deutschland bislang einmaligen Eingriff in die Unabhängigkeit der Gerichte darstellt? Nachdem das Landgericht Frankfurt die mündliche Begründung seines „Soldaten-Urteils" über die Presse am 20. Oktober 1989 veröffentlicht und offensichtlich bewußt seine rechtlichen Erwägungen damit öffentlich zur Diskussion gestellt hatte, hat Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Jahn am 7. November 1989 in einer bewußt als persönliche Erklärung, nicht als offizielle Presseerklärung des BMJ, abgefaßten Verlautbarung in sachlicher Form zu dem Urteil Stellung genommen, wobei er ausdrücklich eingangs erklärte, daß er nicht in ein schwebendes Verfahren eingreifen wolle. Er hat damit als frei gewählter Abgeordneter des Deutschen Bundestages, der auch Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz ist, in Ausübung der freien Meinungsäußerung seine subjektive Auffassung u. a. auch zu den rechtlichen Erwägungen des Landgerichts Frankfurt in der Form und der Sache nach nicht angreifbarer und demgemäß auch keinerlei Konsequenzen erfordernder Weise geäußert. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hennig auf die Fragen des Abgeordneten Hiller (Lübeck) (SPD) (Drucksache 11/5951 Fragen 4 und 5): Wie begründet die Bundesregierung, daß sie für die geplante Neuauflage des DDR-Handbuches neben Prof. Zimmermann von der Freien Universität Berlin, der bisher die wissenschaftliche Leitung hatte, Prof. Schroeder von der Universität Regensburg, Prof. Fischer von der Universität Bonn und Prof. Gutmann von der Universität Köln mit der Herausgabe beauftragt hat? Wie beurteilt die Bundesregierung, daß es sich bei Prof. Schroeder um den gleichen Dozenten handelt, der in den Jahren 1983 und 1984 durch „rassistische und ausländerfeindliche Äußerungen" (s. Presseberichte wie beispielsweise im SPIEGEL Nr. 37, 10. September 1984, S. 94, in der FAZ vom 13. Oktober 1983) auf sich aufmerksam gemacht hat? Zu Frage 4: Das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen hat die vier genannten Wissenschaftler angesprochen, um die wissenschaftliche Leitung der unterschiedlichen Fachbereiche für die Neuauflage des DDR-Handbuches jeweils einem Wissenschaftler dieser Disziplin zu übertragen. Bei allen vier Wissenschaftlern handelt es sich um renommierte Vertreter ihres Fachs. Angesichts der zu erwartenden Umgestaltung in der DDR erhält die Konzeption, die wissenschaftliche Leitung des DDR-Handbuches auf eine breitere Grundlage zu stellen, besondere Bedeutung. Sie sichert auch die rasche Berücksichtigung aktueller Veränderungen bei der Neuauflage. Drei der angesprochenen Wissenschaftler haben diesen Auftrag angenommen, der vierte, Dr. Zimmermann, hat eine Mitarbeit in der wissenschaftlichen Leitung aufgrund anderweitiger Verpflichtungen abgelehnt, steht jedoch dem Projekt als Autor zur Verfügung. Zu Frage 5: Das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen nimmt nicht zu unbestätigten Presseberichten aus dem Lehrbetrieb der Universitäten Stellung. Bei Prof. Schroeder handelt es sich um einen renommierten und international anerkannten Rechtswissenschaftler mit besonderer Kenntnis des DDR-Rechts. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Wüppesahl (fraktionslos) (Drucksache 11/5951 Frage 6): Hat die Bundesregierung Konzepte, und wenn ja, wie sehen diese aus, wie damit umgegangen werden soll, daß Naturschutzgebiete — wie z. B. die Lauenburgische Seenplatte —, die an der Grenze zur DDR liegen und dadurch maßgeblich zu ökologischen Refugien für Tiere und Pflanzen geworden sind, in Zukunft zu behandeln sind bzw. ihre Zerstörung durch die Öffnung der Grenze verhindert werden soll? Entlang der innerdeutschen Grenzen befinden sich zahlreiche Gebiete, die für den Naturschutz von großer Bedeutung sind und die dauerhaft geschützt werden sollten. Grenzüberschreitende Naturschutzvorhaben sind deshalb von Anfang an ein wichtiger Bestandteil der Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989 13983* Zusammenarbeit auf der Basis des 1987 geschlossenen Umweltabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR gewesen. In einem Falle (Drömling, Niedersachsen) hat dies bereits zu konkreten Vereinbarungen mit der DDR hinsichtlich der notwendigen Abstimmungsschritte für den Schutz und die langfristige Sicherung dieses Gebietes geführt. Von unserer Seite aus ist vorgesehen, die Abstimmungsgespräche baldmöglichst fortzusetzen. Dabei ist es notwendig, daß für das jeweils in Frage kommende Gebiet detaillierte Vorstellungen über die Ziele des Naturschutzes und die zu ergreifenden Maßnahmen, die mit den betroffenen Fachbehörden abzustimmen sind, entwickelt werden. Dazu bedarf es der Einbeziehung der betroffenen Bundesländer, die für Maßnahmen im Bereich des Naturschutzes zuständig sind. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Uldall (CDU/CSU) (Drucksache 11/5951 Frage 7): Wie beurteilt die Bundesregierung die Pläne, neu zu errichtende Entsorgungsanlagen für ölverschmutzte Wässer von Schiffen in Cuxhaven, Wilhelmshaven und Nordenham mit Bundesmitteln zu fördern, obwohl bereits ausreichende, ausschließlich privat finanzierte Kapazität vorhanden ist? Die Bundesregierung beteiligt sich mit Mitteln des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit an einem auf drei Jahre befristeten Demonstrationsvorhaben zur Schiffsentsorgung. Ziel dieses Demonstrationsvorhabens ist die Schaffung einer dauerhaften Entsorgungsstruktur, die sowohl dem Verursacherprinzip Rechnung trägt als auch die Reeder von zurechenbaren Entsorgungskosten entlastet. Für den Ablauf des Demonstrationsvorhabens sind zwei Phasen vorgesehen: — In der ersten bis Mai 1989 dauernden Phase wurden über eine Zeitspanne von 12 Monaten die bestehenden technischen und organisatorischen Entsorgungsstrukturen erprobt. Schwachstellen wurden analysiert und Verbesserungsvorschläge erarbeitet. — In der zweiten Phase, die im Juni d. J. begonnen hat, sollen die technischen und organisatorischen Verbesserungsvorschläge umgesetzt werden. Hierzu muß das Konzept des Demonstrationsvorhabens einvernehmlich fortgeschrieben werden. Für diese Fortschreibung müssen die Küstenländer die geplanten Investitionen benennen und ein gemeinsames Investitionsprogramm erarbeiten. Bei diesem Investitionsprogramm müssen die Länder selbstverständlich die bereits vorhandenen Entsorgungskapazitäten berücksichtigen, um unnötige Investitionen zu vermeiden. Aus Sicht der Bundesregierung wird es darauf ankommen, in der für die Abwicklung von Investitionen knapp bemessenen restlichen Laufzeit des Demonstrationsvorhabens und im Rahmen der insgesamt plafondierten Bundesmittel die Investitionsanstrengungen zu optimieren, um eine dauerhafte Entsorgungsstruktur zu vertretbaren Kosten aufzubauen. Die Küstenländer erarbeiten zur Zeit ein Investitionsprogramm, das sie Ende Dezember 1989 dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit übermitteln wollen. In welchem Umfang Investitionen für Entsorgungsanlagen im Raum Cuxhaven, Wilhelmshaven und Nordenham für sinnvoll und erforderlich anzusehen sind, kann die Bundesregierung erst danach beurteilen. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Pfeifer auf die Frage der Abgeordneten Frau Würfel (FDP) (Drucksache 11/5951 Frage 10) : Wie ist zu vereinbaren, daß einerseits der Bundesrechnungshof die wissenschaftliche Bewertung des Bundesgesundheitsamtes zur gesundheitlichen Beurteilung von Asbest aus dem Jahre 1982 kritisiert, wenn andererseits ein internationales Expertengremium im September 1989 zu der Feststellung kommt, daß die damalige Aussage wissenschaftlich zutreffend war und auch aus heutiger Sicht noch zutrifft? Der Bundesrechnungshof hat in seinem Prüfbericht vom 9. Mai 1989 ausgeführt: Es ist nicht Aufgabe des Bundesrechnungshofes, zu der wissenschaftlichen Auseinandersetzung um den Grenzwert der Asbestfaserbelastung und die gesundheitlichen Folgen Stellung zu nehmen. Danach gibt es zwischen den Aussagen des Bundesrechnungshofes und der wissenschaftlichen Bewertung des Bundesgesundheitsamtes zur gesundheitlichen Beurteilung von Asbest keinen Widerspruch. Die wissenschaftliche Bewertung des Bundesgesundheitsamtes von 1982 war nach der Feststellung des internationalen Expertengremiums im September 1989 damals wissenschaftlich zutreffend und trifft auch aus heutiger Sicht noch zu. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Echternach auf die Fragen des Abgeordneten Müntefering (SPD) (Drucksache 11/5951 Fragen 21 und 22): Was wird die Bundesregierung anläßlich der Beratungen der EG-Minister im Dezember zum Thema Obdachlosigkeit an Maßnahmen vorschlagen? Denkt die Bundesregierung zur Bekämpfung der steigenden Obdachlosigkeit an neue Maßnahmen, die über die Koalitionsvereinbarung vom 7. November hinausgehen? Zu Frage 21: Die Beratungen der EG-Minister im Dezember dienen dem Erfahrungsaustausch über die Situation auf den Wohnungsmärkten unter besonderer Berücksichtigung von sozialen Problemgruppen und Obdachlosen. 13984* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989 Konkrete Vorschläge oder Beschlüsse der EG-Minister-Konferenz sind nach dem gegenwärtigen Stand der Vorbereitungen nicht zu erwarten; insbesondere ist nicht daran gedacht, den Bereich der nationalen Wohnungspolitik zum Gegenstand von Harmonisierungsbemühungen zu machen. Zu Frage 22: Der Deutsche Bundestag hat erst vor wenigen Wochen zur Obdachlosigkeit festgestellt: Soweit Fälle von Obdachlosigkeit auftreten, liegt es nach unserer verfassungsgemäßen Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden in der Verantwortung der dafür zuständigen Gemeinden, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Die Beseitigung von Obdachlosigkeit haben die Kommunen stets als originäre Aufgaben verstanden. Dazu steht ein bewährtes Instrumentarium zur Verfügung, ergänzt durch Hilfen freier Träger. Eine direkte Einwirkungsmöglichkeit des Bundes besteht hierbei nicht. Der Bund leistet aber einen entscheidenen Beitrag zur Entspannung der aktuellen Probleme durch seine Hilfen zur Erhöhung des Wohnungsangebots insgesamt. Neue Maßnahmen, die über die Beschlüsse vom 7. November 1989 hinausgehen, sind nicht beabsichtigt. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Echternach auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Sperling (SPD) (Drucksache 11/5951 Fragen 25 und 26): Wie lautet der Arbeitsauftrag der im Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau gebildeten „Projektgruppe Belegungsrechte"? Wann wird der erste Bericht dieser Projektgruppe vorliegen? Zu Frage 25: Die im Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau eingesetzte interne Projektgruppe „Belegungsrechte" hat den Auftrag, die Möglichkeiten des Erwerbs von Belegungsrechten im Wohnungsbestand durch die Kommunen zu prüfen. Neben rechtlichen und finanziellen Fragen geht es in erster Linie um die wohnungspolitische Wirksamkeit eines solchen Instruments. Zu Frage 26: Die interne Arbeitsgruppe hat nicht den Auftrag, einen für die Öffentlichkeit oder die parlamentarische Beratung geeigneten Bericht vorzulegen. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Waffenschmidt auf die Fragen des Abgeordneten Sielaff (SPD) (Drucksache 11/5951 Fragen 52 und 53): In welcher Form wirkt die Bundesregierung darauf hin, daß Einsatzleiter der Polizei im Umkreis des Deutschen Bundestages besonders geschult und qualifiziert sind, um im Umgang mit Bürger/innen nicht durch übereifriges Handeln ein negatives Bild unserer demokratischen Gesellschaft zu vermitteln? Wie stellt die Bundesregierung sicher, daß die Bannmeile in Bonn als solche klar erkennbar ist und Bürger/innen nicht aus Unwissenheit — z. B. durch eine Demonstration am Rande der Bannmeile — in ein Strafverfahren verwickelt werden? Zu Frage 52: Eine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit der Bundesregierung ist nicht gegeben. Ebenso wie allgemeine Aufgaben der Gefahrenabwehr werden auch polizeiliche Schutzmaßnahmen im Umkreis des Deutschen Bundestages durch den Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen bzw. seine nachgeordneten Polizeibehörden (Polizeipräsident in Bonn) wahrgenommen. Dazu gehört auch die Auswahl der Einsatzleiter der Polizei. Sofern sich Ihre Frage auf ein konkretes Vorkommnis bezieht, bin ich gerne bereit, entsprechende Angaben an den Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen weiterzugeben. Zu Frage 53: Die Durchführung des Versammlungsgesetzes und des Bannmeilengesetzes ist Aufgabe der zuständigen Behörden der Länder. Nach § 14 des Versammlungsgesetzes sind öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel oder Aufzüge spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe bei der zuständigen Behörde anzumelden. Sofern sich aus der Anmeldung ergibt, daß eine Verletzung der Bannmeile eintreten könnte, weist der Polizeipräsident in Bonn die Veranstaltungsteilnehmer auf die Grenzen der Bannmeile hin. Eine Bestrafung wegen Bannkreisverletzung nach § 106a des Strafgesetzbuches setzt voraus, daß der Täter vorsätzlich handelt. Der Vorsatz muß auch das Verbot der Versammlung umfassen. Wer also bei einer Versammlung versehentlich in das von der Bannmeile umfaßte Gebiet gerät, setzt sich erst dann der Gefahr einer Bestrafung aus, wenn er ungeachtet entsprechender Hinweise der Polizei die Versammlung in diesem Bereich fortsetzt.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke zunächst für das Verständnis der Fraktionen, daß ich der Debatte nicht ganz beiwohnen kann, weil eine Kabinettssitzung angesetzt ist, die von heute vormittag wegen des Trauerakts für Herrhausen auf heute nachmittag verschoben werden mußte und die die Anwesenheit sämtlicher Mitglieder des Kabinetts unbedingt erfordert. Ich bitte um Verständnis für die Ausnahme, daß ich aus diesem Grunde die Debatte eröffne.
    Zunächst möchte ich auf die zahlreichen Pressemeldungen eingehen, die sich heute mit dem Bericht der Deutschen Bundesbahn beschäftigen. Das ist ein Bericht der Bundesbahn an die Bundesbahnkommission — nichts anderes — , der auch mir erst gestern abend auf den Tisch gekommen ist. Die Institution Bundesbahn schildert in dem Bericht an die Bundesbahnkommission, die über ihre Zukunft entscheiden soll, ihre Lage natürlich nicht in den rosigsten Farben — wofür man Verständnis haben muß. Aber zu einer solchen Schwarzmalerei, wie sie dort zum Teil angestellt wird, ist trotzdem, wie ich meine, kein Anlaß.
    Die Deutsche Bundesbahn war ein Schwerpunkt der Verkehrspolitik in den 80er Jahren und wird es für diese Bundesregierung auch bleiben. Mit der Öffnung der innerdeutschen Grenzen und der Sektorengrenzen in Berlin wird die Verkehrspolitik in eine neue Phase eintreten. Der Bahn werden sich neue Chancen bieten, und sie wird sich dieser Herausforderung zu stellen haben.
    Welche Bedeutung der Bahn nach wie vor zukommt, hat sich in den vergangenen Tagen gezeigt: Es hat ein Ansturm von DDR-Besuchern stattgefunden. Allein in einer einzigen Woche hat die Deutsche Bundesbahn 100 Züge im Fernverkehr und 470 Züge im grenznahen Verkehr zusätzlich eingesetzt. Das geschah in unmittelbaren Absprachen mit den Hauptverwaltungen der Bahnen, aber auch auf örtlicher Ebene mit Hilfe von Standleitungen zwischen Eisenbahndirektionen in beiden Teilen Deutschlands. Das war eine bemerkenswerte Aktion, die weithin ohne Beachtung geblieben ist. Ich darf hier ausdrücklich sagen, daß sich nicht nur auf kurze, sondern auch auf längere Sicht eine intensive Zusammenarbeit mit der DDR entwickelt.
    Für diesen Winterfahrplan und auch schon für den nächsten — 1990/1991 — haben wir konkrete Absprachen getroffen. In diesem Winterfahrplan haben wir 55 Schnellzugpaare im Fernreiseverkehr und 28 Zugpaare im grenznahen Verkehr. Für den nächsten Winter haben wir zusätzlich 35 weitere Zugpaare vereinbart.
    Bundesbahn und Reichsbahn haben diesen Reiseverkehr mit einem bemerkenswerten Einsatz von Personal und Material bewältigt. Dafür ist allen, die viele Überstunden geleistet haben, Dank zu sagen.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Ich glaube sagen zu können, daß die Bundesregierung in den letzten Jahren die Weichen für eine attraktivere und leistungsfähigere Bahn gestellt hat, die natürlich längst nicht über den Berg ist. Das konnte auch niemand erwarten. Unser Ziel ist, aus dem Wettbewerb der Verkehrsträger eine Zusammenarbeit der Systeme mit dem Ziel zu machen, daß jeder Verkehrsträger seine Leistungsstärke in die Transportkette einbringt.
    Der wirtschaftliche Aufschwung der vergangenen sieben Jahre hat das Verkehrsaufkommen zusätzlich ansteigen lassen. Die guten Aussichten der deutschen Wirtschaft auch in den 90er Jahren im Binnenmarkt werden unausweichlich ein weiteres Ansteigen des Verkehrs mit sich bringen. Das bedeutet für die Bahn: Sie muß sich wieder einen wachsenden Anteil an diesem Markt sichern. Das wollen wir auf marktwirtschaftliche Weise, also ohne Dirigismus erreichen. Die im Vorgriff auf eine EG-Regelung von der Bundesregierung beschlossene Straßenbenutzungsgebühr für schwere LKWs ist ein marktwirtschaftliches Instrument, um faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.
    Bei der Bahn müssen wir Produktivität, Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit steigern. Die Bahn muß in den 90er Jahren diese ihr zugedachte Rolle übernehmen, und dafür ist einiges geschehen. Wir haben mit dem Bundesverkehrswegeplan von 1986 bis 1995 einen neuen Weg eingeschlagen. Mit einem Volumen von 50 Milliarden DM haben wir in diesem Zeitraum die Investitionen in die Schiene an den Straßenbau und an die Investitionen dort angeglichen. Man darf nicht übersehen — das muß man in aller Deutlichkeit aussprechen, meine Damen und Herren — : 50 Jahre lang ist nichts in den Neu- und Aus-
    13930 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989
    Bundesminister Dr. Zimmermann
    bau des Fernverkehrsnetzes der Schiene investiert worden.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU) 50 Jahre lang!

    1991 wird in der Bundesrepublik Deutschland das ICE-Zeitalter beginnen. Nicht nur bei uns, in ganz Europa werden die Bahnen im Personen- und Güterverkehr schneller. Die Bahn wird ihre Systemvorteile, die Beförderung über lange Distanzen schnell durchzuführen, in vollem Umfang nutzen können. Es gibt signifikante Zeichen für einen neuen Run, was die Bahnen anbetrifft: Der Kanaltunnel zwischen Frankreich und Großbritannien ist ein Eisenbahntunnel. Der Brenner-Basis-Tunnel auf der Strecke MünchenVerona ist ein Eisenbahntunnel. Die Schweiz plant zwei Transversalen, Lötschberg, Gotthard; es sind Eisenbahntunnels. Die skandinavischen Länder setzen über den Großen Belt auf die Schiene. Der Brückenbau hat begonnen. In den 90er Jahren wird ein Schnellbahnnetz Paris—Brüssel—Köln, Amsterdam—Frankfurt, aber auch Paris—Ostfrankreich—Südwestdeutschland verbinden. Schnelligkeit wird dann ein Markenzeichen der Bahn sein. In den nächsten 10 Jahren wird in der Bundesrepublik Deutschland ein Netz von 2 000 km Neu- und Ausbaustrecken für Durchschnittsreisegeschwindigkeiten von 250 km/h entstanden sein. Die neuen Strecken werden auch für den Güterverkehr richtig liegen. Diese sichere und umweltfreundliche Bahn wird damit zur wichtigsten Alternative zum überlasteten Luft- und Straßenverkehr.
    Ein neues Stichwort heißt kombinierter Verkehr. Kombinierter Verkehr Schiene — Straße hat Zukunft. Für den Aus- und Neubau von Umschlagbahnhöfen hat die Bundesregierung im Rahmen des gerade genannten Bundesverkehrswegeplanes bis 1995 Investitinszuschüsse von mehr als 700 Millionen DM vorgesehen. Die beförderte Gütermenge ist bei diesem Verkehr von 1980 bis 1988, also innerhalb von acht Jahren, von 11 auf 20 Millionen Tonnen verdoppelt worden. Die Prognosen der Bundesbahn gehen davon aus, daß wir im kombinierten Verkehr nächstes Jahr 23 Millionen Tonnen und im Jahre 2000 45 Millionen Tonnen jährlich haben werden.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Das alles ist durchaus anerkennenswert, glaube ich schon. Trotzdem ist mit Geld allein der Bahn nicht gedient.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Eine Bahn mit der Technologie des 20. Jahrhunderts kann nicht mit der überkommenen Struktur „100 Jahre Bahn" geführt werden. Die Bahn muß Leistungen erbringen, die der Markt heute und morgen verlangt, konkrete Maßnahmen vorsehen, die das Unternehmen in seiner Struktur, in seiner Produktionsweise und in seiner Absatzpolitik an die Markterfordernisse heranführt und die seine Ertragsschwäche beseitigen. Das ist ein ungeheuer hochgestecktes Ziel. Das wissen auch wir.
    Man hat früher eine andere Methode angewandt. Im Zeitraum zwischen 1970 und 1982 sind die jährlichen Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt um rund 10 Milliarden DM, von 4 Milliarden DM auf 14 Milliarden DM, gestiegen. Diese Mittel haben weder die steigende Verschuldung noch das Anwachsen der Jahresfehlbeträge verhindern können. Die Verkehrsleistungen sind in dieser Zeit kaum erhöht worden. Das heißt: Erhaltungssubventionen sind ebenso wie dirigistische Maßnahmen ein untaugliches Mittel, um Unternehmen zu sanieren,

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    wenn die erforderlichen Anpassungsmaßnahmen nicht getroffen werden.
    Wir haben deshalb mit den Leitlinien zur Konsolidierung der Bundesbahn vom 23. November 1983 folgerichtig mit einer Strategie begonnen, die auf Anpassung der Kapazitäten und des Personals an den Strukturwandel setzt und den unternehmerischen Handlungsspielraum der Deutschen Bundesbahn betont. Dieser Ansatz zeitigt Erfolge, wenn auch noch nicht den totalen Durchbruch. Dieser Ansatz hat im wesentlichen bei gleichbleibenden Bundesleistungen die Jahresfehlbeträge auf 4 Milliarden DM stabilisiert und den Anstieg der Verschuldung gegenüber früheren pessimistischen Prognosen erheblich gebremst. Wenn wir von der Deutschen Bundesbahn unternehmerisches Handeln fordern, meine Damen und Herren, so müssen wir auch die Voraussetzungen schaffen, damit sie wie ein modernes Dienstleistungsunternehmen operieren kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Damit sich die Bundesbahn den neuen Aufgaben widmen und entsprechend planen kann, war eine Konsolidierung der Finanzen der Bahn notwendig geworden. Mit den Kabinettsbeschlüssen vom 1. Februar dieses Jahres hat die Bundesregierung Grundlagen für die Finanzstruktur und die Versorgungslasten des Unternehmens geschaffen. Im Haushaltsjahr 1991 werden die nach dem Stand von 1972 festgestellten Altschulden der Bahn in Höhe von 12,6 Milliarden DM vom Bund übernommen. Dadurch wird die Bilanz des Unternehmens entscheidend entlastet. Ab 1989 ist die Abgeltung für überhöhte Versorgungslasten, für die die Bahn bisher schon Zahlungen erhalten hat, auf den Betrag festgesetzt worden, der 31 % der Aktivbezüge der Beamten übersteigt. Eine Wettbewerbsverzerrung der Bahn ist also insoweit nicht mehr gegeben.
    Des weiteren wird der Kreditrahmen der Bahn so bemessen, daß alle wirtschaftlichen Maßnahmen unter Einschluß der Zukunftsinvestitionen durchgeführt werden können. Allerdings verlangt das Gebot der finanziellen Solidität, daß sich die Bahn bei ihren übrigen Sachausgaben an der Ertragskraft des Unternehmens orientiert.
    Schließlich sollen nach dem Kabinettsbeschluß der Bund und die übrigen öffentlichen Hände Beiträge zu den Fahrwegausgaben leisten. Über den Umfang dieser Beträge wird entschieden, sobald der Bericht der Kommission vorliegt. Das ist etwas, was dann für alle Zukunft den Anteil der öffentlichen Hände an der Bahn festschreiben wird. Deswegen ist das eine Sache, die nicht über das Knie gebrochen werden kann.
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989 13931
    Bundesminister Dr. Zimmermann
    Ich weiß, meine Damen und Herren, daß bei der Übernahme der Finanzverantwortung für den Fahrweg durch den Bund unsere Vorstellungen auseinandergehen. Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion verlagert die finanzielle Verantwortung für den Fahrweg in vollem Umfang auf den Bund. Damit läge auch die Aufgabenverantwortung beim Bund. Der Unternehmensleitung der Bundesbahn bliebe kaum noch Handlungsspielraum. Sie gestatten, daß ich es ganz deutlich sage: Das wollen wir nicht. Wir wollen keine partielle oder sogar ganze Übernahme von Kompetenzen des Vorstands der Bundesbahn auf den Bund.
    Wesentliche Voraussetzung für eine moderne Bahn ist ein Instrumentarium zur Führung, Steuerung und Kontrolle der Unternehmensbereiche. Dafür benötigt die Bahn ein den betriebswirtschaftlichen Grundlagen entsprechendes Rechnungswesen. Es muß ein differenziertes Rechnungswesen sein. Auch hier haben wir am 1. Februar die Weichen gestellt. Ende nächsten Jahres muß die Deutsche Bundesbahn eine Spartenerfolgsrechnung für ihre Produktbereiche IC-Verkehr, kombinierter Verkehr und Intercargo entwickeln,

    (Weiss [München] [GRÜNE]: Hat sie jetzt schon vorgelegt!)

    die die Beurteilung ihrer Wirtschaftlichkeit ermöglicht und damit bessere Grundlagen für Entscheidungen über bereichsbezogene Leistungsangebote liefert. Wenn die Bahn es früher als bis Ende 1990 tut, kann ich nur sagen: um so besser.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie muß eine separate Fahrwegrechnung erarbeiten, die die Aufwendungen, die sich dem Wegebereich zurechnen lassen, sachgerecht von den übrigen betrieblichen Leistungen abgrenzt. Und sie muß Strekkenrechnungen für jede einzelne Strecke aufbauen, die den Fahrwegaufwand nach der in Anspruch genommenen Kapazität differenziert. Das wird verlangt. Diese Instrumente sind weit wichtiger als der vordergründige Ausdruck „Rechenwerk". Sie tragen zu der für unternehmerisches Handeln unverzichtbaren Kosten- und Ertragstransparenz in allen Einzelbereichen der Bahn bei.
    Das neue Instrumentarium soll den Entscheidungsträgern auf allen Ebenen der Deutschen Bundesbahn bis hinunter zur letzten Dienststelle vor Augen führen, was sie zum Gesamtunternehmenserfolg beitragen. Damit werden nicht nur Wirtschaftlichkeitsschwachpunkte klar erkennbar; auch die Motivation der Mitarbeiter und ihr Beitrag zum Unternehmenserfolg werden größer. Die Rechnungen dienen auch der Transparenz nach außen in der Beziehung zwischen Unternehmen und anderen. Künftig wird deutlich werden und in Zahlen meßbar sein, was es kostet, wenn von der Bahn ganz bestimmte Leistungen gefordert werden.
    Neben der Finanzstruktur muß sich auch das Unternehmen selbst ändern. Die Bundesregierung hat deshalb eine unabhängige Kommission aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Wissenschaft und Banken von Bund und Ländern eingesetzt, die Vorschläge für ein Unternehmenskonzept für die Deutsche Bundesbahn erarbeiten soll. Das ist ein weiterer Schritt für eine tiefgreifende Strukturreform der Bahn und ihre Rolle im Zusammenspiel mit anderen Verkehrsträgern im nationalen wie im künftigen europäischen Verkehrsmarkt. Ihre Rolle muß durchaus neu definiert werden.
    Eine der Hauptaufgaben der Regierungskommission ist es, zur Klärung des Zielkonflikts zwischen unternehmerischem Anspruch und gemeinwirtschaftlicher Verpflichtung beizutragen. Das ist ein weiterer ganz wesentlicher Punkt.

    (Dr. Jobst [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Die Kommission muß eine Bahnstruktur entwickeln, die sich auf lange Sicht im Wettbewerb behaupten kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie soll darüber hinaus die aus Gründen des Gemeinwohls von der Deutschen Bundesbahn auf Dauer zu übernehmenden Aufgaben festlegen helfen. Zugleich wird im gemeinwirtschaftlichen Bereich zu klären sein, welche Leistungen beispielsweise im Schienenpersonennahverkehr langfristig vom Bund übernommen werden sollen und inwieweit regionale Körperschaften an der Lastenverteilung beteiligt werden müssen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Jetzt kommt ein absoluter Schlüsselsatz. Den möchte ich zweimal unterstreichen. Er lautet: Wer Leistungen, die nicht kostendeckend erbracht werden können, fordert, hat dann auch für die Unterdeckung zu bezahlen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD: Das ist wichtig!)

    — Natürlich! Das gilt natürlich auch für den Bund.

    (Zuruf von der SPD: Dann machen Sie es doch!)

    Aber es gilt nicht nur für den Bund.

    (Dr. Jobst [CDU/CSU]: Das gilt auch für die GRÜNEN)

    Obwohl viele dieser Maßnahmen erst in den 90er Jahren ihre volle Wirkung entfachen werden, haben wir erreicht, daß seit 1982 die Bundesbahn ihre Produktivität steigern konnte, wobei 1989 ein besonders erfreuliches Jahr zu werden verspricht.
    Erfolgreich war auch die Personalanpassung bei der Bundesbahn, die sozialverträglich, ohne Entlassungen und jeweils unter Anpassung an aktuelle Erfordernisse vollzogen worden ist. Ich danke allen, die daran beteiligt waren, vom Vorstand bis zu den Bahngewerkschaften.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es war keine Selbstverständlichkeit, daß das ohne tiefgreifende Friktionen so abgelaufen ist.
    Dennoch möchte ich nicht verschweigen, daß es in Ballungsgebieten und in einigen betriebswichtigen Funktionen, z. B. bei den Lokführern, zu Engpässen gekommen ist. Grund dafür ist die Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt, die zu Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Nachwuchskräften geführt hat. Wir haben die notwendigen Maßnahmen eingeleitet, um neue qualifizierte Mitarbeiter für die Bahn zu ge-
    13932 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989
    Bundesminister Dr. Zimmermann
    winnen. Wir haben die Attraktivität verschiedener Berufe bei der Bundesbahn gesteigert, indem wir die Bezahlung von Nachwuchskräften für die Lokführerlaufbahn verbessert haben, eine Fahrentschädigung für Lokführer und Zugbegleiter gewährt haben, für Mehrleistungen einen Ausgleich in Geld anstelle von Dienstbefreiung befristet eingeführt haben, um nur einige Beispiele zu nennen. Ich bin sicher, daß diese Maßnahmen bis Ende 1990 zu einer wesentln beitragen werden.ichen Entspannung der Personalsituation bei der Bah
    Meine Damen und Herren, das Fundament für die Bahn der Zukunft ist mit den Leitlinien von 1983 gelegt worden. Die Kabinettsbeschlüsse vom 1. Februar dieses Jahres haben wichtige Weichen gestellt im Hinblick auf die kurz- und mittelfristigen Erfordernisse. Der schwierige Umstrukturierungsprozeß von der Staatsbahn hin zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen geht weiter. Er wird durch die Vorschläge der Regierungskommission — so hoffe ich zuversichtlich — weitere wichtige Impulse erhalten. Bundesregierung und Vorstand der Deutschen Bundesbahn werden konsequent und zielstrebig an der Aufgabe weiterarbeiten, einen umweltfreundlichen und energiesparsamen Verkehrsträger zu schaffen, der einen höheren Anteil am Verkehrswachstum zu wirtschaftlichen Bedingungen erreicht.
    Wenn wir hierbei in den zurückliegenden Jahren und Monaten ein Stück weiter gekommen sind, dann rechtfertigt das auch unseren Optimismus, daß die Bundesbahn nach den entscheidenden nächsten zehn Jahren am Ende dieses Jahrhunderts anders, besser, moderner, leistungsfähiger, marktgerechter dastehen wird als heute.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Daubertshäuser.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Klaus Daubertshäuser


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der letzten Bahndebatte vor gut einem Jahr hat meine Fraktion gegenüber der Bundesregierung, aber auch gegenüber den Koalitionsfraktionen ein Angebot gemacht, wie Sie sich erinnern werden: fraktionsübergreifende Zusammenarbeit in der Verkehrs- und insbesondere in der Bahnpolitik. Dieses Angebot, Herr Kollege Pfeffermann, haben Sie nicht aufgegriffen.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Heute werden Sie wider besseres Wissen unsere Bahngesetze ablehnen. Sie, die Verkehrspolitiker der Koalitionsfraktionen, haben Ihren Fachverstand, der ohne Zweifel vorhanden ist, an der Garderobe abgegeben.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU: Unglaublich!)

    Sie machen sich damit nur zum Büttel der von Ihnen getragenen Bundesregierung

    (Zuruf des Abg. Hinsken [CDU/CSU])

    — hören Sie zu, Herr Hinsken! — , „einer Bundesregierung", so schreibt der Verkehrswissenschaftler
    Professor Seidenfus am 2. Dezember in der DVZ, „die
    die Verkehrspolitik sträflichst vernachlässigt und anderen Regierungsinteressen untergeordnet hat".

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und Sie haben wir für sachkundig gehalten!)

    Drei Verkehrsminister innerhalb von sieben Jahren unterstreichen die dauerhafte Vernachlässigung, ja Verlotterung der Verkehrsprobleme.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

    Es ist doch so, daß man bereits bei der Berufung von Herrn Dr. Zimmermann zum Verkehrsminister wußte, daß auch er nur ein Verkehrsminister auf Abruf ist. Daran sehen wir doch, welchen Stellenwert die Verkehrspolitik bei Ihnen überhaupt genießt.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Unglaublich!)

    Weder national noch europaweit wurde eine konsequente und vorausschauende Verkehrspolitik von Ihnen betrieben.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Das ist auch in dieser Legislaturperiode von diesem Verkehrsminister nicht mehr zu erwarten.
    Der europäische Verkehrsmarkt steht vor einer gewaltigen Umbruchsituation. Was ist denn da für ein Handlungskonzept von der Bundesregierung bisher geboten worden, was haben Sie denn eben in dieser Rede für ein Handlungskonzept gehört, frage ich Sie? Die Bundesregierung steht mit absolut leeren Händen da, und die Verkehrspolitik dieser Bundesregierung ist doch ein einziger großer Reparaturbetrieb. Mehr ist es doch nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Bahnleitlinien, die eben hier so gelobt wurden — —

    (Hinsken [CDU/CSU]: Richtungsweisende Aussagen waren das!)

    — Die Bahnleitlinien waren wirklich richtungsweisend, Herr Kollege Hinsken; die haben nämlich dem Bahnmanagement den Schwarzen Peter zugespielt. Die Änderungen der politischen Rahmenbedingungen wurden als zusätzlicher Flankenschutz angeboten. Das ist großmäulig angekündigt worden, aber es ist hinsichtlich des politischen Flankenschutzes überhaupt nichts getan worden. Der Kollege Jobst, der im Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn ist, hat in der letzten und vorletzten Sitzung dies in den Vorlagen des zuständigen Vorstandsmitgliedes doch lesen können. Ihre Bahnleitlinien sehen doch die Bundesbahn in erster Linie als ein Haushaltsproblem; Sie haben die Bahn bis zum heutigen Tage nicht als ein unverzichtbares Instrument für ein zukunftsgerechtes Gesamtverkehrssystem erkannt.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Haben Sie die Rede jetzt gehört oder nicht?)

    Die Bahnleitlinien, Herr Kollege Hinsken, haben — das ist unbestritten — zu einer personellen und materiellen Erschöpfung der Bahninfrastruktur geführt.
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989 13933
    Daubertshäuser
    Was ist denn die reale Lage? Die reale Lage der Bahn ist: über sechs Millionen Überstunden bei den Bediensteten, Personalmangel bei den Lokomotivführern, Personalmangel bei den Rangierern, und es fehlt das Wagenmaterial. Das Ergebnis ist: Die Güter müssen tagelang auf ihren Transport warten, Personen- und Fernverkehrszüge sind überfüllt und wenig attraktiv,

    (Müller [Schweinfurt] [SPD]: Und unpünktlich!)

    und die Defizitentwicklung erklimmt neue Rekordhöhen. Der Kollege Weiss hat Zeitungsartikel vor sich liegen, die heute — überall in der deutschen Presse — zutreffend die Entwicklung beschreiben. Man kann sich hier nicht einfach hinstellen und sagen, da wird ein Horrorgemälde gemalt, und dann ist es okay. Die Zahlen sind nun mal so, die können Sie nicht einfach wegdiskutieren.

    (Rauen [CDU/CSU]: Weil ihr in den 70er Jahren nicht investiert habt!)

    Sie haben mit diesen Bahnleitlinien den Schrumpfkurs verordnet. Ich sage Ihnen: Diese Bahnleitlinien sind endgültig gescheitert.
    Ihre Politik hat dazu geführt, daß dieses konkurrenzlos umweltschonende Verkehrsmittel dank Ihrer famosen Planung kaum noch Kapazitätsreserven hat. Wir hatten in diesem Jahr Zuwachsraten von 2 bis 5 %; diese Zuwachsraten kann die Bahn noch nicht einmal verkraften. Hier zeigt sich doch: Schiene statt Straße, das war bestenfalls in den Sonntagsreden des jeweiligen Verkehrsministers vorgesehen, aber dies hat es nicht im realen Handeln gegeben.
    Wenn Sie jetzt das Bahnmanagement wegen der steigenden Neuverschuldung und wegen der mangelhaften Attraktivität auf den Verkehrsmärkten kritisieren, so wird da wahrhaftig Ursache und Wirkung auf den Kopf gestellt.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Mit den von Ihnen vorgegebenen Rahmenbedingungen sind keine offensiven Strategien zu betreiben, um die nationalen und die europaweiten Chancen zu nutzen, d. h. Ihre Bahnleitlinien waren von Anfang an auf Schrumpfen angelegt, und deshalb sollten Sie nun nicht scheinheilig nach anderen Schuldigen suchen. Dann müßten Sie sich auch dazu bekennen. Sie haben das Unternehmen stranguliert, und Sie treiben es von Tag zu Tag stärker aus den Verkehrsmärkten heraus. Sie haben die Deutsche Bundesbahn dazu gebracht, daß sie in ihrem heutigen Zustand eben keine zukunftsgerechte Rolle spielen kann.
    Wo haben Sie denn als Eigentümer die Rahmenbedingungen geschaffen, die es der Bahn erlauben, europaweit logistische Systeme anzubieten, was haben Sie denn getan, um die Schnittstellenproblematik zu lösen? Die Bahn ist unter Ihrer Knute heute allen anderen Verkehrsträgern weit unterlegen. Weil dies so ist, kann sich die Bahn nicht als Unternehmen profilieren, das frühzeitig gesellschaftliche Strömungen und Tendenzen erkennt und dann auch auf sie reagiert. Ihr Schrumpfkurs hat dazu geführt, daß der
    Spruch von der Renaissance der Bahn ein schönes Märchen ohne realen Hintergrund ist.

    (Rauen [CDU/CSU]: Man kann nicht so schnell ändern, was in dreizehn Jahren versäumt worden ist! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Die heutige Bahn mit veralteten Organisationsformen hat keine Chance, Herr Dr. Jobst. Großvaters Eisenbahn, die Sie offensichtlich wollen, ist nicht die zeitgemäße Antwort auf die heutigen Verkehrsprobleme. Wenn Sie wirklich eine neue Bahn wollen, die eine souveräne Führungsrolle in einem Gesamtverkehrskonzept spielen kann, wenn Sie eine wirkliche Renaissance wollen, dann müssen Sie die Normen endlich der Wirklichkeit anpassen.

    (Dr. Jobst [CDU/CSU]: Das wollen wir wahrlich!)

    Dann müssen Sie, Herr Dr. Jobst, unsere Gesetzentwürfe annehmen, und dann müssen Sie diese schnell und wirkungsvoll umsetzen. Dann helfen Sie, eine Renaissance herbeizuführen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    — Herr Kollege Oswald, ich vermute, Sie haben noch nicht mal die Gesetzentwürfe gelesen. Ihre genaue Unkenntnis der Dinge ist schon beeindruckend; das muß ich Ihnen sagen.

    (Dr. Rüttgers [CDU/CSU]: So etwas können Sie im Unterbezirk erzählen, aber nicht hier! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Unsere These Nummer eins: Nötig ist ein integriertes Gesamtverkehrskonzept, und zwar national und europaweit. Die jahrelangen Versäumnisse der Verkehrspolitik und das sektorale Denken und Handeln der Verkehrsträger haben die notwendigen Neuordnungen des Verkehrswesens zu einem integrierten und optimierten Gesamtsystem ganz einfach verschlafen. Sie haben isolierte Entwicklungen der einzelnen Verkehrsträger sogar begünstigt. Es ist aber Allgemeingut, das kein Verkehrsträger allein imstande ist, die Anforderungen an ein wirklich rationelles Verkehrssystem zu erfüllen. Weder national noch europäisch ist das möglich.

    (Roth [SPD]: Weiß doch jeder!)

    Wer ein lebensfähiges Gesamtverkehrssystem für Europa schaffen will, der muß die Eisenbahninfrastruktur wiederbeleben.

    (Roth [SPD]: Eben!)

    Ich finde, es ist ein Treppenwitz: Die Industrie hat Lokomotiven und Güterwagen für Hochleistungsverkehre entwickelt. Diese müssen aber überall an den Grenzen wegen anderer Stromsysteme ausgewechselt werden.

    (Roth [SPD]: Ist ja unglaublich!)

    Die Zollformalitäten nehmen Stunden in Anspruch. Jeder kocht hier sein nationales Süppchen. Das ist der entscheidende Grund, weswegen der Bahnanteil im internationalen Verkehr noch rascher sinkt als im Inland. Überzogene Bürokratie, Papierkrieg, formalistische Behandlung der Transporte sind Schranken und
    13934 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989
    Daubertshäuser
    Hemmnisse für den europäischen Schienenverkehr, die schleunigst abgebaut werden müssen. Da muß selbstverständlich die Politik ran.
    Jeder Verkehrsträger hat seine arteigenen Vorzüge im Hinblick auf die Umwelt, auf die Transportökonomie, auf die Sicherheit, auf den Energieverbrauch usw. Die müssen voll zum Tragen kommen, d. h. die Einzelsysteme müssen deshalb mit ihren jeweiligen Stärken zu optimalen Transport- und Beförderungsketten verknüpft werden.
    Unsere zweite These ist: Eine leistungsfähige Infrastruktur ist unabdingbare Voraussetzung für jeden Verkehrsträger. Das heißt, der Wettbewerb der Systeme geschieht nicht im luftleeren Raum. Alle Systeme sind auf dieses Komplementärgut Infrastruktur angewiesen. Nur, diese Infrastruktur ist nicht über den Markt produziert und verteilt worden. Sie ist auf Grund politischer Entscheidungen von uns allen produziert worden.
    Wir wissen, daß nach dem Kriege einschließlich der S-Bahnen nicht einmal 1 000 km Schienenstrecken neugebaut wurden. Aber gleichzeitig sind über 150 000 km Straßen neu entstanden. Mit diesen Baumaßnahmen hat das Verkehrssystem Straße eine Förderung erhalten, die ordnungspolitisch nicht umfassender und wirkungsvoller hätte sein können. Das ist in Beton gesetzte Ordnungspolitik, die die Produktionsstrukturen des Verkehrssystems Straße konkurrenzlos und die des Verkehrssystems Schiene chancenlos gemacht hat. Dies muß man erkennen.
    Dann sieht man auf der anderen Seite, daß der Individualverkehr und der Güterverkehr auf der Straße explodieren. Die Folgen sind verstopfte Straßen und Städte. Dieser drohende Verkehrsinfarkt kann nur verhindert werden, wenn die Verkehrspolitik an Haupt und Gliedern neu positioniert wird. Wenn wir diese Arbeit nicht leisten, können Sie alles andere vergessen.
    Ich sage Ihnen auch: Nicht die Fiskalisten dürfen die Vekehrspolitik dominieren. Die Verkehrspolitik muß selbstbewußt ihre eigenständigen Ziele definieren und dann auch entsprechend handeln.
    Der letzte Verkehrsminister, der in Sachen Bahn handelte, war Volker Hauff mit der Bahn-Novelle.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Alle Verkehrsminister nach ihm verdrängten das Problem und haben sich zur Dienstreise in den Schlafwagen begeben.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Wenn die Bundesregierung nicht aufwacht, wird die Bahn bald an der Endstation stehen. Und ich sage Ihnen: dann nicht nur die Deutsche Bundesbahn, sondern das gesamte deutsche Verkehrswesen; denn im künftigen europäischen Wettbewerb wird kein Verkehrsträger zu Lasten des anderen profitieren. Der Partnerschaftsgedanke muß auch hier endlich verinnerlicht werden.

    (Zuruf des Abg. Hinsken [CDU/CSU])

    Die Schiene hat einen großen Investitionsnachholbedarf, Herr Hinsken.

    (Jung [Limburg] [CDU/CSU]: Weil Sie damals nicht investiert haben!)

    Das Schienennetz muß leistungsfähig für Hochleistungsverkehre ausgebaut werden. Unabdingbar gehört hierzu auch ein erheblicher Neu- und Ausbaubedarf im Bereich des grenzüberschreitenden Schienenverkehrs.

    (Jung [Limburg] [CDU/CSU]: Sie haben damals nicht investiert!)

    Die bisher unter nationalen Aspekten geplanten Hochleistungsverkehrsnetze der europäischen Bahnen müssen miteinander verknüpft werden. Das europäische Hochleistungsschienennetz läuft übrigens in allen Nachbarländern mit hoher Geschwindigkeit auf seine Vollendung zu. Aber die notwendigen politischen Entscheidungen über die Neubaustrecken der Deutschen Bundesbahn stehen immer noch aus. Es ist doch ein Trauerspiel, daß wir im Bundesverkehrswegeplan 1985 eine Trasse Rhein/Main—Rhein/Ruhr ausgewiesen haben und bis zum heutigen Tag noch keine endgültige Entscheidung gefallen ist.

    (Jung [Limburg] [CDU/CSU]: Nächste Woche!)

    Unsere Bahnstrecken, Herr Kollege Jung, sind zum Flaschenhals im europäischen Netz geworden. Das können Sie nicht bestreiten.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist wahr!)

    Feierliche Absichtserklärungen allein werden die europäische Integration der Bahn nicht verbessern. Die Bundesregierung hat es doch bis heute versäumt, den notwendigen Druck auszuüben, was das europäische Hochleistungsschienennetz angeht. Sie hat nicht nur nicht gedrückt, sie sitzt sogar im Bremserhäuschen. Wir sind im Hochleistungsverkehr nämlich weder die ersten noch die besten. Aber gerade bei unserer Problemlage als Kern- und Transitland Nummer eins sollten wir den Ehrgeiz im Interesse unserer Menschen und unserer Umwelt auf jeden Fall haben.
    Unsere These drei: Problemlösungen im Güterverkehr bedürfen der Kooperation der Verkehrsträger. Sie wissen: Der Güterverkehr stellt uns vor immer größere Probleme. Diese Probleme sind in dem Umfang gewachsen, in dem die Eisenbahn ihr Transportaufkommen verloren und der Straßengüterverkehr hohe Zuwächse verzeichnet hat.
    Mit dem wachsenden Lkw-Verkehr werden wir schon jetzt kaum noch fertig. Die negativen Aspekte des Straßengüterverkehrs werden immer deutlicher. Es droht bereits eine neue Lkw-Lawine; denn im Zuge des EG-Binnenmarktes, aber auch durch den Umbruch in Osteuropa und in der DDR wird der Straßengüterfernverkehr erneut zunehmen. Das gilt insbesondere bei uns für den Transitverkehr. Die Menschen sind immer weniger bereit, mit den Lärm- und Abgasemissionen der europäischen Transportfahrzeuge zu leben.
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989 13935
    Daubertshäuser
    Ich sage Ihnen: Das Nachtfahrverbot in Tirol ist nur die Spitze des Eisberges.

    (Beifall bei der SPD)

    In anderen Ländern wird es ähnliche Entwicklungen geben. Die Bundesregierung täte gut daran, sich darauf einzustellen und nicht mit Vergeltungsmaßnahmen zu reagieren, sondern mit Konzepten, die allen in Europa helfen.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Sie hat gute Konzepte!)

    Wir müssen den Güterfernverkehr, Herr Kollege Hinsken, auf die Schiene umsteuern. Hierzu gibt es auch seriöse Alternativen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das Straßennetz können und dürfen wir nicht mehr ungezügelt ausbauen. Die Bundesbürger wollen in ihren Wohn- und Lebensbereichen nicht mehr, sie wollen weniger Verkehrslärm und weniger Verkehrsbelastung.

    (Gries [FDP]: Aber sie wollen auch mit dem Auto fahren!)

    Ich glaube, das können Sie doch nachvollziehen. Der Zeit- und Energieverlust, der auf Grund von Straßenstaus in der EG entsteht, liegt jährlich bei über 200 Milliarden DM. Die Antwort darauf kann nicht mehr Straßenbau sein. Die Antwort der Vernunft ist: Ausbau und Förderung des umweltfreundlichen Schienenverkehrs.

    (Beifall bei der SPD)

    Die bisherigen Wettbewerbsstrukturen können ein Umsteuern auf die Schiene nicht leisten. Im Gegenteil: Sie begünstigen sogar den Lkw-Fernverkehr. Deswegen müssen wir darangehen und das Steuersystem ändern; denn bisher steht das Steuersystem unserem Ziel entgegen, das verkehrspolitisch erreicht werden soll, nämlich Güter über große Entfernungen verstärkt auf die Schiene zu bringen und das Sammeln und Verteilen der Güter als Aufgabe des Lkws zu sehen.
    Im Nahverkehr wird es keine Alternative zum Lkw geben. Aber im Fernverkehr müssen wir dies auf jeden Fall bewerkstelligen. Ich sage: Notwendig ist deshalb auf jeden Fall eine europaweite Erhöhung der Mineralölsteuer. Wir müssen den Energieverbrauch auf der Straße verteuern.
    Wann jedoch eine europäische Lösung möglich sein wird, ist völlig ungewiß. Deshalb müssen wir mit nationalen Maßnahmen vorangehen. Wir haben vor vier Jahren die Idee der Schwerverkehrsgebühr geboren. Sie haben vier Jahre gebraucht, um sie nun endlich in einen Kabinettsbeschluß einmünden zu lassen. Wir begrüßen das. Nur, diese Schwerverkehrsgebühr kommt vier Jahre zu spät. Es ist wertvolle Zeit durch Ihr Zögern vertan worden.

    (Beifall bei der SPD — Hinsken [CDU/CSU]: Warum wurde das zu Ihrer Zeit nicht getan?)

    Unsere These vier: Das integrierte Verkehrssystem bedarf leistungsfähiger Verknüpfungspunkte. Wenn Sie sich die Schnittstellen heute anschauen, wissen
    Sie, daß gerade sie die entscheidenden Schwachstellen sind. Wir müssen sie zu leistungsfähigen und attraktiven Verknüpfungspunkten ausbauen, weil erst dadurch die Zusammenarbeit der verschiedenen Verkehrsträger im Rahmen von Transportketten ermöglicht wird.
    Wir müssen hier auch die organisatorischen Mängel abbauen. Nötig ist ein Datenaustausch. Nötig sind garantierte Transportzeiten. Die nationalen Kombiverkehrsgesellschaften müssen ihre Zusammenarbeit intensivieren. Sie müssen auch eine schlagkräftige Tarifpolitik entwickeln. Nötig ist ein europaweites Netz von Terminals für diesen kombinierten Verkehr. Wir müssen uns danach richten, wo die Regionen mit einem hohen Verkehrsaufkommen sind. Zwischen diesen Terminals muß der Transport mit durchgehenden Ganzzügen und ohne Rangieraufenthalte erfolgen.

    (Oswald [CDU/CSU]: Da gibt es keinen Widerspruch!)

    — Wenn es dort keinen Streit gibt, warum wird das denn nicht getan?

    (Oswald [CDU/CSU]: Wird gemacht!)

    Die konzeptionelle Grundstruktur liegt doch vor. Es ist ja nicht so, als müßte das erst erarbeitet werden. Hier werden vom Verkehrsminister doch wiederum Ursache und Wirkung auf den Kopf gestellt. Hier wird die Bahn kritisiert, die Haushaltsmittel für den kombinierten Ladeverkehr seien nicht abgerufen worden. Aber das Ausbau- und das Standortkonzept liegt seit Monaten beim Bundesverkehrsminister vor. Statt unverzüglich zu entscheiden und mit einem Beschleunigungsprogramm, wie wir es in der Haushaltsdebatte gefordert haben, in die Realisierung zu gehen, blockiert Herr Dr. Zimmermann doch die Aktivitäten der Bahn.
    Der Grund ist wirklich schon fast skandalös: Einerseits will er das Konzept öffentlichkeitswirksam vorstellen, andererseits kann er aber wieder einmal keinen Termin finden. Herr Minister, Sie sollten weniger über PR-Gags und Schaueffekte nachdenken, Sie sollten endlich verkehrspolitisch handeln.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie sollten dann Ihre Nachlässigkeiten und Versäumnisse auch nicht anderen in die Schuhe schieben. Da kann man nicht den Schwarzen Peter dem Management zuspielen.
    Unsere Bevölkerung und auch die Wirtschaft sind auf eine leistungsfähige und gesunde Bahn angewiesen. Wir alle kennen die Vorteile der Bahn. Deshalb braucht diese Bahn dringend eine neue Struktur unter Berücksichtigung der geänderten ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen. Sie braucht auf jeden Fall faire Chancen. Sie braucht die gleichen Bedingungen wie ihre Konkurrenten. Der Staat muß deshalb wie bei den Straßen die Kosten für den Bau und die Erhaltung des Schienenwegenetzes übernehmen, Herr Dr. Zimmermann. Selbstverständlich wird die Bahn dann Gebühren entsprechend dem Umfang der Schienennutzung zahlen, ähnlich wie das der Straßenverkehr über die Mineralölsteuer tut. Der Staat muß selbstverständlich die Verluste der Bahn
    13936 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1989
    Daubertshäuser
    tragen, die auf Grund von Aufgaben erwachsen, die ihr der Staat im Interesse der Allgemeinheit auferlegt hat.
    Das ist unser Konzeptansatz, so wie er in unseren Bahngesetzen und in unserem Antrag dargestellt ist. Diese existentiellen Probleme der Bahn dürfen nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden. Es ist doch seit Jahren offenkundig, welche Maßnahmen nötig sind, um der Bahn endlich die Wettbewerbsbedingungen zu geben, die ihre Konkurrenten schon lange haben. Regierungshandeln ist hier überfällig.
    Eine zukunftsgerechte Verkehrspolitik benötigt eine grundlegend neue Orientierung. Unser Ansatz ist, daß man die Verkehrsträger und die Verkehrsunternehmen mit den notwendigen Beförderungs- und Transportaufgaben so ausgestaltet, daß sie ökonomisch sinnvoll und menschen- und umweltgerecht zu leisten sind. Hierfür hat die Verkehrspolitik nun einmal die notwendigen Strukturen zu schaffen.
    Das Verursacherprinzip muß stärker Geltung erhalten. Das gilt bis in den Kostenbereich hinein, bis zu den externen Kosten, die sich adäquat dann auch in Preisen niederschlagen müssen. Auf diese Weise wird doch die von Ihnen viel gerühmte dynamische Funktion des Marktes auch endlich in den Dienst der Verkehrspolitik gestellt.
    Wir wollen die Lenkungsfunktion des Marktes durch eine sinnvolle Ordnungspolitik stärken. Weil der Markt nun einmal gesellschaftspolitische Erfordernisse nicht berücksichtigt, muß der Staat die Rahmenbedingungen setzen.
    Wir sagen schließlich: Die Investitionen müssen genutzt werden als direkte Steuerungsmöglichkeiten für eine ökonomische, ökologische und humane Verkehrspolitik. Der gezielte Einsatz dieser drei Elemente
    — staatliche Rahmenbedingungen, marktwirtschaftliche Anreize über den Preis und gezielte Investitionen
    — führt zu einer neuen und gesamtwirtschaftlich besseren Kombination der einzelnen Verkehrsträger und Verkehrsleistungen.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Genau das machen wir!)

    Die Verknüpfung der einzelnen Verkehrsträger zu einem ökologisch und ökonomisch intelligenten Gesamtsystem wird doch, Herr Kollege Hinsken, erst dadurch möglich; diese Grundstruktur müssen wir schaffen.
    Meine Damen und Herren, Sie sehen, wir beschreiben nicht nur Probleme, sondern wir haben auch die Lösungen.

    (Dr. Jobst [CDU/CSU]: Aber warum kommen die Lösungen so spät?)

    Die Bahn gehört, obwohl sie über 150 Jahre auf dem Buckel hat, Herr Kollege Jobst, noch lange nicht zum alten Eisen. In ihr stecken ganz gewaltige Innovationspotentiale. Aber diese Innovationspotentiale müssen endlich zum Nutzen unserer Gesellschaft erweckt werden. Dafür ist Handeln notwendig. Wir warten schon seit Jahren auf dieses Handeln, obwohl alle Vorschläge auf dem Tisch liegen.

    (Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)