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ID1117813600

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    Plenarprotokoll 11/178 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 178. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/5000, 11/5321, 11/5389) Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof in Verbindung mit Tagesordnungspunkt II: Beratung des Antrags der Abgeordneten Stratmann, Dr. Lippelt (Hannover) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verzicht auf Privatisierung der Salzgitter AG und Verhinderung der Großfusion PreussagSalzgitter (Drucksache 11/5536) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt III: Beratung des Antrags des Abgeordneten Schmidt (Salzgitter), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verkauf/ Privatisierung der Salzgitter AG an die Preussag (Drucksache 11/5609) Frau Matthäus-Maier SPD 13597 D Borchert CDU/CSU 13605 A Frau Vennegerts GRÜNE 13609 B Dr. Weng (Gerungen) FDP 13614 C Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . 13620 B Wieczorek (Duisburg) SPD 13631 A Roth (Gießen) CDU/CSU 13634 B Dr. Struck SPD 13637 C, 13645 C Dr. Pfennig CDU/CSU 13640 C Schmidt (Salzgitter) SPD 13642 C Sauer (Salzgitter) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 13644 B Frau Vennegerts GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13645 A Namentliche Abstimmung 13646 B Ergebnis 13654 D Ergebnis der Abstimmung über Einzelplan 60 13672A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Nehm SPD 13646 C Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . 13648B Frau Teubner GRÜNE 13651 D Dr. Hitschler FDP 13656 B Müntefering SPD 13659 A Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau 13662 C Conradi SPD 13666 D Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 13668 C Grünbeck FDP (Erklärung nach § 30 GO) 13671A Conradi SPD (Erklärung nach § 30 GO) 13671B Dr. Hitschler FDP (Erklärung nach § 30 GO) 13671 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft Frau Blunck SPD 13672 B Rossmanith CDU/CSU 13674 A Frau Saibold GRÜNE 13678 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 13680 B Vahlberg SPD 13682 D Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 13686 B Frau Conrad SPD 13689A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie Zander SPD 13693 A Austermann CDU/CSU 13696 B Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . . 13699 B Zywietz FDP 13700 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 13703A Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr Purps SPD 13707 B Windelen CDU/CSU 13710 C Weiss (München) GRÜNE 13713 C Zywietz FDP 13715A Dr. Zimmermann, Bundesminister BMV 13716D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit Esters SPD 13719D Dr. Neuling CDU/CSU 13722 A Volmer GRÜNE 13724 C Frau Seiler-Albring FDP 13727 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . . 13729A Nächste Sitzung 13731 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13732* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 13597 178. Sitzung Bonn, den 29. November 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01. 12. 89 * Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 01. 12. 89 Büchner (Speyer) SPD 01. 12. 89 * Frau Dempwolf CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Dollinger CDU/CSU 01. 12. 89 Engelsberger CDU/CSU 29. 11. 89 Dr. Haack SPD 01. 12. 89 Frhr. Heereman von Zuydtwyck CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Hennig CDU/CSU 29. 11. 89 Höffkes CDU/CSU 01. 12. 89 Hörster CDU/CSU 30. 11. 89 Jaunich SPD 01. 12.89 Kastning SPD 29. 11. 89 Kiechle CDU/CSU 29. 11.89 Kißlinger SPD 01. 12. 89 Klein (Dieburg) SPD 01. 12. 89 Kolbow SPD 01. 12. 89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Linsmeier CDU/CSU 01.12.89 Frau Luuk SPD 01. 12. 89 Dr. Mahlo CDU/CSU 29. 11. 89 Meneses Vogl GRÜNE 01. 12. 89 Müller (Düsseldorf) SPD 29. 11. 89 Niegel CDU/CSU 01. 12. 89* Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 01. 12. 89 Paterna SPD 01. 12. 89 Frau Rock GRÜNE 01. 12. 89 Frau Schilling GRÜNE 01. 12. 89 Schreiber CDU/CSU 30. 11. 89 Schreiner SPD 29. 11. 89 Schröer (Mülheim) SPD 01. 12. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 01. 12. 89 Sielaff SPD 30. 11. 89 Tietjen SPD 01. 12. 89 Frau Trenz GRÜNE 01. 12. 89 Verheugen SPD 30. 11. 89 Wartenberg (Berlin) SPD 29. 11. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 01. 12. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Kurt J. Rossmanith


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ich muß also nochmals sagen: keine vernünftigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Saibold [GRÜNE]: Ihrer Meinung nach vernünftigen! — Hinsken [CDU/CSU]: Wenn schon, dann vernünftige Vorschläge!)

    Ich habe natürlich, verehrte Frau Saibold, Ihre Änderungsanträge bzw. Kürzungsanträge insbesondere für den Einzelplan 09 schon gesehen.

    (Frau Saibold [GRÜNE]: Das freut uns ja!)

    Aber das zu studieren wäre eine Tagesarbeit gewesen. Ich muß vor Ihren Mitarbeitern für den Fleiß, den sie an den Tag gelegt haben, den Hut ziehen.

    (Frau Saibold [GRÜNE]: Ich werde es Ihnen ausrichten! — Borchert [CDU/CSU]: Die Vorschläge werden dadurch aber nicht vernünftiger!)

    Ich muß schon noch einmal sagen: Nur realistische und von der Vernunft getragene Vorschläge sind von Bedeutung. Es genügt nicht, irgendwo zu kürzen, zu sagen: Da tun wir das weg. — Aber damit es einigermaßen akzeptabel erscheint, legt man sich in den Vorschlägen sogar noch auf Mark und Pfennige fest und schlägt nicht einfach vor — das haben Sie in der Zwischenzeit gelernt — , Millionen oder Milliarden DM zu streichen. Sie verwenden vielmehr krumme Zahlen und meinen, dann wirke das seriöser. Aber Seriosität ist trotz allem nicht erkennbar. Sie ist in diesen Kürzungsvorschlägen nicht vorhanden.
    Ich sage Ihnen gerne — hören Sie, bitte, zu — , was wir getan haben. Ich darf Ihnen zwei ganz wesentliche konkrete Beispiele nennen, einmal das Strukturanpassungsprogramm für die Stahlindustrie und zum zweiten das Deminex-Programm, die beide Ende dieses Jahres auslaufen. Dadurch haben wir Einsparungen in der Größenordnung von 230 Millionen DM erzielt. Bei einem Haushalt von 6,7 Milliarden DM ist das eine ganze Menge. Das zeigt, daß hier ein echter, ein wirklich breiter Einstieg im Hinblick auf den Abbau von Subventionen erzielt wurde.
    Ich bin mir bewußt, daß es im konkreten Einzelfall schwierig ist — das verhehle ich nicht —, Subventionen auf Dauer abzubauen. Aber gerade an den zwei Beispielen, die ich genannt habe, zeigt sich, daß es durchaus Möglichkeiten gibt und daß für uns eine strenge Ausgabendisziplin kein bloßes Lippenbekenntnis ist.
    Ich möchte auch auf einige andere Punkte im Haushalt eingehen. Ich weiß, daß ich das nur punktuell tun und nicht den ganzen Haushalt darstellen kann. Natürlich bildet einen der Schwerpunkte in diesem Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums nach wie vor die Hilfe für den Steinkohlenbergbau. Etwa die Hälfte des gesamten Haushaltsvolumens, nämlich 3,3 Milliarden DM, stehen für diese Zwecke zur Verfügung. Mit der Novelle zum Verstromungsgesetz kommen weitere Belastungen für den Revierausgleich und für niederflüchtige Kohle auf den Bundeshaushalt zu, die sich in den Jahren bis 1994 auf etwa 1 Milliarde DM summieren werden.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Ich möchte das unterstreichen: Tausendmal 1 Million kommen noch hinzu. 3 300 mal 1 Million DM geben wir bisher schon. Ich glaube, das sind Zahlen, die wir auch einmal nennen sollten.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Das ist viel zuviel!)

    Ich hoffe, daß sich alle Beteiligten im Grunde darüber im klaren sind, daß das derzeitige System der Kohlehilfe auf Dauer so nicht durchgehalten werden kann. Das übersteigt insgesamt die finanziellen Möglichkeiten des Bundes. Es übersteigt aber auch — das muß ich bei allem Verständnis sagen — das Verständnis der revierfernen Bundesländer deutlich.

    (Zustimmung des Abg. Hinsken [CDU/ CSU])

    Ich glaube, daß uns nicht nur der europäische Binnenmarkt dazu zwingt, auch in diesem Bereich nach neuen Lösungen zu suchen. Daß es sich hierbei im Interesse der Arbeitnehmer im Steinkohlenbergbau um sozialverträgliche Lösungen handeln muß, versteht sich von selbst. Ich begrüße deshalb ausdrücklich, daß die Bundesregierung eine Expertenkommission eingesetzt, hat, unter Vorsitz von Herrn Professor Dr. Mikat, unserem früheren Kollegen, und diese Expertenkommission soll Vorschläge für eine künftige Kohlepolitik und insbesondere für eine Anschlußregelung zum Jahrhundertvertrag ausarbeiten. Wir sollten diese Vorschläge, so meine ich, abwarten. Ich hoffe, das richte ich insbesondere auch an die Opposition, daß wir uns danach — wie ich hoffe, sine ira et studio — der Diskussion über die künftige Rolle der Steinkohle im Zusammenhang einer europäischen Energiepolitik dann auch zu stellen haben.
    Die Schiffbauförderung — um einen anderen Bereich anzusprechen — hat natürlich in den Beratungen des Haushaltsausschusses auch eine ganz wesentliche Rolle gespielt. Die Lage im Schiffbaubereich hat sich ja in jüngster Zeit erfreulicherweise spürbar verbessert. Der Auftragsbestand der deutschen Werften lag im ersten Halbjahr dieses Jahres bei fast 5 Milliarden DM, und der Weltmarktanteil an Auftragseingängen ist seit 1986 von 3,5 % auf über 7 % gestiegen, er hat sich also mehr als verdoppelt. Das sind erfreuliche Zahlen, die wir gern weitergeben und die wir gern zur Kenntnis nehmen. Aber ich glaube doch, daß es verfrüht wäre, bereits jetzt von einer Überwindung der Schiffbaukrise zu sprechen.
    Man muß deutlich sehen, daß die Akquisitionserfolge zum großen Teil erst durch hohe Subventionen ermöglicht worden sind. Um hier bruchartige Entwicklungen zu vermeiden, haben wir deshalb im



    Rossmanith
    Haushaltsausschuß eine nochmalige Erhöhung der Werfthilfen beschlossen. Es handelt sich hier um Verpflichtungsermächtigungen in einer Größenordnung von über 300 Millionen DM, die in den nächsten Jahren kassenwirksam werden, und niemand sollte sich der Täuschung hingeben, daß uns Verpflichtungsermächtigungen nicht berühren. Natürlich werden sie uns in den kommenden Jahren quasi als Vorauslast verfolgen.
    Ich verhehle nicht, daß uns insgesamt und insbesondere mir diese Entscheidung nicht leichtgefallen ist, und ich betone, daß sie nicht als Präjudiz für künftige Haushalte mißverstanden werden darf.

    (Walther [SPD]: Das kommt ins Protokoll!)

    — Es wird selbstverständlich protokolliert werden, Herr Vorsitzender.

    (Walther [SPD]: Das hoffe ich sehr!)

    Ich bin vielmehr der Meinung, daß es wünschenswert wäre, wenn bei den Verhandlungen auf europäischer Ebene ein genereller Abbau der Subventionen für die Werftindustrie erreicht werden könnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die in diese Richtung zielenden Bemühungen der Bundesregierung verdienen deshalb unsere volle Unterstützung, und ich bitte Sie, Herr Bundesminister Haussmann, weiterhin dieses Ziel mit allem Nachdruck zu verfolgen.
    Ich danke Ihnen auch, Herr Bundesminister Haussmann, und insbesondere auch Herrn Bundeskanzler Helmut Kohl für den Einsatz, den Sie im Hinblick auf die Errichtung einer zweiten Endfertigungslinie für den Airbus in Deutschland, in Hamburg gezeigt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich bin auch dankbar dafür, daß die Irritationen, die sich in diesem Bereich ergeben hatten, nun wohl überwunden sind und daß einer Überführung des Airbus in die industrielle Verantwortung nun nichts mehr im Wege steht.
    Ich möchte aber abschließend noch ein Wort zur Mittelstandsförderung sagen. Entgegen den ursprünglichen Befürchtungen der betroffenen Wirtschaftskreise ist ja im Haushalt 1990 sichergestellt, daß die bewährten Förderprogramme für den Mittelstand ungeschmälert fortgeführt werden können.

    (Hinsken [CDU/CSUJ: Das ist gut so!)

    Bei der Beratungsförderung, lieber Kollege Ernst Hinsken, die jedes Jahr von mehr als 25 000 kleinen und mittleren Unternehmen des Handwerks, der Industrie und des Handels in Anspruch genommen wird, ist sogar zum 1. Januar 1990 eine Konditionenverbesserung vorgesehen. Darüber hinaus werden im Haushalt 1990 zusätzliche Mittel in Höhe von 27 Millionen DM für ein zeitlich befristetes Eurofitnessprogramm bereitgestellt, um gerade mittelständischen Unternehmen aus Handwerk, Handel und Verkehrsgewerbe die Vorbereitung auf den EG-Binnenmarkt zu erleichtern. Wir werden im Haushaltsausschuß sehr sorgfältig darauf achten, daß die Mittel auch ziel- und zweckgerichtet eingesetzt werden. Im übrigen
    zeigt auch diese neue Förderungsmaßnahme, daß die Mittelstandspolitik unverändert einen hohen Stellenwert in unserem wirtschaftspolitischen Konzept einnimmt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich möchte bei der Gelegenheit nicht unerwähnt lassen, daß dieser hohe Stellenwert, den die mittelständische Wirtschaftspolitik für uns besitzt, sich nicht nur in finanzieller Förderung zeigt oder zum Ausdruck gebracht wird. Deshalb möchte ich mit Nachdruck, aber auch mit einem gewissen Stolz auf die Auslobung eines „Deutschen Musikinstrumentenpreises" und eines „Deutschen Lederwarenpreises" hinweisen, die ja beide erstmals ab 1990 vergeben werden sollen. Wir wollen damit den hohen qualitativen Standard unseres Handwerks unterstreichen und würdigen und auch der jungen Generation damit ein Zeichen setzen, daß das Handwerk nach wie vor einen goldenen Boden hat und daß das Handwerk hervorragende Zukunftsaussichten bietet.
    Ich möchte deshalb zum Schluß nochmals wiederholen, daß sich die Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser Bundesregierung und der sie tragenden Parteien weiterhin auf Erfolgskurs befindet. Wir können mit Zuversicht in das Jahr 1990 gehen. Allerdings werden die Entwicklungen im anderen Teil Deutschlands, auf die wir so lange gewartet haben, auch von uns erhöhte Anstrengungen verlangen. Es ist für uns selbstverständlich, daß wir uns hier nicht entziehen können und uns auch nicht aus unserer Verantwortung stehlen werden. Die Bundesrepublik muß bereit sein, die notwendigen Reformen in der DDR nach besten Kräften zu unterstützen. Das heißt für uns natürlich auch: letztendlich mit finanziellen Mitteln. Natürlich ist vorbehaltslose Hilfe kein Sanierungskonzept. Über die Bedingungen und Konditionen muß deshalb im einzelnen noch gesprochen werden. Dabei werden wir uns stets von dem obersten Ziel leiten lassen, unseren Landsleuten im anderen Teil unseres Vaterlandes bei der Erlangung eines Lebens in Freiheit und Selbstbestimmung jede notwendige Hilfe zuteil werden zu lassen. Der Weg dorthin ist sicherlich noch mit manchen Schwierigkeiten gepflastert. Aber ich sehe hierin gerade für uns Deutsche die große Herausforderung und Chance der 90er Jahre.
    Ich möchte meine Ausführungen zu diesem Einzelplan aber nicht schließen, ohne dem Bundesministerium für Wirtschaft insgesamt, der Leitung, aber auch allen Mitarbeitern, insbesondere denen, die sich intensiv mit dem Haushalt befaßt haben, einen Dank für die gute Zusammenarbeit und für die Hilfe, die sie uns gewährt haben, auszusprechen. Es war für sie sicherlich nicht immer leicht; denn wir haben rund 300 Millionen DM aus dem Regierungsentwurf noch herausschneiden müssen; dazu sehe ich mich als Haushaltspolitiker verpflichtet.
    Die Ausführungen von Frau Blunck haben an sich bewiesen, daß Sie von der SPD keinen Grund hätten, diesem Haushalt des Bundesministeriums für Wirtschaft nicht zuzustimmen. Deshalb bitte ich dieses Hohe Haus um Zustimmung zu diesem Haushalt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und FDP)






Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Saibold.

(Hinsken [CDU/CSU]: Jetzt kommt das Alternativprogramm! Jetzt wird die Bevölkerung aufgeklärt! — Zuruf von der SPD: Jetzt kommt eine alternative vernünftige Rede!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hannelore Saibold


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    : Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Geld regiert die Wirtschaft. Deswegen wird bei der CDU/CSU die Wirtschaftspolitik jetzt offensichtlich von den Haushältern gemacht. Auch das ist einmal ganz interessant.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Wirtschaft ist nicht alles, aber alles ist ohne Wirtschaft nichts!)

    Wir erleben in diesen Wochen in der DDR und weit darüber hinaus eine atemberaubende Entwicklung. Das Desaster des real existierenden Sozialismus tritt in allen Facetten offen zutage. Es ist ein Desaster in moralischer, politischer, ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht.
    Die Konservativen im Westen triumphieren angesichts der im Systemvergleich erkennbaren Überlegenheit marktwirtschaftlich-kapitalistisch organisierter Gesellschaften. Herrhausen, Reuter und Co. bekommen glänzende Augen angesichts der Expansionsmöglichkeiten.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Das sind gute Leute!)

    Doch Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Er lenkt davon ab, daß unsere Gesellschaft von einer umwelt- und sozialverträglichen und damit zukunftsträchtigen Wirtschaftsentwicklung weit entfernt ist.
    Wie in diesen Tagen bekannt wurde, leben mindestens sechs Millionen Menschen in der Bundesrepublik unter Armutsbedingungen. Auch die Arbeitslosigkeit wird trotz der konjunkturellen Entwicklung und statistischer Tricks im Jahresdurchschnitt weiter über zwei Millionen liegen.

    (Frau Blunck [SPD]: Das ist leider wahr!)

    Die Wirtschaft ist zwar dynamisch und äußerst produktiv. Die Kehrseite der Medaille besteht aber darin, daß der wirtschaftliche Expansionsmus weltweit die natürlichen Lebensgrundlagen bedroht. Trinkbares Wasser wird bei uns allmählich knapp. Vergiftete Altlasten — wie es so schön heißt — verseuchen den Boden, und der Müllberg droht uns zu ersticken.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Mich wundert, daß Sie noch so gesund aussehen!)

    Wälder sind in ihrer Existenz gefährdet, und umweltbedingte Erkrankungen nehmen zu; denn nicht nur die Robben, sondern auch die Menschen sind ein Teil der Natur.

    (Rossmanith [CDU/CSU]: Die Menschen werden aber immer älter!)

    Die globale Klimakatastrophe zeichnet sich immer deutlicher ab.
    Christian Leipert vom Wissenschaftszentrum Berlin hat festgestellt, daß die ökologischen und sozialen Folgekosten des Wirtschaftens in der Bundesrepublik rapide zugenommen haben. Sie umfassen inzwischen nahezu 12 % des Bruttosozialprodukts. Jede neunte verdiente Mark dient also nicht der wirtschaftlichen Wertschöpfung. Dieses Geld muß ausgegeben werden, um Schäden zu beseitigen oder zu verhindern. Das ist also keine Wirtschaftsweise, die einfach exportiert werden kann.
    Wir GRÜNEN fordern seit Jahren vergeblich eine Kurskorrektur in der Wirtschaftspolitik. Wegen der jahrelangen Ignoranz unseren Forderungen gegenüber wurde Zeit verloren, die technischen Entwicklungen zur Nutzung erneuerbarer Energien voranzutreiben. Sie fehlen jetzt für den dringend notwendigen Umbau der Energiewirtschaft in den östlichen Ländern.
    Bevor ich jedoch weiter auf die Situation hier eingehe, möchte ich noch einmal auf die Ereignisse in Mitteleuropa zurückkommen. Was war eigentlich das Aufregende, das Überzeugende der politischen Veränderungen in Mitteleuropa in den vergangenen Wochen? Es bestand darin, daß die Regierungen schwiegen und das Volk auf die Straße ging, die Sprache wiederfand und die Regierungen zum Handeln zwang. Die Opposition in Polen, Ungarn, der DDR und der Tschechoslowakei hat Geschichte gemacht, nicht nur für die dort drüben, sondern auch für uns hier im Westen. Die Lehre daraus für uns alle heißt: Dort, wo Regierungen versagen, hilft nur demokratische Einmischung.
    Drüben, das ist unbestritten, muß man den Stalinisten wirtschaftspolitisches und ökologisches Totalversagen vorwerfen. Entsprechend mühsam wird es für die Menschen in der DDR und in den anderen Ländern sein, den Wirtschaftskarren wieder aus dem Dreck zu ziehen. In dieser Lage kann es nicht unsere Rolle sein, die Besserwisser zu spielen.

    (Walther [SPD]: Haha!)

    Der Siegesschrei „Unser System ist das beste " darf so nicht weiter ertönen. Das wirtschaftspolitische Rezept „Markt statt Plan" ist ebenso banal wie politisch nichtssagend. Es sei nur darauf hingewiesen, daß 40 % selbst unserer bundesdeutschen Wirtschaftsbeziehungen staatlich oder administrativ reguliert sind, also nicht den Marktgesetzen unterliegen.
    Um es noch einmal zu sagen: Das zentrale Thema der anstehenden Reformen ist nicht Markt oder Plan, sondern die Neubestimmung des Verhältnisses von Bürger und Bürgerinnen zum Staat auch in der Wirtschaftspolitik. Wer wollte bezweifeln, daß diese Fragestellung die Deutschen in beiden Staaten unmittelbar angeht und daß sie dazu voneinander lernen können, wenn sie nur selbstkritisch genug sind.
    War die wirtschaftspolitische Dominanz des Staates drüben viel zu groß, so ist sie bei uns z. B. bei der Setzung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen viel zu gering. Anders sind das Versagen der Fusionskontrolle in den letzten Jahren, die Entwicklung des Mammutrüstungskonzerns Daimler-Benz/MBB, das Anwachsen der Armut in der Bundesrepublik auf 6 Millionen Menschen, die ängstliche Abstinenz staatlicher Kontrolle bei den Multis, der hemmungslose Rüstungs- und Müllexport und der Skandal der



    Frau Saibold
    fortgesetzten Zerstörung unserer Atmosphäre durch FCKW und CO2 nicht zu erklären.

    (Hinsken [CDU/CSU]: O Gott, die Welt geht unter! — Rossmanith [CDU/CSU]: Dabei sind Sie doch für Kohlekraftwerke!)

    Herr Haussmann, eine Regierung, die so mit der Zukunft unserer Kinder umgeht wie diese, hat nicht das Recht, anderen Staaten wirtschaftliche Bedingungen zu diktieren.

    (Beifall der Abgeordneten Frau Teubner [GRÜNE])

    Ich sage es noch einmal: Weder kapitalistische Marktwirtschaft noch zentralistische Planwirtschaft steht zur Entscheidung an. Was wir brauchen, ist ein dritter Weg zwischen beiden,

    (Hinsken [CDU/CSU]: Eine sozialistische Marktwirtschaft!)

    also eine Wirtschaftspolitik, die von den Menschen bestimmt wird und deren Grenzen die ökologische Belastbarkeit der Ökosysteme darstellt.

    (Beifall der Abg. Frau Teubner [GRÜNE] und der Abg. Frau Blunck [SPD])

    Diesen dritten Weg werden wir nur finden, wenn wir uns gemeinsam daranmachen, sowohl das Erreichte als auch die bitteren Fehlschläge auf beiden Seiten der Demarkationslinie zwischen Ost und West aufzuarbeiten. Wir sollen endlich damit aufhören, die Wahrheit nur bei uns zu suchen, um schließlich die anderen dieser Wahrheit zu unterwerfen.

    (Dr. Müller [CDU/CSU]: Wahrheit bleibt Wahrheit!)

    Es geht nicht um den Sieg der Wahrheit, sondern um den Sieg der Vernunft. Diese aber gebietet uns, festzustellen, daß drüben soziale Sensibilität, Gemeinschaftsgeist, Friedfertigkeit, Solidarität besser entwikkelt zu sein scheinen als bei uns. Das hat gesellschaftliche, aber auch wirtschaftspolitische Gründe. Umgekehrt werden die neuen Kräfte in der DDR und in den anderen Ländern in einem offenen, nicht repressiven Dialog sicher einräumen, daß wirtschaftliche Dezentralisierung, Leistungsvergleiche über den Markt, Machtkontrolle über relative Preise und ähnliches durchaus westliche Exportartikel sein können, sofern sie nicht zur Vereinnahmung mißbraucht werden.
    Der dritte Weg, den Alexander Dubêek vor 20 Jahren im Prager Frühling anvisierte und der nach den Vorstellungen seines damaligen Wirtschaftsministers Ota Sîk als „Wirtschaftsdemokratie" realisierbar ist,

    (Hinsken [CDU/CSU]: Er hat sich in der Zwischenzeit korrigiert! Denken Sie daran, was der Vorredner zu dem Thema gesagt hat!)

    steht heute dank des historischen Mutes Hunderttausender, die auf die Straße gingen, wieder auf der Tagesordnung Geamteuropas.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Nicht Ota Sîk!)

    — Man muß sicher darüber reden. Nur, man kann nicht einfach alles vom Tisch wischen.

    (Rossmanith [CDU/CSU]: Er hat sich doch selber vor zwei Tagen korrigiert!)

    — Das kann gut möglich sein. Trotzdem sollten wir uns ernsthafter damit auseinandersetzen.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Das müssen Sie lesen, was er jetzt sagt!)

    Denn die Umweltkrise in Ost und West, die Verelendung in der Dritten Welt, die seelische Verödung in den industriellen Hochburgen sind nur zu überwinden, wenn die Menschen sich überall einmischen, nicht nur als Stimmbürger, sondern auch als Produzenten und Konsumenten. Radikale ökologische wie soziale Veränderungen, vorbeugendes wirtschaftspolitisches Handeln, Energiesparen, echter Verbraucherschutz und vieles mehr sind nur über mehr Mitsprache der Wirtschaftsbürger und -bürgerinnen in Ost und West erreichbar.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selber nicht, was sie da herunterlesen!)

    So gesehen stellt sich für mich im Moment nicht die Frage nach der staatlichen Einheit Deutschlands, sondern nach Überwindung der Nationalstaaten in einer gesamteuropäischen Wirtschaftsordnung und einer gesamteuropäischen Friedensordnung. Nicht Weltmeisterschaften im Exportieren, sondern Vorangehen beim außenwirtschaftlichen Ab- und Umrüsten sind das Gebot der Stunde.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Wir sind Weltmeister im Wohlstand, und Sie profitieren davon!)

    Die EG mag dafür Starthilfe bieten, aber auch nicht mehr.
    Meine Fraktion fordert daher die Bundesregierung dazu auf, auf der Wirtschaftskonferenz der KSZE, die im März 1990 in Bonn beginnt, erste Schritte in diese Richtung zu unternehmen. Neben den bisher eingeladenen Regierungs- und Wirtschaftsverbandsvertretern müssen oppositionelle Nichtregierungsorganisationen — insbesondere aus der Ökologiebewegung — aus Ost und West beteiligt werden. Die ECE — die Economic Commission for Europe — der Vereinten Nationen muß in die Lage versetzt werden, die erforderlichen öffentlichen Hilfen für die DDR, aber auch für alle anderen Staaten Mitteleuropas supranational zu organisieren.
    In einem solchen Rahmen gesamteuorpäischer Verantwortung können dann die von der Bundesregierung angekündigten Soforthilfemaßnahmen, aber auch Kapitalinvestitionen der Wirtschaft Investitionen für unser aller Zukunft werden.
    Zum Schluß möchte ich noch einmal kurz auf den Haushalt des Bundeswirtschaftsministers zurückkommen. In unserem Energiewendehaushalt, der Ihnen in Form von Änderungsanträgen erneut zur Abstimmung vorliegt, haben wir einige zentrale energiepolitische Vorschläge dargestellt, deren Umsetzung wir längst für erforderlich halten: erstens eine massive finanzielle Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung und des Nah- und Fernwärmeausbaus, um eine möglichst rationelle Nutzung der Energie zu erreichen; zweitens eine Verteuerung des Energieverbrauchs über eine Primärenergie- und Atomstromsteuer, um Energiesparen finanziell konkurrenzfähig zu machen; drittens den forcierten Ausbau erneuerbarer Energiequellen, die zu einem erheblichen Teil heute schon



    Frau Saibold
    längst konkurrenzfähig sind und nur durch wettbewerbswidrige Regelungen der Energiemonopolisten wie RWE und VEW vom Markt gehalten werden.

    (Gerstein [CDU/CSU]: Nachrechnen!)

    Das Öko-Institut in Freiburg hat für die GRÜNEN in einem Energiewendeszenario berechnet, daß in der Bundesrepublik in den nächsten 20 Jahren rund 40 der Energie eingespart werden können, ohne daß Wohlstandseinbußen die Folge sind. Ich bitte Sie, das auch einmal zur Kenntnis zu nehmen.
    Erneuerbare Energiequellen werden immer noch ganz stiefmütterlich behandelt; sie tauchen im Haushalt des für Wirtschaft und Energie zuständigen Ministers erst gar nicht auf. Dies beweist eindeutig, daß die ökologischen Notwendigkeiten im Wirtschaftsministerium immer noch nicht erkannt sind.
    Wir wollen dagegen eine massive Förderung der Wind- und Wasserkraft sowie der Sonnenenergienutzung, auch durch den Aufbau von Produktionskapazitäten für multikristalline Solarzellen in der Bundesrepublik.
    Wir müssen endlich weg von der Filter- und Entschwefelungspolitik mit ihren Problemverlagerungen hin zu einer Wirtschaftsform, die Reparaturmaßnahmen möglichst überflüssig macht. Wenn wir dies hier bei uns nicht realisieren, wie soll dann eine ökologisch sinnvolle Energie- und Wirtschaftspolitik in den östlichen Ländern erreicht werden?

    (Zustimmung der Abg. Frau Dr. DäublerGmelin [SPD])

    Ich komme auf meine Eingangsbemerkungen noch einmal zurück: Wir erleben in diesen Wochen, wie schon erwähnt, in der DDR und darüber hinaus eine atemberaubende, historische Entwicklung. Sie zwingt uns alle, alte Vorstellungen zu überdenken.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Es wäre gut, wenn Sie das täten!)

    Wir ziehen daraus die Schlußfolgerung, daß in der Wirtschaftspolitik in Ost und West ein „dritter Weg" beschritten werden muß, um eine Ökologisierung und Demokratisierung der Wirtschaft zu erreichen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zustimmung der Abg. Frau Blunck [SPD])