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    Plenarprotokoll 11/178 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 178. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/5000, 11/5321, 11/5389) Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof in Verbindung mit Tagesordnungspunkt II: Beratung des Antrags der Abgeordneten Stratmann, Dr. Lippelt (Hannover) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verzicht auf Privatisierung der Salzgitter AG und Verhinderung der Großfusion PreussagSalzgitter (Drucksache 11/5536) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt III: Beratung des Antrags des Abgeordneten Schmidt (Salzgitter), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verkauf/ Privatisierung der Salzgitter AG an die Preussag (Drucksache 11/5609) Frau Matthäus-Maier SPD 13597 D Borchert CDU/CSU 13605 A Frau Vennegerts GRÜNE 13609 B Dr. Weng (Gerungen) FDP 13614 C Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . 13620 B Wieczorek (Duisburg) SPD 13631 A Roth (Gießen) CDU/CSU 13634 B Dr. Struck SPD 13637 C, 13645 C Dr. Pfennig CDU/CSU 13640 C Schmidt (Salzgitter) SPD 13642 C Sauer (Salzgitter) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 13644 B Frau Vennegerts GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13645 A Namentliche Abstimmung 13646 B Ergebnis 13654 D Ergebnis der Abstimmung über Einzelplan 60 13672A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Nehm SPD 13646 C Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . 13648B Frau Teubner GRÜNE 13651 D Dr. Hitschler FDP 13656 B Müntefering SPD 13659 A Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau 13662 C Conradi SPD 13666 D Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 13668 C Grünbeck FDP (Erklärung nach § 30 GO) 13671A Conradi SPD (Erklärung nach § 30 GO) 13671B Dr. Hitschler FDP (Erklärung nach § 30 GO) 13671 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft Frau Blunck SPD 13672 B Rossmanith CDU/CSU 13674 A Frau Saibold GRÜNE 13678 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 13680 B Vahlberg SPD 13682 D Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 13686 B Frau Conrad SPD 13689A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie Zander SPD 13693 A Austermann CDU/CSU 13696 B Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . . 13699 B Zywietz FDP 13700 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 13703A Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr Purps SPD 13707 B Windelen CDU/CSU 13710 C Weiss (München) GRÜNE 13713 C Zywietz FDP 13715A Dr. Zimmermann, Bundesminister BMV 13716D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit Esters SPD 13719D Dr. Neuling CDU/CSU 13722 A Volmer GRÜNE 13724 C Frau Seiler-Albring FDP 13727 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . . 13729A Nächste Sitzung 13731 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13732* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 13597 178. Sitzung Bonn, den 29. November 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01. 12. 89 * Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 01. 12. 89 Büchner (Speyer) SPD 01. 12. 89 * Frau Dempwolf CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Dollinger CDU/CSU 01. 12. 89 Engelsberger CDU/CSU 29. 11. 89 Dr. Haack SPD 01. 12. 89 Frhr. Heereman von Zuydtwyck CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Hennig CDU/CSU 29. 11. 89 Höffkes CDU/CSU 01. 12. 89 Hörster CDU/CSU 30. 11. 89 Jaunich SPD 01. 12.89 Kastning SPD 29. 11. 89 Kiechle CDU/CSU 29. 11.89 Kißlinger SPD 01. 12. 89 Klein (Dieburg) SPD 01. 12. 89 Kolbow SPD 01. 12. 89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Linsmeier CDU/CSU 01.12.89 Frau Luuk SPD 01. 12. 89 Dr. Mahlo CDU/CSU 29. 11. 89 Meneses Vogl GRÜNE 01. 12. 89 Müller (Düsseldorf) SPD 29. 11. 89 Niegel CDU/CSU 01. 12. 89* Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 01. 12. 89 Paterna SPD 01. 12. 89 Frau Rock GRÜNE 01. 12. 89 Frau Schilling GRÜNE 01. 12. 89 Schreiber CDU/CSU 30. 11. 89 Schreiner SPD 29. 11. 89 Schröer (Mülheim) SPD 01. 12. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 01. 12. 89 Sielaff SPD 30. 11. 89 Tietjen SPD 01. 12. 89 Frau Trenz GRÜNE 01. 12. 89 Verheugen SPD 30. 11. 89 Wartenberg (Berlin) SPD 29. 11. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 01. 12. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von Dr. Christian Neuling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erst einmal ein verbindlicher Handgruß hinüber zu dem Kollegen Esters.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sagten Sie Handkuß?)

    — Handgruß habe ich gesagt. — (Heiterkeit)

    Ich möchte Ihnen vorrangig für die kollegiale und partnerschaftliche Einarbeitung, wie sich das unter Haushaltsausschüßlern gehört, danken. Ihnen herzlichen Dank an erster Stelle.
    Damit wir hier nicht zu sehr in Gemeinsamkeit machen, Herr Kollege Esters, auch ein Wort in Richtung ODA BSP-Quote. Sie haben Ihre Rede ja wieder zum Anlaß genommen, darzustellen, welchen geringen Stellenwert die Entwicklungspolitik bei uns angeblich hat.

    (Toetemeyer [SPD]: Nicht angeblich, sondern tatsächlich!)

    Hierzu ist erst einmal folgendes festzuhalten: Wir haben von Ihnen 1982 eine Quote von 0,5 % und ebenso zerrüttete Staatsfinanzen geerbt.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Dr. Rose [CDU/CSU]: Eindeutig! — Widerspruch bei der SPD)

    — Man kann die Wahrheit nicht oft genug wiederholen. — Ausgangspunkt jeder Sanierung ist, daß die Staatsausgaben in geringerem Umfang als das Bruttosozialprodukt steigen. Nun weiß jeder, selbst diejenigen in der SPD, die keine Mengenlehre gehabt haben,

    (Toetemeyer [SPD]: Sie haben sie auch nicht gehabt! — Weitere Zurufe von der SPD)

    daß bei einer derartigen Konstruktion der Anteil jedes Einzelplans unter dem Anteil liegen muß, den er vorher gehabt hat. Das heißt: Eine solide Finanzpolitik bedingt schlicht und einfach, daß diese Quote sinken muß. Herr Kollege Esters, wir haben uns für solide Finanzen entschieden, für eine kontinuierliche Entwicklungspolitik. Sie haben sich für zerrüttete Finanzen und eine unsolide Finanzpolitik entschieden. Ich glaube, unser Weg ist der richtige.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD: Ein schwacher Einstieg!)

    — Der Einstieg war nicht schwach. Er paßt Ihnen nicht. Aber der Sinn der Diskussion kann nur sein, daß wir als diejenigen, die in den letzten sechs oder sieben Jahren Ihre schlechte Finanz- und Wirtschaftspolitik korrigiert haben, diesen Umstand auch bei diesem Einzeletat immer wieder darstellen müssen.
    Ich will auf einige Punkte in der Diskussion eingehen, die mir bei der Darstellung der Veränderungen im Rahmen der Beratung dieses Einzeletats wichtig sind.
    Ich halte es zum einen für wichtig, daß die Entwicklungshilfe stärker mit der Wirtschaftspolitik in den jeweiligen Entwicklungsländern korrespondieren muß. Das hat nichts mit Voraussetzungen oder Vorbedingungen zu tun. Ich glaube vielmehr, daß gerade in den einzelnen Ländern Wachstumskräfte freigesetzt werden müssen bzw. wirtschaftliches Wachstum gefördert werden muß. Einen Ansatz für das inländische Wachstum sehe ich in der konsequenten Existenzförderung von kleinen und mittleren Unternehmen, die in jeder Volkswirtschaft der eigentliche Motor für Wachstum und Wohlstand sind. Von daher — ich sage noch einmal: das hat nichts mit Vorbedingungen zu tun — müssen unsere Erfahrungen und Erkenntnisse, die wir mit der sozial verpflichteten Marktwirtschaft haben, in die Ausgestaltung der Instrumente unserer Entwicklungspolitik einfließen. Wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortung des einzelnen sind dabei die Voraussetzung für eine dynamische Wirtschaftsentwicklung.
    Deshalb müssen wir in Zukunft möglicherweise noch strenger darauf achten, daß in den Entwicklungsländern wirtschaftliche Dynamik nicht durch staatliche Reglementierung behindert werden darf. Es gibt weltweite Herausforderungen wie Umweltschutz und Armut. Diesen Herausforderungen werden wir weltweit nur dann begegnen können, wenn es gelingt, das wirtschaftliche Wachstum in möglichst vielen Ländern so zu entwickeln, daß diese Länder auch aus eigener Kraft einen Beitrag zur Lösung der globalen und die Welt bedrohenden Probleme leisten können und auch leisten müssen. Das heißt im Kern auch, daß wir Abschied nehmen müssen von zu starren Länderquoten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

    Wir sollten vielmehr flexibler auf die jeweiligen Fortschritte in den einzelnen Entwicklungsländern reagieren.

    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    Entwicklungsländer, die eher dazu bereit sind, entsprechende Wirtschaftsreformen durch ihre Politik nachhaltig zu unterstützen, müssen von uns daher ermutigt werden, diesen Weg auch konsequent fortzusetzen.

    (Zuruf von der SPD: Wer ist das? — Zaire?)

    Je stärker sich die Wachstumskräfte in den Entwicklungsländern selbst entwicklen, um so eher bietet sich auch für die Menschen in diesen Ländern eine positive Perspektive. Haben die Menschen wieder eine Perspektive, dann bleiben sie natürlich auch in stärkerem Maße in den eigenen Ländern. Wir wissen, daß der überwiegende Teil der Flüchtlinge heute aus Entwicklungsländern in Entwicklungsländer flieht. Neben den direkten Möglichkeiten der wirtschaftlichen Zusammenarbeit leisten wir so auch einen indirekten Beitrag, um die Flüchtlingsaufnahmeländer in der Dritten Welt nachhaltig zu entlasten.



    Dr. Neuling
    Ich möchte nun zu einzelnen Positionen des Etats Stellung nehmen. Zum einen ist festzuhalten: Auch dieser Etat steigt überproportional, nämlich um 3,9 %.

    (Zuruf von der SPD: Das ist ja nicht wahr!)

    Auch hier noch einmal eine Erinnerung an die sozialliberale Koalition, Herr Kollege Esters: Der Anteil des BMZ am Haushaltsetat zwischen 1969 und 1982 war nie höher als 2,5 %. Er lag in den 70er Jahren bei 1,8 % bis 1,9 % . Bei uns ist er nach wie vor bei 2,5 % . Was Sie uns also vorwerfen, haben Sie im Grunde genommen zwischen 1969 und 1982 genauso gemacht.

    (Zuruf von der SPD: Dadurch wird es doch nicht besser!)

    Das heißt: Sie sind eigentlich unglaubwürdig in Ihrer Kritik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Kollege Esters, Sie haben in guter Offenheit, wie ich finde, auch die Diskussion um die Höhe der Rückflüsse dargestellt. Ich danke Ihnen auch dafür, daß Sie anerkannt haben, daß sich die Koalitionsfraktionen auch insoweit bewegt haben, als sie die Sicherheitsmarge bei den Einnahmen um 80 Millionen DM erhöht haben, um sicherzustellen, daß auch im Jahre 1990 das Ministerium mit zusätzlich 200 Millionen DM bei der finanziellen Zusammenarbeit rechnen kann.

    (Zuruf von der SPD: Wenn sie denn kommen!)

    Ich finde, hier ist ein Durchbruch in den Berichterstattergesprächen zugunsten des zuständigen Ministeriums erzielt worden.
    Ich meine auch, daß Sie die Problematik der Lösung der finanziellen Strukturprobleme in der mittelfristigen Finanzplanung der Entwicklungshilfe zu Recht angeschnitten haben. Die Zahlen sind eindeutig. Wir kennen sie. Der multilaterale Anteil wird sich von 27,5 % auf 35 % steigern. Im Gegensatz dazu wird der Anteil der bilateralen staatlichen Entwicklungshilfe von 54 % auf 44 % sinken. Dieser Rückgang wird ausschließlich zu Lasten der finanziellen bilateralen Zusammenarbeit gehen. Ich glaube auch, daß in den kommenden Jahren, mit Beginn der neuen Legislaturperiode, hier eine entsprechende Weichenstellung vorgenommen werden muß,

    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    um diesem Ziel gerecht zu werden. Das heißt: Sowohl die bilaterale als auch die multilaterale Entwicklungshilfe hat man auf stabilem Niveau fortzuführen. Wenn die multilaterale Entwicklungshilfe steigt, darf dies nicht zu Lasten der bilateralen Hilfe gehen; dementsprechend muß daneben der Einzelplan aufgestockt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Herr Kollege Esters, Sie haben auch zu Recht darauf hingewiesen, daß wir ausführlich den Zuschußbereich und den Anteil an der finanziellen bilateralen Hilfe besprochen haben. Im Kern geht es um die Armutsbekämpfung, Vorhaben der sozialen Infrastruktur und Umweltschutz.
    Wir haben feststellen müssen, daß sich die beiden Ressorts, BMF und BMZ, nicht haben einigen können, welche Projekte in welchem Umfang durchzuführen sind. Ich möchte hier ausdrücklich betonen: Ich habe eigentlich für beide Haltungen Verständnis. Ich habe Verständnis dafür, daß für das Entwicklungshilfeministerium auf der einen Seite die entwicklungspolitischen Gesichtspunkte im Vordergrund stehen müssen, und ich habe Verständnis für das Finanzministerium auf der anderen Seite, das sich zu Recht fragt, warum denn jedes Projekt immer über Zuschüsse abgewickelt werden soll. Ich meine, wir haben den gordischen Knoten durchschlagen, Frau Kollegin Seiler-Albring, Herr Kollege Esters, gemeinsam, indem wir diesen Plafond mit 20 % festgelegt haben. Das sind immerhin rund 470 Millionen DM im Jahre 1990, die eingesetzt werden können, um globalen Herausforderungen wirkungsvoller zu begegnen. Ich sage noch einmal: Dazu gehören auch für mich im wesentlichen die Schaffung sozialer Infrastrukturen, mehr Umweltschutz und weniger Armut in der Welt.

    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    Unter Berücksichtigung der Zuschüsse an die ärmeren Entwicklungsländer, die nunmehr auch bei ca. 20 % angesiedelt sein werden, wird somit der Anteil der Zuschüsse im Bereich der finanziellen Zusammenarbeit bei ca. 40 % liegen. Das ist ein Betrag von immerhin ca. 1 Milliarde DM. Ich glaube schon, das ist ein deutliches Bekenntnis dieser Regierung und insbesondere auch ein wichtiges Ergebnis aus den Gesprächen unter den Berichterstattern: Wir wollen Entwicklungspolitik den jetzigen Bedingungen anpassen, d. h. mehr Zuschüsse — ich sagte es schon einmal — für mehr Umweltschutz und für weniger Armut in dieser Welt.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und bei Abgeordneten der SPD — Zuruf von der SPD: Praktizieren!)

    Sie haben dann zu Recht auf den neuen Titel, den wir für die Volksrepublik Polen und die Republik Ungarn eingerichtet haben, hingewiesen— das war ein Schwerpunkt Ihres Beitrages — und haben das erläutert. Der Ordnung halber weise ich darauf hin, daß die Drucksache 11/5581 auf Seite 83 entsprechend zu ändern ist.

    (Dr. Holtz [SPD]: Ist heute mittag schon gesagt worden!)

    — Das weiß ich, Herr Kollege. Aber es muß leider hier gesagt werden.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Denn jetzt sind ja wieder andere Kollegen da!)

    Vielleicht erkundigen Sie sich einmal über parlamentarische Gepflogenheiten und reden nicht immer so dazwischen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für mich waren zwei Kriterien ganz entscheidend, Herr Kollege Esters, und wir haben das ja auch beide in aller Offenheit diskutiert. Wichtig gerade für Länder wie Ungarn, aber insbesondere auch für Polen sind Fachkräfte.

    (Esters [SPD]: Richtig!)




    Dr. Neuling
    Alles Kapital wird nichts nutzen, wenn es nicht Menschen gibt, die so ausgebildet sind, um dieses zur Verfügung gestellte Kapital auch wirklich in rentable Projekte umzusetzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und des Abg. Esters [SPD])

    Und die entsprechenden Instrumente sind beim Entwicklungsministerium.
    Zum anderen haben wir den Teil der Entwicklungshilfe besonders herausgehoben, der sich insbesondere mit der Existenzgründung und Beratung von kleinen und mittleren Unternehmen beschäftigt. Deswegen jetzt auch noch einmal meine Eingangsbemerkung — sozusagen eine Rückkoppelung — : Mittelstand ist der Motor in jeder Volkswirtschaft, auch in Polen, auch in Ungarn.

    (Beifall des Abg. Feilcke [CDU/CSU])

    Von daher war es für uns wichtig, diesen Bereich besonders zu fördern. Und es war angesichts der Bedeutung, die die Landwirtschaft hat, auch wichtig, diesen Bereich besonders zu erwähnen.
    Sie sind dann auf die Frage — zumindest in der Diskussion haben wir dies gemacht — des German Fund eingegangen. Ich möchte dies auch einmal bewußt auf seiten der Koalitionsfraktionen tun. Wir — die Haushaltspolitiker, möchte ich sagen — stehen da ja zwischen zwei Feuern: Das eine ist das ERP-Fenster des Kollegen Esters, das andere ist der German Fund des BMZ. Ich möchte einmal so sagen: Das Doppelfeuer macht Haushaltspolitiker nicht etwa weich, sondern eher hart, so wie die Truppe nun einmal gebaut ist. Aber wir sind damit sachlichen Argumenten natürlich nicht verschlossen.
    Ich möchte hierzu gerade auch in Richtung Ministerium sagen: Zum einen erkenne ich persönlich durchaus die hohe Leistung der Mitarbeiter an, die diesen German Fund ausgearbeitet, konkretisiert haben. Zum anderen möchte ich Ihnen allerdings auch folgendes sagen, daß die Haushaltsberatungen nicht der geeignete und richtige Weg sind, um ein neues Instrument in die Entwicklungspolitik einzuführen. Ich meine schon, daß solche wichtigen Weichenstellungen in den Chefgesprächen geklärt werden müssen. Denn da werden ja auch für ihr Ministerium die Prioritäten gesetzt. Und es kann nicht sein, daß wir im Rahmen der Haushaltsberatung, in Berichterstattergesprächen, von uns aus Prioritäten ändern. Denn eines ist natürlich klar: Plafond ist Plafond. Und man kann nicht mal hoch- und mal heruntergehen. Vielmehr muß sich das Ministerium, so wie der Plafond vorgegeben ist, für Prioritäten entscheiden. Sie haben es damals nicht gemacht. Insoweit war es für uns nicht sinnvoll, in Ihre Prioritäten, die Sie selbst gesetzt haben, einzugreifen.
    Ich meine also, das Thema ist keineswegs tot — ich sage das durchaus einmal positiv in Richtung BMZ —, aber es kommt immer darauf an, das Richtige auch zum richtigen Zeitpunkt zu tun. Und möglicherweise ist dieser Zeitpunkt in einem anderen Jahr, vielleicht 1991 oder später.
    Ich will mich auch nicht so sehr von der Diskussion darüber beeinflussen lassen, ob Haushälter grundsätzlich eher die Kontrolle über Haushaltsmittel behalten, als sie an irgendwelche Schattenhaushalte, so sage ich einmal, abzutreten. Da ist die Meinung klar: Wer über Geld entscheidet, soll letztendlich auch die Kontrolle darüber haben. Insoweit ist das sicherlich ein Argument, das uns eher dazu bewegen würde, diesen Fonds, wann auch immer er kommen möge, beim BMZ zu belassen.
    Ich darf abschließend zusammenfassen: Wir haben in den Beratungen wichtige Strukturverbesserungen für das BMZ — weitestgehend einvernehmlich — beschlossen. Darüber hinaus haben wir einzelne Förderungsbereiche verstärkt, um dort die kontinuierliche Arbeit abzusichern.
    Ich darf mich bei den Kollegen des Haushaltsausschusses und bei den Mitarbeitern des BMZ noch einmal recht herzlich bedanken, daß sie einem Neuling

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Das ist der Doktor Neuling!)

    die Einarbeitung in diesen Bereich erleichtert haben.
    Ich darf abschließend um Zustimmung bitten und Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit recht herzlich danken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Volmer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ludger Volmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die GRÜNEN streben grundsätzlich eine Neudefinition staatlicher Entwicklungspolitik an.

    (Schluckebier [SPD]: Das ist richtig!)

    Das BMZ darf nicht weiter mißbraucht werden, um bundesdeutsche Außenwirtschaftsinteressen zu fördern

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    und die Gesellschaften des Südens mit unseren zweifelhaften kulturellen Werten zu überschwemmen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Rüttgers [CDU/CSU]: Und das um diese Zeit!)

    Wir wollen eine Entwicklungspolitik, die sich die Durchsetzung der von den Vereinten Nationen deklarierten politischen und sozialen Menschenrechte aktiv zum Ziele setzt, einschließlich eines neu anzuerkennenden Menschenrechts auf eine intakte Umwelt. Um unsere Vorstellungen zu skizzieren, haben wir exemplarisch vier Anträge in die Haushaltsdebatte des Einzelplans eingebracht.
    Wir fordern erstens, daß alle unökologischen Entwicklungsprojekte gestoppt werden. Unökologisch sind oft gerade solche Projekte, die vorgeben, die Umwelt zu schützen. Ein Beispiel dafür ist das Straßenbauprojekt durch das Petén-Urwaldgebiet in Guatemala. Die Straße zerstört das größte zusammenhängende Primärwaldgebiet in Mittelamerika und kann möglicherweise sogar vom Militär als Basis gegen aufständische Bevölkerungsteile genutzt werden. Auf unsere Kritik hin, die wir schon vor Jahren vorgebracht haben, wurde nachträglich eine sogenannte Umweltkomponente an das Projekt drange-



    Volmer
    klatscht. Die hat aber faktisch nur zum Ziel, diesen Primärwald einer intensiven wirtschaftlichen Nutzung zugänglich zu machen. Dies steht im eklatanten Widerspruch zu dem von uns geforderten und mittlerweile breit anerkannten Grundsatz, gerade die Primärwälder vor wirtschaftlichem Zugriff zu schützen.

    (Zuruf von der SPD: Wo er recht hat, hat er recht!)

    Zweitens. Wie wirklich internationale Umweltpolitik betrieben werden könnte, zeigt unser zweiter Antrag. Wir fordern einen internationalen Lastenausgleichsfonds für Umweltmaßnahmen. Dieser soll in 1990 mit einem Betrag von 2,3 Milliarden DM aus dem Bundeshaushalt anfinanziert werden. Jedes Jahr soll erneut ein Promille des bundesdeutschen Bruttosozialproduktes in diesen internationalen Fonds eingespeist werden. Dieser Förderfonds soll sich der Überwindung globaler ökologischer Probleme widmen, die Regenwaldzerstörung, Schutz der Antarktis, Bekämpfung der Wüstenbildung. Der Fonds soll beim Umweltprogramm der Vereinten Nationen angesiedelt sein.
    In einem ersten Schritt soll in diesem Rahmen ein spezieller Regenwaldfonds eingerichtet werden. Die finanziellen Lasten zum Schutz der Primärwälder, der Rehabilitierung bereits zerstörter Flächen und zur nicht destruktiven Nutzung von Sekundärwäldern müssen die reichen Industrieländer tragen. Dies rechtfertigt sich aus dem Nutzen, den die Industrieländer aus der Ausbeutung der Regenwälder gezogen haben und aus ihrem, d. h. unserem, vitalen Interesse am Schutz globaler Ökosysteme. Für die dritte Welt könnten die Mittel aus dem Fonds den Zwang zur Ausbeutung natürlicher Ressourcen zwecks Devisenerwirtschaftung mildern.
    Analog zum Regenwaldfonds sollten weitere Fonds etwa zur Desertifikationsbekämpfung etc. eingerichtet werden. Genügend Gelder sind im Bundeshaushalt vorhanden. Solche Fonds können als nichtmilitärische Form der Friedenssicherung verstanden werden und aus Geldern finanziert werden, die aus dem Rüstungshaushalt rausgestrichen werden.
    Die Minister Töpfer und Warnke haben ihrerseits betont — ich habe es gelesen —, daß eine verstärkte internationale Umweltfinanzierung erforderlich sei. Doch getan wurde von der Bundesregierung bisher so gut wie nichts. Selbst die „Welt" diagnostiziert in einem Artikel am 31. Oktober bei der internationalen Umwelt- und Entwicklungspolitik der Bundesregierung „Geiz in Bonn" und fordert:
    Kein Zweifel, die Regierung Kohl muß für internationale Aufgaben künftig mehr abzweigen als seit der Wende 1982.
    Unser Antrag bietet die Chance, schnell vom Reden zum Handeln zu kommen.
    Unser dritter Antrag fordert die finanzielle Unterstützung des institutionellen Aufbaus und der lauf enden Arbeit der beim Generalsekretariat der Organisation der Afrikanischen Einheit angesiedelten Afrikanischen Kommission der Menschenrechte und der Rechte der Völker. Diese Institution ist neu geschaffen worden und verdient unsere Unterstützung als zentrales Instrument der Menschenrechtspolitik gerade in Afrika.
    Unser vierter Antrag beschäftigt sich mit einem der düstersten Kapitel der Entwicklungspolitik, nämlich mit El Salvador. Wir fordern, daß aus dem Haushaltsansatz für 1990 alle Mittel der technischen und finanziellen Zusammenarbeit für Salvador gestrichen werden. Wie Sie wissen, fanden wir die Entwicklungszusammenarbeit mit Salvador immer schon fragwürdig. Vor fünf oder sechs Jahren hat meine Vorgängerin, Gabi Gottwald, an diesem Platz bereits die Einstellung der Entwicklungshilfe für Salvador gefordert und warnend auf die schlimmen Entwicklungen in Salvador hingewiesen.
    Gelder sind mittlerweile aber immer wieder geflossen. Wie sich mittlerweile nachvollziehen läßt und wie es in einer Broschüre von Medico International dokumentiert wurde, sind die Gelder nicht in die Projekte geflossen, sondern wer weiß wohin. Gelder sind z. B. zum Bau eines Kinderkrankenhauses in San Salvador abgeflossen. Vor wohl drei oder vier Jahren wurde das Projekt nach dem Erdbeben ins Auge gefaßt. Bis jetzt wurde kein Handschlag an diesem Krankenhaus getan.
    Gelder sind abgeflossen zur Finanzierung von Stadtverwaltungsmaßnahmen in den großen Städten Salvadors. Die Stadtverwaltungen wurden damals von der Duarte-Partei regiert. In Salvador pfeifen die Spatzen von den Dächern, in wessen Kassen die Gelder geflossen sind. Mittlerweile sind die Stadtverwaltungen sämtlich in den Händen der faschistischen Arena-Partei. Die Gelder fließen immer noch. Ich frage: Wo fließen sie hin?