Rede:
ID1117821100

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Weiss.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/178 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 178. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/5000, 11/5321, 11/5389) Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof in Verbindung mit Tagesordnungspunkt II: Beratung des Antrags der Abgeordneten Stratmann, Dr. Lippelt (Hannover) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verzicht auf Privatisierung der Salzgitter AG und Verhinderung der Großfusion PreussagSalzgitter (Drucksache 11/5536) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt III: Beratung des Antrags des Abgeordneten Schmidt (Salzgitter), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verkauf/ Privatisierung der Salzgitter AG an die Preussag (Drucksache 11/5609) Frau Matthäus-Maier SPD 13597 D Borchert CDU/CSU 13605 A Frau Vennegerts GRÜNE 13609 B Dr. Weng (Gerungen) FDP 13614 C Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . 13620 B Wieczorek (Duisburg) SPD 13631 A Roth (Gießen) CDU/CSU 13634 B Dr. Struck SPD 13637 C, 13645 C Dr. Pfennig CDU/CSU 13640 C Schmidt (Salzgitter) SPD 13642 C Sauer (Salzgitter) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 13644 B Frau Vennegerts GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13645 A Namentliche Abstimmung 13646 B Ergebnis 13654 D Ergebnis der Abstimmung über Einzelplan 60 13672A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Nehm SPD 13646 C Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . 13648B Frau Teubner GRÜNE 13651 D Dr. Hitschler FDP 13656 B Müntefering SPD 13659 A Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau 13662 C Conradi SPD 13666 D Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 13668 C Grünbeck FDP (Erklärung nach § 30 GO) 13671A Conradi SPD (Erklärung nach § 30 GO) 13671B Dr. Hitschler FDP (Erklärung nach § 30 GO) 13671 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft Frau Blunck SPD 13672 B Rossmanith CDU/CSU 13674 A Frau Saibold GRÜNE 13678 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 13680 B Vahlberg SPD 13682 D Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 13686 B Frau Conrad SPD 13689A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie Zander SPD 13693 A Austermann CDU/CSU 13696 B Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . . 13699 B Zywietz FDP 13700 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 13703A Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr Purps SPD 13707 B Windelen CDU/CSU 13710 C Weiss (München) GRÜNE 13713 C Zywietz FDP 13715A Dr. Zimmermann, Bundesminister BMV 13716D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit Esters SPD 13719D Dr. Neuling CDU/CSU 13722 A Volmer GRÜNE 13724 C Frau Seiler-Albring FDP 13727 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . . 13729A Nächste Sitzung 13731 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13732* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 13597 178. Sitzung Bonn, den 29. November 1989 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01. 12. 89 * Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 01. 12. 89 Büchner (Speyer) SPD 01. 12. 89 * Frau Dempwolf CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Dollinger CDU/CSU 01. 12. 89 Engelsberger CDU/CSU 29. 11. 89 Dr. Haack SPD 01. 12. 89 Frhr. Heereman von Zuydtwyck CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Hennig CDU/CSU 29. 11. 89 Höffkes CDU/CSU 01. 12. 89 Hörster CDU/CSU 30. 11. 89 Jaunich SPD 01. 12.89 Kastning SPD 29. 11. 89 Kiechle CDU/CSU 29. 11.89 Kißlinger SPD 01. 12. 89 Klein (Dieburg) SPD 01. 12. 89 Kolbow SPD 01. 12. 89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Linsmeier CDU/CSU 01.12.89 Frau Luuk SPD 01. 12. 89 Dr. Mahlo CDU/CSU 29. 11. 89 Meneses Vogl GRÜNE 01. 12. 89 Müller (Düsseldorf) SPD 29. 11. 89 Niegel CDU/CSU 01. 12. 89* Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 01. 12. 89 Paterna SPD 01. 12. 89 Frau Rock GRÜNE 01. 12. 89 Frau Schilling GRÜNE 01. 12. 89 Schreiber CDU/CSU 30. 11. 89 Schreiner SPD 29. 11. 89 Schröer (Mülheim) SPD 01. 12. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 01. 12. 89 Sielaff SPD 30. 11. 89 Tietjen SPD 01. 12. 89 Frau Trenz GRÜNE 01. 12. 89 Verheugen SPD 30. 11. 89 Wartenberg (Berlin) SPD 29. 11. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 01. 12. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinrich Windelen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen! Meine Herren Kollegen! Herr Kollege Purps, Sie haben wie alle Jahre Ihr polemisches Pflicht-Soll erfüllt. Aber ich weiß ja, Herr Kollege Purps: Sie haben es auch nicht ganz leicht. Sie sind in einer schwierigen Lage. Was sollen Sie tun? Sollen Sie Oskar Lafontaine als Vorsitzendem der Programmkommission folgen, also Straßenbaumittel streichen und den Verkehr mit Ökosteuern belasten, oder sollen Sie dem saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine folgen, der im Bundesrat eine Erhöhung der Straßenbaumittel beantragt hat?

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Zuruf von der FDP: Der macht euch das ganz schön schwer!)

    Nun, meine Damen und Herren, Kollege Purps hat sich als braver Parteisoldat für den Vorsitzenden der Programmkommission Lafontaine entschieden.

    (Zurufe von der SPD: Man kann im Parlament etwas lernen! — Wir haben einen Oskar für alle Fälle!)

    Ich bin sicher, Herr Kollege: Es ist Ihnen nicht leichtgefallen. Deswegen will ich Ihnen das auch verzeihen. Sie verlassen sich im übrigen ja auch auf die Koalition: Die Annahme des Haushalts ist gesichert, und deswegen darf man ruhig dagegenstimmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das ist unerhört!)

    Ich freue mich aber, Herr Kollege, daß ich Ihnen in einem Punkt voll zustimmen kann. Die dramatische Entwicklung, die in den letzten Wochen von unseren Landsleuten in der DDR und von den Bürgern in Ungarn und in Polen durchgesetzt wurde, erfordert unsere Antwort auch und gerade im Verkehrsbereich. Gewiß, der Massenansturm der letzten Tage, der ja nicht nur unsere Straßen, sondern auch die Eisenbahnen, nicht nur im grenznahen Bereich, verstopft hat, wird in ruhigere Bahnen einmünden. Er hat uns aber die Bedeutung eines guten, eines leistungsfähigen Verkehrsnetzes auch für den Zusammenhalt der Nation eindringlich vor Augen geführt.

    (Zuruf von der SPD: Schienen verbinden!)

    Hier werden -- da stimme ich Ihnen zu — zusätzliche
    Herausforderungen auch in der Verkehrspolitik, und
    zwar nicht nur im Zonenrandgebiet, auf uns zukom-



    Windelen
    men. Verkehrspolitik ist ja weit mehr als die Gewährleistung des Transports von Gütern und Personen. Ein funktionierendes, ein bedarfsgerechtes, ein umweltfreundliches Verkehrssystem ist eine ganz wichtige Grundlage nicht nur für unser gesamtes gesellschaftliches, sondern ebenso für unser wirtschaftliches Leben. Eine unzulängliche Verkehrsstruktur erschwert menschliche Kontakte, behindert unsere arbeitsteilige Wirtschaft, kostet Wachstum, kostet Arbeitsplätze und verhindert die Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen in allen Regionen unseres Landes.

    (Zuruf von der SPD: Das ist wohl wahr!)

    Unsere Verkehrswirtschaft steht vor neuen Herausforderungen in einem zusammenwachsenden Europa — im Osten gleichermaßen wie im Westen. Durch die Teilung unseres Landes sind die Ost-West-Verbindungen in allen Verkehrsbereichen zurückgeblieben und teilweise abgeschnitten worden. Und wer es mit der Einheit der Nation und mit der Einheit Europas wirklich ernst meint, der darf hier nicht bremsen und nicht blockieren. Wer z. B. in Nordrhein-Westfalen den Weiterbau der A 4 bis zur hessisch-thüringischen Grenze oder den Ausbau einer IC-Verbindung nach Berlin — hier durch überzogene Forderungen der DDR — jetzt immer noch verhindert, der wird seiner Verantwortung für die Überwindung der Teilung nicht gerecht, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Weiss [München] [GRÜNE]: Wo sind denn die Gelder im Haushaltsplan oder in Berlin?)

    Vor diesem Hintergrund bekommt der vom Haushalts- und Verkehrsausschuß gegen große Widerstände durchgesetzte Ausbau der Bundesbahnschnellstrecke Dortmund—Kassel, der jetzt endlich begonnen wurde, zusätzliches Gewicht.

    (Tillmann [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Diese Strecke wird die traditionell starke Position der Eisenbahnzentren Kassel und Bebra im Verkehr nach Mitteldeutschland wieder beleben.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Wir brauchen jetzt viele leistungsfähige Verbindungen, besonders zwischen dem Ruhrgebiet und den Industriezentren in Mitteldeutschland.

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Diese Entwicklungen waren — ich glaube, da sind wir uns einig — bei der Aufstellung des Haushalts für Sie so wenig überschaubar wie für uns.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Das ist richtig, und darum brauchen wir auch einen Nachtragshaushalt! — Frau Vennegerts [GRÜNE]: Den kriegen wir sowieso, keine Sorge!)

    Aber abgesehen davon hat die Bundesregierung — und hier muß ich Ihnen widersprechen, Herr Kollege Purps —

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Das ehrt ihn!)

    im Verkehrshaushalt dieses Jahres neue Zeichen ge-
    setzt. Denn erstmals stehen — nach langen Jahren —
    in diesem Jahr für die Erhaltung, für den Umweltschutz und für den Ausbau unseres Straßennetzes

    (Weiss [München] [GRÜNE]: Für Straßenbau!)

    insgesamt 405 Millionen DM mehr zur Verfügung als im Vorjahr, auch in der mittelfristigen Planung.
    Aber auch diese Verstärkung der Mittel — das sage ich ganz offen — wird nicht ausreichen, die vom Parlament beschlossene Verkehrswegeplanung zeitgerecht zu realisieren, und noch viel weniger, die zusätzlichen Forderungen der Bundesländer zu befriedigen. Meine Damen und Herren, allein das Land Hamburg fordert für den achtstreifigen Ausbau der A 7, für den Ausbau des Elbtunnels, für die Umgehung Fuhlsbüttel mehr als 100 Millionen DM für 1990 zusätzlich,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    insgesamt weit mehr als eine halbe Milliarde DM für die gesamte Bauzeit.

    (Dr. Jobst [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Das Saarland verlangt 300 Millionen DM mehr — genau das, was Sie streichen wollen — für den Unterhalt von Bundesautobahnen und Bundesstraßen. Der Bundesrat stellt einmütig fest, daß die Mittel für den Fernstraßenbau zu gering seien. Aber die SPD-Fraktion beantragt, getreu dem Auftrag ihrer Programmkommission, eine Kürzung der Straßenbaumittel um 300 Millionen DM.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Aber nur hier!)

    Die GRÜNEN verlangen sogar die völlige Streichung,

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Sehr richtig!) mit Ausnahme der Mittel für den Schallschutz.


    (Dr. Jobst [CDU/CSU]: Eine heuchlerische Politik!)

    Meine Damen und Herren, damit wird man der Verantwortung für unsere Gesellschaft, für ein vereintes
    Europa und für die Einheit der Nation nicht gerecht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Jobst [CDU/ CSU]: Das ist Doppelzüngigkeit! — Tillmann [CDU/CSU]: Scheinheiligkeit!)

    Meine Damen und Herren, auch wir wissen, daß man nicht alles auf einmal haben kann. Der konsequente Weg der Haushaltskonsolidierung wird von uns fortgesetzt werden. Deswegen denkt von uns keiner daran, etwa die Straßenbauplanung eines Verkehrsministers Leber wieder aufleben zu lassen. Er hat seinerzeit unter der Überschrift „Start in den Straßenverkehr der Zukunft" festgestellt, daß die Zahl der Kraftfahrzeuge von seinerzeit 13 Millionen auf etwa 22 Millionen im Jahre 1985 ansteigen werde. Und er fügte hinzu, deswegen müsse man das Netz der Bundesautobahnen von damals 5 000 Kilometer auf 13 000 Kilometer fast verdreifachen und die Fläche der Fernstraßen in den Ballungsräumen vervierfachen.
    Meine Damen und Herren, wie ist die Realität heute? Statt der von Georg Leber vorgesehenen 13 000 km Autobahnen im Jahre 1985 waren es tatsächlich 5 000 km weniger. Aber statt der erwarteten



    Windelen
    22 Millionen Kraftfahrzeuge waren es tatsächlich 5 Millionen mehr. Inzwischen fahren mehr als 30 Millionen Kraftfahrzeuge auf unseren Straßen. Die Länge des Bundesstraßennetzes hat sich seitdem kaum mehr erhöht.
    Wir haben längst von der Gigantomanie eines Verkehrsministers Leber Abschied genommen. Wir wollen unser Land nicht zubetonieren, und wir tun es auch nicht. Der Anteil der befestigten Flächen für unsere öffentlichen Straßen ist von 1 % damals nur noch geringfügig um etwas mehr als 0,2 Prozentpunkte gewachsen. Aber in der gleichen Zeit hat sich die Zahl der Kraftfahrzeuge verdreifacht ebenso wie die Gesamtfahrleistung auf der Autobahn. Das ist eine große Leistung, die Anerkennung verdient, zumal gleichzeitig auch die Zahl der Verkehrsunfälle und vor allem der Verkehrstoten deutlich zurückgegangen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    So hatten wir 1970 bei einem Drittel der Kraftfahrzeuge noch über 19 000 Verkehrstote zu beklagen. In diesem Jahr werden es fast 12 000 Verkehrstote weniger sein. Dazu hat neben dem wachsenden Verantwortungsbewußtsein der Fahrer, der Verbesserung der Straßentechnik und der Sicherheitstechnik der Autos auch die Verkehrserziehung beigetragen, die wir auch in diesem Haushalt wieder mit ausreichenden Mitteln ausgestattet haben.
    Meine Damen und Herren, wenn wir hören, daß im vergangenen Jahr von 714 Menschen, die auf den Autobahnen ihr Leben verloren — davon 35 bei Unfällen bei Geschwindigkeiten über 130 km/h —, dann sollten wir uns doch vor allem jenen über 7 000 Opfern zuwenden, die in der gleichen Zeit auf Bundes-, auf Landes-, auf Kreis- und auf Gemeindestraßen starben, wo heute schon Geschwindigkeitsbegrenzungen bestehen.

    (Weiss [München] [GRÜNE]: Also Tempo 30 innerorts als Regelgeschwindigkeit!)

    Lassen Sie mich zu den Problemen unserer Bundesbahn kommen. Ihr gilt auch künftig unsere besondere Sorge.

    (Zuruf von der SPD)

    Hier sind, Herr Kollege, wichtige Weichenstellungen erfolgt. Die Deutsche Bundesbahn ist ein sicheres und umweltfreundliches Verkehrsmittel mit einem niedrigen spezifischen Energieverbrauch. Sie ist für unsere Volkswirtschaft unentbehrlich. Herr Kollege Purps, wenn ich mich recht erinnere, kommen Sie mit dem Auto nach Bonn. Ich fahre mit der Bundesbahn. Ich weiß, was die Bundesbahn leistet, und ich fühle mich ihr deshalb besonders verbunden.
    Um die Voraussetzungen für eine dauerhafte Konsolidierung unserer Bundesbahn zu schaffen, wurde die Unternehmensführung beauftragt, bis Ende 1990 ein strecken- und produktbezogenes Rechenwerk zu entwickeln. Das haben wir bisher noch nicht. Das können Sie auch nicht bestreiten. Ein solides Rechenwerk ist die Voraussetzung für jede vernünftige Sanierung. Wer etwas davon kennt, wird das nicht bestreiten.

    (Weiss [München] [GRÜNE]: Blödsinn! Das Treuarbeit-Gutachten hat gesagt, daß die Zahlen vorliegen!)

    — Ich habe ausdrücklich gesagt: Wer etwas davon kennt, wird es nicht bestreiten.

    (Weiss [München] [GRÜNE]: Kennen Sie das Treuarbeit-Gutachten? Sie kennen es anscheinend nicht!)

    Ab 1991 werden die Altschulden von 12,6 Milliarden DM — wie jetzt schon die Zinsen — in den Bundeshaushalt übernommen werden. Eine unabhängige Regierungskommission erarbeitet bis 1991 ein Konzept für die künftigen Aufgaben und die Organisationsstrukturen der Bundesbahn. Bei der Besetzung dieser Kommission sind wir sicher, daß etwas Vernünftiges herauskommt. Wenn diejenigen, die hier mitarbeiten — auch aus der Gewerkschaft —, nicht wüßten, daß dabei etwas herauskommt, hätten sie sicherlich die Mitarbeit verweigert. Allein die Tatsache, daß sie mitarbeiten, zeigt, daß auch sie das für wichtig und notwendig halten.
    Meine Damen und Herren, die Regierung Kohl hat nach Jahrzehnten des Vorrangs für die Straße den Investitionsanteil der Schiene deutlich erhöht. Im Verkehrswegeplan 1985 wurden die Investitionszuschüsse für das Schienennetz, die von 1976 bis 1985 28 Milliarden DM betrugen, für den Zeitraum von 1986 bis 1995 auf 35 Milliarden DM erhöht. Der Haushaltsausschuß hat beschlossen — Herr Kollege Purps, Sie haben dem zugestimmt — , zur Verbesserung des kombinierten Verkehrs, der besonders geeignet ist, die Straße und die Umwelt zu entlasten, 80 Millionen DM zweckgebunden auszubringen. 80 Millionen DM wird also die Bundesbahn für den kombinierten Verkehr einzusetzen haben.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Das ist der richtige Weg!)

    Der Luftverkehr hat überproportional zugenommen. Das wird auch in den nächsten Jahren so bleiben. Bis zum Jahre 2000 müssen wir noch einmal mit einer Verdopplung der Anzahl der Flüge rechnen. Dieser Herausforderung kann man nur mit mutigen Maßnahmen begegnen.
    Für die Verbesserung der technischen Einrichtungen haben wir die nötigen Haushaltsmittel bereitgestellt. Wir haben dafür gesorgt, daß die Bundesregierung eine Neuorganisation der Flugsicherung beschlossen hat. Sie wird künftig privatrechtlich erfolgen müssen. Denn nur so lassen sich die Attraktivität und die Motivation für die Mitarbeiter und die Flexibilität und der Handlungsspielraum bei den Investitionsentscheidungen sicherstellen.
    Meine Damen und Herren, die Finanzierung wird zukünftig vom Verursacher voll durch Gebühren getragen werden. Auch dies war eine unabdingbare Forderung des Haushaltsausschusses. Ein weiterer Schritt dazu wird im Haushalt 1990 getan werden, wenn neben den bereits zu zahlenden Streckengebühren auch mit der Erhebung der An- und Abfluggebühren begonnen wird.



    Windelen
    Für die Übergangszeit werden wir durch eine Zulagenregelung — nicht nur für die Fluglotsen, sondern auch für die Flugtechniker — Engpässe beseitigen. Die volkswirtschaftlichen Verluste und die zusätzliche Umweltbelastung durch Verspätungen und Warteschleifen sind nicht mehr länger hinzunehmen. Die Kosten dafür, die die Volkswirtschaft zu tragen hat, gehen in die Milliarden.
    Der Haushalt 1990 macht den Weg frei für neue Lösungen. Bundesregierung und Bundesrat sind aufgefordert, die nötigen Gesetze unverzüglich vorzulegen.

    (Beifall des Abg. Walther [SPD])

    Auch in diesem Jahr werden wir wieder 120 Millionen DM als Seeschiffahrtshilfen einstellen. Sie dienen der notwendigen Kostenentlastung unserer Schiffe, die unter deutscher Flagge fahren, und sind Teil der Rahmenbedingungen, die den Bestand und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Schiffahrt sichern sollen. Deswegen haben die Koalitionsfraktionen Kürzungsanträge der Opposition abgelehnt.
    Meine Damen und Herren, verantwortungsbewußte Verkehrspolitik muß Straße, Schiene, Wasserstraße und Luft zu einem leistungsfähigen und umweltfreundlichen Verkehrssystem verbinden. Jeder Bereich hat seine besondere Aufgabe. Aber nur die sinnvolle Kooperation aller Bereiche kann zu optimalen Ergebnissen führen.
    In der Fläche ist der Straßenverkehr auch künftig nicht zu ersetzen. Wer aus ideologischen Gründen den Ausbau und die Erhaltung unseres Straßennetzes blockiert oder durch drastische Treibstoffbesteuerungen belastet,

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: 50 Pfennig sind nicht viel! Viel zuwenig!)

    schädigt die ländliche Bevölkerung und behindert den notwendigen Strukturwandel.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Öffnung der Schlagbäume im Westen und im Osten wird das Verkehrsaufkommen weiter steigen lassen. Im grenzüberschreitenden Verkehr mußten wir schon vor der Öffnung im Osten mit 40 % Wachstum bis zur Jahrhundertwende rechnen. Das wird jetzt noch mehr werden. Einem solchen Zuwachs ist unser Verkehrsnetz nicht mehr gewachsen. Ohne einen angemessenen Ausbau in allen Bereichen werden Staus und Stillstand mit Energievergeudung und Umweltbelastung unerträglich werden. Sie kosten jetzt schon nach Schätzung von Fachleuten 2,5 bis 3 To des Bruttoinlandsproduktes. Das wären für die EG pro Jahr etwa 200 Milliarden DM. Meine Damen und Herren, auch im Zeichen der neuen Herausforderungen im Osten ist eine solche Verschwendung unverantwortlich.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir brauchen eine Verkehrsinfrastruktur, die den Notwendigkeiten der wachsenden Nachfrage, des Umweltschutzes und der Verkehrssicherheit gerecht wird, die zu einer sinnvollen Arbeitsteilung zwischen allen Verkehrsträgern führt und die hilft, die deutsche
    Teilung zu überwinden. Der Haushalt des Bundesverkehrsministers zielt in diese Richtung. Wir werden ihm deswegen zustimmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Weiss.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Michael Weiss


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verkehrspolitik und ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt bestimmen in den letzten Jahren zunehmend die öffentliche Diskussion. Die Bevölkerung ist sensibler geworden; das Umweltbewußtsein ist gestiegen; überall im Land ist spürbar, daß die weitere Motorisierung zunehmende Probleme mit sich bringt, daß der Landverbrauch durch Straßenbau und andere Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen heute anders gesehen wird als früher. Die Autos sind zu einer Plage in den Innenstädten geworden. Rund 85 % der Bevölkerung fühlen sich durch Verkehrslärm beeinträchtigt. Das ist eine Situation, aus der in anderen Ländern längst Konsequenzen gezogen worden sind. In Los Angeles, einer Stadt, die im Autoverkehr erstickt, ist man jetzt zu radikalen Schritten übergegangen und hat ein Programm beschlossen, das innerhalb von fünf Jahren den motorisierten Verkehr auf 20 % des heutigen Wertes drücken soll.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Red' doch keinen Stuß!)

    In der Schweiz betreibt man eine andere Politik. In den Niederlanden hat, zumindest, was den Personenverkehr betrifft, das Umdenken bereits eingesetzt. In Österreich ist die Bevölkerung mittlerweile sensibel geworden und hat die österreichische Regierung gezwungen, wenigstens die Nachtruhe der Bevölkerung zu schützen und ein Nachtfahrverbot zu verhängen.
    An der Bundesregierung ist diese Diskussion aber scheinbar völlig vorbeigegangen. Das beweist der vorliegende Haushalt. Die nackten Zahlen — mehr Geld für Straßenbau, weiterhin plafondierte Mittel für die Deutsche Bundesbahn — lassen die vielen schönen Sprüche, die sonst das Jahr über immer geklopft werden — von wegen Umweltfreundlichkeit und Bekenntnis, Schiene und Bahn seien unverzichtbar —, zur reinen Makulatur werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Im Gegensatz zu früher hat sich an der Situation eines geändert: Geändert hat sich das Umweltbewußtsein, so daß heute jeder Politiker — auch von der Regierungskoalition — als ersten Satz immer so etwas sagt wie „Die Bahn ist unverzichtbar" — schöne Worte, Bekenntnis zur Schiene, Bekenntnis zum öffentlichen Personennahverkehr. Aber leider ist der Druck noch immer nicht groß genug, so daß es eben akzeptiert wird, wenn Sie nur von der Schiene reden, in Wirklichkeit aber Straßenpolitik betreiben. Das ist doch die Konsequenz, wenn man sich den vorliegenden Haushalt anschaut. Alles redet von Schiene; aber was passiert? Die Straßenbaumittel werden um 405 Millionen DM aufgestockt.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)




    Weiss (München)

    Bei der Bahn verbleibt es bei der Plafondierung. Ich meine, daran wird eben deutlich, wohin die Richtung geht, wo die Schwerpunkte sind.
    Was könnte man mit den 405 Millionen DM nicht alles anfangen! Wir haben Ihnen kurzfristig heute noch einen Antrag eingereicht: Halbpreispaß bei der Bundesbahn. Ich meine, daß da eben durchaus eine Alternative bestünde. Wenn Sie schon das System Autoverkehr dadurch subventionieren, daß Sie demjenigen, der weniger umweltschädlich mit Katalysator fährt, eine Steuervergünstigung geben, dann, meine ich, wäre es nur konsequent, daß Sie in noch stärkerem Maße denjenigen subventionieren, der noch weniger umweltschädlich fährt und die Bahn benutzt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Da ist dann der Halbpreispaß ein geeignetes Mittel. Das könnte sofort eingeführt werden. Die Bundesbahn selbst beziffert ihre Verluste, ihre Einnahmeausfälle durch den Halbpreispaß auf einen Betrag zwischen 96 Millionen und 159 Millionen DM. Wenn ich damit vergleiche, daß die Mittel für den Straßenbau noch einmal um 405 Millionen DM aufgestockt werden, dann erscheint der genannte Einnahmeausfall durch den Halbpreispaß durchaus tragbar.

    (Widerspruch von der CDU/CSU)

    Ich darf noch auf etwas anderes hinweisen. Von Schiene wird geredet, aber Straßenbaupolitik wird betrieben. Ich möchte das, was ich meine, an einem zweiten Beispiel verdeutlichen, am Beispiel des alpenüberquerenden Güterverkehrs. Was gab es da für Zusagen! Seit Jahren wird davon geredet, der Verkehr müsse auf die Schiene verlagert werden. Bei der Verkehrsministerkonferenz 1985 in Rom wurde eine Reihe von Maßnahmen vereinbart. Was ist gemacht worden?

    (Dr. Jobst [CDU/CSU]: Es liegt doch an Österreich!)

    In der Bundesrepublik gar nichts! Die Österreicher haben die Umfahrung Hall-Innsbruck ausgebaut. Sie wird demnächst fertig. Sie müssen schon verstehen, daß die Alpenländer langsam sauer werden, wenn sie ihre Investitionen tätigen und Voraussetzungen dafür schaffen, daß der alpenüberquerende Verkehr in stärkerem Maße auf die Schiene verlagert werden kann, aber auf seiten der Bundesregierung und der Bundesbahn gar nichts getan wird.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Stimmt doch nicht! Bleiben Sie doch bei der Wahrheit!)

    Das Nachtfahrverbot, das die Österreicher für nicht lärmarme Lkws verhängt haben, ist nur konsequente Antwort auf die Politik, die da betrieben wird.

    (Oswald [CDU/CSU]: Sie sollten hier deutsche Interessen vertreten!)

    Aber was passiert denn? Alle reden von Schiene und sagen, man müsse sie ausbauen. In Wirklichkeit betreibt der Bundesverkehrsminister Retorsionsmaßnahmen, Wirtschaftssanktionen;

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Das nehmen Sie zurück!)

    denn das Nachtfahrverbot, das er den Österreichern
    angedroht hat, ist ja eine nationale Diskriminierung,
    weil er es ausschließlich gegen österreichische Lkw auf bundesdeutschen Straßen verhängen will, anders als die Österreicher, die das von ihnen verhängte Nachtfahrverbot durchaus sowohl auf eigene wie auf fremde Lkw anwenden.

    (Dr. Jobst [CDU/CSU]: Fahren Sie einmal nach Österreich in Urlaub!)

    Insoweit hat diese Maßnahme den Charakter einer Wirtschaftssanktion.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Wer so laut schreit, hat immer unrecht!)

    Das bringt der Bundesverkehrsminister fertig.
    Gleichzeitig redet er von der Schiene. Aber ich frage: Wo sind denn die Mittel für den Schienenausbau? Der Wirtschaftlichkeitsvorbehalt für den Ausbau der Strecke München—Mühldorf—Freilassing ist entfallen. Aber gucken Sie in den Haushaltsplan 1990: Wo ist das Geld dafür, daß das gebaut werden kann? Nichts ist drin, kein Pfennig ist für diese Strecke drin.

    (Dr. Jobst [CDU/CSU] : Doch, doch!)

    Das muß man einfach einmal zur Kenntnis nehmen. So klar unterscheiden sich Reden und Handeln.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Oswald [CDU/ CSU]: Wir haben klare Pläne, klare Konzeptionen und klare Vorstellungen!)

    Ein weiteres Beispiel: Es wird immer vom ÖPNV geredet. Ich muß den Kollegen Purps korrigieren: Ich habe inzwischen ein Exemplar des ÖPNV-Programms der Bundesregierung mit Datum vom 20. November bekommen. Aber ich muß sagen: Was drin steht, ist eigentlich kein ÖPNV-Programm; das ist eine Bestandsaufnahme von Maßnahmen, die es im Grunde nicht Wert sind, erwähnt zu werden. Es muß klar sein: Wenn hier, Herr Verkehrsminister, immer von der Freiheit der Verkehrsmittelwahl geredet wird, dann muß diese Freiheit doch auch gesichert werden, es müssen Gelder bereitgestellt werden, und es muß ausgebaut werden, so daß überhaupt die Möglichkeit besteht, zwischen verschiedenen Verkehrsträgern zu wählen. Diese Möglichkeit besteht heute faktisch nicht. Wer nicht in einem Ballungsraum wohnt, hat eigentlich keine Alternative zum Auto. Es geht darum, diese Alternative wieder zu schaffen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Eine Studie, die dies untersucht hat, kommt zu dem Ergebnis, daß für ein bundesweites flächendeckendes ÖPNV-Programm 157 Milliarden DM notwendig wären. Dementsprechend haben wir, angelegt auf 15 Jahre, eine Aufstockung um 10 Milliarden DM beantragt. Sie müssen in solche Größenordnungen gehen und klotzen. Wenn Sie wie die SPD mit 250 Millionen DM daherkommen, nützt das rein gar nichts. Wenn man etwas erreichen will, muß man in diesem Fall klotzen. Die entsprechenden Anträge von uns liegen vor, und ich bitte Sie, ihnen zuzustimmen.
    Danke.

    (Beifall bei den GRÜNEN)