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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/178 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 178. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/5000, 11/5321, 11/5389) Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof in Verbindung mit Tagesordnungspunkt II: Beratung des Antrags der Abgeordneten Stratmann, Dr. Lippelt (Hannover) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verzicht auf Privatisierung der Salzgitter AG und Verhinderung der Großfusion PreussagSalzgitter (Drucksache 11/5536) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt III: Beratung des Antrags des Abgeordneten Schmidt (Salzgitter), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verkauf/ Privatisierung der Salzgitter AG an die Preussag (Drucksache 11/5609) Frau Matthäus-Maier SPD 13597 D Borchert CDU/CSU 13605 A Frau Vennegerts GRÜNE 13609 B Dr. Weng (Gerungen) FDP 13614 C Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . 13620 B Wieczorek (Duisburg) SPD 13631 A Roth (Gießen) CDU/CSU 13634 B Dr. Struck SPD 13637 C, 13645 C Dr. Pfennig CDU/CSU 13640 C Schmidt (Salzgitter) SPD 13642 C Sauer (Salzgitter) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 13644 B Frau Vennegerts GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13645 A Namentliche Abstimmung 13646 B Ergebnis 13654 D Ergebnis der Abstimmung über Einzelplan 60 13672A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Nehm SPD 13646 C Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . 13648B Frau Teubner GRÜNE 13651 D Dr. Hitschler FDP 13656 B Müntefering SPD 13659 A Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau 13662 C Conradi SPD 13666 D Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 13668 C Grünbeck FDP (Erklärung nach § 30 GO) 13671A Conradi SPD (Erklärung nach § 30 GO) 13671B Dr. Hitschler FDP (Erklärung nach § 30 GO) 13671 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft Frau Blunck SPD 13672 B Rossmanith CDU/CSU 13674 A Frau Saibold GRÜNE 13678 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 13680 B Vahlberg SPD 13682 D Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 13686 B Frau Conrad SPD 13689A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie Zander SPD 13693 A Austermann CDU/CSU 13696 B Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . . 13699 B Zywietz FDP 13700 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 13703A Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr Purps SPD 13707 B Windelen CDU/CSU 13710 C Weiss (München) GRÜNE 13713 C Zywietz FDP 13715A Dr. Zimmermann, Bundesminister BMV 13716D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit Esters SPD 13719D Dr. Neuling CDU/CSU 13722 A Volmer GRÜNE 13724 C Frau Seiler-Albring FDP 13727 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . . 13729A Nächste Sitzung 13731 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13732* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 13597 178. Sitzung Bonn, den 29. November 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01. 12. 89 * Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 01. 12. 89 Büchner (Speyer) SPD 01. 12. 89 * Frau Dempwolf CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Dollinger CDU/CSU 01. 12. 89 Engelsberger CDU/CSU 29. 11. 89 Dr. Haack SPD 01. 12. 89 Frhr. Heereman von Zuydtwyck CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Hennig CDU/CSU 29. 11. 89 Höffkes CDU/CSU 01. 12. 89 Hörster CDU/CSU 30. 11. 89 Jaunich SPD 01. 12.89 Kastning SPD 29. 11. 89 Kiechle CDU/CSU 29. 11.89 Kißlinger SPD 01. 12. 89 Klein (Dieburg) SPD 01. 12. 89 Kolbow SPD 01. 12. 89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Linsmeier CDU/CSU 01.12.89 Frau Luuk SPD 01. 12. 89 Dr. Mahlo CDU/CSU 29. 11. 89 Meneses Vogl GRÜNE 01. 12. 89 Müller (Düsseldorf) SPD 29. 11. 89 Niegel CDU/CSU 01. 12. 89* Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 01. 12. 89 Paterna SPD 01. 12. 89 Frau Rock GRÜNE 01. 12. 89 Frau Schilling GRÜNE 01. 12. 89 Schreiber CDU/CSU 30. 11. 89 Schreiner SPD 29. 11. 89 Schröer (Mülheim) SPD 01. 12. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 01. 12. 89 Sielaff SPD 30. 11. 89 Tietjen SPD 01. 12. 89 Frau Trenz GRÜNE 01. 12. 89 Verheugen SPD 30. 11. 89 Wartenberg (Berlin) SPD 29. 11. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 01. 12. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von Dr. Wolfgang Weng


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Kollege Wieczorek, ich habe hier keine Statistik zur Verfügung, die das detailliert auflistet.

    (Kolb [CDU/CSU]: Die Gewerkschaften beklagen die große Zahl der Überstunden!)

    Ich weiß, der Hintergrund Ihrer Frage ist, daß es auch eine größere Zahl von kürzeren Arbeitsverhältnissen und von Arbeitnehmern mit Teilzeitarbeitsplätzen gibt. Aber die Senkung der Arbeitszeit liegt doch im Interesse gerade dessen, was auch die Gewerkschaften vertreten. Insofern verstehe ich nicht, warum Sie dieser Frage einen negativen Unterton geben.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Weil Sie nur Teilzeitarbeit schaffen, Herr Weng! — Kolb [CDU/CSU]: Die Gewerkschaft beklagt 3 Milliarden Überstunden!)

    — Ich bin sicher, daß nicht nur Teilzeitarbeitsplätze in der genannten Zahl enthalten sind, Herr Kollege Wieczorek. Darin ist auch eine große Zahl von Vollzeitarbeitsplätzen und von selbständigen Existenzen enthalten. Deswegen ist Ihre Frage mit dieser Unterstellung meines Erachtens wirklich nicht begründet.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Das ist ja völlige Unkenntnis!)

    Statt daß uns gratuliert wird, wird jetzt, da man den Erfolg nicht mehr zerreden kann, versucht, ihn totzuschweigen. Aber diesen Erfolg lassen wir uns nicht nehmen. Er ist zu offensichtlich. Er wäre ohne die konsequente Umkehr der Finanz- und Haushaltspolitik nicht möglich gewesen.
    Diese konsequente Umkehr hat, wie Sie wissen, die Kollegin Matthäus-Maier nicht mitmachen wollen, und deswegen ist sie zur SPD gegangen. Wenn die SPD einmal diese Umkehr macht, dann steht sie plötzlich ganz allein da und weiß nicht mehr, wohin sie soll.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir haben hier auch gehört, daß sie beklagt hat, daß im nächsten Jahr die Lohnsteuer nach der Schätzung ganz hoch sein soll, so hoch wie noch nie. Meine Damen und Herren, es liegt an der großen Zahl zusätzlicher Arbeitsplätze, daß es ein höheres Lohnsteueraufkommen gibt. Diese Klage fällt wirklich auf den Klagenden selbst zurück.

    (Sehr richtig! bei der FDP)

    Die interne Verbesserung des Arbeitsmarktes hat in der öffentlichen Optik immer unter der fast gleichbleibenden Arbeitslosenzahl gelitten. Aber glücklicherweise gibt es auch hier jetzt eine sichtbare Verbesserung, die die undifferenzierte Polemik der Opposition erschwert. Seit Mai dieses Jahres liegt die Arbeitslosenzahl ständig und ununterbrochen unter der



    Dr. Weng (Gerungen)

    Grenze von 2 Millionen, und dies trotz der hohen Zahl von Aus- und Übersiedlern, die ja die Statistik verändern, die in die Statistik Eingang finden.
    Meine Damen und Herren, die „Wirtschaftswoche" hat eine Rechnung aufgemacht, nach der die Arbeitslosenzahl ohne die Neubürger bereits jetzt um rund 180 000 niedriger wäre; die 7-%-Marke wäre bereits jetzt im Schnitt unterschritten. Sie wissen, der Höchststand der Arbeitslosenquote lag im Jahre 1985 bei 8,2 %. Wir können in diesem Jahr bei im Moment 6,5 % mit rund 7 % im Schnitt rechnen; jedenfalls sagen uns das die Sachverständigen voraus.
    An diesem Erfolg kann man mäkeln; man kann an jedem Erfolg mäkeln. Die Opposition versucht es ja auch. Aber wegreden kann man diesen Erfolg nicht.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Es wird auch niemand in Frage stellen können, daß das Ergebnis, daß das Erreichte nicht ausreichend ist, daß die fortdauernde Arbeitslosigkeit immer noch zu hoch ist und daß wir erst bei echter Vollbeschäftigung richtig zufrieden sein können. Probleme der Ausbildungsstruktur, manchmal auch fehlender Flexibilität benötigen deshalb weiter Flankierung auch der öffentlichen Hände. Solche Flankierung findet statt.
    Gerade in einem Bereich sind die strukturellen Verbesserungen aber besonders eklatant. Die Zahl arbeitsloser Jugendlicher unter 20 Jahren, die 1982 und 1983 bei nahezu 200 000 lag, hat sich im Oktober dieses Jahres auf 70 000 verringert. Mit Ausnahme von Luxemburg, das ja eine Sondersituation hat, ist damit die Bundesrepublik das Land mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit junger Menschen in Europa.
    Wenn Sie sich, meine Damen und Herren, zusätzlich vor Augen halten, daß die Zahl der Kurzarbeiter von knapp 1,2 Millionen Anfang 1983 auf zuletzt rund 50 000, also auf eine fast vernachlässigbare Größe gesunken ist und daß die gemeldeten offenen Stellen im Jahresdurchschnitt bei über 300 000 liegen — nur die gemeldeten; wir wissen ja, wie viele Wirtschaftsbetriebe überhaupt nicht mehr melden, weil sie wissen, daß ihnen vom Arbeitsamt keine qualifizierten Arbeitskräfte in ihren Branchen mehr vermittelt werden können —,

    (Kolb [CDU/CSU]: Das ist das Problem)

    dann kennzeichnet dies die dramatische Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt.
    Bei aller Reserve gegenüber Prognosen: Wenn der Sachverständigenrat und wenn mehrere Wirtschaftsforschungsinstitute für das Jahr 1990 eine weitere Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen um 400 000 voraussagen, dann kann doch wirklich niemand ohne ausdrückliche Zufriedenheit auf dieses Ergebnis unserer Politik blicken.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Erlauben Sie mir eine Zwischenbemerkung. Graf Lambsdorff hat ja gestern gesagt, natürlich sei eine solche Haushaltsdebatte im Vorwahljahr auch Wahlkampf. Ich kann mir nicht vorstellen, wie bei all den bekannten Reformfortschritten und Reformerfolgen der Koalition, insbesondere aber bei der hier verdeutlichten Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und in der
    Wirtschaft, unsere Bürger im kommenden Jahr einen Wechsel zu einer Politik wählen könnten, die sich im Bereich der Finanz- und Haushaltspolitik als eindeutig verantwortungslos darstellt.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der FDP — Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Das ist ja eine Unverschämtheit! Dieser Mensch verleumdet!)

    Ich meine hier ausdrücklich beide Oppositionsparteien im Deutschen Bundestag.
    Meine Damen und Herren, das Konzept der GRÜNEN mit einer Aufstockung von über 160 Milliarden DM bei massiver Erhöhung von Steuern und Abgaben einerseits und einem riesigen Anstieg der Staatsquote andererseits ist außerhalb jeder Realität. Für eine ernste Befassung ist hier die Zeit zu schade. Befassen muß sich damit meines Erachtens die SPD, die ja über Koalitionen mit den GRÜNEN nachdenkt, in Teilen sogar mit Koalitionen dieser Art liebäugelt. Denn für das Konzept der GRÜNEN gibt es, nüchtern betrachtet, nur zwei Möglichkeiten der Beurteilung. Entweder wird dort den Bürgern bezüglich der Machbarkeit bewußt etwas vorgelogen — das wäre schlimm genug — , oder aber es wird an die Machbarkeit geglaubt. Das heißt dann, daß wirklich Handlungs- und Verantwortungsunfähigkeit besteht.

    (Frau Flinner [GRÜNE]: In anderen Kategorien können Sie von der FDP nicht denken, das wissen wir! — Frau Vennegerts [GRÜNE]: Sie haben keine Vision, Herr Kollege Weng!)

    — Es ist schade, Frau Flinner, daß sich nach wie vor viel zu wenige Wähler der GRÜNEN Ihre politischen Inhalte und Ihre Politikfähigkeit ernsthaft ansehen und sich ernsthaft damit auseinandersetzen; sonst wären Ihre sowieso bröckelnden Wahlergebnisse deutlicher auf dem Absturz.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Der Vorwurf der Verantwortungslosigkeit trifft auch die SPD, und zwar nicht nur insoweit, als sie derzeit im Deutschen Bundestag in der Opposition, also im Sinne des Wortes ohne Verantwortung ist, sondern auch insoweit, als wirklich einiges im Laufe des Beratungsverfahrens des Haushaltsausschusses

    (Jahn [Marburg] [SPD]: Eine merkwürdige Vorstellung von der Opposition!)

    verantwortungslos in der üblichen Bedeutung des Wortes war.

    (Jahn [Marburg] [SPD]: Also, so ein grober Unfug!)

    — Lassen Sie es mich ausführen, Herr Kollege Jahn, dann werden Sie mir folgen.
    Wenn wir immer beklagen, daß sich die Bürger mit einem gewissen Grausen von der Politik abwenden,

    (Jahn [Marburg] [SPD]: So eine unglaubliche Überheblichkeit!)

    dann gehört das Verhalten, das die SPD zum Etat des
    Verteidigungsministeriums und bei der Salzgitter-Privatisierung an den Tag gelegt hat, zu den traurigen



    Dr. Weng (Gerungen)

    Meilensteinen auf dem Weg der Minderung des Ansehens des Parlaments.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der SPD: Unglaublich! — Selbstgefälligkeit!)

    Daß eine Partei, wie es der SPD mit ihrem sogenannten „Fortschritt '90" passiert ist, mit vorschnellen Programmentwürfen mal auf die Nase fallen kann,

    (Jahn [Marburg] [SPD]: Ich denke, wir reden über den Haushalt!)

    das muß in einer offenen Gesellschaft und in einem offenen Parteiensystem hingenommen werden; das ist jedem von uns schon passiert oder kann zumindest jedem von uns einmal passieren. Aber eine Oppositionsfraktion, die den Anspruch auf Übernahme der Verantwortung durch seriöse Parlamentsarbeit dokumentieren will, darf sich die genannten Beispiele nicht leisten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Jahn [Marburg] [SPD]: Ist das der neue Wadenbeißer bei der FDP? — Weiterer Zuruf von der SPD: Er baut sich auf!)

    Zum Verteidigungsetat wird sich die Kollegin Seiler-Albring bei der Diskussion über diesen Etat morgen detaillierter äußern; aber zu den fünf Milliarden rauf oder runter, ganz beliebig, wie es von den Haushaltskollegen der SPD öffentlich vertreten wurde, braucht man nicht einmal Kronzeugen aus den Reihen der SPD selbst zu benennen.

    (Jahn [Marburg] [SPD]: Ihnen nützt noch nicht einmal ein Zeuge etwas!)

    Jeder, der auch nur ein wenig über seriöse Haushaltspolitik nachdenkt, jeder, der die Struktur des Verteidigungsetats kennt, weiß, mit welchem Unsinn hier die Öffentlichkeit befaßt wurde.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Das ist doch berichtigt worden!)

    Das wäre tatsächlich der Weg in rot-grünes Chaos.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Kleinkarierter Blödsinn!)

    Von ähnlicher Qualität ist das Verhalten der SPD-Fraktion in Sachen Privatisierung der Salzgitter AG. Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß die FDP politisch engagiert für Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und öffentlichen Industriebesitzes eintritt. Wir sind der festen Überzeugung — dies ist ja auch in der Bundeshaushaltsordnung festgeschrieben — , daß der Staat außerhalb hoheitlicher Notwendigkeiten auf wirtschaftliche Tätigkeit verzichten sollte. Wir sind die einzige Fraktion im Deutschen Bundestag, die das Thema „Privatisierung" bei der Fraktion institutionalisiert hat. Eine Arbeitsgruppe flankiert die Aktivitäten der Bundesregierung und regt zu immer neuem Handeln an. Ich bin dem Herrn Bundesfinanzminister ausdrücklich dafür dankbar, daß er die Fortsetzung der Privatisierungspolitik angekündigt hat und hierfür zu einem klärenden Vorgespräch den interessierten Kollegen von der CDU/CSU und von unserer Seite zur Verfügung steht.

    (Beifall bei der FPD)

    Die Privatisierung der Salzgitter AG, die wir mehrfach gefordert haben, ist ein großer Erfolg der Koalition. Erinnern wir uns daran, daß über lange Jahre in dieses Unternehmen erhebliche Steuermittel fließen mußten,

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Die jetzt verschenkt werden!)

    um eine Sanierung zu ermöglichen, und daß es erst mit Beginn der Koalition aus CDU/CSU und FDP möglich wurde, diese Sanierung konsequent so voranzutreiben, daß der Betrieb jetzt — nicht ohne jedes Risiko für die Zukunft; das ist uns bei der Anhörung, die der Haushaltsausschuß in dieser Frage gemacht hat, deutlich geworden — schwarze Zahlen schreibt, daß also jetzt der Augenblick für eine mögliche Privatisierung gekommen ist.

    (Vorsitz: Vizepräsident Stücklen)

    Die SPD hat sich — das muß auch gesagt werden — nach anfänglichem Zögern, nachdem sie zuerst eine Weile nachgedacht hat, vehement gegen diese Privatisierung ausgesprochen.

    (Borchert [CDU/CSU]: Jetzt denkt sie noch einmal nach!)

    Die Gründe der SPD sind nach meiner Überzeugung rein ideologisch; aber wenn man für sozialistische Wirtschaftspolitik ist, dann ist diese Position verständlich. Verständlich in diesem Sinne ist auch die Äußerung eines Kollegen von der SPD in allerletzter Minute, die Öffnung der Grenzen zur DDR mache gerade wegen der dortigen Wirtschaftsstruktur auch bei uns öffentlichen Besitz am Salzgitter-Konzern notwendig. Meine Damen und Herren, Volkseigener Betrieb West Salzgitter — hier darf gelacht werden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Dies ist eine entlarvende Äußerung. Sie ist besonders deplaziert, wenn man sich und wenn sich die deutsche Öffentlichkeit vor Augen hält, daß die abgewirtschaftete sozialistische Wirtschaft in der DDR gerade nach Privatisierung und Elementen der Marktwirtschaft schreit.

    (Frau Folz-Steinacker [FDP]: Sehr richtig!)

    Übrigens hat auch die SPD gestern ausdrücklich diese Forderung gestellt. Das zeigt wieder die Zwiespältigkeit. Wenn man einen Moment über das heute Gesagte und über das gestern Gesagte nachdenkt, dann stellt man fest: Es paßt nichts zusammen.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Schlingerkurs! — Borchert [CDU/CSU]: Die SPD braucht mehr Zeit zum Denken!)

    — Sie wird diese Zeit hoffentlich bekommen.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Wir denken und ihr funktioniert!)

    Wie gesagt: Die ideologisch motivierte Ablehnung war aus Sicht der SPD noch verständlich. Etwas völlig anderes ist es aber, wenn man Gründe für eine solche Ablehnung nachschiebt und veröffentlicht, Gründe, die nur dazu dienen, die Öffentlichkeit fehlzuinformieren und aus der Verunsicherung Betroffener Kapital zu schlagen. Da wird die Sache unanständig.



    Dr. Weng (Gerlingen)

    Die SPD hat öffentlich behauptet, der Verkaufserlös von genannten ca. 2,5 Milliarden DM sei um mehr als die Hälfte zu niedrig. Es werde öffentlicher Besitz verschleudert. „Verschenkt" hat der Kollege Wieczorek gerade dazwischengerufen und damit deutlich gemacht, daß er weiterhin auf diesem Kurs ist, obwohl gerade er es war, der im Haushaltsausschuß eine ganze Weile nachgedacht hat, ob hier nicht eine sinnvolle Geschichte abläuft.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aha!)

    Wahrscheinlich sind diejenigen, die erst in der Folge bekehrt werden, immer besonders vehement an der Spitze des Fähnleins zu finden.
    Mehr als die Hälfte also sei dieser Preis zu niedrig. Ich lasse offen, welchen Unterschied es zwischen einem gutachterlich ermittelten Wert und dem am Markt erzielbaren Preis geben kann. Es war ja ausdrücklich kein Kaufpreisgutachten in Auftrag gegeben worden. Der angenommene Börsenkurs sagt meines Erachtens eher aus, daß der in den Verhandlungen erzielte Verkaufspreis für den Bund eine ordentliche Dimension hat.
    Trotz erheblicher Anstrengungen ist es der SPD im Verlauf der Anhörung an keiner Stelle gelungen, die Wertermittlung ernsthaft in Frage zu stellen. Was haben dann die Kollegen der SPD gemacht, meine Damen und Herren? In Kenntnis der Unhaltbarkeit der 6-Milliarden-Forderung hat man — übrigens ohne jede nachvollziehbare Begründung — die Forderung einfach auf 3,5 Milliarden DM ermäßigt, nur um öffentlich weiter behaupten zu können, es sei unter Wert, jetzt allerdings nur noch eine Milliarde DM unter Wert verkauft worden. Dies ist wahrlich kein Beispiel von Verantwortungsbewußtsein.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Es kommt als Nebenpunkt dazu, daß die SPD trotz Kenntnis der vertraglichen Verpflichtungen, die die Preussag AG übernommen hat, versucht, die Bewohner der Werkswohnungen von Salzgitter zu verunsichern, und daß man den Arbeitnehmern einzureden versucht, die Arbeitsplätze seien nach der Obernahme gefährdet. Dies kennzeichnet auch ein erschreckend statisches Denken in wirtschaftspolitischen Fragen.
    Jeder weiß, daß ein staatlicher Betrieb in der Vergangenheit oft trotz hoher Subventionen keine Arbeitsplatzgarantie abgeben konnte. Ich will von gewerkschaftseigenen Betrieben, wie der Neuen Heimat oder Coop, gar nicht reden. Daß mit der Salzgitter-Privatisierung ein ausgewogener und lebensfähiger Konzern entsteht, dessen Vielseitigkeit und Beweglichkeit am Markt für die Arbeitnehmer auch in der Zukunft gute und sichere Arbeitsplätze erwarten läßt, dessen sind wir uns sicher. Deswegen —ich sage es noch einmal — begrüßen wir diese Privatisierung ausdrücklich.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Erlauben Sie ein Wort zur Verwendung des Verkaufspreises. In den vergangenen Jahren haben wir Privatisierungserlöse als einmalige Einnahme dem Haushalt zugeführt. Von seiten der FDP sind wir froh, daß die deutlich verbesserte Haushaltssituation uns dieses Mal eine andere Möglichkeit eröffnet: Der Erlös soll Stiftungskapital bilden.
    Auch wenn über die Frage, ob eine oder mehrere Stiftungen und wo der Standort dieser Stiftung sein soll, das allerletzte Wort noch nicht gesprochen ist, so spricht doch vieles dafür, daß eine Stiftung mit Standort Niedersachsen, entsprechend dem bekannten Vorschlag des Bundesfinanzministers, Theo Waigel, begründet wird. Die Idee, hierbei Forschung und Entwicklung von umwelt- und gesundheitsfreundlichen Produkten und Verfahren durch den Stiftungszweck zu fördern, wird von uns ausdrücklich begrüßt und geteilt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Allerdings gehen wir Liberale davon aus, daß hierfür nicht der gesamte Ertrag Verwendung finden muß, sondern daß das Spektrum durchaus um Bereiche aus Bildung und Ausbildung verbreitert werden kann.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Also doch nach Gerlingen!)

    Ich bin dem Herrn Finanzminister ausdrücklich dankbar, daß er wohlwollende Prüfung der zusätzlichen FDP-Überlegungen zugesichert hat. Wir stellen uns im einzelnen vor, daß auch erstens die Förderung besonders Begabter in der beruflichen Bildung Unterstützung finden kann, daß zweitens die Förderung der Geisteswissenschaften für die Mitwirkung an der gesellschaftlichen Entwicklung einen zusätzlichen Impuls erhält und daß drittens systematische Untersuchungen zur Ökonomie im Bildungswesen gefördert werden können.

    (Beifall bei der FDP)

    — Der Bundesbildungsminister ist nicht da, sonst hätte er hier sicher besonders laut applaudiert. — Ich weiß, daß noch rechtliche, auch noch verfassungsrechtliche Fragen zu prüfen sind. Aber ich bin sicher, daß bei dem genannten Wohlwollen des Herrn Finanzministers auch hierfür ein Weg gefunden wird und daß unter Einbeziehung des Bundesbildungsministers Jürgen Möllemann ein rundum erfreuliches Gesamtkonzept von der Regierung dann vorgelegt wird, wenn es darum geht, die Gelder im Haushaltsausschuß für ihren erklärten Zweck freizugeben. So, meine Damen und Herren, zeigt sich konstruktive gemeinsame Arbeit in der Koalition aus CDU/CSU und FDP. — Da keinen Applaus, da bin ich überrascht.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Rose [CDU/CSU]: Der steht schon im Manuskript!)

    — Nein, der steht nicht im Manuskript, Herr Kollege Rose. Ich bin immer auch geistig auf dem laufenden dessen, was ich vortrage.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Aber Deine Kollegen waren eingeschlafen!)

    — Beleidigungen von der linken Seite sind im Moment menschlich verständlich. Die Herren haben gerade etwas zu verdauen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, für die gute Arbeitsatmosphäre habe ich allen Kollegen im Haushaltsaus-



    Dr. Weng (Gerungen)

    schuß und unserem geschätzten Vorsitzenden Rudi Walther herzlich zu danken.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)

    In Kenntnis dessen, daß der Vorsitzende immer von der größten Oppositionsfraktion gestellt wird, kommt dann üblicherweise der Wunsch, er möge es noch sehr, sehr lange bleiben. Mein Dank gilt auch dem Umfeld, den Mitarbeitern des Ausschußsekretariats und für die Flankierung durch die Beamten der Ministerien, insbesondere des Finanzministeriums, für den Herrn Haushaltsdirektor und seine Mannschaft.

    (Beifall bei der FDP)

    Ich danke den Kollegen der CDU/CSU, an ihrer Spitze Jochen Borchert. Ich habe es vorhin gesagt, ich kann nicht alle einzeln nennen. Bei uns ist es mit den dreien etwas einfacher. Ich danke für den Erfolg, den wir nicht ganz ohne interne auch kontroverse Diskussionen erzielt haben und den wir im Deutschen Bundestag jetzt gemeinsam vertreten und über den wir uns gemeinsam freuen können. Daß ich auch auf die Leistung der kleinen Crew der FDP, auf meine Mitstreiter Ursula Seiler-Albring und Werner Zywietz, stolz bin, möge mir abschließend anzumerken erlaubt sein.
    Meine Damen und Herren, mit dem aufgezeigten Erfolgskurs ist die Koalition auf dem richtigen Weg. Die FDP-Fraktion wird ihren Beitrag hierzu weiter leisten und stimmt den aufgerufenen Haushalten zu.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich erteile das Wort dem Herrn Bundesminister Dr. Waigel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Theodor Waigel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diesmal hat die Kollegin Frau Matthäus-Maier etwas anders begonnen. Sie hat die Menschen gelobt; sie konnte die gute Lage nicht mehr verschweigen. Wenn Sie konsequent geblieben wären, hätten Sie auch die Regierung loben müssen. Dann wäre Ihre Rede rundherum richtig gewesen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Aber ich bin sicher, daß auch hier noch eine Besserung eintritt, vielleicht bis zum nächsten Mal, denn Sie werden feststellen müssen — um das kommen Sie überhaupt nicht herum —, daß wir besser sind, als die Bibel es normalerweise voraussagt. Dort werden nämlich nur sieben gute Jahre vorausgesagt. Wir kommen jetzt schon auf acht; es wird auch noch ein neuntes sein. Dagegen haben Sie mit Ihrer Argumentation Schlichtweg keine Chance.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie haben es natürlich auch etwas schwerer als bei der ersten Lesung, weil sich zwischenzeitlich sehr viele Kolleginnen und Kollegen, Sachverständige, Institutionen, nicht nur der Kollege Apel, zu dem Sie ruhig etwas netter sein dürften — — Wenn der zitiert wird, dann sieht man richtig, wie die Gesichter bei Ihnen umfallen. Ich finde es nicht gut. Man sollte doch einem Kollegen, dem Sie so viel verdanken und dem Sie schon so oft zugejubelt haben, dann, wenn er die
    Wahrheit sagt, auch den notwendigen Respekt erweisen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Matthäus-Maier [SPD]: Aber zitieren Sie doch einmal Herrn Matthöfer!)

    Nun sind Sie mit der Ökosteuer zwischenzeitlich gewaltig auf den Bauch gefallen.

    (Becker [Nienberge] [SPD]: Was? Da fangen wir erst richtig an!)

    — Doch, doch. Ich muß das leider sagen. Die ist auch in Ihren eigenen Reihen umstritten. Lesen Sie nach, was die Sachverständigen vor wenigen Tagen dazu gesagt haben.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Zitieren Sie einmal Matthöfer!)

    Das ist eine Beerdigung sechster Klasse. Die Leiche trägt die Kerze selber.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Heiterkeit bei allen Fraktionen)

    Sie haben mir bei meinem Amtsantritt gesagt, mit der Quellensteuer würde ich in der Europäischen Gemeinschaft noch ganz große Probleme bekommen. Nein, es gibt keine Probleme mehr.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Sie haben ja keine Quellensteuer mehr!)

    Selbst wenn wir in der EG nicht nein gesagt hätten, wäre sie EG-weit nicht gekommen. Ich habe den Finanzministerkollegen gesagt: Wenn man selber etwas falsch erkannt hat, kann man guten Freunden nicht zuraten. Das ist dort auf gute Resonanz gestoßen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

    Es gibt mit uns — das sage ich nochmals — auch keine Kontrollmitteilungen. Wenn Sie das als Wahlkampfthema haben wollen, beglückwünsche ich Sie dazu. Wir nehmen diesen Ball gerne auf.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

    Es ist Ihnen im übrigen nicht mehr eingefallen, Frau Kollegin Matthäus-Maier, mich diesmal „Minister im Nebenamt" zu nennen.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Wir sind lernfähig! — Frau Matthäus-Maier [SPD]: Aber es hat sich nicht geändert!)

    — Das freut mich; hier hat jemand gesagt: Wir sind auch lernfähig.

    (Borchert [CDU/CSU]: Es dauert aber lange! — Frau Matthäus-Maier [SPD]: Das durfte er nicht sagen!)

    Vielleicht habe ich im Finanzministerium und in Bonn mehr Präsenz bewiesen, als Ihnen lieb ist. Wenn ich es allerdings mit sehr wenig Aufwand betrieben hätte und der Erfolg dennoch so gut ist, dann spräche das noch mehr für mich.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)




    Bundesminister Dr. Waigel
    Mit dem Urteil in der Fachpresse kann ich gut leben und mit 97 % auf dem Parteitag auch. Ich habe da keine Probleme.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Matthäus-Maier [SPD]: Dazu habe ich Ihnen schon gratuliert!)

    — Dazu haben Sie mir heute früh schon gratuliert. Ich bedanke mich.
    Wenn es Hans-Jochen Vogel gelingt, auf dem Parteitag der SPD bei der Aufstellung des Kanzlerkandidaten gegen Lafontaine auch 97 % zu bekommen, kann er damit durchaus zufrieden sein.

    (Heiterkeit — Pfeffermann [CDU/CSU]: Wir auch!)

    Meine Damen und Herren, was nicht seriös war, das ist Ihre Ankündigung und Ihre Behauptung, die Verteidigungsausgaben müßten radikal gekürzt werden. Der Kollege Weng und der Kollege Borchert sind darauf schon eingegangen. Es ist schlichtweg unseriös. Wir haben eine Steigerung von nur 2,8 %.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Zu hoch!)

    Der Haushaltsausschuß ist an diesen Etat sehr klar herangegangen, nicht immer zur Freude des Verteidigungsministers.

    (Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Spinnerei war das!)

    Sie wissen ganz genau, daß ein Teil der Steigerung darauf zurückzuführen ist, daß wir für die Menschen in der Bundeswehr mehr tun, daß wir das Attraktivitätsprogramm verbessern,

    (Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Jäger 90!)

    um hier den Dienst für die Freiheit so zu gestalten,

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: 172 Millionen von 65 Milliarden!)

    damit sich die Menschen dort nicht desavouiert und nicht diskriminiert zu fühlen brauchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Was Sie zum Umweltschutz gesagt haben, ist schlicht eine Milchmädchenrechnung. Es ist ein starkes Stück, den Haushalt für dieses Ministerium in Relation zum Haushalt für die Verteidigung zu stellen. Das, Frau Kollegin Matthäus-Maier, ist Demagogie, die Sie eigentlich nicht notwendig hätten.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Doch! — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Kleinstes Karo!)

    — Nein. — Gut, vielleicht haben Sie recht.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Dann müßte ich Ihnen entgegenhalten: Zu Ihrer Zeit gab es gar kein Umweltministerium. Somit war damals das Verhältnis von Umweltausgaben zu den Verteidigungsausgaben astronomisch. Es ist doch absurd, solche Relationen herstellen zu wollen. Das hat mit einer seriösen Finanzpolitik, mit einer seriösen Argumentation nichts zu tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Außerdem müßten Sie dann wenigstens zugeben: 16,2 % Steigerung ist etwas. Entscheidende Zukunftsmodelle, Pilotprojekte, an die wir gerade jetzt, auch in der Zusammenarbeit mit der DDR, gehen, das sind doch unsere Erfolge. Und Sie müssen hier doch sehen, was an Gesamtaufwendungen, an Gesamtinvestitionen im Umweltschutzbereich passiert. Das ist doch mehr als je zuvor. Hier muß man doch das Verursacherprinzip sehen. Wir stellen die Rahmenbedingungen her,

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Wo sind denn die Rahmenbedingungen?)

    und das meiste muß und soll sich nach dem Verursacherprinzip im privaten Bereich, im wirtschaftlichen Bereich vollziehen. Und dort vollzieht es sich auch.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Übrigens, alles, was bei der Steuerpolitik und bei der Abgabenpolitik passieren kann, haben wir schon getan, ohne daß Sie uns dazu Ratschläge hätten geben müssen: Förderung des Kats, Spreizung beim Benzin. Das einzige wirkliche Zukunftsmodell besteht doch darin, daß wir die Kfz-Steuer, sobald dies technologisch machbar ist, nicht nach dem Hubraum, sondern nach der Schadstoffemission bemessen.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Das ist kein Zukunftsmodell!)

    Das sind die Zukunftsmodelle, mit denen wir argumentieren, während Ihre nicht aufgehen, volkswirtschaftlich falsch und in den eigenen Reihen umstritten sind. Deswegen sollten Sie Ihr ganzes Öko-SteuerModell zu den Akten legen.

    (Walther [SPD]: Da denken wir gar nicht dran!)

    Das, was geschehen kann, haben wir schon aufgenommen. Was geschehen soll, das gehen wir an. Das Ihre ist nur eine Umverteilung nach dem Tonnen-Prinzip, die niemandem etwas bringt und dem Umweltschutz sogar noch schadet.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Natürlich mußte wieder die Behauptung kommen, die Steuerreform sei unsozial, eine Umverteilung von unten nach oben. Früher haben Sie doch mal gesagt, wir hätten uns kaputtgespart, wir würden uns totsparen. Davon höre ich nichts mehr. Im Gegenteil, jetzt muß ich mich kritisieren lassen, daß ein Haushalt mit einer Steigerung von 3,0 % im nächsten Jahr unsolide sei, zu viele Ausgaben enthalte.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Zu viele Schulden!)

    Wenn Sie einmal in einem Wahljahr, liebe Frau Kollegin Matthäus-Maier, einen solchen Haushalt vorgelegt hätten, hätten wir Sie doch loben müssen — was wir leider nicht tun konnten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD: Das können Sie doch gar nicht!)

    Sie wissen ganz genau: Die Steuerreform entlastet die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen und die Familien am stärksten. Durch die dreistufige Steuerreform wird die Belastung bei Geringverdienern in der bisherigen unteren Proportionalzone um etwa ein Drittel gesenkt. Bei den Beziehern hoher Einkommen,



    Bundesminister Dr. Waigel
    in der oberen Proportionalzone, verringert sich die Steuerbelastung nur um etwa 10 %.

    (Westphal [SPD]: Nennen Sie mal absolute Zahlen, Herr Minister!)

    — Ja, ich komme gleich darauf.
    Ein Durchschnittsverdiener mit einem zu versteuernden Einkommen von 36 000 DM zahlt nach der Splittingtabelle 1990 4 994 DM — oder 13,9 %. Beim Millionär sind nach der Splittingtabelle 1990 484 300 DM — oder 48,4 % — an Einkommensteuer abzuführen. Wir leben natürlich jetzt und auch noch nach 1990 in einer progressiven Steuerwelt. Und wer in der oberen Proportionalzone stärker — proportional weniger — entlastet wird, zahlt aber, in absoluten Zahlen, immer noch sehr viel mehr Steuern,

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Ist auch richtig so!)

    damit wir die solidarischen Aufgaben dieser Gesellschaft überhaupt durchführen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir entlasten die Menschen durch unsere Steuer- und Abgabenpolitik, damit sie einen Teil ihrer Aufgaben wieder selber wahrnehmen können. Unsere Steuerpolitik, unsere Abgabenpolitik und unsere Familienpolitik ist es, die Menschen in die Lage zu versetzen, Solidarität und Subsidiarität wieder selber gestalten zu können und nicht den Staat zu überfordern, indem die Familien und der einzelne immer mehr zu Kostgängern des Staates und damit zu Unmündigen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir wollen den selbständigen, Sie wollen den betreuten Menschen.

    (Dr. Struck [SPD]: Das ist Quatsch!)

    Das ist der große Unterschied. Nur, bei uns entfaltet sich damit Freiheit und über die Entfaltung der Freiheit wirtschaftliches Wachstum. Und mit diesem wirtschaftlichen Wachstum können wir auch helfen, den sozial Schwachen bei uns, denen in der Welt und denen in Deutschland, die unsere Hilfe jetzt und in der Zukunft benötigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie haben natürlich die Platte mit dem Weihnachtsfreibetrag wieder aufgelegt.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Die Platte ist gut, die stimmt!)

    — Nein. Sie wissen ganz genau, daß damit eine erhebliche Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens verbunden ist. Sie wissen, daß durch diese Maßnahme 75 °A° der Arbeitnehmer künftig befreit sind, ihre Werbungskosten gesondert zu ermitteln und nachzuweisen, und Sie wissen auch, daß die meisten Arbeitnehmer im Weihnachtsmonat 1990 auch ohne Weihnachtsfreibetrag weniger Lohnsteuer als im Weihnachtsmonat 1989 zu zahlen haben.

    (Walther [SPD]: Das werden wir sehen!)

    Aber viel wichtiger ist, daß wir nicht nur Steuern kurzfristig senken, sondern durch eine nachhaltig geringere Lohn- und Einkommensteuerbelastung das
    Jahreseinkommen verbessern. Der arbeits- und mittelstandsfreundliche Lohn- und Einkommensteuertarif 90 entlastet die Steuerzahler nicht nur für ein Jahr, sondern dauerhaft in der Perspektive einer wachsenden Wirtschaft mit mehr Arbeitsplätzen und steigenden Löhnen und Gehältern. Eine Partei, die selber dazu beigetragen hat, den Eingangsteuersatz von 19 auf 22 % zu erhöhen,

    (Jung [Lörrach] [CDU/CSU]: Unglaublich!)

    hätte allen Grund, still zu sein und mit Neid auf uns zu sehen, wenn wir den Eingangsteuersatz von 22 wieder auf 19 % reduzieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie sind, Frau Kollegin Matthäus-Maier und die ganze SPD, steuerpolitisch national und international völlig isoliert; Ihnen stimmt niemand mehr zu, kein Sachverständiger, kein Wissenschaftler, kein Institut. Nicht einmal die internationalen Sozialisten wollen von Ihnen in der Steuerpolitik noch etwas hören.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Borchert [CDU/CSU]: Auch kein Wähler! — Jung [Lörrach] [CDU/CSU]: Sie liegen völlig daneben!)

    Leider muß man auf das Thema noch einmal eingehen, daß die Nettokreditaufnahme in diesem und im nächsten Jahr noch zu hoch ist. Wir werden trotz der Steuerreform Geld aufnehmen müssen. Doch das unterscheidet schwarze Schulden von roten Schulden: Rote Schulden wurden mit ständigen Ausgabenzuwächsen gemacht,

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Kläranlagen, Abwasseranlagen!)

    6, 8, 10 und noch mehr Prozent. Schwarze Schulden haben eine andere Qualität: Sie sind erstens geringer, und zweitens hängen sie damit zusammen, daß wir die Bürger entlasten.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Aber welche Bürger?)

    Insofern ist das eine völlig andere Dimension, führt zu einer anderen Wirtschaftspolitik und führt zu sprudelnden Steuereinnahmen, über die ich mich freue, die Sie mir etwas neiden, die uns aber allen zugute kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ausgerechnet die SPD muß uns vor einer zu hohen Zinsbelastung warnen. Ich verkenne nicht, daß das in der Tat mit Risiken für den Bundeshaushalt verbunden ist und uns diese Höhe auch nicht paßt. Nur sind in Ihrer Regierungszeit die Zinsausgaben durch Verschuldung von 1970 bis 1982 damals jahresdurchschnittlich von 1970 bis 1982 um 20 v. H. gestiegen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Von 1983 bis 1990 sind die Zinsausgaben durch Verschuldung dagegen nur noch um jahresdurchschnittlich 3,3 v. H. angewachsen. Mein Vorredner Herr Kollege Borchert hat ja schon klargemacht, von welchem Sockel aus wir erst Konsolidierungspolitik betreiben



    Bundesminister Dr. Waigel
    mußten. Es ist schon ein Stück Unverfrorenheit, hier-herzukommen — —

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Das trifft Sie!)

    — Nein, das trifft uns nicht, das trifft Sie. Das geht auf Sie zurück. Darum ist Ihr finanzpolitischer Beitrag auch unseriös, und auch Ihre Politik wird unseriös, Frau Matthäus-Maier, und das können Sie durch noch so langes Filibustern nicht wettmachen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Unsere Finanzpolitik setzt klare Schwerpunkte und fördert dynamisches Wachstum und Beschäftigung. Gestern ist es schon vom Kollegen Bötsch gesagt worden: Zum achtenmal hintereinander wird der Deutsche Bundestag den Bundeshaushalt fristgerecht verabschieden. Auch das ist ein Markenzeichen solider Finanz- und Haushaltspolitik der Bundesregierung.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Wenn wir nicht mitgeholfen hätten! Wir hätten das auch anders machen können!)

    Auch ich habe — man kann das nicht oft genug hören, wenn es wahr ist — dem Haushaltsausschußvorsitzenden Rudi Walther und auch seinem Stellvertreter Dr. Klaus Rose zu danken. Es ist immer wieder eine schöne Zusammenarbeit. Ich komme auch deshalb gerne in den Haushaltsausschuß, weil ich die alten Kameraden dort gerne wiedersehe. Einige aus der früheren Garde sind ja zwischenzeitlich in die Kabinette aufgestiegen, und mit den meisten ist man per Du. Als ich einige neulich wieder in der Finanzministerrunde traf, sagte ich: Lauter Gauner! Das wurde von niemandem als Beleidigung aufgefaßt,

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

    vielmehr waren nur andere Finanzminister, zum Teil Professoren, etwas distinguiert, daß sie mit diesem Ehrentitel nicht ausgestattet worden sind.

    (Heiterkeit)

    Es ist ein gewaltiges Pensum. Deshalb möchte ich noch einmal Rudi Walther und allen anderen auch für das Verständnis danken, das sie dem Finanzminister in seiner Zeitnot mitunter entgegengebracht haben. Ich darf mich auch bei den Kollegen der Opposition für dieses menschliche Verständnis sehr herzlich bedanken.
    Meine Damen und Herren, gerade in diesen Tagen wird deutlich, was die 1982 und 1983 eingeleitete Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft und was wachstumswirksame, auf die Zukunft gerichtete Finanz- und Steuerpolitik wirklich bedeuten. Unser Land, unsere Volkswirtschaft hat die Vitalität und Spannkraft der 50er und 60er Jahre wiedergewonnen. Wir haben damit zusammen mit den anderen westlichen Industriestaaten das Signal zum Aufbruch im Osten gegeben. Die Systeme der Zentralplanung, der Kommandowirtschaft und der politischen Unfreiheit haben den Wettlauf der Wirtschaftsordnungen endgültig verloren.
    Die politische Dimension unserer Wirtschafts- und Finanzpolitik ist unübersehbar. Nicht sozialistische Planwirtschaft oder eine ihr verwandte Variante, sondern die klare Entscheidung für marktwirtschaftliche Grundsätze, für Wettbewerb, für Privatinitiative und
    Leistungsprinzip bringt den Menschen Freiheit und wirtschaftlichen Fortschritt.
    Es wäre deshalb in der gegenwärtigen Situation völlig widersinnig, auf mehr Staat, auf wieder steigende Steuern und Abgaben zu setzen, um die neuen Herausforderungen zu bewältigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich sage auch hier noch einmal: Was ökonomisch falsch ist, kann deutschlandpolitisch nicht richtig sein!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir werden nicht bereit sein, falsche sozialistische Finanz- und Steuerelemente auf dem Umweg über die Deutschlandpolitik in unsere Wirtschafts- und Finanzpolitik einzuführen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nicht Ergänzungsabgaben, nicht Notopfer und nicht Verschiebung von Steuerentlastung ist das Rezept, sondern mit dieser Politik fortzufahren, damit unsere Volkswirtschaft stark ist, um damit die großen Herausforderungen außenpolitischer, europapolitischer und deutschlandpolitischer Art in den nächsten Monaten und Jahren auch wirklich bewältigen zu können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir müssen unsere Wirtschaftskraft durch marktwirtschaftliche Reformen weiter stärken, um die wachsenden inneren und äußeren Verpflichtungen erfüllen zu können. Wir brauchen günstige Bedingungen für private Kapitalbildung, damit Investitionen und Arbeitsplätze bei uns und in anderen Ländern auch finanziert werden können. Wir brauchen weiter eine Ausgabendisziplin in den öffentlichen Haushalten, um Handlungsspielräume für nationale und internationale Aufgaben zu erweitern.
    Reformen schaffen Wachstum und Arbeitsplätze. Heute, meine Damen und Herren, ernten wir die Erfolge schwieriger und unpopulärer Reformen in einer Legislaturperiode.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn man aneinanderreiht, was in einer Legislaturperiode, in dieser Legislaturperiode, bisher erfolgreich abgeschlossen wurde, dann war dies mehr als in jeder anderen Legislaturperiode der letzten 16 bis 20 Jahre: Steuerentlastung — netto über 40 Milliarden DM — , Postreform, Gesundheitsreform, Rentenreform, Reduktion der Agrarüberschüsse und vieles andere mehr. Das war schwierig und nicht immer von der Akzeptanz der Bevölkerung begleitet. Gerade in guten Zeiten ist es manchmal schwieriger, notwendige Reformen durchzusetzen, als in schwierigen Zeiten oder gar in Notzeiten.
    Wir haben in diesem Zusammenhang nicht an den nächsten Wahltag gedacht, sondern wir haben daran gedacht, was wir uns und unserem Volk für die nächste und übernächste Generation schuldig sind. Das unterscheidet uns von Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Becker [Nienberge] [SPD]: Der letzte Satz war überflüssig!)




    Bundesminister Dr. Waigel
    Meine Damen und Herren, da wird behauptet, das sei alles Zufall, oder wir hätten Glück. Es kann einmal ein Zufall sein, und wir können einmal Glück haben, aber doch nicht dauernd. Wenn die eine oder andere Zeitung schreibt: „Theo im Glück", weil die Steuereinnahmen ganz günstig sind, dann möchte ich dazu sagen: Glück hat auf die Dauer nur der Tüchtige, und wir sind halt tüchtig.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

    Dabei möchte ich allerdings der Redlichkeit halber auch zugeben: Vieles von dem, was wir ernten, ist

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Von uns angelegt!)

    auch auf die Finanzpolitik von Gerhard Stoltenberg und seine harte Arbeit in den letzten Jahren zurückzuführen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kühbacher [SPD]: Das war sehr nobel, Herr Minister!)

    — Lieber Klaus, das muß ich auch dir bestätigen: Beim Fußball und im sonstigen Umgang bist du nobel. Aber deine Einlassung zu Salzgitter ist grauenhaft.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Aber darauf komme ich später noch zu sprechen. Ich kann dich da leider nicht schonen — Entschuldigung, ich glaube, man muß hier „Sie" sagen.

    (Heiterkeit)

    Noch eine Bemerkung zum „Lohnsteuerstaat" : Das Gegenteil ist richtig. Im nächsten Jahr geht die Lohnsteuerbelastung eines durchschnittlich verdienenden verheirateten Arbeitnehmers mit zwei Kindern mit 6,6 % fast wieder auf den Wert der 60er Jahre zurück. Zwischen 1970 und 1982 war sie demgegenüber von 6,0 auf 9,6 %, also um mehr als die Hälfte, angestiegen. Sie dürfen künftig also auch diesen Punkt aus ihren Standardreden streichen.

    (Zurufe von der SPD: Nein! — Wer das geschrieben hat, der kann nicht rechnen!)

    Die formelhaft wiederholten Unterstellungen der Frau Kollegin Matthäus-Maier und anderer SPD-Kollegen im Hinblick auf die Entwicklung der Nettokreditaufnahme sind völlig gegenstandslos. Durch die Mehreinnahmen aus dem Bundesbankgewinn wird der Schuldenzuwachs des Bundes in diesem Jahr weiter vermindert, voraussichtlich auf weniger als 17 Mil-harden DM, wenn ich den ganzen Bundesbankgewinn mit einkalkuliere. Das ist mit Abstand der niedrigste Schuldenzuwachs seit 1974. Das ist ein Konsolidierungsjahr, und auch das nächste Jahr ist trotz der Steuerentlastung wieder ein Konsolidierungsjahr in der Finanzpolitik.
    Aber ich kann Ihnen durchaus noch den Rat geben, Frau Kollegin Matthäus-Maier, sich einmal mit den Plänen des Bremer Sozialsenators Henning Scherf und mit seinem ökosozialen Gesamtkonzept, das immerhin fast 90 Milliarden DM kosten soll, auseinanderzusetzen. Dann müssen Sie uns aber eine neue Finanzierungsquelle für Ihr Ökosystem mitteilen.
    Die Kommunen haben heuer einen Finanzierungsüberschuß von 2 Milliarden DM. Trotz umfassender Steuerentlastungen in den Jahren 1986, 1988 und 1990 sind die Einnahmen der Länder und Gemeinden im Durchschnitt 1985 bis 1990 um jeweils rund 4 % gestiegen. Beim Bund waren es demgegenüber nur rund 3 %. Allein in diesem Jahr erzielen die Länder um 9 % und die Gemeinden um 7 % höhere Steuereinnahmen.
    Es wird Zeit, daß alle Landräte, alle Oberbürgermeister und alle Kämmerer einmal darauf hinweisen und das klarstellen, was sie vor zwei Jahren über die Zukunft der kommunalen Finanzen gesagt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Abg. Dr. Struck [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)