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    Plenarprotokoll 11/178 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 178. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/5000, 11/5321, 11/5389) Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof in Verbindung mit Tagesordnungspunkt II: Beratung des Antrags der Abgeordneten Stratmann, Dr. Lippelt (Hannover) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verzicht auf Privatisierung der Salzgitter AG und Verhinderung der Großfusion PreussagSalzgitter (Drucksache 11/5536) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt III: Beratung des Antrags des Abgeordneten Schmidt (Salzgitter), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verkauf/ Privatisierung der Salzgitter AG an die Preussag (Drucksache 11/5609) Frau Matthäus-Maier SPD 13597 D Borchert CDU/CSU 13605 A Frau Vennegerts GRÜNE 13609 B Dr. Weng (Gerungen) FDP 13614 C Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . 13620 B Wieczorek (Duisburg) SPD 13631 A Roth (Gießen) CDU/CSU 13634 B Dr. Struck SPD 13637 C, 13645 C Dr. Pfennig CDU/CSU 13640 C Schmidt (Salzgitter) SPD 13642 C Sauer (Salzgitter) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 13644 B Frau Vennegerts GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13645 A Namentliche Abstimmung 13646 B Ergebnis 13654 D Ergebnis der Abstimmung über Einzelplan 60 13672A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Nehm SPD 13646 C Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . 13648B Frau Teubner GRÜNE 13651 D Dr. Hitschler FDP 13656 B Müntefering SPD 13659 A Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau 13662 C Conradi SPD 13666 D Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 13668 C Grünbeck FDP (Erklärung nach § 30 GO) 13671A Conradi SPD (Erklärung nach § 30 GO) 13671B Dr. Hitschler FDP (Erklärung nach § 30 GO) 13671 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft Frau Blunck SPD 13672 B Rossmanith CDU/CSU 13674 A Frau Saibold GRÜNE 13678 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 13680 B Vahlberg SPD 13682 D Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 13686 B Frau Conrad SPD 13689A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie Zander SPD 13693 A Austermann CDU/CSU 13696 B Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . . 13699 B Zywietz FDP 13700 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 13703A Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr Purps SPD 13707 B Windelen CDU/CSU 13710 C Weiss (München) GRÜNE 13713 C Zywietz FDP 13715A Dr. Zimmermann, Bundesminister BMV 13716D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit Esters SPD 13719D Dr. Neuling CDU/CSU 13722 A Volmer GRÜNE 13724 C Frau Seiler-Albring FDP 13727 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . . 13729A Nächste Sitzung 13731 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13732* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 13597 178. Sitzung Bonn, den 29. November 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01. 12. 89 * Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 01. 12. 89 Büchner (Speyer) SPD 01. 12. 89 * Frau Dempwolf CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Dollinger CDU/CSU 01. 12. 89 Engelsberger CDU/CSU 29. 11. 89 Dr. Haack SPD 01. 12. 89 Frhr. Heereman von Zuydtwyck CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Hennig CDU/CSU 29. 11. 89 Höffkes CDU/CSU 01. 12. 89 Hörster CDU/CSU 30. 11. 89 Jaunich SPD 01. 12.89 Kastning SPD 29. 11. 89 Kiechle CDU/CSU 29. 11.89 Kißlinger SPD 01. 12. 89 Klein (Dieburg) SPD 01. 12. 89 Kolbow SPD 01. 12. 89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Linsmeier CDU/CSU 01.12.89 Frau Luuk SPD 01. 12. 89 Dr. Mahlo CDU/CSU 29. 11. 89 Meneses Vogl GRÜNE 01. 12. 89 Müller (Düsseldorf) SPD 29. 11. 89 Niegel CDU/CSU 01. 12. 89* Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 01. 12. 89 Paterna SPD 01. 12. 89 Frau Rock GRÜNE 01. 12. 89 Frau Schilling GRÜNE 01. 12. 89 Schreiber CDU/CSU 30. 11. 89 Schreiner SPD 29. 11. 89 Schröer (Mülheim) SPD 01. 12. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 01. 12. 89 Sielaff SPD 30. 11. 89 Tietjen SPD 01. 12. 89 Frau Trenz GRÜNE 01. 12. 89 Verheugen SPD 30. 11. 89 Wartenberg (Berlin) SPD 29. 11. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 01. 12. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von Gerda Hasselfeldt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bluse ist weiß-blau. So brauche ich hinsichtlich der Äußerung des Herrn Müntefering gar nicht zu sagen, wo ich stehe: natürlich bei weiß-blau.

    (Zuruf von der SPD: Am Rednerpult, Frau Kollegin!)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, die angemessene Versorgung unserer Bürger mit Wohnungen ist in der Tat zur Zeit die größte innenpolitische Herausforderung. Im Gegensatz zur Vergangenheitsbewältigung, auf die Sie, Herr Müntefering einen großen Teil Ihrer Rede verwendet haben,

    (Müntefering [SPD]: Man muß die Ursachen erst mal kennen, ehe man ein neues Konzept entwickelt kann!)

    sehen wir das, was auf uns zukommt. Wir sehen die Probleme. Wir stellen uns dieser Herausforderung. Wir sind uns dieser Herausforderung bewußt. Und wir haben auch entsprechend gehandelt.
    Der Wohnungsbauhaushalt 1990 ist Ausdruck des deutlich gesteigerten finanziellen Engagements des Bundes in der Wohnungspolitik. Die Zielrichtung ist eindeutig: Wir brauchen mehr Wohnungen. Dazu ist ein umfassendes, ein differenziertes Paket von Maßnahmen erforderlich, das wir auch auf den Weg gebracht haben. Es sind Maßnahmen, die an folgenden Punkten ansetzen:
    Erstens. Wir müssen den sozialen Wohnungsbau und die soziale Absicherung des Wohnens stärken.
    Zweitens. Wir brauchen verstärkt das private Kapital für den Wohnungsbau.



    Bundesminister Frau Hasselfeldt
    Drittens. Der vorhandene Gebäudebestand muß mehr für Wohnraum mobilisiert werden.
    Viertens. Wir müssen die bau-, planungs- und verwaltungsrechtlichen Vorschriften durchforsten, um unnötige Hemmnisse für eine zügige Ausdehnung des Wohnungsangebots zu beseitigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dazu sind eine ganze Reihe von Beschlüssen gefaßt worden, und wir haben dabei alle denkbaren sinnvollen Ansätze mit einbezogen.
    Meine Damen und Herren, mit diesem Haushalt verbinden wir zugleich ein mittelfristiges Signal. Im Vergleich zu dem Stand vor einem Jahr sind es nach den neuesten Beschlüssen bis zum Jahre 1993 insgesamt rund 13 Milliarden DM — ich bitte hier die Opposition, auch wirklich zuzuhören: 13 Milliarden DM — , die der Bund zusätzlich an Finanzhilfen für die Wohnungsbauförderung zur Verfügung stellt oder auf die der Staat zusätzlich an Steuereinnahmen verzichtet.
    Wir wissen alle, daß wir die Engpässe am Wohnungsmarkt nicht von heute auf morgen beseitigen können. Herr Müntefering, dies sage ich nicht nur hier, sondern dies sage ich überall. Ich will keine falschen Erwartungen wecken. Wir müssen auch sagen, wie die Realitäten sind. Die Wohnungen, die wir brauchen, benötigen halt von der Baugenehmigung bis zur Bezugsfertigkeit einige Zeit. Deshalb müssen wir, vor allem angesichts der hohen Aus- und Übersiedlerzahlen — bis heute sind es etwa 630 000 in diesem Jahr —, deutlich trennen zwischen dem, was wir für die dauerhafte Wohnungsversorgung leisten können und müssen, und dem, was daneben für die vorübergehende menschenwürdige Unterbringung gerade unserer neuen Mitbürger erforderlich ist. Hier haben die Kommunen und alle anderen Beteiligten in diesen Wochen und Monaten bereits ein hohes Maß an Leistungsfähigkeit, an Leistungsbereitschaft bewiesen. Was hier an praktischer, an täglicher Arbeit geleistet worden ist, das ging über die Vorstellungskraft so mancher hinaus, die angesichts des Aussiedlerzustroms und zuletzt der Zuwandererwelle aus der DDR skeptisch waren. Für diese Arbeit, für diese Hilfsbereitschaft, für diese unkonventionelle Leistungsbereitschaft in den Kommunen vor Ort gebührt allen Beteiligten unser herzlicher Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD — Müntefering [SPD]: Wir würden der Bundesregierung auch mehr danken, aber die macht ja nichts!)

    Ich betone diesen Dank als Bauministerin so besonders, weil es einen unmittelbaren Zusammenhang zum Wohnungsmarkt und zur Wohnungspolitik gibt, denn Versäumnisse im Bereich der Übergangsunterbringung können schnell — die Vergangenheit hat das in einigen Städten und Ländern ja gezeigt — zu Forderungen in Richtung auf Wohnungszwangswirtschaft bis hin zur Beschlagnahme ungenutzter Zimmer führen. Mit solchen Politikvorschlägen, aus denen Panik und Unvermögen sprechen, würden wir einen wirtschaftlich soliden Wohnungsmarkt kaputtmachen. Diese Vorschläge sind ungeeignet.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD: Wer will das denn?)

    Nun sollten gerade in dieser wichtigen nationalen Aufgabe der Wohnungspolitik Parteienzank, Schuldzuweisung und ähnliches eigentlich längst vorbei sein. Nicht nur deshalb bin ich verblüfft, wenn die SPD im Zusammenhang mit der Vorlage des Gutachtens des Sachverständigenrats behauptet hat — ich beziehe mich hier auf Pressemeldungen —, der Rat habe der Bundesregierung u. a. in der Wohnungspolitik schwere Versäumnisse vorgeworfen. Wer sich dieses Gutachten wirklich einmal anschaut, der muß feststellen: Dieses Gutachten ist ein überzeugendes Votum für unsere Wohnungspolitik, für eine marktwirtschaftlich orientierte, sozial verpflichtete Politik, für eine Politik, die zugleich pragmatisch und realistisch richtige Antworten auf eine schlagartig veränderte Situation gibt. Dies geht aus dem Gutachten eindeutig hervor.
    Wo es im Gutachten allerdings mahnende Worte gibt, da sind sie samt und sonders an die wohnungspolitische Adresse der Opposition gerichtet.

    (Müntefering [SPD]: Da haben Sie einen schlechten Zeugen mit diesem Rat! Die Herren haben keine Ahnung, was los ist! Das kommt davon, daß man so weit vom Volk weg ist!)

    Zwischen den Zeilen des Gutachtens — ich könnte es Ihnen zitieren — liest man ja fast schon die Drucksachennummern der Oppositionsanträge,

    (Müntefering [SPD]: Die sollen mal hierherkommen! — Conradi [SPD]: Sie haben mit großer Steuerhilfe für sich gesorgt, und jetzt sind sie dafür, daß der Staat hilft!)

    beispielsweise ein Plädoyer gegen die Beibehaltung der alten Gemeinnützigkeitsregeln, ein Plädoyer gegen den Ausbau des Mieterschutzes. Ich könnte das noch fortsetzen; das ist Inhalt des Sachverständigengutachtens.
    Die tatsächlich vorhandenen Probleme können wir nur gemeinsam lösen, gemeinsam mit den Verantwortlichen in Bund, Ländern und Gemeinden. Wir lassen die in der Wohnungspolitik hier Verantwortlichen nicht im Stich.
    Wir helfen den Ländern beim sozialen Wohnungsbau in einer Größenordnung, wie sie selbst für die Opposition vor wenigen Monaten nicht vorstellbar war. Wir helfen den Gemeinden z. B. dadurch, daß wir bei der Aufbereitung, bei der Erschließung von Bauland ihnen durch zinsgünstige Kredite unter die Arme greifen oder auch bei Einrichtungen zur vorläufigen Unterbringung von Haushalten, die sonst auf der Straße stünden. Wir helfen vor allen Dingen auch den Mietern, nicht nur durch die allgemeine Angebotsausweitung, die ihnen ja zugute kommt, sondern auch durch das Wohngeld. Wir haben ihnen geholfen durch die Entscheidung, eine sechste Mietenstufe einzuführen, und die Wohngeldstufe in vielen Städten und Gemeinden unseres Landes anzuheben. Darüber hinaus wird auf der Basis des Wohngeld- und Mietenbe-



    Bundesminister Frau Hasselfeldt
    richts über den Zeitpunkt der nächsten allgemeinen Wohngeldanpassung entschieden. Für mich ist unbestritten, daß das Wohngeld ein ganz wichtiges sozial- und wohnungspolitisches Instrument ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, die Bundesregierung und die Koalition haben in der Wohnungspolitik das Heft fest in der Hand. Mit den Beschlüssen vom Oktober und November dieses Jahres liegt ein umfangreiches Maßnahmenpaket vor, das alle denkbaren und sinnvollen Ansätze nutzt. Ich nenne nur einige wesentliche Punkte:
    Erstens. Wir mobilisieren mehr privates Kapital für den Bau von Mietwohnungen. Dies war schon im Frühjahr dieses Jahres beschlossen. Dies greift, sichtbar schon durch die Baugenehmigungen in diesem Jahr.
    Zweitens. Wir machen allen Investoren darüber hinaus das Angebot, noch einmal deutlich verbesserte Abschreibungsregelungen in Anspruch zu nehmen, wenn sie dafür eine zehnjährige Belegungs- und Mietpreisbindung eingehen.

    (Müntefering [SPD]: Die Spreizung stimmt doch nicht zwischen 7 und 10 % ! )

    — Die Spreizung stimmt so. In den ersten zehn Jahren, Herr Müntefering, wird nach diesem Vorschlag eine Abschreibungsmöglichkeit von 85 % der Investitionssumme möglich sein. Dies ist ein Angebot an die privaten Investoren, wie es bisher im Wohnungsbau noch nicht vorhanden war. Wir verbinden mit dieser Regelung die freie Investitionsentscheidung mit dem sozialstaatlichen Anliegen, preisgünstigen Wohnraum für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen zu schaffen, ohne daß hierfür Anträge oder Verhandlungen zwischen Investor und Bewilligungsbehörden erforderlich sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Bei alldem ist äußerst wichtig, daß wir das, was wir beschlossen haben, auch zügig auf den Weg bringen. Daß der Gesetzentwurf hierzu jetzt schon in der parlamentarischen Beratung ist und in der nächsten Woche voraussichtlich verabschiedet werden wird, zeigt doch, daß wir zügig arbeiten, daß wir es nicht nur mit dem Beschluß bewenden lassen, sondern daß wir es auch so schnell wie möglich verwirklichen.
    Drittens. Kernstück der aktuellen haushaltswirksamen Beschlüsse ist, daß die Ansätze für den sozialen Wohnungsbau im Jahre 1990 und in den folgenden Jahren — ganz wichtig, in den folgenden Jahren — auf 2 Milliarden DM erhöht werden. Mit 8 Milliarden DM stehen in den nächsten vier Jahren damit 3,5 Milliarden DM mehr zur Verfügung als zuvor geplant. Die Rechnung, die Sie aufgestellt haben, Herr Müntefering, geht natürlich deshalb nicht auf, weil Sie den Anteil der Länder, Gemeinden und Städte nicht mit einbezogen haben.

    (Müntefering [SPD]: Das hat der Bundeskanzler freundlicherweise auch nicht gemacht!)

    Der soziale Wohnungsbau ist eine gemeinsame Aufgabe, er ist in erster Linie eine Aufgabe der Länder.

    (Kalb [CDU/CSU]: So ist es!)

    Die Bundesregierung unterstützt diese Aufgabe der Länder mit eigenen Finanzhilfen, und die Gemeinden haben ihre Verantwortung auch entsprechend wahrzunehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir haben in diesem Jahr 1989 — um dies einmal auf eine realistische Basis zu stellen — etwa 80 000 Bewilligungen im sozialen Wohnungsbau — das ist die Tatsache, meine Damen und Herren — und damit etwa das Doppelte von dem, was wir im Jahre 1988 hatten,

    (Frau Schulte [Hameln] [SPD]: Das wurde ja auch höchste Zeit, Frau Kollegin!)

    und zwar mit einem Volumen an Bundesmitteln in diesem Jahr von 1,05 Milliarden DM. Wir werden im nächsten Jahr einen Verpflichtungsrahmen von 2 Milliarden DM haben. Die Länder haben ihrerseits ihren Anteil wesentlich angehoben und haben ihre Bereitschaft kundgetan, in den nächsten Jahren ihr Engagement zu steigern, so daß es doch nur recht und billig ist, nachdem wir jetzt schon 80 000 Bewilligungen mit den 1,05 Milliarden DM haben, daß wir davon ausgehen, ab dem nächsten Jahr pro Jahr etwa 120 000 Bewilligungen im sozialen Wohnungsbau zu erreichen. Das ist die solide Rechnung, und daran sollten wir uns auch orientieren.
    Ich möchte auch noch einmal deutlich sagen: Wir möchten keine Schlichtwohnungen. Wir möchten keine Trabantenstädte. Die Architektur und das Wohnumfeld sind uns ganz wichtige Anliegen, gerade auch im sozialen Wohnungsbau. Auch wenn wir schnell zusätzliche Wohnungen brauchen, dürfen wir dies nicht aus den Augen verlieren.
    Zur Bausparzwischenfinanzierung und zu den Studenten, wo wir wieder eingestiegen sind, möchte ich mich nicht näher auslassen, weil mir sonst die Zeit etwas davonläuft; es wurde schon mehrere Male angesprochen. Ich möchte nur darauf hinweisen: Uns liegen die Studenten und deren Wohnungsversorgung am Herzen. Deswegen sind wir in die gemeinsame Aufgabe, in die gemeinsame Förderung des Studentenwohnheimbaus von Bund und Ländern, wieder eingestiegen. Aus dieser gemeinsamen Aufgabe sind nicht wir ausgestiegen, sondern da ist die sozialliberale Koalition ausgestiegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir wissen, daß wir nicht alles über den Neubau erreichen können. Deshalb haben wir auch im Bereich des Umbaus Förderungsmaßnahmen mit beschlossen, und zwar entweder durch günstige Abschreibungsregelungen — das wurde erwähnt — oder durch zinsgünstige Kredite aus einem neuen, mit 1,5 Milliarden DM dotierten Programm der Kreditanstalt für Wiederaufbau.
    Nachdem bis heute, also gerade einem Monat nach dem Programmstart, schon mehr als 50 Prozent der Gesamtsumme belegt sind, haben wir daraus die Konsequenzen gezogen und im Haushalt 1990 die ursprünglich auf drei Jahre verteilten Mittel vollständig



    Bundesminister Frau Hasselfeldt
    etatisiert. Sie sehen auch daran, daß wir schnell und ohne große Probleme auf diese große Nachfrage nach einem Instrument reagieren, das wir erst vor wenigen Wochen mit beschlossen haben.

    (Müntefering [SPD]: Das hat aber nichts mit sozialem Wohnungsbau zu tun!)

    — Natürlich hat dies mit sozialem Wohnungsbau zu tun. Dies hat natürlich etwas mit der Wohnungsversorgung der Bevölkerung in unserem Land zu tun, die doch für alle wichtig ist. Unsere erste Aufgabe muß es sein, mehr Wohnungen zu schaffen. Wenn wir mehr Wohnungen haben, kommt diese zusätzliche Zahl an Wohnungen jedem Wohnungssuchenden in unserem Land zugute.

    (Conradi [SPD]: Das ist wie mit den Pferden und Spatzen!)

    Es kommt im wesentlichen denen zugute, die weniger verdienen, die sich auf dem Markt heute alleine weniger helfen können.
    Die Überwindung der Engpässe auf dem Wohnungsmarkt ist ohne zusätzliches Bauland nicht möglich. Ich sehe natürlich die Konflikte, die sich mit anderen wichtigen Zielen, z. B. dem Umwelt- und Naturschutz, ergeben können; ich nehme sie auch sehr ernst. Aber man muß sich aktuell auch fragen: Welche Priorität setzen wir? Für mich ist die Situation klar: Die erste Priorität liegt darin, daß wir im Interesse der Menschen dafür sorgen müssen, daß sie Wohnungen haben. Es ist unverständlich, wenn auf der kommunalpolitischen Ebene die gleichen Leute in der Partei, die den Zeigefinger nach Bonn richten und sagen, ihr müßt mehr Geld hergeben, in den eigenen vier Wänden, in der Gemeinde, dann sagen: Wir weisen nicht mehr Wohnbauland aus, weil wir nicht mehr Bebauung, sondern lieber die grüne Wiese vor den Toren unserer Mitbewohner haben möchten. Das ist nicht glaubwürdig.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Beschleunigung und die Erleichterung von Baugenehmigungsverfahren und auch der Bauleitplanung. Ich nenne dies nur am Rande, weil es nicht unmittelbar für den Bundeshaushalt relevant ist. Wir müssen uns dieses Problems aber in ganz intensiver Weise annehmen. Mit Geld allein lösen wir die Probleme nicht. Wir brauchen rasche Erfolge. Um diese zu erzielen, müssen wir den Wohnungsbau auf bestimmte Zeit erleichtern und gewisse Bestimmungen im Baugesetzbuch ändern bzw. ergänzen.
    Es liegt bereits ein Entwurf vor. Auch in diesem Punkt haben wir schnell gehandelt. Bereits in der nächsten Woche wird dieser Entwurf zur parlamentarischen Beratung vorgelegt.

    (Müntefering [SPD]: Was ist mit der Bürgerbeteiligung?)

    — Wir werden mit Sicherheit den Entwurf in den Ausschüssen und in den Arbeitsgruppen so intensiv beraten, daß alle Belange berücksichtigt werden können. Wir müssen uns aber auch die Zielrichtung vor Augen halten, nämlich daß wir rasch zusätzliche Wohnungen brauchen.
    Mit diesen Beschlüssen ist die Diskussion über zusätzliche Anregungen und Vorschläge auf Bundesebene abgeschlossen. Wir haben die Maßnahmen in der Koalition gründlich diskutiert und vorbereitet, und es ist, wie sie sehen, ein umfangreiches und ausgewogenes Paket herausgekommen. Es geht jetzt nicht mehr darum, weitere Diskussionen zu führen, sondern jetzt ist das konkrete Handeln, das Umsetzen, gefragt. Dazu gehört auch, daß wir in dieser Woche die nötigen formellen haushaltsmäßigen Voraussetzungen schaffen.
    Ich möchte bei dieser Gelegenheit allen, die sich in den Koalitionsfraktionen an der Erarbeitung dieser Vorschläge beteiligt haben, meinen ganz herzlichen Dank aussprechen. Es war nicht einfach, aber es war ein konstruktives Arbeitsverhältnis. Allen Mitgliedern der Fraktionen der FDP und der CDU/CSU möchte ich ganz besonders danken. Einschließen möchte ich in diesen Dank auch

    (Roth [SPD]: Die Opposition!)

    die Mitglieder des Haushaltsausschusses. Ich schließe die Mitglieder des Haushaltsausschusses, im besonderen die Berichterstatter, ein, die an der Erarbeitung dieses Entwurfs beteiligt waren.

    (Roth [SPD]: Und sagen Sie etwas Gutes zu Herrn Müntefering!)

    — Ich lobe die Leute dann, Herr Roth, wenn ich einen Grund dafür habe.

    (Roth [SPD]: Den haben Sie!)

    Ich habe Grund, für den Arbeitseinsatz und die wohlwollende Behandlung unserer Anträge zu danken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Bei all den Bemühungen um zusätzliche Wohnungen dürfen wir die Leistungen für die Städtebauförderung nicht vergessen.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Trotz mancher Diskussion im Laufe dieses Jahres hat es hier nicht nur keinerlei Abstriche gegeben. Wir haben uns vielmehr darüber hinaus darauf verständigt, daß für den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung, also bis 1993, dieses für unsere Städte und Gemeinden so wichtige Instrumentarium mit jährlich 660 Millionen DM fortgeführt wird. Dies ist ein ganz wesentlicher Beitrag zur Stärkung der Lebensqualität und der Wohnqualität in unseren Städten und Gemeinden.

    (Kalb [CDU/CSU]: Eine hervorragende Sache!)

    Ich sage bei dieser Gelegenheit dazu: Es wäre nicht so einfach gewesen, all diese Beschlüsse in der Wohnungspolitik und auch diesen Beschluß zur Städtebauförderung so durchzusetzen, wenn nicht das Verständnis des Bundesfinanzministers für die Belange der Wohnungspolitik und gerade für die Städtebauförderung immer wieder so deutlich zu Tage getreten wäre.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Conradi [SPD]: Dazu hat auch das Wahlergebnis ein bißchen beigetragen!)




    Bundesminister Frau Hasselfeldt
    Lassen Sie mich einige Worte zum leidigen Thema Neubauten des Deutschen Bundestags sagen.

    (Frau Teubner [GRÜNE]: Au ja!)

    Ich habe ein gewisses Verständnis für so manchen Unmut in dieser Angelegenheit, aber ich habe kein Verständnis dafür, daß man immer wieder Vergangenheitsbewältigung betreibt. Wir würden uns alle miteinander etwas leichter tun, wenn zwischen dem Herrn Nehm einerseits und dem Herrn Conradi andererseits nicht zwei Welten ständen, wenn ich das einmal so sagen darf. Es kann nur einen Sinn machen, den Blick nach vorn zu richten. Das ist auch meine Aufgabe. Das ist unsere Aufgabe: den Blick nach vorn zu richten, die vorhandenen Probleme so zu lösen, daß es wirklich endgültig ist, im Sinne der Steuerzahler, und natürlich auch in unserem Interesse, möglichst bald in ein funktionsfähiges Haus zu kommen. Diesem Ziel dient meine Arbeit in dieser Richtung.
    Die von mir Ende September eingesetzte Lenkungsgruppe, in der Mitarbeiter meines Hauses und der Bundesbaudirektion sowie der Architekt und das mit der Kosten- und Terminplanung beauftragte Büro zusammenarbeiten, hat es geschafft, wieder Bewegung in die Baustelle zu bringen. Wie jedermann sehen kann, geht der Stahlbau gut voran. Wenn nicht durch einen scharfen Winter Rückschläge entstehen, wird der Rohbau planmäßig im Frühjahr 1990 fertiggestellt. Dann kann auch mit dem Ausbau begonnen werden. Sie können versichert sein, daß die Bauverwaltung peinlichst darauf achten wird — dahinter stehe auch ich persönlich — , daß kostenträchtige Veränderungen der Pläne nicht mehr vorgenommen werden

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    und der Architekt seine Planung an den nun gemeinsam ermittelten Kosten ausrichtet.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Plant der immer noch, Frau Minister?)

    Seine Bereitschaft, sich an den jetzt gemeinsam ermittelten Kosten auszurichten, hat er inzwischen erklärt.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Ein dynamischer Architekt!)

    Darüber hinaus werde ich die Effizienz der Arbeit in der Bundesbaudirektion durch organisatorische Maßnahmen erhöhen und eine eigene Gruppe einrichten, die sich nur mit den Bundestagsbauten beschäftigen wird.

    (Nehm [SPD]: Hoffentlich wird es kein Olympiadorf!)

    Lassen Sie mich aber auch an dieser Stelle ein Wort zu den Bediensteten der Bundesbaudirektion sagen. Wir alle haben es zugelassen, daß das Arbeitsvolumen dieser Behörde in den vergangenen Jahren gewaltig gesteigert worden ist. Das Bauvolumen der in Bonn ansässigen Abteilung ist in den letzten Jahren um 70 % gestiegen, ohne daß eine wesentliche Personalverstärkung stattgefunden hat.

    (Conradi [SPD]: Das habe ich vor drei Monaten vorgehalten!)

    Diese starke Belastung der Mitarbeiter in der Bundesbaudirektion war mit Sicherheit nicht allein für die Kostensteigerung ausschlaggebend. Mit Sicherheit nicht! Dieser ursächliche Zusammenhang besteht nicht.

    (Nehm [SPD]: Aber?)

    Ich möchte nur die Tatsache in den Raum stellen, daß diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer enorm hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt sind und daß es deshalb völlig unangebracht ist, von welcher Seite auch immer, diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in irgendeiner Weise anzugreifen oder ihnen etwas in dieser Richtung anzulasten. Ich stelle mich hier voll vor die Mitarbeiter dieser Bauverwaltung.

    (Nehm [SPD]: Da brauchen wir zusätzliche Stellen, Frau Minister!)

    Meine Damen und Herren, ich bin zuversichtlich, daß die eingeleiteten organistorischen Maßnahmen Erfolge zeitigen werden und daß es gelingen wird, die Baumaßnahmen für den Deutschen Bundestag weniger spektakulär und weniger turbulent als bisher, dafür aber im Kosten- und Terminplan zu Ende zu führen.

    (Conradi [SPD]: Sehr gut!)

    Dafür setze ich mich auch mit meiner ganzen persönlichen Arbeitskraft ein, und auch meine führenden Mitarbeiter stehen dafür gerade.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zustimmung des Abg. Conradi [SPD])



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Conradi.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Peter Conradi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    „Nichts wird sein, wie es war" , so heißt es in diesen Tagen überall nach den Veränderungen der letzten Wochen. Wir werden auch im Bundestag viel mehr als bisher bei jeder Entscheidung prüfen müssen, was sie für die Deutschen in der DDR bedeutet, ob sie uns weiter auseinanderbringt oder zusammenführt.
    Das gilt auch für die Bauvorhaben, z. B. für das in Berlin geplante Deutsche Historische Museum. Ich kann mir nicht vorstellen, daß wir dieses Projekt so weiterführen, als sei überhaupt nichts geschehen.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Warum denn nicht?)

    Die Deutschen in der DDR machen Geschichte, und die Deutschen in der Bundesrepublik bauen ein Geschichtsmuseum. So kann doch wohl die Arbeitsteilung nicht sein.

    (Geis [CDU/CSU]: Das ist ja weit hergeholt!)

    Deshalb schlage ich vor, die derzeitige Bauplanung für das Deutsche Historische Museum einzustellen, gemeinsam mit dem Senat von Berlin nach einer baulichen Interimslösung zu suchen und mit der DDR zu sprechen, ob wir dieses Deutsche Historische Museum als gemeinsames Projekt weiterverfolgen und ob wir einen gemeinsamen Standort dafür finden. Dann könnten wir einen neuen Architektenwettbewerb ausschreiben, an dem Architekten aus beiden deutschen Staaten teilnehmen können. Dieses Projekt



    Conradi
    ist sicher nicht das wichtigste auf dem Weg zu größerer Gemeinsamkeit, der vor uns liegt. Aber dieses Projekt kann deutlich machen, wie ernst es uns mit dem Willen zu mehr Gemeinsamkeit ist.
    Schwieriger ist es mit den Parlamentsbauten. Sollen wir die hier angefangenen Bauten jetzt einstellen und die Bauruinen stehenlassen? Sollen wir weiterbauen? Der Prozeß der Annäherung der beiden deutschen Staaten, die sich in mehr als 40 Jahren weit auseinandergelebt haben, wird langwieriger, als sich das die meisten in der Begeisterung dieser Tage hier vorstellen.

    (Geis [CDU/CSU]: Wenn es doch schneller ginge!)

    Sollte es eines Tages eines Parlamentsgebäudes in Berlin bedürfen — ich meine, das wird weder der Reichstag noch die Volkskammer sein; wir werden ein neues Gebäude brauchen —, dann wird auch dieses neue Haus viel Zeit brauchen.
    Die Bundestagsbauten brauchen viel Zeit, aber der Weg zu einer staatlichen Gemeinsamkeit braucht länger. Wir sollten deshalb die begonnenen Bundesbauten gut zu Ende führen. Leerstehen werden sie nicht; denn wenn wir nach Berlin gehen, dann wird die Universität Bonn diese Bauten sicher gern übernehmen, in denen ja früher eine pädagogische Akademie war. Sie wird damit den schönsten Hörsaal in Deutschland bekommen.
    Die Kostensteigerungen bei den Parlamentsbauten beschädigen das Ansehen des Parlaments. Aber bevor wir auf andere schimpfen, müssen wir uns an die eigene Nase fassen. Von 1985 bis 1988 ist der Parlamentsbau durch unsere Forderungen, durch Erweiterungen und Verbesserungen, von 71 000 auf 142 000 Kubikmeter und sind die Kosten von 87 auf über 200 Millionen DM gewachsen.

    (Zuruf von der FDP: Wer ist „uns"?)

    — Der Bundestag, auch Ihre Fraktion, die im Ältestenrat wie in der Baukommission — ebenso wie die anderen Fraktionen — vertreten war.
    Ich will das hier nicht entschuldigen. Ich will zu erklären versuchen, daß wir nicht ein Finanzamt auf der grünen Wiese geplant haben, sondern daß wir im Zusammenhang mit den Altbauten einen Neubau geplant haben und daß beim Bauen durch Vorschläge, durch Diskussionen, durch Nachdenken eines zum anderen gekommen ist. Erst wollten wir nur ein Eingangsbauwerk. Dann kam der ganz neue Plenarsaal dazu. Dann kam der Bau für den Präsidenten dazu. Dann kam das neue Restaurant. Der Umfang des Projekts hat sich in drei Jahren fast verdoppelt. Es ist dabei nicht schlechter, sondern es ist sehr viel besser, aber leider auch sehr viel teurer geworden.
    Die neuerlichen Kostensteigerungen von 202 Millionen DM auf 256 Millionen DM haben allerdings nicht wir zu verantworten, denn der Bundestag hat im vergangenen Jahr keine einzige neue Forderung gestellt.

    (Dr. Schroeder [Freiburg] [CDU/CSU]: Genau richtig!)

    Der Verdacht, den ich am 5. September in der ersten Lesung geäußert habe, hat sich leider bestätigt. Obwohl die Architekten und die Kostenplaner im Herbst 1988 unabhängig voneinander Baukosten von 216 Millionen DM errechnet hatten, hat die Bundesbauverwaltung dem Haushaltsausschuß nur Gesamtkosten von 202 Millionen DM genannt. Das war fahrlässig. Wenn in dieser Regierung nicht jeder an seinem Stuhl kleben würde, dann müßte neben dem Chef der Bundesbaudirektion auch der Parlamentarische Staatssekretär seinen Hut nehmen, der uns noch Anfang September hier,

    (Beifall der Abg. Frau Schulte [Hameln] [SPD])

    obwohl er es demnach hätte besser wissen können und besser wissen müssen, verbindliche Baukosten von 202 Millionen DM genannt hat.

    (Dr. Schroeder [Freiburg] [CDU/CSU]: Und welche Verantwortung trifft hier den Architekten Behnisch?)

    — Ich rede jetzt über die Begründung für die Mehrkosten.
    Die Mehrkosten gehen etwa zu einem Drittel zu Lasten der Bundesbaudirektion. Sie hat sich allein bei der Haustechnik, für die sie verantwortlich war, um 20 Millionen DM verhauen. Das ist gewiß kein Ruhmesblatt. Ein weiteres Drittel der Mehrkosten entfällt auf die Architekten, die allerdings geltend machen, sie hätten bereits im vergangenen Herbst höhere Baukosten genannt. Sie wollen ein besonders schönes Haus bauen, aber an die Kosten haben sie zuwenig gedacht. Das letzte Drittel entfällt auf die Planungsreserve und auf die Indexsteigerungen. Wir können ja leider kein Gesetz beschließen, wonach die Baufirmen ihre Leistungen nur zu den Preisen anbieten dürfen, die die Bundesbaudirektion vor drei Jahren kalkuliert hat. Zu den genannten Kosten kommen noch die Kosten für die Sanierung des Nordflügels und für den Parlamentsvorplatz.
    Eine Einsparungsmöglichkeit haben wir noch. Wenn stimmt, was der „Express" heute schreibt, daß nämlich Ihre Verwaltung, Frau Bauministerin, hier bei den Parlamentsbauten einen Atombunker für Millionen für die Abgeordneten vorgesehen hat, dann ist das eine Instinktlosigkeit, die kaum zu überbieten ist. Dann sollten Sie den dafür Verantwortlichen schnellstens zu der Bauleitung für unsere Botschaft in Grönland versetzen.
    Mein Fazit: Hätte uns der Bundesbauminister im letzten Jahr gleich reinen Wein eingeschenkt, dann hätten wir alle zwar fürchterlich gemurrt, aber dann stünden wir heute besser da als jetzt.
    Zum Schluß ein persönliches Wort: Vor 15 Jahren, im Februar 1974, hat mich meine Fraktion nach dem Wettbewerb für die Parlamentsbauten in die Baukommission des Ältestenrats geschickt. Von denen, die damals Mitglied der Baukommission waren, ist heute keiner mehr Mitglied der Baukommission. Ich bin der einzige, der übriggeblieben ist.

    (Heiterkeit — Grünbeck [FDP]: Verteidigungskünstler!)




    Conradi
    Ich habe mich seither um diese Bauten gekümmert, denn ich halte es für wichtig, daß Abgeordnete und Mitarbeiter, Arbeitskreise und Ausschüsse, Fraktionen und Plenum gute und schöne Arbeitsräume bekommen. Es ist nicht gleichgültig, in welchen Bauten, in welchen Räumen das Parlament arbeitet. Heutzutage redet alle Welt von politischer Kultur. In den Parlamentsbauten kommen, so hoffe ich, Kultur und Politik zusammen.
    Der Bundestag hat sich wenig um seine Bauten gekümmert. Jahrelang gab es keine Baukommission, weil das Präsidium sie nicht wollte. Monatelang hatten Präsidenten keine Zeit für die Architekten. So kann man nicht planen und bauen. Die Architekten waren manchmal erstaunt über den Bauherrn Bundestag, der sich offensichtlich nicht für seine Bauten interessierte, sondern fast alle Entscheidungen den Beamten des Bundestags und der Bauverwaltung überließ.
    Ich habe mich in dieser Situation bemüht, Mittler zwischen den Architekten und dem Parlament zu sein, den Architekten zu erklären: Was ist ein Parlament? Wie arbeiten wir? Was brauchen wir? Und ich war bemüht, den Kolleginnen und Kollegen im Bundestag zu erklären, daß gute Architektur so wichtig ist wie gute Literatur oder gute Musik.
    Dafür bin ich hier manchmal freundlicher, manchmal unfreundlicher angerempelt worden. Das ist in Ordnung, das gehört dazu. Aber nicht in Ordnung ist, daß mir zwei Abgeordnete öffentlich unterstellen, mein Einsatz für die Parlamentsbauten habe persönliche oder gar geschäftliche Hintergründe. Herr Sauer aus Stuttgart — ich verstehe, daß der Kollege Sauer aus Salzgitter Wert darauf legt, nicht mit jenem verwechselt zu werden —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Na, na!)

    behauptet, ich hätte mich für meinen Parteigenossen Behnisch — Herr Behnisch gehört keiner Partei an — eingesetzt. Er redet von „weitreichenden Spekulationen" und von „Filz". Herr Grünbeck gibt mit seiner Forderung, mein Verhalten müsse „in einem Untersuchungsausschuß besonders sorgfältig überprüft werden", einem Massenblatt Anlaß zu der Überschrift: „Bundeshausskandal — Welche Rolle spielte Herr Conradi?". Es mag ja sein, daß sich Leute wie Sauer und Grünbeck nicht vorstellen können, daß sich ein Abgeordneter für eine Sache einsetzt, ohne dafür Geld zu nehmen. Aber gibt ihnen das das Recht dazu, mich ohne jeden Grund derart zu verdächtigen?

    (Beifall bei der SPD)

    Ich erkläre zum wiederholten Male: Ich habe zu keiner Zeit mit Architekten, sonstigen Personen und Firmen, die mit den Parlamentsbauten befaßt waren oder sind, irgendwelche Kontakte oder Beziehungen gehabt, die meine Entscheidungsfreiheit hätten beeinflussen können. Ich verwahre mich gegen diesen Versuch, meine persönliche und politische Integrität hier in Zweifel zu ziehen.
    Ich fordere die beiden Abgeordneten auf, ihre Verdächtigungen ohne Wenn und Aber öffentlich zurückzunehmen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie das nicht tun, aber wenn sie diese Verdächtigungen nicht öffentlich zurücknehmen, dann würde mir sicherlich niemand übelnehmen, wenn ich diese Leute als ehrabschneiderische Gesellen bezeichnete.

    (Grünbeck [FDP]: So etwas sieht Ihnen auch ähnlich!)

    Ich werde mich weiterhin um die Parlamentsbauten bemühen, und ich hoffe, daß es schöne Bauten werden, in denen wir gut arbeiten und gut miteinander streiten können. Ich wünsche uns allen, daß diese Bauten so gut werden, daß der Ärger über die Baukosten und manch anderer Streit darüber dann bald vergessen sein werden.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Teubner [GRÜNE])