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    Plenarprotokoll 11/173 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 173. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 8. November 1989 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Czaja 13009A Erweiterung der Tagesordnung 13009 A Tagesordnungspunkt 3: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Dritten Zusatzprotokoll vom 20. April 1989 zu dem Protokoll zu dem Europäischen Abkommen zum Schutz von Fernsehsendungen (Drucksache 11/5319) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 160 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 25. Juni 1985 über Arbeitsstatistiken (Drucksache 11/5316) c) Erste Beratung des von dem Abgeordneten Dr. Pick, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Konkursordnung (Drucksache 11/5483) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren (Drucksache 11/5585) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofes (Drucksache 11/5584) 13009B Tagesordnungspunkt 4: a) Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung: Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Hensel, Dr. Lippelt (Hannover) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Doppelstaatsangehörigkeit für Bürger und Bürgerinnen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (Drucksache 11/5275) Dr. Kohl, Bundeskanzler 13010 B Dr. Vogel SPD 13018 C Dr. Dregger CDU/CSU 13026 D Frau Dr. Vollmer GRÜNE 13030 C Mischnick FDP 13034 A Momper, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 13037 C Dr. Bötsch CDU/CSU 13040 B Büchler (Hof) SPD 13042 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB 13044 B Dr. Knabe GRÜNE 13046A Genscher, Bundesminister AA 13048 B Dr. Ehmke (Bonn) SPD 13052 A Hoppe FDP 13054 C Reddemann CDU/CSU 13055 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1989 Gansel SPD 13057 B Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13059 A Jahn (Marburg) SPD (Erklärung nach § 31 GO) 13059B Dr. Ehmke (Bonn) SPD (Erklärung nach § 31 GO) 13063 A Dr. Haack SPD (Erklärung nach § 31 GO) 13063 C Namentliche Abstimmungen . 13060A, 13063 A Ergebnisse 13061 B, 13064 C Tagesordnungspunkt 5: Beratungen ohne Aussprache a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Zweiter Jahresbericht der Kommission über die Durchführung der Richtlinie des Rates über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität für Schwefeldioxid und Schwebestaub (Drucksachen 11/2266 Nr. 2.25, 11/4810) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinien 81/602/EWG und 88/146/EWG hinsichtlich des Verbots von bestimmten Stoffen mit hormonaler Wirkung und von Stoffen mit thyreostatischer Wirkung (Drucksachen 11/4534 Nr. 2.18, 11/5305) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare elektromedizinische Geräte (Drucksachen 11/4161 Nr. 2.18, 11/5445) d) Beratung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses: Übersicht 14 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 11/5481) 13060B Zusatztagesordnungspunkt 3: Aktuelle Stunde betr. die Haltung der Bundesregierung zur gerichtlichen Feststellung über die Unzulässigkeit des Betriebs der Atomanlage in Hanau Kleinert (Marburg) GRÜNE 13077 B Schmidbauer CDU/CSU 13078 C Reuter SPD 13079 C Frau Dr. Segall FDP 13080 B Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 13081A Harries CDU/CSU 13081 C Stahl (Kempen) SPD 13082 C Baum FDP 13083 C Dr. Kübler SPD 13084 A Dr. Friedrich CDU/CSU 13085 A Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 13085 C Schäfer (Offenburg) SPD 13087 C Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 13088 C Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde — Drucksache 11/5528 vom 3. November 1989 — Gespräche mit der Autoindustrie über die Verringerung des Benzinverbrauchs und die Einführung von „Flottenverbrauchswerten" MdlAnfr 3 Dr. Kübler SPD Antw PStSekr Grüner BMU 13063 D ZusFr Dr. Kübler SPD 13064 A Auswirkung des Binnenmarktes ab 1993 auf den Arzneimittelsektor; Harmonisierung des Arzneimittelrechts MdlAnfr 11, 12 Kirschner SPD Antw PStSekr Pfeifer BMJFFG 13066B, 13067 A ZusFr Kirschner SPD 13066D, 13067 B Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes mit dem Ziel der Zahlung einer ruhegehaltsfähigen Zulage bei Wahrnehmung höherwertiger Tätigkeiten MdlAnfr 17 Steiner SPD Antw PStSekr Spranger BMI 13067 D ZusFr Steiner SPD 13068 A Aufhebung der Visumspflicht für die Einreise ungarischer Staatsangehöriger in die Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 22 Dr. Wulff CDU/CSU Antw PStSekr Spranger BMI 13068 C ZusFr Dr. Wulff CDU/CSU 13068 D Vergabe von Jagdrechten für Grundeigentum der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 23 Dr. Wulff CDU/CSU Antw PStSekr Carstens BMF 13069B ZusFr Dr. Wulff CDU/CSU 13069 C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1989 III Manöverschäden durch die Bundeswehr und die NATO-Verbündeten im Bundesgebiet von 1976 bis 1988 MdlAnfr 25 Dr. Kübler SPD Antw PStSekr Carstens BMF 13069 D ZusFr Dr. Kübler SPD 13070 A Ausklammerung der Schadstufe 1 bei der Waldschadenserhebung 1989 MdlAnfr 26, 27 Dr. Knabe GRÜNE Antw PStSekr Gallus BML 13070C, 13070 D ZusFr Dr. Knabe GRÜNE 13071A, 13072A ZusFr Kreuzeder GRÜNE 13072 B ZusFr Frau Flinner GRÜNE 13072 D ZusFr Frau Saibold GRÜNE 13073A, 13073 B ZusFr Oostergetelo SPD 13073 C ZusFr Frau Wollny GRÜNE 13073 D ZusFr Brauer GRÜNE 13074 A ZusFr Hüser GRÜNE 13074B, 13074 C ZusFr Frau Hensel GRÜNE 13074 D Erhöhung des Reports für Getreide MdlAnfr 28 Eigen CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML 13075 A ZusFr Eigen CDU/CSU 13075 B ZusFr Oostergetelo SPD 13075 D Behinderung des Imports von Agrarprodukten in die USA MdlAnfr 29 Eigen CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML 13076 A ZusFr Eigen CDU/CSU 13076 A Umsetzung der EG-Verordnung zur Einführung vorübergehender landwirtschaftlicher Einkommensbeihilfen MdlAnfr 30 Oostergetelo SPD Antw PStSekr Gallus BML 13076 C ZusFr Oostergetelo SPD 13076D Nächste Sitzung 13089 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 13091* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf Drucksache 11/5589 des Abgeordneten Sauer (Salzgitter) und weiterer Abgeordneter der CDU/CSU 13091* B Anlage 3 Erklärung nach § 31 Ahs 1 GO des Abgeordneten Dr. Kappes (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf Drucksache 11/5589 13092 * B Anlage 4 Trassenführung der neuen Eisenbahnstrecke Köln—Rhein/Main MdlAnfr 1, 2 — Drs 11/5528 — Dr. Weng (Gerlingen) FDP SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV 13092* C Anlage 5 Aufbereitung der Uranerze aus Menzenschwand und Ellweiler in der CSSR; Menge der freigesetzten radioaktiven Isotope MdlAnfr 4 — Drs 11/5528 — Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE SchrAntw PStSekr Grüner BMU 13092* D Anlage 6 Verschärfung der Wärmeschutzverordnung für Neubauten MdlAnfr 5 — Drs 11/5528 — Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE SchrAntw PStSekr Echternach BMBau 13093* A Anlage 7 Stand der Beratungen zum neuen Umwelthaftungsrecht MdlAnfr 7 — Drs 11/5528 — Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Dr. Jahn BMJ 13093* B Anlage 8 Aushöhlung der Auflagen von Bundeswirtschaftsminister Dr. Haussmann für die Fusion Daimler-Benz/MBB durch Verschiebung von Aufträgen und „Ausschlachtung" der zu verkaufenden Teile von MBB MdlAnfr 8, 9 — Drs 11/5528 — Dr. Jens SPD SchrAntw PStSekr Dr. Riedl BMWi 13093* C Anlage 9 Zurverfügungstellung einer Waschmaschine an die nach Namibia abgestellten Grenzschutzbeamten MdlAnfr 18 — Drs 11/5528 — Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI 13094* B IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1989 Anlage 10 Unterwanderung des Bundesgrenzschutzes durch Mitglieder der „Republikaner" MdlAnfr 20, 21 — Drs 11/5528 — Duve SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI 13094* C Anlage 11 Verlängerung der Laufzeit des § 82 a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung MdlAnfr 24 — Drs 11/5528 — Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Carstens BMF 13095* A Anlage 12 Änderung des § 37 (2) SGB V zur Aufhebung der Beschränkung der ärztlichen Behandlung durch die Krankenkassen im Zusammenhang mit der häuslichen Krankenpflege MdlAnfr 31 — Drs 11/5528 — Frau Schmidt (Nürnberg) SPD SchrAntw PStSekr Seehofer BMA 13095* B Anlage 13 Anteil der von Lohnpfändungen bedrohten Arbeitslosen MdlAnfr 32 — Drs 11/5528 — Dr. Müller CDU/CSU SchrAntw PStSekr Seehofer BMA 13095* D Anlage 14 Nichtausschöpfung der Möglichkeiten für Knochenmarkübertragungen wegen Personalmangels MdlAnfr 33 — Drs 11/5528 — Frau Walz FDP SchrAntw PStSekr Seehofer BMA 13096* B Anlage 15 Beförderungspraxis bei der Bundeswehrverwaltung MdlAnfr 34, 35 — Drs 11/5528 — Heistermann SPD SchrAntw PStSekr Wimmer BMVg 13096* C Anlage 16 Verbesserung der Beförderungsmöglichkeiten der Beamten der Bundeswehrverwaltung MdlAnfr 36 — Drs 11/5528 — Steiner SPD SchrAntw PStSekr Wimmer BMVg 13097* A Anlage 17 Vergabe einer Lizenz zur Fertigung von G3-Gewehren durch die bundeseigene Firma Fritz Werner Industrie-Ausrüstungen im Iran; Rückflüsse aus dieser Lizenz an den Bundeshaushalt bis Ende der 70er Jahre; Vereinbarkeit mit Art. 26 Abs. 1 GG und Endverbleibsregelung MdlAnfr 37, 38 — Drs 11/5528 — Frau Vennegerts GRÜNE SchrAntw PStSekr Wimmer BMVg 13097* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1989 13009 173. Sitzung Bonn, den 8. November 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 10. 11. 89 Böhm (Melsungen) CDU/CSU 10. 11. 89 * Büchner (Speyer) SPD 10. 11. 89 ** Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 10. 11. 89 ** Clemens CDU/CSU 8. 11. 89 Dr. Dollinger CDU/CSU 10. 11. 89 Frau Eid GRÜNE 10. 11. 89 Dr. Geißler CDU/CSU 10. 11. 89 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 10. 11. 89 Höffkes CDU/CSU 10. 11. 89 * Dr. Hüsch CDU/CSU 8. 11. 89 Klein (Dieburg) SPD 10. 11. 89 Linsmeier CDU/CSU 10. 11. 89 Lintner CDU/CSU 10. 11. 89 Lowack CDU/CSU 10. 11. 89 Frau Luuk SPD 10. 11. 89 Paintner FDP 10. 11. 89 Frau Rock GRÜNE 10. 11. 89 Dr. Schmude SPD 10. 11. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 10. 11. 89 Steiner SPD 10. 11. 89 * Frau Dr. Timm SPD 10. 11. 89 Toetemeyer SPD 10. 11.89 Vahlberg SPD 8. 11. 89 Verheugen SPD 10. 11. 89 Volmer GRÜNE 10. 11. 89 Dr. Warnke CDU/CSU 8. 11. 89 Weiß (Kaiserslautern) CDU/CSU 10. 11. 89 Wüppesahl fraktionslos 10. 11. 89 Zierer CDU/CSU 8. 11. 89 ** * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf Drucksache 11/5589 der Abgeordneten Sauer (Salzgitter), Dr. Czaja, Frau Dempwolf, Ehrbar, Dr. Friedmann, Dr. Götz, Hauser (Esslingen), Hinsken, Frau Hoffmann (Soltau), Graf Huyn, Jäger, Dr. Jenninger, Kalisch, Dr. Kunz (Weiden), Dr. Müller, Nelle, Niegel, Dr. Rose, Rossmanith, Sauter (Epfendorf), von Schmude, Werner (Ulm), Wilz, Windelen, Frau Dr. Wisniewski, Dr. Wittmann (alle CDU/CSU). Der frei organisierte Teil Deutschlands, die Bundesrepublik Deutschland, hat die Mitverantwortung für alle Positionen ganz Deutschlands. Sie hat nach dem Grundgesetz auch die nationale und staatliche Einheit Deutschlands zu wahren. Das Bundesverfassungsgericht hat durch seine für alle Staatsorgane verbindlichen Entscheidungen ständig die Beachtung der Mitverantwortung für ganz Deutschland gefordert und festgestellt, daß die Bundesrepublik Deutschland weder im Grundlagenvertrag noch in den Ostverträgen sich verpflichtet hat, etwas zur Wahrung aller Positio- Anlagen zum Stenographischen Bericht nen ganz Deutschlands zu unterlassen. Wir stehen selbstverständlich auch politisch in Treue zu ganz Deutschland und zur deutschen Geschichte. Wir stehen zu den eindeutigen gemeinsamen Willensbekundungen aller rechtmäßig geschlossenen Verträge. Die Ostverträge sind nach ihrem Wortlaut und den begleitenden Dokumenten konkretisierte Gewaltverzichtsverträge und keine Verträge zur Gebietsübertragung oder Teilung. Auch die Vertragspartner haben sich verpflichtet, sie nicht als Ersatz oder Präjudizierung für die ausstehenden Friedensvertragsregelungen und auch nicht als Anerkennung von Grenzen, Gebietsübertragungen oder Teilungen zu behandeln. Wir bestehen gegenüber allen Pressionen von Politikern, die fremde Maximalforderungen und überhaupt nicht mehr berechtigte Positionen Deutschlands vertreten, und gegenüber nicht zulässigen ausländischen Forderungen auf diesen Verpflichtungen aller Vertragspartner und auf unserer Mitverantwortung, alle Positionen und Rechte ganz Deutschlands offenzuhalten. Ausgehend von der Rechtslage müssen wir in ehrlichem Dialog einen Weg zum Ausgleich in einem Friedensvertrag und damit die Strukturelemente für einen gemeinsamen freiheitlichen und föderalen gesamteuropäischen Staatenbund suchen. Bundesaußenminister Scheel hat auf Fragen der Länder am 9. Februar 1972 vor dem Bundesrat namens der Bundesregierung erklärt, auch der Warschauer Vertrag habe keine Gebietsübertragung oder Grenzen anerkannt, die Rechtslage Deutschlands nicht verändert und als Kronzeugen dafür die eindeutigen Erklärungen Gromykos bei den Moskauer Verhandlungen im Juli 1970 gegenüber der deutschen Delegation über die Ausgestaltung der Ostverträge ausschließlich als Gewaltverzichtsverträge zitiert. Die Verbündeten haben in einem von der Bundesregierung bestätigten und der polnischen Regierung vor Unterzeichnung des Warschauer Vertrages bekannten Notenwechsel an der Fortgeltung des Londoner Abkommens und der Berliner Vierererklärung vom 5. Juni 1945 festgehalten. Darin werden - ohnehin seit 1930 keine Rechtstitel zur Gebietsübertragung darstellende - Annexionen in Deutschland mit Gebietsstand vom 31. Dezember 1937 vor friedensvertraglichen Regelungen ausdrücklich verworfen. In Art. IV des Warschauer Vertrages nimmt die VR Polen die Unberührtheit des Deutschlandvertrages hin. Art. 7 dieses besten Vertrages Adenauers verpflichtet daran festzuhalten, daß erst bei frei vereinbarten friedensvertraglichen Regelungen die Grenzen Deutschlands festgelegt werden. Die Denkschrift der Bundesregierung Brandt/Scheel zu den Ostverträgen an den Bundestag hält ausdrücklich daran fest. Daran und an ihren Erklärungen in Karlsruhe hat das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung ausdrücklich festgehalten, als es in ständiger Rechtssprechung bis 21. Oktober 1987 alle Staatsorgane zur Wahrung des Gebietsstandes Deutschlands von 1937 bis zu friedensvertraglichen Regelungen und freier Selbstbestimmung verpflichtete. 13092* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1989 Es gibt kein völkerrechtlich wirksames Dokument zur Abtrennung von 108 000 Quadratkilometern von Deutschland. Das will nur das von Anfang an nichtige Geheimabkommen Stalins mit dem Lubliner Komitee vom Juli 1944. Daher hält die britische Regierung nach der öffentlichen Erklärung des britischen Botschafters am 23. Mai 1986 in Essen an dem rechtlichen Fortbestand Deutschlands von 1937 fest. Sogenannte Politische Erklärungen an der staats- und völkerrechtlichen Lage vorbei können daran nichts ändern. Wir stehen zum bedingungslosen Gewaltverzicht gegenüber Polen. Bis zur Stunde besteht Deutschland rechtlich im Gebietsstand von 1937 nach Staats- und Völkerrecht fort. Daran hat die Lagebeschreibung (so Scheel) des Warschauer Vertrages nichts geändert. Die Beachtung aller gemeinsamen eindeutigen Willensbekundungen verpflichtet uns, Gebietsansprüche an Polen, die über den weiterhin unveränderten Gebietsstand von 1937 hinausgehen, nicht zu erheben, aber auch Polen keine Grenzanerkennungsansprüche und Ansprüche auf Anerkennung von Gebietsübertragung vor friedensvertraglichen Verhandlungen uns gegenüber — zum Schaden Deutschlands — zu stellen. Wir wollen normalisieren und einen tragbaren Ausgleich aushandeln. Niemand darf und soll unterdrückt oder gar vertrieben werden. Wir tragen auch die Mitverantwortung für die Menschenrechte der Deutschen und Nichtdeutschen. Zu ihrer Verwirklichung müssen nach Ankündigungen Taten folgen. Wir wollen auf Grund freier Verträge einen dauerhaften Ausgleich mit Polen, wir stehen dabei für berechtigte Interessen ganz Deutschlands und für Achtung der Würde, der Existenz und der Entfaltung der Polen in einem freien polnischen Staatswesen in noch auszuhandelnden gesicherten Grenzen. Vor allem aber wollen wir einen gemeinsamen Wiederaufbau, Schulter an Schulter, der Unrecht und Gegensätze überwindet. Anlage 3 Erklärung nach § 31 Abs. 1 GO des Abgeordneten Dr. Kappes (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf Drucksache 11/5589 Dem Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP kann ich nicht zustimmen, weil er in hohem Maße unterschiedliche Interpretationen zuläßt und zu Mißdeutungen geradezu einlädt. Bei aller Notwendigkeit von Kompromissen und notfalls auch von Formelkompromissen in der Politik erweckt der Antrag bei mir den Eindruck von Augenwischerei. Viele, die ihm scheinbar zustimmen, meinen in Wirklichkeit anderes. Die Glaubwürdigkeit der Politik erfordert aber gerade in unserer Zeit klare Aussagen. Ich bin einverstanden, soweit es sich darum handelt, bestehende Verträge einzuhalten, auf Gewalt zu verzichten und das Heimatrecht auch der Polen in den von ihnen verwalteten deutschen Ostgebieten anzuerkennen. Hingegen sehe ich mich außerstande, Aussagen mitzutragen, die nach meinem Verständnis über den Warschauer Vertrag als Gewaltverzichtsvertrag hinausgehen und offensichtlich von anderen auch so gemeint sind. Nicht nur rechtlich, sondern auch politisch fühle ich mich nicht zu Erklärungen befugt, die bei der Aushandlung eines späteren Friedensvertrages mit dem gesamten deutschen Volk politisch als bindende Vorausleistungen verstanden werden könnten. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Weng (Gerlingen) (FDP) (Drucksache 11/5528 Fragen 1 und 2): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine wie auch immer geartete Kopplung der Entscheidung über die Trassenführung der Deutschen Bundesbahn-Neubaustrecke Köln/ Rhein—Main an Überlegungen bezüglich der Magnetschnellbahn TRANSRAPID nicht sachgerecht ist? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine schnellstmögliche Entscheidung über die Trassenführung der Deutschen Bundesbahn-Neubaustrecke Köln/Rhein—Main sinnvoll ist, und wann wird die Bundesregierung diese Entscheidung treffen? Zu Frage 1: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Neubaustrecke Köln—Rhein/Main auf alle Fälle gebaut werden muß, um das Eisenbahnnetz der Zukunft zu komplettieren. Zu Frage 2: Ja, baldmöglichst. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Dr. Daniels (Regensburg) (DIE GRÜNEN) (Drucksache 11/5528 Frage 4): Welche Mengen Uranerz sollen aus Menzenschwand und Ellweiler in der CSSR aufbereitet werden, und welche Mengen an radioaktiven Isotopen werden dabei frei werden? Das Land Baden-Württemberg hat mit dem Betreiber der Uranerzgrube Menzenschwand, der Gewerkschaft Brunhilde, eine Vereinbarung geschlossen, wonach die Gewerkschaft Brunhilde ihre bergbaulichen Maßnahmen in Menzenschwand im Rahmen der Uranaufsuchung bis zum 31. Dezember 1990 beendet. Ein Bestandteil dieser Vereinbarung ist eine Regelung über die Entnahme der durch die Untersuchungsarbeiten bereits freigelegten Erzmengen. Die Entfernung dieses Erzes soll sicherstellen, daß von der Grube auch nach deren Stillegung keine radioaktiven Gefahren für die Bevölkerung in der Umgebung aus- Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1989 13093* gehen können. Die Menge des noch abzutransportierenden Erzes wird ausschließlich durch diese Zielsetzung bestimmt. Dieses Erz wird in der Tschechoslowakei aufbereitet werden. Die Gewerkschaft Brunhilde hat ihr Erzlager in der Urananlage Ellweiler inzwischen geräumt. Der Lagerbestand von ca. 1 600 t Uranerz ist in die Tschechoslowakei zur Aufbereitung verbracht worden. Die Freisetzung von Radionukliden bei der Aufbereitung von Uranerz wird im wesentlichen durch Radon-222 über den Luftpfad und Radium-226 über den Wasserpfad bestimmt. Beim Wasserpfad kann die Freisetzung von Radium durch Wasseraufbereitung verhindert werden. Über den Luftpfad muß mit einer Freisetzung von einigen Prozent des im Erz enthaltenen Radons gerechnet werden. Angaben aus der Tschechoslowakei zu den Freisetzungen bei der dortigen Uranerzaufbereitung liegen nicht vor. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Echternach auf die Frage des Abgeordneten Dr. Daniels (Regensburg) (DIE GRÜNEN) (Drucksache 11/5528 Frage 5): Bis wann wird die Bundesregierung die Wärmeschutzverordnung für Neubauten verschärfen, wie sie es im BMFT-Journal vom Oktober 1989 empfiehlt, und denkt sie dabei die Werte auf die Höhe der schwedischen Baunormen zu heben? Im BMFT-Journal vom Oktober 1989 empfiehlt nicht die Bundesregierung, die Wärmeschutzverordnung für Neubauten zu verschärfen, es wird vielmehr über ein im Auftrag des BMFT erstattetes Gutachten berichtet, das unter anderem zu einer entsprechenden Empfehlung kommt. Unabhängig hiervon prüft die Bundesregierung zur Zeit, wie sie in ihrer Antwort auf eine Frage des Abgeordneten Baum bereits am 9. Oktober 1989 (Drucksache 11/5382) ausgeführt hat, auf welche Weise Maßnahmen im Gebäudebereich zur Schadstoffentlastung der Luft beitragen können. In diesem Zusammenhang werden auch Möglichkeiten untersucht, die Wärmeschutzverordnung für Neubauten zu novellieren. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. In sie werden auch die Ergebnisse des im BMFT-Journal angesprochenen Gutachtens mit einbezogen. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Jahn auf die Frage des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 11/5528 Frage 7): Wie ist der derzeitige Stand der Beratungen zum neuen Umwelthaftungsrecht, und bis wann ist mit einer Regierungsvorlage zu rechnen? Das Bundeskabinett hat bekanntlich am 24. Mai 1989 Eckwerte für ein Umwelthaftungsgesetz und den Diskussionsentwurf eines solchen Gesetzes zur Kenntnis genommen. Es hat den Bundesminister der Justiz beauftragt, auf dieser Grundlage in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und den anderen beteiligten Bundesministern einen Entwurf für ein Umwelthaftungsgesetz zu erstellen. Das Bundesministerium der Justiz hat den Diskussionsentwurf in der Zwischenzeit mit den übrigen Bundesressorts erörtert. Er ist dann an die Länder und Verbände versandt worden. Die Stellungnahmen von Ländern und Verbänden gehen wegen der Schwierigkeit der Materie langsamer ein als zunächst erwartet. Zu welchem Zeitpunkt mit einer Regierungsvorlage zu rechnen ist, kann daher exakt noch nicht gesagt werden. Die Bundesregierung bleibt fest entschlossen, eine Regierungsvorlage so schnell wie möglich zu beschließen und dafür Sorge zu tragen, daß dieses wichtige Gesetzesvorhaben noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden kann. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Riedl auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Jens (SPD) (Drucksache 11/5528 Fragen 8 und 9) : Kann die Bundesregierung bestätigen, daß die Auflagen von Bundesminister Dr. Hausmann bei der Mammutfusion DaimlerBenz/MBB durch Verschiebung von Aufträgen, dazu gehört z. B. die Vergabe eines Entwicklungsauftrages für eine Infrarotkamera an Telefunken System-Technik, Hamburg, sowie der Auftrag für den Raketenwerfer „RAM" an die Mütter von MBB bzw. AEG und nicht mehr an MBB-Marinetechnik in Bremen, wie ursprünglich vorgesehen, ausgehöhlt werden? Was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu unternehmen, daß auf diese Art und Weise die nach den Auflagen zu verkaufenden Teile des MBB-Konzerns vorher von der Muttergesellschaft Daimler-Benz/MBB „ausgeschlachtet" und wirtschaftlich unattraktiv gemacht werden? Zu Frage 8: Die Vermutung, die vom Bundesminister für Wirtschaft anläßlich der Genehmigung der Beteiligung von Daimler-Benz an der Firma MBB festgelegten Auflagen zum Verkauf u. a. der marinetechnischen Bereiche der Firmen MBB und AEG würden durch Verschiebung von Aufträgen unterlaufen, trifft nicht zu. Aus diesem Anlaß hat der Bundesminister der Verteidigung weder erteilte Aufträge verlagert, noch Entscheidungen zur künftigen Auftragsvergabe revidiert. Im Rahmen des deutsch-französischen Gemeinschaftsvorhabens „Kleinfluggerät für Zielortung" (KZO) läuft derzeit die Ausschreibung für eine Infrarotkamera. Hierzu haben die Firmen bzw. Firmengemeinschaften MBB/Thomson, Leitz/Rafael, Eltro/ SAT, Zeiss/TRT und GEC Angebote eingereicht, die von den beiden für das KZO-Programm vorgesehenen Hauptauftragnehmern MBB und Matra getrennt ausgewertet werden. Für das deutsch-amerikanische Flugkörper-Abwehrsystem „Rolling Airframe Missile " (RAM) ist die 13094* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1989 US-Navy federführend. Sie schloß vor kurzem mit der Firma Translant Inc., Kalifornien/USA, einen ersten Vertrag über die Fertigung von Abschußanlagen. Der industrielle Vertragspartner ist ein Gemeinschaftsunternehmen der an dem Vorhaben hauptbeteiligten Unternehmen General Dynamics, MBB, BGT, Diehl und TST und unterhält in München eine Zweigstelle. Zu Frage 9: Der Bundesminister für Wirtschaft hat in seiner Entscheidung vom 6. September 1989 verfügt, daß mit der Überwachung der Einhaltung der Veräußerungsauflagen eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu beauftragen ist. Dieser Auftrag ist inzwischen von den Unternehmen mit Zustimmung des Bundesministers für Wirtschaft erteilt worden. Bei der Veräußerung der Unternehmensteile aus der Telefunken System-Technik GmbH und der Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH wird dabei insbesondere überwacht, daß sich die Veräußerung auf alle den Unternehmensteilen zugeordneten Aktiva und Passiva, Forderungen und Verbindlichkeiten, Lieferbeziehungen und Projekte sowie auf Anteile an Gemeinschaftsunternehmen und Kooperationen, die den Unternehmensteilen zugeordnet sind, erstreckt. Hierzu gehören auch Aufträge und Auftragsoptionen des Bundesministers der Verteidigung, die vor einer Entflechtung erteilt wurden. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin (SPD) (Drucksache 11/5528 Frage 18): Trifft es zu, daß noch immer geprüft wird, ob den nach Namibia entsandten Grenzschutzbeamten, die dort seit September unter schwierigsten Umständen im Rahmen des UNTAG-Polizeikontingents Dienst tun, nunmehr nach mehr als einem Monat eine Waschmaschine zur Verfügung gestellt werden kann, und wenn ja, hat die Dauer ihren Grund in einer — gegebenenfalls in welcher — besonderen Schwierigkeit und Kompliziertheit der auf den ersten Blick einfach erscheinenden Frage? Nein! Der „UNTAG" (United Nations Transition Assistance Group) in Namibia wurden Haushaltsmittel zur Anschaffung von 2 Waschmaschinen und 5 Kühlschränken zur Verfügung gestellt, mit der Maßgabe, diese Haushaltsgeräte vornehmlich zur Ausstattung der Unterkünfte der in Namibia diensttuenden Beamten des Bundesgrenzschutzes zu verwenden. Der Bewilligung der Mittel ist ein entsprechendes Ersuchen des „UNTAG " -Hauptquartiers in Windhoek vorausgegangen. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Duve (SPD) (Drucksache 11/5528 Fragen 20 und 21): Trifft es zu, daß an einer Ausbildungseinheit des Bundesgrenzschutzes in Lübeck Beamte nicht nur Mitglieder in der Partei „Die Republikaner" sind, sondern sogar Parteifunktionen wahrnehmen und an ihrem Arbeitsplatz Werbung für diese rechtsradikale Gruppierung machen (Zeitschrift „Tempo", Oktoberheft), und wie bewertet die Bundesregierung dies? Was will die Bundesregierung unternehmen, um den Bundesgrenzschutz vor dem Verdacht in Schutz zu nehmen, Mitglieder der „Republikaner" könnten versuchen, den Bundesgrenzschutz zu unterwandern? Zu Frage 20: Nach Kenntnis der Bundesregierung ist ein Angehöriger der Grenzschutzschule in Lübeck Vorsitzender des Kreisverbandes Lübeck der Partei „Die Republikaner". Es handelt sich um einen Polizeivollzugsbeamten, der als Innendienstleiter eines Fachbereiches der Grenzschutzschule eingesetzt ist. Der Bundesregierung ist außerdem bekannt, daß ein Angehöriger der Grenzschutzausbildungsabteilung Küste 1 in Lübeck Mitglied des Bundesvorstandes und stellvertretender Landesvorsitzender des Landesverbandes Schleswig-Holstein der Partei „Die Republikaner" ist. Dabei handelt es sich um einen Polizeivollzugsbeamten des gehobenen Dienstes, der gegenwärtig weder als Ausbilder noch als Lehrer eingesetzt wird. Dieser Beamte hat nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahre 1988 in Pausen- und Kollegengesprächen um Unterstützungsunterschriften für die Landtagswahlen 1988 in Schleswig-Holstein auf entsprechenden Formularen der Partei „Die Republikaner" geworben. Diese Sammlung der Unterschriften erfolgte teils in der häuslichen Wohnung, teilweise auch außerhalb der Dienstzeit in der Unterkunft der Grenzschutzausbildungsabteilung Küste 1. Nach Aufklärung des Sachverhalts wurde das Verhalten des Beamten ausdrücklich schriftlich mißbilligt. Das Einbringen von Werbematerial politischer Organisationen in Standorte des Bundesgrenzschutzes und sonstige Werbung für politische Parteien im Rahmen dienstlicher Tätigkeit sind ausdrücklich untersagt. Durch Dienstaufsicht wird darauf hingewirkt, daß die aus dem in Artikel 33 Absätze 4 und 5 des Grundgesetzes verankerten Dienst- und Treueverhältnis abgeleiteten beamtenrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden. Dies gilt insbesondere für die Verpflichtung aus § 53 des Bundesbeamtengesetzes, wonach jeder Beamte bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren hat, die sich aus seiner Stellung gegenüber der Gesamtheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten seines Amtes ergeben. Zu Frage 21: Die Bundesregierung hat keinen Zweifel, daß der Bundesgrenzschutz — wie die Polizei in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt — uneingeschränkt auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Deshalb sieht sie keinen Anlaß zu der Annahme, der Bundes- Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1989 13095* grenzschutz sei für radikale oder extremistische politische Zielsetzungen anfällig. Bei den Angehörigen des Bundesgrenzschutzes finden sich Auffassungen und politische Vorstellungen wie auch sonst in der Bevölkerung. Die Auseinandersetzung mit radikalen und extremistischen Tendenzen ist eine gesamtpolitische Aufgabe, insbesondere der demokratischen Parteien. Im Bereich der Polizeien des Bundes und der Länder hat die umfassende Vermittlung politischer Bildung bei der Aus- und Fortbildung besonderes Gewicht; die Inhalte sind an den Wertvorstellungen des Grundgesetzes ausgerichtet. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Carstens auf die Frage des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 11/5528 Frage 24): Wird die Bundesregierung die Laufzeit von § 82 a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung über den jetzigen Zeitraum hinaus verlängern, und bis wann ist mit einer entsprechenden Initiative auf dem Verordnungswege zu rechnen? Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, die Verlängerung der Laufzeit des § 82 a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung über den 31. Dezember 1991 hinaus vorzuschlagen. Durch das Steuerreformgesetz 1990 vom 25. Juli 1988 ist die Ermächtigungsvorschrift des § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. 1 EStG, auf der § 82 a der EStDV beruht, befristet worden auf vor dem 1. Januar 1992 abgeschlossene Maßnahmen. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu: Das Angebot an energiesparenden Maßnahmen im Sinne des § 82 a EStDV ist nach dem derzeitigen Stand der Entwicklung und als Folge wirtschaftlicher Konkurrenz reichhaltig. Diese Maßnahmen sind auch ohne einkommensteuerliche Vergünstigungen wirtschaftlich. Darüber hinaus hat sich in der Bevölkerung das Bewußtsein für energiesparendes Verhalten gebildet, so daß eine unbegrenzte weitere Förderung entbehrlich ist. Sie könnte zudem zu ungerechtfertigten Mitnahmeeffekten führen und widerspräche schließlich auch der angestrebten Steuervereinfachung . . . Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Seehofer auf die Frage der Abgeordneten Frau Schmidt (Nürnberg) (SPD) (Drucksache 11/5528 Frage 31): Beabsichtigt die Bundesregierung eine Änderung oder Ergänzung des § 37 (2) SGB V, durch die es den Krankenkassen untersagt werden soll, in ihrer Satzung Umfang und Dauer der Leistung häuslicher Krankenpflege zur Sicherung des Zieles der ärztlichen Behandlung zu beschränken, und falls nein, welche Maßnahmen wird die Bundesregierung statt dessen ergreifen, damit zukünftig verhindert wird, daß todkranke Menschen aus der Solidargemeinschaft als Pflegefälle ausgeschlossen werden? Die häusliche Krankenpflege zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung war und ist eine Satzungsleistung der Krankenkassen. Nach dem Gesundheits-Reformgesetz gehen die Aufwendungen für diese Leistungen aber nicht mehr in den Finanzausgleich der Krankenversicherung der Rentner ein. Deshalb hat eine Reihe von Krankenkassen die Dauer dieser Leistung beschränkt. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat an die Krankenkassen appelliert, diese Beschränkungen im Interesse ihrer Versicherten rückgängig zu machen. Inzwischen hat eine Krankenkasse entsprechend reagiert, zahlreiche weitere Kassen haben von einer einschränkenden Satzungsregelung abgesehen. Ergänzend wird geprüft, die entsprechenden Ausgaben — ggf. auch rückwirkend — wieder ausgleichsfähig zu machen. Dagegen beabsichtigt die Bundesregierung nicht, in die Satzungsautonomie der Krankenkassen einzugreifen. Im übrigen werden kranke Versicherte durch die vorgenannten Satzungsregelungen nicht „aus der Solidargemeinschaft ausgeschlossen" . Versicherte, die nach dem zeitlichen Auslaufen der häuslichen Krankenpflege auf eine medizinische Behandlung angewiesen sind, erhalten diese — im Regelfall im Wege der kassenärztlichen Versorgung — von ihrer Krankenkasse. Darüber hinaus erhalten Schwerpflegebedürftige nun die neuen Leistungen der häuslichen Pflegehilfe, seit 1. Januar dieses Jahres für bis zu 4 Wochen im Jahr bei Urlaub oder Verhinderung der Pflegeperson, ab 1991 zusätzlich bis zu 25 Pflegeeinsätze von je 1 Stunde für den Kalendermonat oder eine Geldleistung von 400 DM im Monat. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Seehofer auf die Frage des Abgeordneten Dr. Müller (CDU/CSU) (Drucksache 11/5528 Frage 32): Ist der Bundesregierung bekannt, wie hoch der Anteil der von Lohnpfändungen Bedrohten unter den Arbeitslosen ist? Die Bundesregierung besitzt keine Erkenntnisse darüber, wie viele der bei den Arbeitsämtern gemeldeten Arbeitslosen im Falle einer Beschäftigungsaufnahme mit Lohnpfändungen durch ihre Gläubiger zu rechnen hätten. Soweit es sich bei diesen Arbeitslosen um Empfänger von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe handelt, ergeben sich gewisse Anhaltspunkte aus der Zahl der Pfändungen dieser Lohnersatzleistungen. Diese betrug im zweiten Quartal 1989 37 035 oder — bezogen auf alle Empfänger von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe — 2,7 %. Für das dritte Quartal 1989 lauten die entsprechenden Zahlen 34 814 oder 2,6%. Diese Daten allein lassen zwar keine konkreten Rückschlüsse darauf zu, inwieweit sich die zugrundeliegenden Zahlungsverpflichtungen der Arbeitslosen auf die Aufnahme und Ausübung einer neuen Beschäftigung auswirken, jedoch dürfte die Vermutung 13096* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1989 nicht unbegründet sein, daß die Wiedereingliederungschance überschuldeter Arbeitsloser gemindert ist. Arbeitsverhältnisse kommen z. T. deshalb nicht zustande, weil — das durch die Beschäftigung erzielte zusätzliche Einkommen ganz oder teilweise gepfändet wird und deshalb kein Anreiz zur Arbeitsaufnahme besteht, — Arbeitgeber die aufwendigen zusätzlichen Arbeiten scheuen, die sich bei Lohnpfändungen ergeben. Außerdem gelingt es häufig nicht, stabile Arbeitsverhältnisse zu begründen, weil die Arbeitsstelle aufgegeben wird, sobald Gläubiger eine Lohnpfändung vornehmen. Die Bundesregierung hält eine stärkere Erforschung der Grundlagen der Problematik für geboten. Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit hat eine entsprechende Sonderuntersuchung veranlaßt. Wichtige Erkenntnisse dürften sich auch aus dem vom Bundesminister der Justiz und Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit initiierten Forschungsprojekt „Überschuldungssituation und Schuldnerberatung in der Bundesrepublik Deutschland" ergeben, dessen erster Teil Mitte 1990 vorliegt. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Schuldnerberatung der Gemeinden, Kirchen und Wohlfahrtsverbände zu. Für die Beratungstätigkeit in diesem Bereich können auch Mittel des Bundesprogramms „Maßnahmen für besondere beeinträchtigte Arbeitslose" (250-Mio-Programm) eingesetzt werden. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Seehofer auf die Frage der Abgeordneten Frau Walz (FDP) (Drucksache 11/5528 Frage 33): Ist der Bundesregierung bekannt, daß Kliniken mit entsprechenden Fachabteilungen von ihren Möglichkeiten zu Knochenmarkübertragungen nicht voll Gebrauch machen können, weil es an Personal fehlt? Die Bedeutung der Knochenmarktransplantation und die besonderen Anforderungen an das pflegende Personal sind von der Bundesregierung frühzeitig erkannt worden. 1986 wurde ein Modellprogramm zur Förderung der Knochenmarktransplantation an 10 verschiedenen Kliniken begonnen. Im Gesamtbetrag von rund 7 Millionen DM wurden Ärzte und zusätzliches Pflegepersonal sowie die benötigten Geräte gefördert. Das Programm konnte inzwischen in die Regelfinanzierung übernommen werden. Die Durchführung der Knochenmarktransplantation ist nur mit besonders einsatzbereitem und qualifiziertem Personal möglich. Trotz zunehmender Probleme bei der Gewinnung qualifizierter Krankenschwestern ist nach Auskunft der zuständigen Fachgesellschaft bisher keine Knochenmarktransplantation daran gescheitert, daß die erforderliche Pflege nicht hätte sichergestellt werden können. Dies liegt auch am besonderen Engagement des in den Stationen tätigen Personals. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wimmer auf die Fragen des Abgeordneten Heistermann (SPD) (Drucksache 11/5528 Fragen 34 und 35): Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß Beamte der Bundeswehrverwaltung nach Übertragung höherwertiger Aufgaben mehr als zwei Jahre auf die ihnen zustehende Beförderung warten müssen? Welche Maßnahmen sind seitens der Bundesregierung vorgesehen, um diese seit Jahren bestehende Ungerechtigkeit zu beseitigen? Zu Frage 34: Die Wartezeiten für die Beförderung in das 2. oder ein höheres Beförderungsamt im Kapitelbereich 1404 — Bundeswehrverwaltung — sind in den einzelnen Besoldungsgruppen unterschiedlich lang. Nach den Ergebnissen des Jahres 1988 lagen die durchschnittlichen Wartezeiten zwischen 5 und 20 Monaten und erreichten nur bei BesGr A 16 die Dauer von 2 Jahren. Die Wartezeiten sind bedauerlich, liegen aber noch im zumutbaren Rahmen. Zu Frage 35: Die Bundesregierung hat dem Beförderungsstau im Bereich der Wehrverwaltung bereits entgegengewirkt. Neben den 300 Hebungen im Haushaltsjahr 1986 hat die im Haushalt 1988 beschlossene schrittweise Strukturbereinigung für den mittleren und gehobenen Dienst mit insgesamt 1 353 Hebungen einen erheblichen Fortschritt gebracht. Die Strukturbereinigung wird 1990 mit 313 Hebungen abgeschlossen. Nach Abschluß dieser Maßnahmen sind die gesetzlichen Obergrenzen nach § 26 BBesG zu rund 95 % ausgeschöpft. Eine weitere Entlastung brachten die für den mittleren und gehobenen Dienst neu bewilligten Planstellen der Haushalte 1986 bis 1989. Für den Haushalt 1990 sind weitere Planstellenverbesserungen vorgesehen. Ob für 1991 weitere neue Planstellen ausgebracht werden können, wird die Bundesregierung mit dem Haushaltsentwurf 1991 entscheiden. Weitere Planstellenhebungen im Rahmen der Obergrenzen nach § 26 BBesG können nur in Betracht gezogen werden, wenn gleichzeitig die Zahl der Angestellten auf Beamtenplanstellen abgebaut wird. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1989 13097* Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wimmer auf die Frage des Abgeordneten Steiner (SPD) (Drucksache 11/5528 Frage 36) : Warum ist die Bundesregierung in Kenntnis der unzumutbaren Beförderungswarteschlangen bei den Beamten der Bundeswehrverwaltung im mittleren, gehobenen und höheren Dienst nicht bereit, die Obergrenzen des gesetzlichen Stellenkegels voll auszuschöpfen? Der Bundesregierung ist die Beförderungssituation der Beamten der Bundeswehrverwaltung bekannt. Sie ist daher auch bereit, die sich aus der Ausschöpfung der Obergrenzen des Planstellenkegels ergebenden Beförderungsmöglichkeiten für diese Beamten zur Verfügung zu stellen. Die Bundesregierung hat im Jahre 1986 begonnen, die Struktur im mittleren und gehobenen Dienst der Bundeswehrverwaltung mit 300 Planstellenhebungen zu verbessern. In den Jahren 1987 und 1988 konnte sie die Strukturverbesserungen für den einfachen Dienst mit über 100 Planstellenhebungen abschließen. Sie hat die Verbesserungen im mittleren und gehobenen Dienst im Haushalt 1988 mit rund 1 350 Planstellenhebungen fortgesetzt, die sich in drei Jahresschritten bis in den Haushalt 1990 auswirken. Die Obergrenzen nach § 26 BBesG sind nunmehr zu rund 95 % ausgeschöpft. Die Bundesregierung beabsichtigt, diese Strukturverbesserungen in den Folgejahren konsequent fortzusetzen und dann auch den höheren Dienst in der Bundeswehrverwaltung einzubeziehen. Weitere Planstellenhebungen im Rahmen der gesetzlichen Obergrenzen können in Betracht gezogen werden, wenn gleichzeitig die Zahl der Angestellten auf Beamtenplanstellen abgebaut wird. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wimmer auf die Fragen der Abgeordneten Frau Vennegerts (DIE GRÜNEN) (Drucksache 11/5528 Fragen 37 und 38): Wie erklärt die Bundesregierung die Tatsache, daß Unterlagen über die Art der an den Iran vergebenen Lizenz zur Fertigung des G3-Gewehres „nur noch teilweise vorhanden" sein sollen, obwohl beispielsweise die Anlage zur G3-Fertigung von der bundeseigenen Firma Fritz Werner im Iran errichtet und die Lizenz zur Herstellung des Schnellfeuergewehrs von der Bundesregierung selbst vergeben wurde? Gemäß welcher gesetzlich relevanten Vorgabe und mit welchen real wirksamen Kontrollinstrumenten beabsichtigt die Bundesregierung, indirekte Endverbleibsregelungen bei Lizenzvergaben im Kleinwaffenbereich zu überwachen (vgl. Drucksache 11/5399), wenn der Endverbleib gemäß den gesetzlich unrelevanten politischen Grundsätzen von 1982 lediglich „anzustreben" ist und „ausschließlich der Verantwortung des Exportlandes„ unterliegt (vgl. Drucksache 11/1336)? Zu Frage 37: Die Entwicklung des Gewehres G3, dessen Einführung in und Beschaffung für die Bundeswehr sowie die Mehrzahl der Lizenzvergaben für dieses Gewehr — einschließlich der Lizenzvergabe an den Iran — erfolgte in den 60er Jahren. Nach über 20 Jahren gibt es nur noch wenige Akten und Wissensträger aus damaliger Zeit, die für eine Beantwortung der z. T. sehr spezifischen Fragen hätten herangezogen werden können, wie sie in der Kleinen Anfrage vom 15. August 1989 gestellt worden sind. Zufällig noch vorhandene Restakten hätten in den fraglichen Bereichen nur Aussagen zugelassen, deren Richtigkeit und Vollständigkeit hier nicht mehr nachprüfbar wären. Auf diesen Umstand bezieht sich die Aussage, daß „aufgrund nur teilweise vorhandener Unterlagen keine zuverlässigen Angaben mehr gemacht werden können". Dies trifft auch auf die in der Frage enthaltene Aussage zu, die Bundesregierung hätte die Lizenz zur Herstellung des Gewehres G3 im Iran vergeben. Zu Frage 38: Die Endverbleibserklärung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung jeder Ausfuhrgenehmigung. Bei festgestellten Verstößen gegen den vereinbarten Endverbleib kann die Ausfuhrgenehmigung nachträglich aufgehoben werden oder können beantragte neue Ausfuhrgenehmigungen für die betreffende Lizenzproduktion versagt werden. Da bei Lizenzvergaben ins Ausland in der Regel über eine lange Zeit noch genehmigungspflichtige Zulieferungen erfolgen, liegt es im eigenen Interesse des ausländischen Lizenznehmers aus obigen Gründen den vereinbarten Endverbleib einzuhalten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wilhelm Knabe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Spannung: Die Lage der Nation ist spannend. Sie war in den 40 Jahren seit der Gründung der beiden deutschen Staaten noch nie so spannend wie jetzt, und zwar spannend in doppelter Bedeutung. Zum einen spannend im Blick auf das, was geschieht: Der Vorsitzende Erich Honecker ist zurückgetreten. Die Regierung ist zurückgetreten, jetzt das Politbüro. Was wird das nächste sein?

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Freie Wahlen!)

    Bärbel Bohley sagt: die Anerkennung des „Forums". Der übernächste Schritt wäre dann freie Wahlen, in denen die Leute die Wahl zwischen wirklich verschiedenen Parteien haben.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: So ist es!)

    Aber die Menschen denken auch angespannt darüber nach, was sie selber als nächstes tun sollen: bleiben oder gehen? Werden wir hier im Westen die Spannung aushalten, wenn Hunderttausende kommen, und werden die anderen Deutschen in der DDR es aushalten, wenn so viele gehen? Viele können das nicht mehr, packen ihre Sachen, haben plötzlich erkannt, wie viele Jahre sie vergeblich für ein besseres Leben und mehr Mitbestimmung im eigenen Lande gekämpft haben. Sie wollen nicht länger warten, sie eilen heraus und lassen ihre Habe, Freunde und frühere Arbeit zurück.
    Ich selbst habe dies gut zwei Jahre vor dem Mauerbau auch getan. Uns bedrückte die Aussichtslosigkeit. Wir hatten Angst vor der Schule, wo die Indoktrination erfolgte, aus der die Kinder nach Hause kamen und sagten: Mensch, wir haben einen prima Lehrer; der redet ganz anders, als er denkt. Das wollten wir nicht!
    Aber wir hatten auch Sorge wegen der Mauer. Wir hatten die Ankündigung Chruschtschows ernstgenommen, daß die Berlin-Frage in einem halben Jahr gelöst sein sollte, und wir waren verbittert über das Wiedervereinigungsgerede aus dem Westen, das in krassem Gegensatz zur vollzogenen Westintegration und natürlich auch zum Verhalten am 17. Juni stand.
    Die Mauer wurde gebaut, und noch heute fliehen viele Menschen, weil diese Mauer eben noch steht und weil sie nicht sicher sind, ob die inzwischen geschaffenen Schlupflöcher über Nacht geschlossen und die gewährten Erleichterungen abrupt wieder aufgehoben werden. Das bedeutet: Die Mauer ist auch materiell zu beseitigen.
    Aber die Beseitigung der Mauer genügt bei weitem nicht. Entscheidend ist und bleibt, daß die Menschen in der DDR die Demokratisierung ihres Landes unumkehrbar machen und daß die Wirtschaft Zeit und Raum für eine Stabilisierung hat, daß das enorme Gefälle zwischen West und Ost ausgeglichen wird. Diese Stabilisierung braucht Zeit, die richtigen Führungskräfte und die Mitarbeit aller; aber diese wiederum ist nur zu erreichen, wenn das Vertrauen in eine Regierung hergestellt ist, und das geht nicht ohne freie Wahlen.
    Ein Gedanke ist in der politischen Diskussion noch nicht ausgesprochen worden: Kann das Gefälle zwischen Ost und West nur durch Anheben des materiellen Wohlstandes in der DDR beseitigt werden? Kann man dies nicht auch durch Absenken des materiellen Verbrauchs im Westen tun?

    (Dr. Graf Lambsdorff [FDP]: Ein sehr populärer Gedanke!)

    Könnte dieser Ausgleich des wirtschaftlichen Gefälles zwischen den beiden deutschen Staaten nicht auch ein Vorläufer des notwendigen Ausgleichs zwischen Nord und Süd sein?

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Graf Lambsdorff [FDP]: Das sagen Sie mal im Wahlkampf!)

    Wir alle wissen, daß der jetzige Lebensstandard für acht Milliarden Menschen, die wir in Kürze haben werden, für die Erde tödlich wäre. Warum dann nicht jetzt bei denen anfangen, die genug haben? Wir haben auch genug andere, auch bei uns.
    Die Menschen in der DDR, meine Freunde, mit denen ich gesprochen habe, stehen vor einer schwierigen Aufgabe. Sie haben gleich drei Gefahren abzuwehren: die Rückkehr des Stalinismus, den Ausverkauf an den Westen und einen Zusammenbruch der Wirtschaft wie in Polen. Nein, sie wollen erst einmal ihre eigene Identität verwirklichen, eigene Wege suchen und uns nicht alles nachmachen. Wir sollten sehr aufmerksam zuhören, was uns das „Neue Forum", der „Aufbruch" oder die sich formierende grüne Partei der DDR zu sagen haben. Ich zitiere aus deren Gründungsaufruf:
    Für eine Erneuerung unserer Gesellschaft hat die Umgestaltung unserer zerstörten Umwelt entscheidende Bedeutung. Aber nicht nur unsere Umwelt ist bereits verseucht, sondern in noch viel größerem Maße unser Bewußtsein, nämlich durch die Utopie, daß ständig wachsender Wohlstand und — als seine Bedingung — permanentes wirtschaftliches Wachstum zum Ziel der gesellschaftlichen Entwicklung gemacht werden kann. Diese Art von Utopie suggeriert uns, der Mensch könne sich willkürlich im Lebenssystem der Erde bewegen. Sie versteigt sich sogar zu der militanten Behauptung, er könne sich die Erde unterwerfen.

    (Dr. Graf Lambsdorff [FDP]: Das steht schon in der Bibel!)

    — Das war auch in Stalins Plan für die Umgestaltung der Natur der Fall. —
    Damit verbunden ist die Vorstellung, daß Leistung und ihre Belohnung zentraler Maßstab der Bewertung menschlichen Seins wären. Diese Annahme, in ihrer Arroganz, verdrängt die Schwachen an den Rand ihrer möglichen Existenz. Ja, sie kippt sie zunehmend über diesen Rand ab...
    Wir handeln also nur aus Selbsterhaltungstrieb, wenn wir als Mitverantwortliche diesem Prozeß und Bewußtsein Einhalt gebieten. Daher werden wir mit der Grünen Partei unserer ökologischen Weltsicht in der Gesellschaft der DDR politische Kraft verleihen, indem wir sie kompromißlos zum Ausgangspunkt aller unserer Bestrebungen machen.



    Dr. Knabe
    Ja, wir sollten genau zuhören.

    (Reddemann [CDU/CSU]: Die armen Menschen!)

    — Das sind keine armen Menschen. Wenn wir die Eingangsworte „Für eine Erneuerung unserer Gesellschaft ..." ersetzen durch „Für das Überleben auch der Bundesrepublik hat die Umgestaltung unserer zerstörten Umwelt entscheidende Bedeutung", merken wir, daß wir der eigenen Wirklichkeit sehr nahe sind.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wie politisch aktuell die Aussagen der Grünen Partei in der DDR sind, ersieht man aus einer ihrer Kernaussagen:
    Wir wollen vor allem verhindern, daß die gegenwärtige Erneuerungsbewegung in unserem Land unter dem Druck unvernünftigen, kurzsichtigen, materiellen Nachholbedarfs eine Gesellschaft der Ellenbogenfreiheit, der Verschwendung und Wegwerfmentalität entstehen läßt.
    Haben sie sagen wollen: eine Gesellschaft westlicher Prägung, die Vance Packard schon 1964 als „waste-makers" bezeichnete? Sollte dort das Projekt gelingen, kirchliche Umweltgruppen, umweltengagierte Schriftsteller und auch Vertreter der offiziellen Gesellschaft für Natur und Umwelt zu einem Projekt zusammenzuspannen, wäre dies für den nötigen Auf- und Umbau der Gesellschaft ein großer Erfolg.
    Von seiten der CDU und der SPD wird heute sehr viel über Kontakte zu den neuen Bewegungen in der DDR gesprochen. Wir GRÜNEN haben diesen Kontakt über ein Jahrzehnt lang gehalten, wenn auch mit bescheidenen Kräften und oft diskriminiert. Die großen Parteien unterhielten sich dagegen lieber mit den Regierungen, die SPD mit der staatstragenden Partei. Als ich zum x-tenmal an der Grenze keine Einreisegenehmigung in die DDR erhielt, gab mir Egon Bahr den Rat: Wenn Sie Beziehungen zur DDR suchen, so müssen Sie zunächst die Kontakte mit den Initiativen einstellen; dann wird die SED Ihnen glauben, daß Sie mit ihr sprechen wollen.
    Wir haben das nicht gemacht, sondern dringend benötigte Fachliteratur und anderes herübergebracht und unsere Freunde besucht, die heute beim „Neuen Forum" , dem „Demokratischen Aufbruch", der „Neuen Linken" oder der „Grünen Partei" sind.
    Unsere Aufgaben hier: Die Aufgabe der Bundesbürger liegt im Westen. Wir bleiben nicht ungeschoren bei den Verwerfungen und Veränderungen in Europa, waren es doch alle Deutschen — nicht nur die im Osten —, die den letzten Krieg begonnen und verloren haben. Auch wir müssen etwas tun. Die Menschen strömen über die Grenze, stehen vor den Lagern oder vor unserer Haustür und begehren Einlaß. Auch das kann nur einer empfinden, der schon einmal geflüchtet ist.
    Wir GRÜNEN haben deutlich willkommen gesagt zu den Neuankömmlingen, aber hinzugefügt: Eure Freunde, eure Arbeitskollegen, eure Verwandten werden euch vermissen und ihr auch sie.
    Die Luft hier ist kälter, die Solidarität geringer, weil der allmächtige Staat als Gegner fehlt; die Herrschaftsinstrumente hier sind weicher und weniger sichtbar. Sie ermöglichen den einzelnen einen größeren Freiheitsspielraum und größeren materiellen Wohlstand.
    Trotzdem möchte ich auf Bitten mancher DDR-Bürger den noch unentschlossenen Ärzten und Krankenschwestern sagen: Laßt eure Patienten nicht im Stich!

    (Beifall der Abg. Frau Dr. Vollmer [GRÜNE])

    Das ist nicht vom hohen Roß oder aus dem sicheren Lehnstuhl oder Bundestagssessel aus gesprochen, sondern einfach die Ausführung eines Wunsches, der mehrfach an mich herangetragen wurde: Hilf, daß nicht noch mehr Ärzte weglaufen.
    In der augenblicklichen Diskussion der Unterbringung der Übersiedler und Flüchtlinge gehen die Alternativen von Zelten, Kasernen, Hotels und Schnellfertigbauten hin und her. Die hiesigen Wohnungssuchenden und die Neuankömmlinge erwarten dringend eine Lösung, während gleichzeitig Naturschützer mit Sorge der weiteren Versiegelung und Überbauung der Landschaft entgegensehen. Wir sollten eines nicht tun, neuen Schund an Wohnungen hinstellen, sondern versuchen, bei dieser angespannten Versorgungslage etwas vom ökologischen Bauen zu verwirklichen. Der Bedarf ist da, und die Mittel dafür müssen freigemacht werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir haben die frohgemuten Übersiedler in den Fernsehschauen gesehen, aber auch erfahren, daß 61 000 Übersiedler bei uns arbeitslos sind. Das ist eine große Zahl. Ich kann nur an Unternehmer und Städte appellieren, hier etwas zu tun, Phantasie und Kreativität zu entwickeln, neue sinnvolle Arbeitsplätze zu schaffen. Aber wir einzelnen dürfen das nicht nur anderen überlassen. Ich weiß, wie schwer es ist, aus der Fülle der Geschäfte auszusteigen und uns Zeit zu nehmen für eine Familie oder einen oder eine einzelne, die in unserer Gemeinde aufgetaucht sind. Versucht, ein Stück zu helfen, neue Brücken zu bauen! Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß man oft mehr zurückbekommt — nicht im materiellen Sinne — , als man selbst gegeben hat.
    Ein anderes Thema wurde bisher nur angerissen: die Frage der Abrüstung. Wir müssen dies anschneiden, denn das ist eng mit dem Geschehen im Osten verknüpft: die Abrüstung, die Reduzierung unserer Bundeswehr, die Erleichterung des Zivildienstes und die Gleichbehandlung von Soldaten und Zivildienstleistenden. Im gegenwärtigen Zustand hat die Bedrohung abgenommen, und wir sollten die Folgerungen daraus ziehen.
    Die Hunderttausende, die in den letzten Tagen auf den Straßen von Leipzig, Dresden, Plauen, Gera und Erfurt demonstrierten, wären im Falle eines Krieges Opfer atomarer Stoppschläge gegen feindliche Angriffsarmeen geworden und umgekehrt natürlich auch wir. Das muß man sich noch einmal vergegenwärtigen: Unsere Stabschefs hätten die jungen Männer, die heute als Flüchtlinge herüberkommen oder mutig demonstrieren, als Mitglieder der Volksarmee



    Dr. Knabe
    kaltblütig geopfert, vielleicht auch Skrupel dabei gehabt, aber eben doch auf den entscheidenden Knopf gedrückt. Das geht jetzt nicht mehr. Politiker gaben den Soldaten diesen Verteidigungsauftrag, Politiker haben das neu zu bedenken. Abrüstung ist das mindeste, was wir in der Bundesrepublik für ein Gelingen der Demokratisierung in der DDR und Osteuropas tun können.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Noch ein Wort zu dem europäischen Haus. Uns allen ist der Wunsch sehr nahe, daß dieses Haus Wirklichkeit werden soll. Wir hoffen, daß die Völker ganz Europas friedlich zusammenleben können, so friedlich, wie es Franzosen und Deutsche heute tun. Wir sind froh, daß Erzfeindschaften zwischen Franzosen und Deutschen vergessen und vorbei sind. Wir wünschen, daß das Verhältnis mit Polen genauso wird, mit den Völkern der Sowjetunion, mit Ungarn, mit denen uns viele kulturelle und andere Bande verbinden, denen wir auch für das dankbar sind, was sie unseren deutschen Landsleuten getan haben, aber auch mit Rumänien, das heute noch unter einer staatspolitischen, stalinistischen Fuchtel steht, daß auch die Rumänen teilhaben können, die Bulgaren und Balten, daß alle diese Völker in dem Haus zusammenleben können. Das braucht — das hatte ich vorhin anzudeuten versucht — von unserer Seite ein ganz klares Bekenntnis zur Abrüstung, eine Unterstützung der Reform und nicht ein Hoffen darauf, daß das vielleicht scheitern könnte.
    Hier hat Herr Außenminister Genscher manches Positive getan und gesagt. Wir unterstützen das. Wir wollen, daß dieses Haus entsteht, und wir wollen, daß die Deutschen in der Bundesrepublik und die Deutschen in der DDR ihren gemeinsamen Beitrag leisten. In welcher Form, das werden die einzelnen Gruppen und Menschen entscheiden müssen. Wir sind heute nicht dazu da, diese Form festzulegen. Wir wollen, daß etwas Positives für den Frieden, für dieses europäische Haus geschieht.

    (Beifall bei den GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Bundesminister des Auswärtigen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Niemals zuvor hat die Aussprache zur Lage der Nation in einer Zeit solcher Dramatik und solcher historischen Perspektive stattgefunden wie in diesem Jahr 1989. Unsere Gedanken, unsere Wünsche und unsere Solidarität sind bei unseren deutschen Mitbürgern in der DDR. Die Menschen in Mittel- und Osteuropa gestalten europäische Freiheitsgeschichte. Die Deutschen in der DDR haben dabei eine entscheidende Rolle übernommen. Das ehrt unsere ganze Nation.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    In der Bundesrepublik Deutschland haben die Deutschen bei der Gestaltung unserer freiheitlichen
    Demokratie ihren Freiheitswillen und ihre Demokratiefähigkeit unter Beweis gestellt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist unsere Politik!)

    Das friedliche Ringen um Freiheit, um Menschenrechte und um Demokratisierung in der DDR bezeugt den Freiheitswillen und die Demokratiefähigkeit der Menschen dort. Die Umstände, unter denen unsere Mitbürger dort handeln müssen, und die Würde und die Besonnenheit, mit der sie es tun, machen dieses Freiheitszeugnis nur noch eindrucksvoller.
    Mit dem Wort „Stolz" ist in unserer Geschichte oft Schindluder getrieben worden. Beim Blick auf das, was in der DDR geschieht, ist es angebracht.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    „Wir sind das Volk! " — das ist ein stolzes Bürgerwort. Wann je hat es nach dem Zweiten Weltkrieg eine Zeit gegeben, die die Deutschen in West und Ost so bewegt hat wie diese? Arbeiter und Ingenieure, Bauern, Akademiker, Intellektuelle, Christen und Atheisten, Menschen aller Altersgruppen — die jungen Menschen zu allererst — setzen das Schicksal der Deutschen auf die Tagesordnung der internationalen Politik. Ich bekenne freimütig, daß es mich mit Stolz erfüllt, daß in meiner Heimat Menschen dabei sind, wenn es um Freiheit, Demokratie und Menschenrechte in Europa geht.
    Was eindrucksvoll am 8. und 9. Oktober in Leipzig begann, was sich an vielen Orten wiederholte, was am 4. November in Berlin geschah und was sich nun täglich fortsetzt, bezeugt: Der Teil unserer Nation, der seit 1945 die schwerere Last unserer Geschichte zu tragen hat, ist von dieser Last nicht erdrückt worden.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN)

    Der Freiheitswille der Deutschen in der DDR ist ungebrochen und stark. Sie wissen, was die Freiheit bedeutet, für die sie streiten. Freiheit muß wahrlich niemand lernen. Freiheitswille als Ausdruck unveräußerlicher Menschenwürde kann lange Zeit unterdrückt, aber er kann den Menschen nicht genommen werden.
    In diesen Tagen erweist sich, was uns als Nation verbindet: Das ist die gemeinsame Geschichte, die gemeinsame Sprache, die gemeinsame Kultur, die gemeinsame Verantwortung, aber ist genauso der Wille zur Freiheit, Demokratie und Menschenrechten.
    40 Jahre der Trennung haben aus dem einen Europa nicht zwei und aus der einen deutschen Nation nicht zwei gemacht.

    (Beifall des Abg. Dr. Götz [CDU/CSU])

    Es gibt weder eine kapitalistische noch eine sozialistische deutsche Nation. Nationen gründen sich nicht
    auf Ideologien. Die Deutschen in der DDR schreiben



    Bundesminister Genscher
    ein neues Kapitel deutscher und europäischer Geschichte.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Dr. Mechtersheimer [GRÜNE])

    Nach dem, was jetzt in der DDR geschieht, wird nichts mehr so sein, wie es vorher war: nicht dort, auch nicht bei uns und nirgendwo in Europa. Wer das auf unserer Seite verkennt, könnte sehr schnell — wenn auch in anderer Weise — in Gegensatz geraten zu der Entwicklung in Europa, wie das der DDR-Führung geschehen ist.
    Dieses neue Kapitel europäischer Freiheitsgeschichte wird genauso gestaltet in der Sowjetunion, in Polen, in Ungarn und — früher oder später — auch in den anderen Staaten des Warschauer Pakts. Es ist ein Prozeß europäischer Selbstbesinnung. Kein Land und keine Führung werden sich dieser unumkehrbaren Entwicklung entziehen können.
    Unsere Verantwortung wird es sein, daß wir dieser historischen Entwicklung gerecht werden, daß wir dieselbe Reife wie die Menschen in Berlin, Leipzig und Halle zeigen, die nach Freiheit und nach freien und gerechten Wahlen rufen. Der Respekt vor dem Freiheitswillen der Deutschen der DDR gebietet es, daß wir nicht vorwegnehmen, was sie wollen, wie sie es wollen und wann sie es wollen.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Wir wollen die eine Bevormundung nicht durch eine andere ersetzen.

    (Dr. Vogel [SPD]: Sehr wahr!)

    Aber es ist unsere Verantwortung, daß wir als Unterzeichnerstaat der Schlußakte von Helsinki mit allen Möglichkeiten, die wir haben, dafür sorgen, daß die Menschen in der DDR ihren Willen frei äußern und zur Geltung bringen können.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Sie allein haben zu entscheiden, wie ihre politische, ihre gesellschaftliche und ihre soziale Ordnung in Zukunft auszusehen hat. Sie allein haben die Tagesordnung ihrer Entscheidungen zu bestimmen. Sie allein haben auch zu entscheiden, wie sie ihr Verhältnis zu uns bestimmen werden, und auch darüber, wie und wo sie ihren Platz im gemeinsamen Haus Europa einzunehmen haben.
    Wir haben die Verantwortung, daß wir ihnen den Weg zu uns offenhalten und nicht versperren. Das schließt sowohl eine Änderung der Staatsbürgerschaft wie eine Streichung der Präambel unseres Grundgesetzes aus.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU/ CSU sowie Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Mechtersheimer [GRÜNE])

    Die Präambel unseres Grundgesetzes in ihrer nationalen und europäischen Friedensverantwortung ist Verpflichtung für uns, und sie ist ein Angebot an die Deutschen in der DDR.
    Den gleichen Respekt zollen wir der freien Entscheidung derjenigen, die für immer zu uns kommen
    wollen. Das ist gewiß keine leichte Entscheidung, und die materiellen Gründe stehen bestimmt nicht obenan. Wir tun nichts, um die Deutschen in der DDR zu ermutigen, ihre Heimat zu verlassen. Aber wir werden das Tor nicht schließen.

    (Abg. Frau Dr. Vollmer [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    Nein, Frau Kollegin Vollmer, vielleicht darf ich Sie als die klügste Abgeordnete der GRÜNEN anreden und auf eine Intervention sagen, die Sie vorhin gemacht haben: Der Herr Kollege Seiters und ich sind nicht nach Prag gegangen, um dort eine Geste zu machen. Wir sind nach Prag gegangen, um die Menschen, die dort in der Botschaft waren, die jedes Vertrauen in den Staat verloren hatten, den sie verlassen hatten, davon zu überzeugen, daß sie auf dem Weg zu uns noch einmal durch das Territorium der DDR fahren mußten. Für ihre Sicherheit haben wir unsere persönliche Garantie gegeben. Das war der Anlaß unserer Anwesenheit.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU/ CSU sowie Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Frau Vollmer, ich möchte ohne Unterbrechung sprechen.
    Meine Damen und Herren, wir appellieren an die Führung der DDR, den ersten Schritten grundlegende Reformen folgen zu lassen, die den Erwartungen der Menschen in der DDR entsprechen. Möge die Führung der DDR, die in diesen Stunden vor schwerwiegenden Entscheidungen steht, die Einsicht und die Kraft finden, das zu tun, was die Bürger so eindrucksvoll fordern. Das ist mehr als die Reise-, und es ist mehr als die Ausreisefreiheit. Es ist die Freiheit, die es allen möglich machen soll, dort zu bleiben, und zwar gerne. Die Beseitigung von Mauer und Stacheldraht wird außer der Abhaltung freier Wahlen der Glaubwürdigkeitstest sein. Auch in diesem Sinne ist Freiheit unteilbar.
    Die Führung der DDR trägt in diesen Tagen eine schwere Verantwortung. Es ist unser aufrichtiger Wunsch, daß sie dieser Verantwortung gerecht werden möge. Unsere Bereitschaft zu Dialog und Zusammenarbeit mit allen politischen Kräften in der DDR und der Respekt vor der unabhängigen Entscheidung der Deutschen dort sind Ausdruck unserer Verantwortung. Auch in der Führung der DDR hat die Einsicht an Boden gewonnen, daß nicht Abwerbungen aus dem Westen, sondern die Bevormundung mündiger Bürger und das Fehlen von Perspektiven die Ursachen für den massenhaften Auszug sind. Die Ursachen liegen allein in der DDR; nur dort können sie beseitigt werden.
    Wir wollen nicht destabilisieren; aber Reformverweigerung kann zu Instabilität führen. Unsere Sympathie für den Freiheitswillen unserer Mitbürger ist alles andere als Einmischung.
    Wir dürfen keine Zweifel daran aufkommen lassen, daß das Wort von der Nation und ihrer Einheit keine Leerformel ist, das nur gilt, solange die DDR die Tür geschlossen hält. Auch angesichts großer Probleme sollte niemand den Eindruck erwecken, daß die For-



    Bundesminister Genscher
    derung nach Freizügigkeit nur so lange gegolten hat, solange die DDR die Freizügigkeit verweigerte.
    Die Einheit und die Solidarität der Nation — ob wir in zwei Staaten leben oder staatlich auch wieder zueinander finden — umfaßt die gemeinsame Verantwortung für die Vergangenheit, für die Gegenwart und für die Zukunft. In der Aufnahme der Deutschen aus der DDR bei uns muß sich diese Solidarität erweisen. Sie darf nicht nur in materiellen Leistungen bestehen. Sie muß auch in der menschlichen Zuwendung ihren Ausdruck finden.
    Diese Solidarität wird sich auch erweisen müssen, wenn sich — was hoffentlich recht bald geschieht — die DDR auf den Weg durchgreifender Reformen begibt. Hier müssen unseren Worten von gestern und heute die Taten von morgen folgen. Wir können und wollen Reformen nicht kaufen, aber wir werden der Solidarität der Nation nur gerecht, wenn wir den Erfolg wirklicher Reformen durch umfassende Zusammenarbeit erleichtern.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Wir wollen unseren Bürgern in der Bundesrepublik Deutschland schon heute sagen: Das wird von uns große . Leistungen erfordern. Diese Leistungen sind nicht Opfer, sie sind Investitionen in eine freiheitliche und friedliche Zukunft der Deutschen und der Europäer dort und hier.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Sie sind Ausdruck unserer europäischen und unserer nationalen Solidarität.
    Unsere Verbündeten und Partner im Westen genauso wie unsere Nachbarn im Osten stellen die Frage nach der Zukunft der Deutschen. Sie fragen, was die Deutschen wollen, was die deutsche Zukunft für sie bedeutet. Nach allem, was war, kann man eine solche Frage verstehen, ja, man muß sie verstehen.
    Es geht zuallererst um Freiheit und Frieden. Jede unserer Entscheidungen in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf dieser Grundlage getroffen: die Entscheidung für das Grundrecht, für die freiheitlichste Verfassung unserer Geschichte; die Entscheidung für die Bewahrung unserer Freiheit in Frieden durch den Beitritt zum Bündnis der westlichen Demokratien; die Entscheidung für ein Europa der Freiheit durch unsere Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft; die Entscheidung für die friedens- und freiheitsbildende Schlußakte von Helsinki, die das Kursbuch für Freiheit, Menschenrechte und Zusammenabeit in ganz Europa ist und die nur durch die Ostverträge möglich wurde.
    Kein anderes Volk mußte einen dieser Schritte, die wir in der Bundesrepublik Deutschland getan haben, fürchten. Und kein anderes Volk muß heute etwas fürchten, wenn die Deutschen der DDR die Freiheitsfrage stellen, wenn sie ihre Freiheit einfordern. Alle unsere Nachbarn sollten erkennen, daß von Deutschen in Freiheit noch nie eine Gefahr für sie ausgegangen ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN)

    Das wird gewiß auch dann nicht geschehen, wenn diese Freiheit die Deutschen zueinanderführt und dann auch das Trennende zwischen den Europäern überwindet.
    Wir danken Präsident Bush und Präsident Mitterrand für ihre klaren Worte zur deutschen Einheit. Das gilt auch für die herzlichen Worte, die mein französischer Kollege und Freund Dumas gestern im französischen Parlament gesprochen hat.
    Das Schicksal der deutschen Nation, eingebettet in ein Europa der Freiheit, ist für niemanden eine Gefahr. Anlaß zur Sorge wäre ein nationaler Alleingang. Er wäre nicht nur Anlaß zur Sorge für unsere Nachbarn, es wäre auch Anlaß zur Sorge für uns selbst.

    (Frau Schulte [Hameln] [SPD]: Das ist wohl wahr!)

    Neutralistische Alleingänge wären ein Rückfall in die Vergangenheit. Sie würden neue Instabilitäten in Europa schaffen. Sie würden den Prozeß der West-OstAnnäherung ernsthaft gefährden. Sie würden damit auch den nationalen Interessen der Deutschen, die heute mit den europäischen Interessen identisch sind, schaden.
    Unser Standort in dieser Zeit des Wandels ist klar: Die Bundesrepublik Deutschland gehört zur westlichen Werte- und Staatengemeinschaft der europäischen und nordamerikanischen Demokratien als Gründungsmitglied und engagierter Baumeister der Europäischen Gemeinschaft, als engster Partner Frankreichs.
    Gerade in dieser dynamischen Phase der europäischen Politik ist es bedeutsam, sich Gewißheit über das Verhältnis unserer nationalen und unserer europäischen Interessen zu verschaffen. Diese Interessen sind identisch. Der folgenschwerste Fehler deutscher Politik würde es sein, die deutschen Interessen in einen Gegensatz zu unseren europäischen Interessen und zu unserer europäischen Friedenspolitik zu bringen, d. h. zu unserer Mitgliedschaft in der Europäische Gemeinschaft und zu unserer Politik der Zusammenarbeit mit den Staaten Mittel- und Osteuropas.
    Die Gleise für die Perspektiven, die wir heute erkennen, sind gelegt worden mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft; sie wurden gelegt mit der deutschen Vertragspolitik nach Osten und mit der Schlußakte von Helsinki. Wir stehen zu diesen Verträgen nach Buchstaben und Sinn ohne Wenn und ohne Aber. Das sind europäische Gleise; sie führen zusammen. Deshalb müssen sie gefestigt und verlängert werden. Wer diese Gleise verläßt, wird in einer Sackgasse, in der Isolierung der Deutschen enden.
    Der Beitrag, den wir Deutschen in dieser bewegenden Zeit leisten können, ist ganz gewiß nicht nur materieller Art. Der Beitrag liegt in unserer Entscheidung für Verantwortungspolitik an Stelle von Machtpolitik. Zusammen mit unseren Partnern in der Europäischen Gemeinschaft und im westlichen Bündnis müssen wir stabile Rahmenbedingungen schaffen, in denen sich die Reformen in Mittel- und Osteuropa ohne Belastung von außen vollziehen können. Das bedeutet, wir müssen in der Europäischen Gemeinschaft konsequent weitergehen auf dem Weg zur europäischen Union. Die Faszination dieses Einigungsprozesses,



    Bundesminister Genscher
    der ein Stück schon verwirklichter europäischer Friedensordnung bedeutet, ist Ermutigung für die Reformer östlich von uns, und sie ist die Hoffnung der Menschen dort.
    Diese Europäische Gemeinschaft muß für vielfältige Formen der Zusammenarbeit mit den Reformstaaten Mittel- und Osteuropas, die das wollen, offen sein. Das ist die gesamteuropäische Aufgabe und Verantwortung der Europäischen Gemeinschaft.
    Als Partner des Atlantischen Bündnisses mit den USA und Kanada müssen wir auf der Grundlage des Harmel-Berichts weiterarbeiten für das große Ziel einer europäischen Friedensordnung vom Atlantik bis zum Ural, an der die USA ebenso teilnehmen wie die Sowjetunion.
    Die Schlußakte von Helsinki ist die Kursbestimmung für den Weg und für die innere Ausgestaltung der europäischen Friedensordnung oder des gemeinsamen europäischen Hauses, von dem Gorbatschow spricht.
    Wir müssen entschlossen vorangehen bei der Abrüstung in allen Bereichen. Die Abrüstung muß mit der politischen Entwicklung Schritt halten. Je umfassender die Strukturen kooperativer Sicherheit, je geringer damit auch die militärischen Elemente des WestOst-Verhältnisses werden, um so weniger werden sicherheitspolitische Erwägungen die Reformentwicklung in Mittel- und Osteuropa bestimmen.
    Wir wissen sehr genau, welche Probleme und Schwierigkeiten der von Gorbatschow in Gang gesetzte Prozeß der Umgestaltung mit sich bringt. Die Sowjetunion und alle anderen Staaten des Warschauer Paktes sollen wissen: Wir, der Westen, werden nichts tun, um diese Lage für uns auszunutzen. Wir werden sie nicht ausnutzen, um uns einseitige Vorteile zu verschaffen. Wir wollen den Erfolg dieses Weges, der Gorbatschow heute schon zu einer Persönlichkeit von historischem Rang gemacht hat.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Wir wissen, daß mehr Freiheit und Demokratie östlich von uns auch mehr Sicherheit für uns bedeuten und daß sie den Weg zu einer dauerhaften und gerechten Friedensordnung öffnen.
    Die Geschichte wiederholt ihre Angebote nicht. Deshalb wollen wir durch umfassende Zusammenarbeit zum Erfolg dieser Reformen entschlossen beitragen. Wir Deutschen werden in dieser Zeit der großen Entwicklungen Kurs halten in unserer Politik. Wir sind uns dabei bewußt, daß das Bekenntnis zu Buchstaben und Geist der von uns geschlossenen Verträge, des Moskauer Vertrages, des Warschauer Vertrages, des Vertrages mit der ČSSR und des Grundlagenvertrages mit der DDR, unser wichtiger Beitrag zu diesen stabilen Rahmenbedingungen ist.
    Wir wissen, was das gerade im Blick auf das polnische Volk bedeutet. Es entspricht Buchstaben und Geist des Warschauer Vertrages, daß wir die Erfüllung der polnischen Erwartungen, in sicheren Grenzen leben zu können, nicht der DDR und auch nicht der
    Anwesenheit der Roten Armee in Mitteleuropa überlassen dürfen.

    (Beifall hei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)

    Daran Zweifel aufkommen zu lassen läßt uns nichts gewinnen. Aber es setzt vieles aufs Spiel.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Deshalb soll das polnische Volk, so wie es auch in der Entschließung der Koalition heißt, wissen, daß sein Recht, in sicheren Grenzen zu leben, von uns Deutschen weder jetzt noch in Zukunft durch Gebietsansprüche in Frage gestellt wird.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Bestand hat, was der Bundeskanzler und der damalige Staatsratsvorsitzende der DDR am 12. März 1985 erklärt haben: Die Unverletzlichkeit der Grenzen und die Achtung der territorialen Integrität und der Souveränität aller Staaten in Europa in ihren gegenwärtigen Grenzen sind eine grundlegende Bedingung für den Frieden. Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg, von deutschem Boden muß Frieden ausgehen.

    (Sehr wahr! bei der FDP)

    Das ist die Verantwortung der Deutschen in West und Ost. Dieser Verantwortung müssen wir uns bewußt sein, wenn wir unser Schicksal hier in der Bundesrepublik Deutschland und drüben in der DDR gestalten.
    Die deutsch-sowjetische Erklärung vom 13. Juni dieses Jahres, die auf dem Moskauer Vertrag aufbaut, nennt Prinzipien und Ziele für eine friedliche Zukunft Europas. Meine Damen und Herren, nichts können wir erreichen ohne oder gar gegen unsere europäischen Nachbarn in West und Ost. Aber alles können wir erreichen mit Europa. Wir haben unser Schicksal untrennbar mit dem des ganzen Europas verbunden. Wir dürfen deshalb unsere Politik nicht enteuropäisieren. Es bleibt dabei: Europa ist unser Schicksal und ist unsere Chance. Es ist die einzige, die wir haben. Wir haben keine andere.
    Das bedeutet: Unsere Politik ist um so nationaler, je europäischer sie ist. Die Erfahrung der Geschichte lehrt: Nur als gute Europäer können wir auch gute Deutsche sein.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der GRÜNEN)