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    Plenarprotokoll 11/171 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 171. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. Oktober 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 12822 D Tagesordnungspunkt 3: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung und zu dem Europäischen Übereinkommen vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses (Drucksache 11/5314) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung und des Europäischen Übereinkommens vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses (Sorgerechtsübereinkommens-Ausführungsgesetz, Sorge-RÜbkAG) (Drucksache 11/5315) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Marktstrukturgesetzes (Drucksache 11/5317) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau (Drucksache 11/5318) e) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erweiterung des Zeugnisverweigerungsrechtes für Mitarbeiter/ -innen von Presse und Rundfunk sowie des entsprechenden Beschlagnahmeverbotes auf selbsterarbeitetes Material (Drucksache 11/5377) f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Vorschriften über gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (Investment-Richtlinie-Gesetz) (Drucksache 11/5411) g) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Empfehlung 169 betreffend die Beschäftigungspolitik (Drucksache 11/3631) 12799 A Tagesordnungspunkt 4: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zum Bericht der Enquete-Kommission „Chancen und Risiken der Gentechnologie" (Drucksachen 10/6775, 11/5320) Seesing CDU/CSU 12800 B Catenhusen SPD 12803 A Kohn FDP 12806 B Frau Rust GRÜNE 12809 C II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Oktober 1989 Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 12812 C Schreiner SPD 12814 A Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 12815 D Frau Blunck SPD 12819D Fellner CDU/CSU 12821 A Tagesordnungspunkt 5: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Wollny und der Fraktion DIE GRÜNEN: Schutz der Bevölkerung und der Umwelt vor radioaktiven Strahlen (Drucksachen 11/2837, 11/4151) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahr 1986 (Drucksache 11/5049) Frau Wollny GRÜNE 12823 B Harries CDU/CSU 12824 A Schütz SPD 12825 A Baum FDP 12826 C Gröbl, Parl. Staatssekretär BMU 12827 B Nachträgliche Erteilung eines Ordnungsrufes 12828 B Tagesordnungspunkt 6: Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Kittelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Dr. Feldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Politische, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Lage im Mittelmeer-Raum (Drucksachen 11/2162, 11/4870) Kittelmann CDU/CSU 12828 C Dr. Osswald SPD 12830 B Dr. Feldmann FDP 12833 C Frau Beer GRÜNE 12834 C Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Staatsminister AA 12836 C Dr. Pohlmeier CDU/CSU 12838 C Antretter SPD 12840 C Lummer CDU/CSU 12842 A Tagesordnungspunkt 7: Beratungen ohne Aussprache a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Statistiken der Rohstoff- und Produktionswirtschaft einzelner Wirtschaftszweige (Rohstoffstatistikgesetz — RohstoffStatG) (Drucksachen 11/4614, 11/5346) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichtes des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (Drucksachen 11/2465 Nr. 2.20, 11/4760) c) Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung in die Veräußerung des Bundesanteils am „Oberen Mundatwald" gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung (Drucksachen 11/5002, 11/5334) d) Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung zur Veräußerung der bundeseigenen Wohnsiedlung in DortmundEying, Hessische Straße, Schwäbische Straße, Preußische Straße, Pfälzische Straße und Osterfeldstraße (Drucksachen 11/5056, 11/5335) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Vierte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 11/4912, 11/5343) f) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Dreiundsechzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 11/5045, 11/5344) g) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Vierundsechzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 11/5093, 11/5345) h) Beratung der Ersten Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die allgemeine Produktsicherheit (Drucksachen 11/5145 Nr. 3.2, 11/5376) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung einge- Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Oktober 1989 III brachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 16. April 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksachen 11/5288, 11/5471, 11/5472) 12843 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Aktuelle Stunde betr. Friedensauftrag der Bundeswehr Dr. Dregger CDU/CSU 12853 B Horn SPD 12854 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 12855 A Dr. Knabe GRÜNE 12856 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg . 12857 B, 12863 A Duve SPD 12858 B Biehle CDU/CSU 12859 C Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 12860 C Dr. Hoyer FDP 12861 A Zumkley SPD 12862 A Breuer CDU/CSU 12863 C Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 12864 B Engelhard, Bundesminister BMJ 12865 C Lowack CDU/CSU 12866 C Wüppesahl fraktionslos 12867 D Wilz CDU/CSU 12868 B Tagesordnungspunkt 8: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Sportausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sechster Sportbericht der Bundesregierung (Drucksachen 10/6241, 11/20 Nr. 27, 11/3948) Fischer (Hamburg) CDU/CSU 12869 B Lambinus SPD 12870 C Baum FDP 12873 B Brauer GRÜNE 12874 C, 12877 B Tillmann CDU/CSU 12875 C Dr. Schäuble, Bundesminister BMI 12877 C Tagesordnungspunkt 9: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zur Chancengleichheit zwischen Jungen und Mädchen im Bereich der schulischen und beruflichen Bildung (Drucksachen 11/2739, 11/4143) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft aa) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Konzeption für die Förderung überbetrieblicher beruflicher Ausbildungsstätten bb) zu dem Antrag des Abgeordneten Odendahl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Förderung überbetrieblicher Ausbildungsstätten cc) zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Hillerich, Wetzel und der Fraktion DIE GRÜNEN: Kooperation der Lernorte in der über- und außerbetrieblichen Berufsbildung beim Lernen mit neuen Technologien (Drucksachen 11/2824, 11/2728, 11/3075, 11/5050) Schemken CDU/CSU 12879 D Rixe SPD 12881 D Neuhausen FDP 12883 B Frau Hillerich GRÜNE 12884 C Dr. Lammert, Parl. Staatssekretär BMBW 12886 A Dr. Böhme (Unna) SPD 12887 D Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiedereinführung des Weihnachts-Freibetrags (Drucksache 11/5370) Poß SPD 12889 C Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU 12891 B Hüser GRÜNE 12893 B Dr. Solms FDP 12894 B Dr. Voss, Parl. Staatssekretär BMF 12895 A Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Esters, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung (Drucksache 11/5009) Esters SPD 12896 C Dr. Friedmann CDU/CSU 12898 C Frau Vennegerts GRÜNE 12900 A Zywietz FDP 12901D Dr. Voss, Parl. Staatssekretär BMF 12903 B Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen gemäß j 12 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) vom 8. Juni 1967 für die Jahre 1987 bis 1990 (Zwölfter Subventionsbericht) (Drucksache 11/5116) IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Oktober 1989 Dr. Voss, Parl. Staatssekretär BMF 12904 B Wieczorek (Duisburg) SPD 12905 B Frau Will-Feld CDU/CSU 12908 C Frau Vennegerts GRÜNE 12909 D Dr. Weng (Gerlingen) FDP 12910 D Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags des Abgeordneten Wieczorek (Duisburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verwendung der von der Stahlindustrie zurückzuzahlenden Strukturhilfe zum Abbau von Standortnachteilen der Stahlstandorte (Drucksache 11/5156) Wieczorek (Duisburg) SPD 12912 C Dr. Unland CDU/CSU 12914 B Stratmann GRÜNE 12915 D Funke FDP 12917 B Dr. Riedl, Parl. Staatssekretär BMWi 12918 C Tagesordnungspunkt 14: a) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Oesterle-Schwerin, Frau Beer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Die sexuelle Denunziation von tatsächlichen oder vermeintlichen „Urningen" als Mittel der politischen Auseinandersetzung (Drucksachen 11/3901, 11/5107) b) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Zulassung umgangs- und hochsprachlicher Begriffe in Überschriften von Vorlagen des Deutschen Bundestages (Drucksache 11/5421) Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 12920 D Eylmann CDU/CSU 12922 D Wiefelspütz SPD 12925 B Funke FDP 12926 B Dr. Jahn, Parl. Staatssekretär BMJ 12927 C Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Krankengymnastengesetz — MKG) (Drucksache 11/5418) Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 12929 B Wittich SPD 12930 B Frau Würfel FDP 12931 C Frau Schoppe GRÜNE 12932 C Kossendey CDU/CSU 12933 A Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des vom Abgeordneten Stratmann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs über Umweltbeauftragte und Umweltberichterstattung in Unternehmen (Umweltbeauftragtengesetz) (Drucksache 11/5362) Stratmann GRÜNE 12934 B Lattmann CDU/CSU 12936 A Weiermann SPD 12937 B Frau Dr. Segall FDP 12938 D Wüppesahl fraktionslos 12939 D Tagesordnungspunkt 2 Fragestunde — Drucksache 11/5429 vom 20. 10. 1989 — Hinweise der amerikanischen Administration über die Beteiligung deutscher Firmen und Staatsangehöriger an Rüstungsexporten nach Libyen, Irak, Iran, Syrien, Ägypten, Argentinien und Brasilien in den letzten fünf Jahren; Bildung eines Kontrollgremiums mit verbündeten und befreundeten Staaten MdlAnfr 15, 16 Stobbe SPD Ant StMin Schäfer AA 12845 C, 12846 B ZusFr Stobbe SPD 12845 D, 12846 C ZusFr Gansel SPD 12846 A, 12847 C ZusFr Toetemeyer SPD 12847 B Proteste gegen die Beteiligung Deutscher an der Giftgasproduktion in Libyen MdlAnfr 17 Gansel SPD Antw StMin Schäfer AA 12847 D ZusFr Gansel SPD 12847 D ZusFr Stobbe SPD 12848 C ZusFr Dr. Penner SPD 12848 C Nichtteilnahme des deutschen Botschafters am Oktoberfest der deutschen Schule in Pretoria; Spende an den Witwen- und Waisenfonds der Polizei in Südafrika MdlAnfr 19, 20 Toetemeyer SPD Antw StMin Schäfer AA 12848 D, 12849 D ZusFr Toetemeyer SPD . 12849 A, 12849 D ZusFr Duve SPD 12849 B ZusFr Lowack CDU/CSU 12849 C Vereinbarkeit der Äußerungen von Bundesaußenminister Genscher vor der UNO zum Verzicht auf die Stellung von Gebietsansprüchen an Polen mit dem Deutschlandvertrag, den Ostverträgen, den Entscheidungen des Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Oktober 1989 V Deutschen Bundestages und mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts MdlAnfr 21 Marschewski CDU/CSU Antw StMin Schäfer AA 12850 B ZusFr Marschewski CDU/CSU 12850 B ZusFr Lowack CDU/CSU 12851 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 12851 B Voraussetzungen und Kriterien für die Einleitung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bei militärischen Baumaßnahmen MdlAnfr 33, 34 Dr. Kübler SPD Antw PStSekr Wimmer BMVg 12851 D, 12852 C ZusFr Dr. Kübler SPD 12852 B Forschungsmittel für die Firma Continental für die Entwicklung eines Sicherheitsreifens MdlAnfr 42, 43 Reuter SPD Antw PStSekr Wimmer BMVg 12852 D, 12853 A ZusFr Reuter SPD 12852 D, 12853 A Nächste Sitzung 12942 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 12943* A Anlage 2 Trennung von ca. 200 Kindern von ihren in angolanischen SWAPO-Lagern festgehaltenen namibischen Müttern und Entsendung dieser Kinder zu „Erziehungszwecken" in die DDR MdlAnfr 14 — Drs 11/5429 — Lowack CDU/CSU SchrAntw StMin Schäfer AA 12943* C Anlage 3 Arbeitsweise und Kapazität der C-WaffenZerstörungsanlage auf Johnston Atoll MdlAnfr 18 — Drs 11/5429 — Opel SPD SchrAntw StMin Schäfer AA 12943* D Anlage 4 Zusage des Parlamentarischen Staatssekretärs Wimmer zur Unterstützung weiterer Reduzierungen von Tiefflügen angesichts der Aussage von Bundesminister Dr. Stoltenberg über das im neuen Tiefflugkonzept enthaltene Maximum an Tiefflug-Einschränkungen MdlAnfr 31, 32 — Drs 11/5429 — Gerster (Worms) SPD SchrAntw PStSekr Wimmer BMVg 12943* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Oktober 1989 12799 171. Sitzung Bonn, den 26. Oktober 1989 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 27. 10. 89 Dr. Apel SPD 27. 10. 89 Bachmaier SPD 26. 10. 89 Bamberg SPD 26. 10.89 Dr. Blüm CDU/CSU 27. 10. 89 Böhm (Melsungen) CDU/CSU 27. 10. 89 ** Brandt SPD 27. 10. 89 Büchner (Speyer) SPD 26. 10. 89 * Dr. von Bülow SPD 27. 10. 89 Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 27. 10. 89 Eich GRÜNE 27. 10. 89 Frau Frieß GRÜNE 26. 10. 89 Gallus FDP 27. 10. 89 Gerster (Worms) SPD 27. 10. 89 Glos CDU/CSU 27. 10. 89 Dr. Götz CDU/CSU 27. 10. 89 Graf SPD 27. 10. 89 Großmann SPD 27. 10. 89 Dr. Hauchler SPD 27. 10. 89 Dr. Hirsch FDP 27. 10. 89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 27. 10. 89 * Dr. Kappes CDU/CSU 27. 10. 89 Kittelmann CDU/CSU 26. 10. 89 * Klein (Dieburg) SPD 27. 10. 89 Dr. Klejdzinski SPD 27. 10. 89 * Klose SPD 27. 10. 89 Kolbow SPD 27. 10. 89 Lenzer CDU/CSU 27. 10. 89 * Frau Luuk SPD 27. 10. 89 Meyer SPD 27. 10. 89 Möllemann FDP 27. 10. 89 Dr. Müller CDU/CSU 27. 10. 89 ** Nagel SPD 27. 10. 89 Paterna SPD 27. 10. 89 Frau Renger SPD 27. 10. 89 Reuschenbach SPD 27. 10. 89 Frau Rock GRÜNE 27. 10. 89 Schanz SPD 27. 10. 89 Scharrenbroich CDU/CSU 26. 10 .89 Schäfer (Offenburg) SPD 26. 10. 89 Dr. Scheer SPD 27. 10. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 27. 10. 89 Dr. Soell SPD 27. 10. 89 ** Dr. Stavenhagen CDU/CSU 26. 10. 89 Dr. Struck SPD 27. 10. 89 Dr. Uelhoff CDU/CSU 27. 10. 89 Verheugen SPD 27. 10. 89 Vogt (Düren) CDU/CSU 27. 10. 89 Weisskirchen (Wienloch) SPD 27. 10. 89 Weiß (Kaiserslautern) CDU/CSU 27. 10. 89 Westphal SPD 27. 10.89 Frau Wieczorek-Zeul SPD 27. 10. 89 Wissmann CDU/CSU 27. 10.89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Antwort des Staatsministers Schäfer auf die Frage des Abgeordneten Lowack (CDU/CSU) (Drucksache 11/5429 Frage 14): Ist der Bundesregierung bekannt, daß ca. 200 Kinder ihren in angolanischen Lagern der SWAPO festgehaltenen namibischen Müttern weggenommen und in die DDR zu „Erziehungszwekken" verbracht worden sind, und was wird die Bundesregierung gegen diese grausame und menschenunwürdige Handlungsweise unternehmen? Der Bundesregierung sind Presseberichte bekannt, daß sich namibische Flüchtlingskinder in der DDR befinden. Für die in der Frage enthaltenen weiteren Behauptungen hat die Bundesregierung keine Belege. Das DDR-Außenministerium hat derartige Vorwürfe als „Verleumdung" zurückgewiesen und hervorgehoben, daß es sich bei den in Heimen und Schulen der DDR betreuten Kindern in der Mehrzahl um Waisen handele. Darüber hinausgehende Informationen liegen der Bundesregierung nicht vor. Die Botschaft in Luanda und die diplomatische Beobachtermission in Windhuk sind angewiesen worden, dieser Frage nachzugehen. DDR-Beobachter in Windhuk, Botschafter Schleicher, hat hierzu in einem Interview in den NamibiaNachrichten (22.-23. Oktober 89) erklärt, daß sich derzeit 400 Kinder und Jugendliche aus Namibia freiwillig in der DDR aufhielten. 200 davon seien im Juli dieses Jahres nach der Auflösung der SWAPO-Flüchtlingslager in Angola eingetroffen. Die Kinder seien in einem Kinderheim in einem ehemaligen Schloß bei Güstrow untergebracht. Die DDR sei zur Mitarbeit bei weiterer Aufklärung bereit. Zu diesem Zweck könne man auch seriöse Journalisten einladen. Anlage 3 Antwort des Staatsministers Schäfer auf die Frage des Abgeordneten Opel (SPD) (Drucksache 11/5429 Frage 18): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Arbeitsweise und Kapazität der neuen C-Waffen-Zerstörungsanlage auf Johnston Atoll? Zur Arbeitsweise der Anlage liegt eine offizielle Veröffentlichung der USA vom Januar 1988 vor, die ich Ihnen gerne zusende. Über die Kapazität der Anlage hat die Bundesregierung keine Informationen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wimmer auf die Fragen des Abgeordneten Gerster (Worms) (SPD) (Drucksache 11/5429 Fragen 31 und 32): 12944* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Oktober 1989 Trifft es zu, daß der Parlamentarische Staatssekretär Wimmer gegenüber der CDU-Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz seine Bereitschaft erklärt hat, weitergehende Forderungen des Landes Rheinland-Pfalz zur Reduzierung des Tiefflugs in die BundLänder-Beratungen einzubringen? Wenn ja, ist damit die Aussage von Bundesminister Dr. Stoltenberg hinfällig, der „Tiefflugbericht" der Bundesregierung enthalte das derzeit mögliche Maximum an Tiefflug-Einschränkungen der Luftwaffe und der alliierten Luftstreitkräfte? Zu Frage 31: Dies trifft nicht zu. Der Parlamentarische Staatssekretär hat erklärt, daß es Ziel des Bundesministers der Verteidigung ist, bei Erarbeitung eines Modells zur gerechteren Verteilung des Tiefflugaufkommens 75 m auch andere aus dem Flugbetrieb der Streitkräfte resultierende Belastungen zu berücksichtigen. Umfang und Gewichtung dieser Einflußfaktoren werden u. a. Gesprächsthemen in der Bund-Länder-Kommission sein. Zu Frage 32: Die Feststellung zur vorherigen Frage beinhaltet die Antwort zu dieser Frage.
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    Rede von Roland Kohn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Der Politik wird ja häufig vorgeworfen, daß sie sich erst dann mit Themen auseinandersetze, wenn das Kind — salopp gesprochen — schon in den Brunnen gefallen sei. Ich glaube, daß der Deutsche Bundestag diesmal mit der Einsetzung der Enquete-Kommission Gentechnologie im Jahre 1984 den Versuch unternommen hat, dieser Gefahr vorzubeugen und erstmals in einem modellhaften Verfahren Technikfolgenabschätzung zu praktizieren.
    Ich will uns hier nicht selbst auf die Schulter klopfen, doch ich denke, daß die internationale Resonanz, die die Arbeit der Enquete-Kommission gefunden hat, deutlich macht, daß wir hier einen vernünftigen Ansatz gewählt haben. Vielleicht ist die Arbeit der Enquete-Kommission für die weitere Beratung der Thematik „Institutionalisierung und Organisation des Technikfolgenabschätzungsprozesses" in diesem Hause ein interessantes Vorbild. Ich würde mir das jedenfalls wünschen.
    Ich will an dieser Stelle ganz persönlich den Kollegen Catenhusen und Seesing danken, mit denen ich nun seit fünf Jahren, seit der Einsetzung der EnqueteKommission, an diesem Thema gearbeitet habe.

    (Zustimmung bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)

    Trotz aller in Einzelpunkten natürlich vorhandenen Unterschiede hat sich auch ein hohes Maß an persönlicher Vertrautheit und an Bereitschaft, die Argumente des anderen aufzunehmen, ergeben. Der Konsens, von dem Sie, Herr Catenhusen, hier gesprochen haben, ist in der Tat auch für uns Liberale ein hohes Gut, weil wir denken, diese Thematik ist zu wichtig, als daß wir sie zum Gegenstand der üblichen Rituale der Tagespolitik machen dürften.
    Ich will noch eine ganz persönliche Bemerkung hinzufügen. Als ich 1984 von meiner Fraktion in die Enquete-Kommission geschickt wurde, war ich natürlich kein Experte. Ich maße mir auch heute nicht an, mich in diese Rubrik einzureihen. Aber ich habe in diesen Jahren gelernt, welche gesellschaftlichen, welche politischen Probleme von der Gentechnologie ausgehen können, wie wir als Staat, als Gesellschaft darauf zu reagieren haben. Bei all dem, was einen im politischen Prozeß sonst manchmal beschwert — jeder von uns hat hier hinreichende Erfahrungen —, war das für mich persönlich eine der angenehmsten Erfahrungen im Deutschen Bundestag.
    Meine Damen und Herren, ich will zunächst versuchen, einige wenige Bemerkungen zur Frage der Grundsätze zu machen, die für uns Liberale maßgebend sind, wenn wir uns mit der Gentechnologie auseinandersetzen. Ich unterstreiche hier das, was sowohl vom Kollegen Seesing als auch von Herrn Catenhusen gesagt wurde. Wir sind der Überzeugung, daß nur mit konsequenter und strenger Sachlichkeit dieser Thematik begegnet werden kann. Wir haben uns von Anfang an dagegen gewehrt, daß Horrorgemälde die öffentliche Diskussion bestimmt haben. Wir haben uns auch mit der gleichen Präzision und Deutlichkeit dagegen verwahrt, daß der Versuch gemacht werden könnte, irgend etwas unter den Teppich zu kehren. Alles mußte auf den Tisch, alles mußte ausgetragen werden.
    Vor diesem Hintergrund sage ich: Der Grundsatz, von dem wir Liberalen uns auch in Zukunft leiten lassen wollen, lautet: Wir wollen, daß die Gentechnolo-



    Kohn
    gie in unserem Lande verantwortungsbewußt gestaltet wird.
    Was heißt das? Das heißt, die Gentechnologie muß nach unserer Überzeugung in vollem Umfange den ethischen Maßstäben unterworfen bleiben, die sich aus der Wertordnung unseres Grundgesetzes ergeben. Die Gentechnologie muß auch weiterhin strenge Sicherheitsanforderungen erfüllen, um eine möglich werdende Gefährdung von Mensch und Umwelt auszuschließen. Die Gentechnologie muß sich ständig der Technikfolgenabschätzung auf ihre ethischen, auf ihre sozialen, auf ihre ökologischen, auf ihre ökonomischen Konsequenzen hin stellen. In dem so beschriebenen Rahmen muß die Gentechnologie mit dem Ziel der Förderung der Gesundheit, der Welternährung und des Umweltschutzes weiterentwickelt werden. Dies ist die Grundposition, die wir Liberalen bezogen haben.
    Lassen Sie mich an dieser Stelle noch eine Einfügung machen: Es hat auch in den zahlreichen Diskussionen, die wir seither geführt haben, vielfältige Versuche gegeben, die Gentechnologie gleichsam verantwortlich zu machen für alle Beschwernisse und Probleme, die wir auf dieser Welt haben. Meine Damen und Herren, wir müssen verstehen lernen, daß die Gentechnologie nicht ursächlich ist etwa für die Probleme der Dritte-Welt-Politik, daß sie nicht ursächlich ist etwa für die Probleme der Agrarpolitik in der Bundesrepublik, um nur zwei willkürlich gewählte Beispiele herauszugreifen. Aber wir müssen auch sehen, daß die Gentechnologie in all diesen Bereichen eine Rolle spielen kann. Die Aufgabe, die wir als Politiker und als Gesetzgeber haben, besteht darin, diese Rolle zu definieren, zu beschreiben und sie so zu gestalten, daß wir uns am Ende vernünftigerweise damit sehen lassen können. Das ist die Aufgabe, vor der wir stehen. Ich kann uns nur aufrufen, an dieser Strategie ganz entschieden festzuhalten.
    Meine Damen und Herren, ich habe mich von Anfang an mit großem Nachdruck dafür ausgesprochen, schon in der Beschlußfassung über den Arbeitsauftrag der Enquete-Kommission seinerzeit im Jahre 1984, daß wir der Thematik der ethischen Aspekte der Gentechnologie eine ganz besondere Aufmerksamkeit widmen wollen. Wir haben dieses getan. Ich will deshalb diese Ausführungen in den Vordergrund stellen.
    Die Anwendung der Gentechnologie auf den Menschen, also das, was man als Humangenetik bezeichnet, ist natürlich das, was viele Menschen in besonderer Weise bewegt und auch vielfältige Ängste, Sorgen, Befürchtungen und Emotionen hervorgerufen hat.
    Wir Liberalen bekennen uns nachdrücklich zu der Position, die wir in der Enquete-Kommission erarbeitet haben, daß der Eingriff in menschliche Keimbahnzellen für uns nicht akzeptabel ist, und stimmen deshalb ausdrücklich zu, daß im Embryonenschutzgesetz dieses unter Strafe gestellt wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir sagen dort weiterhin: Die Verwendung gentechnisch veränderter menschlicher Keimbahnzellen zur Befruchtung muß ebenfalls unter Strafe gestellt werden. Wir sagen: Die Herstellung genetisch identischer
    menschlicher Individuen, also das, was man als Klonierung bezeichnet, ist ebenfalls mit der Menschenwürde unvereinbar und muß deshalb unter Strafe gestellt werden.

    (Jäger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Selbstverständlich ist für uns auch alles, was auf die Überschreitung der Artengrenze hinweist, nicht akzeptabel.
    Deswegen möchte ich an dieser Stelle namens meiner Fraktion alle ausdrücklich dazu aufrufen, daß wir das Embryonenschutzgesetz rasch beraten und rasch verabschieden, damit wir in diesem Bereich eine verbindliche Klarheit haben, wo die ethischen Grenzen der Gentechnologie liegen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Catenhusen [SPD]: Das wird auch wirklich Zeit!)

    Der zweite Aspekt, den ich ansprechen möchte, ist der Aspekt der Sicherheit. Ich muß unseren Zuhörern ein wenig erklären, was der Hintergrund ist. Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland seit vielen Jahren Sicherheitsrichtlinien, die allerdings nur für öffentliche Einrichtungen oder für Projekte Verbindlichkeit haben, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden. Wir kamen in der Enquete-Kommission zu der Überzeugung, daß das auf Dauer nicht ausreicht, obwohl sich die betroffene Industrie bereit erklärt hat, diese Regeln im Wege einer freiwilligen Selbstbindung zu übernehmen. Das ist deshalb nicht ausreichend, weil wir Politiker dann kein Instrumentarium haben, um einen Verstoß gegen diese Regelungen auf wirksame Weise zu ahnden. Deshalb haben wir die Idee entwickelt, ein Gentechnikgesetz zu machen, das diese Sicherheitsfragen verbindlich regelt und auf dem Wege entsprechender Verordnungen die konkrete Anpassung an den Gang der technischen und wissenschaftlichen Entwicklung ermöglicht.
    Wir fordern, daß in diesem Gentechnikgesetz zwei Kriterien maßgebend sind, nämlich einmal daß sich die Frage, wie diese Sicherheit im Detail zu organisieren ist, an dem tatsächlichen Gefährdungspotential orientiert, das von den benutzten gentechnisch veränderten Organismen ausgeht. Wir fordern zweitens, daß sichergestellt wird, daß in diesem einen Gesetz alle relevanten Aspekte auf einem hohen Sicherheitsstandard zusammengefaßt werden, daß wir also eine Konzentrationswirkung erreichen, die dazu beiträgt, etwas weniger Bürokratie zu haben, ohne daß dadurch in irgendeiner Weise Sicherheitsaspekte abgebaut oder verringert würden.
    Nachdem der Bundesrat den vorliegenden Entwurf eines Gentechnikgesetzes der Bundesregierung mit einer Vielzahl auch kritischer Kommentare bedacht hat, will ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen: Der politische Wille von uns Liberalen ist, daß dieses Gentechnikgesetz in dieser Legislaturperiode des Deutschen Bundestages beraten und beschlossen wird.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD — Seesing [CDU/CSU]: Nicht nur das!)

    Ich appelliere deshalb von dieser Stelle aus an die
    Bundesländer, der Verständigungsbereitschaft der



    Kohn
    Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen entgegenzukommen. Lassen Sie uns uns nicht in eine Diskussion über Zuständigkeitsfragen verzetteln, die wir alle einvernehmlich werden regeln können, sondern lassen Sie uns dafür sorgen, daß dieses Gesetz in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht wird und daß wir vor allem — darauf lege ich als Forschungspolitiker großen Wert — die Grundlagenforschung in unserem Lande durch unüberlegte bürokratische Regelungen nicht behindern.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe das hier so deutlich gesagt, obwohl die Bundesratsbank heute nicht besetzt ist.

    (Dr. Hoyer [FDP]: Leider!)

    Ich finde das sehr schade. Denn ich denke, nachdem der Bundesrat so deutliche Kritik an der Bundesregierung geübt hat,

    (Catenhusen [SPD]: Richtig!)

    wäre es hilfreich für einen Dialog gewesen, wenn die Vertreter der Länder heute an unserer Debatte im Deutschen Bundestag teilgenommen hätten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Catenhusen [SPD]: Aber die Kritik war richtig!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch zu einigen Aspekten der Anwendung der Gentechnologie Stellung nehmen. In wenigen Tagen wird das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg sein 25. Jubiläum feiern. Ich habe in vielen Gesprächen mit den Wissenschaftlern dort gelernt, daß die Rolle der Gentechnologie für die Auf gabenstellung, die dort behandelt wird, ganz entscheidend ist. Die Wissenschaftler sagen mir: Wir haben noch nicht einmal eine Chance, diese Krankheit wirksam zu bekämpfen, wenn wir uns nicht gentechnologischer Erkenntnisse und Erfahrungen bedienen. Deshalb sagen wir Liberalen: Wir wollen, daß die Gentechnologie als Gesundheitstechnologie von unserer Gesellschaft angewandt wird.
    Wir Liberalen sprechen uns weiter dafür aus, daß wir uns im Bereich der Agrarpolitik dem Thema der Sicherung der Welternährung stellen. In diesem Zusammenhang wurde vielfach das Argument vorgetragen, das sei eine ganz verquere Diskussion. Wir in der Bundesrepublik und in der Europäischen Gemeinschaft würden über Überschüsse und über all solche Dinge reden; was sollte der Beitrag der Gentechnologie sein können, um Welternährungsprobleme zu lösen? Ich muß sagen, daß ich diese Argumentation niemals verstanden habe, weil sie eine solche Provinzialisierung des Denkhorizonts ausdrückt, daß ich mich fragen muß: Leben wir denn nicht in einer Welt, in der wir wissen, daß wir es mit dramatischem Wachstum der Weltbevölkerung zu tun haben, daß heute weltweit Menschen hungern und daß wir ihnen durch konkrete Pflanzenzüchtungen die Chance geben müssen, in ihrer Umwelt und ihren klimatischen Bedingungen zu leben,

    (Frau Blunck [SPD]: Indem wir unsere Gewohnheiten ändern!)

    oder wollen etwa Sie, Frau Zwischenruferin, den Menschen in der Dritten Welt ganz bestimmte Strategien der Ernährung oder des Verhaltens aufzwingen? Das kann von Ihnen doch nicht sinnvollerweise vertreten werden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Blunck [SPD]: Aber genau das machen Sie doch!)

    Deshalb sage ich: Die Gentechnologie ist auch eine Welternährungstechnologie. Auch deshalb wollen wir sie nachdrücklich unterstützen.
    Meine Damen und Herren, wir wissen, daß es in der Zwischenzeit eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, wie wir die Gentechnologie nutzen können, um z. B. umweltbelastende Stoffe abzubauen. Ich denke hier etwa an die Reinigung von Trinkwasser und alles, was in diesem Zusammenhang hineingehört. Ich weiß, daß das manche nicht gerne hören, weil es nicht in ihr ideologisch geprägtes Weltbild hineinpaßt.

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Weil Sie falsche Ansätze haben!)

    Trotzdem sage ich hier ganz deutlich: Wir wollen, daß die Gentechnologie von unserer Gesellschaft als Umweltschutztechnologie genutzt und angewandt wird.
    Herr Catenhusen hat in seinen Ausführungen einen Aspekt besonders betont, nämlich den Aspekt eines möglichen Mißbrauchs der Gentechnologie in einem militärischen Kontext. Wir Liberalen sind wie, ich denke, wir alle in diesem Hause ganz entschieden und nachdrücklich der Auffassung, daß wir die Gentechnologie nicht nur nicht mißbrauchen dürfen, um biologische Waffen herzustellen, sondern daß wir auch alle gemeinsam dafür zu kämpfen haben, daß biologische Waffen, egal ob konventionell, gentechnologisch oder wie auch immer hergestellt, von dieser Erde verschwinden. Das ist die Aufgabe, der wir uns zu stellen haben, und dazu bekennen wir uns.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Meine Damen und Herren, es gibt eine ganze Reihe von Aspekten, die ich hier noch ansprechen müßte. Ich denke etwa an Fragen der Genomanalyse, die wahnsinnig schwierig sind und wo wir an gewisse Grenzen auch dessen stoßen, was mit Hilfe staatlicher Normierungsmechanismen erreicht werden kann. Lassen Sie mich hier nur die Grundpositionen beschreiben. Wir wollen, sofern der Bereich der genetischen Beratung betroffen ist, nicht, daß es zu einer aktiven Beratung durch genetische Beratungsstellen kommt, und wir wollen auch nicht, daß es zu einer direktiven Beratung durch solche Beratungsstellen kommt. Von daher ist es für uns ganz selbstverständlich, daß wir keine eugenisch bestimmte Abtreibungspraxis — das ist der eigentliche Punkt, um den die Diskussion geht — wollen.

    (Jäger [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Ich weiß natürlich — ich sage das hier in Klarheit —, daß es sehr schwierig werden wird, dies in der gesellschaftlichen Realität durchzusetzen. Trotzdem vertreten wir dieses Ziel mit Nachdruck.
    Es gibt auch in unserer Fraktion — ich sage das ganz offen — unterschiedliche Positionen, etwa über



    Kohn
    die Frage, wie wir die Gentechnologie im Arbeitsrecht nutzen. Grundsätzlich gilt aber für uns alle, daß wir zu einer Begrenzung des Fragerechts von Arbeitgebern kommen wollen, darüber hinaus gibt es auch bei uns Überlegungen, ob man nicht den Bereich der Gentechnologie aus dem arbeitsrechtlichen Zusammenhang völlig herausnehmen sollte. Wir sind hier noch zu keiner abschließenden Position gekommen; ich sage das frank und frei. Ich denke, gerade die Gentechnologie sollte eine gute Chance für uns sein, nicht mit vorformulierten und abgeschlossenen, endgültigen Antworten aufzutreten. Vergleichbares gilt für den Bereich des Versicherungswesens, um nur ein weiteres Beispiel zu nennen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen — ich denke, daß dies durch meine Ausführungen deutlich geworden ist — , hier in der Bundesrepublik Deutschland unsere nationalen Hausaufgaben machen.

    (Beifall der Abg. Frau Blunck [SPD])

    Aber dies reicht nicht aus. Wir brauchen EG-einheitliche Regelungen. Ich unterstreiche nachdrücklich, was hierzu von meinen Kollegen schon gesagt wurde. Wir wollen, daß die Gentechnologie innerhalb der Europäischen Gemeinschaft nach vergleichbaren ethischen Maßstäben und vergleichbaren Sicherheitsstandards behandelt wird. Aus diesem Grunde finde ich sehr wichtig, daß es gelungen ist, in diesem Hause, im Deutschen Bundestag, eine gemeinsame Position gegenüber dem Ansinnen etwa von seiten der EG-Kommission zu finden, das hier unter dem Stichwort prädiktiver Medizin vorgetragen wurde. Ich freue mich, daß es gelungen ist, hier zu einer gemeinsamen Haltung zu kommen. Aber auch dies wird, sage ich, noch nicht ausreichen. Deswegen möchte ich von dieser Stelle aus die Bundesregierung darum bitten, international tätig zu werden, eine internationale Konferenz über die Fragen des Umgangs mit der Gentechnologie zu initiieren, damit wir zumindest den Versuch machen können, weltweit zu einem einvernehmlichen Umgang mit dieser Technologie zu kommen.
    Meine Damen und Herren, die Gentechnologie wirft gravierende Fragen auf, auf die ich hier nicht mehr eingehen kann, etwa die Frage nach der Rolle und der Stellung des Menschen in dieser Welt, die Frage, ob man ein anthropozentrisches Weltbild oder ein anderes hat. Sie wirft die Frage nach dem Technologiefolgen-Abschätzungsinstrumentarium auf, das wir in der Politik zur Verfügung haben. Sie wirft auch die Frage — darauf ist Herr Catenhusen dankenswerterweise schon kurz eingegangen — nach der Grundantinomie auf, die politischen Ordnungen zugrunde liegt, nämlich der zwischen gesellschaftlicher Vielfalt und Gegensätzlichkeit einerseits und staatlich-politischer Einheit andererseits. Wir Liberalen sind von unserer Grundsatzposition her immer der Auffassung gewesen, daß wir den Staat möglichst weit zurückhalten wollen und sollen. Deshalb wollen wir die Eigenverantwortung des Menschen nachdrücklich stärken.
    Wir denken, daß die Beratung über die Fragen der Gentechnologie mit der heutigen Diskussion nicht abgeschlossen sein wird. Sie wird uns noch viele Jahre in diesem Hause begleiten.
    Lassen Sie mich zum Ende mit einem Zitat von André Gide schließen, der uns einen Wegweiser für die weitere Diskussion gegeben hat. Er sagte nämlich einmal: „Vertrauen Sie denjenigen, die nach der Wahrheit suchen. Mißtrauen Sie denen, die sie gefunden haben. "

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Rust.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Bärbel Rust


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Kürzlich konnten wir der Presse entnehmen, daß es im neuen Gebäude des Paul-Ehrlich-Instituts in Frankfurt zu einer Explosion gekommen ist. Ursache war ein offener Gashahn. Ein aufmerksamer Arbeiter hatte ihn geschlossen. Zum Verhängnis wurde, daß er anschließend das Licht ausschaltete. Der dabei entstandene Funke löste die Explosion aus. Das Unglück hinterläßt einen Schwerverletzten, eine leichter verletzte Mitarbeiterin und ca. 8 Millionen DM Sachschaden. Trotzdem waren informierte Kreise eher erleichtert. Denn das neue Gebäude ist noch nicht bezogen, die Arbeit noch nicht aufgenommen. Aufgabe des Paul-Ehrlich-Instituts ist u. a. AIDS-Forschung sowie die Prüfung neuer Impfstoffe und neuartiger, zum Teil nur mit Hilfe gentechnologischer Methoden herstellbarer Arzneimittel. Die Arbeit mit kontaminiertem Material im Institut ist also an der Tagesordnung. Eine Sicherheitstür des neuen Gebäudes ist durch die Explosion deformiert worden. Was wäre gewesen, wenn die Mitarbeiter des Instituts die Arbeit in den neuen Räumen schon aufgenommen hätten? Ich habe bisher niemanden getroffen, der sich getraut hätte, auf diese Frage zu antworten.
    Zweites Schlaglicht: Im September dieses Jahres fand der Erörterungstermin für eine gentechnische Produktionsanlage in Marburg statt. Gleich zu Beginn des Erörterungstermins wurde deutlich, daß die zuständige Genehmigungsbehörde mit der Beurteilung von gentechnischen Anlagen völlig überfordert ist. Den anwesenden Behördenvertretern wurde erst nach sachkundigen und insistierenden Hinweisen der Einwender und Einwenderinnen einsichtig, welche Daten und Angaben im Detail notwendig sind, um auch nur annähernd zu einer Beurteilung der biologischen Sicherheit des Produktionsverfahrens zu kommen.
    Damit befinden wir uns in einer Situation, in der den Einwendern und Einwenderinnen bei öffentlichen Genehmigungsverfahren in der Praxis die Aufgabe zukommt, die Mindestsicherheitsstandards für Gentechnik zu formulieren. Es ist also die absurde Situation entstanden, daß die Exekutive über Anträge auf Genehmigung von gentechnischen Anlagen nicht kompetent entscheiden kann.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Die gegenwärtige sogenannte Sicherheitsphilosophie, wie sie sowohl im Bericht der Enquete-Kommission als auch in der Beschlußvorlage des Ausschusses enthalten ist, geht davon aus, daß das Risikopotential der Gentechnik sowohl qualitativ begrenzt als auch



    Frau Rust
    quantitativ bestimmt werden kann. Die wissenschaftliche Grundlage dafür bietet das sogenannte additive Modell. Dieses Modell besagt, daß sich das Risikopotential eines genmanipulierten Organismus aus der Summe der Eigenschaften der benutzten Komponenten im voraus bestimmen lasse. Die molekularbiologische Forschung hat allerdings inzwischen selbst Ergebnisse produziert, die das additive Modell in Frage stellen und auf synergetische Effekte genetischer Neukombinationen hinweisen, die qualitativ neue Eigenschaften zum Ergebnis haben.
    Das dementsprechende synergetische Modell geht davon aus, daß gentechnisch veränderte Organismen unvorhergesehene Wirkungen haben können, ihre Ausbreitung unkontrolliert verlaufen kann und somit die Gefahr auch katastrophaler Veränderungen vorhandener Ökosysteme nicht auszuschließen ist.
    Die Berücksichtigung dieses spezifischen Risikopotentials führt uns in der politischen Bewertung gegenwärtig zu der Forderung, Freisetzungen grundsätzlich zu verbieten, während Enquete-Kommission und Ausschuß den Versuch unternehmen, diese Gefahren durch biologische und technische Sicherheitsmaßnahmen einzugrenzen. Die Enquete-Kommission wird zwar der spezifischen Qualität gentechnischer Risiken nicht gerecht, versucht aber noch, zumindest den höchst unbefriedigenden Stand der Wissenschaft zu berücksichtigen, indem sie ein fünfjähriges Moratorium für die gezielte Freisetzung manipulierter Mikroorganismen vorschlägt.
    Die heute zur Abstimmung vorliegende Beschlußempfehlung soll demgegenüber offenbar dem dilettantischen Machwerk des Gentechnikgesetzentwurfs der Bundesregierung, das die Freisetzung von Mikroorganismen erlaubt, vorab die Zustimmung bringen. Dieses weitere Zugeständnis an die Begehrlichkeiten von Forschung und Industrie ist in jeder Beziehung unverantwortlich.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    In dem Gesetzentwurf wird die Entscheidung über Freisetzungen zentralistisch an das Bundesgesundheitsamt delegiert, also an eine nachgeordnete Behörde der Bundesregierung. Die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, nach denen die Länder die zuständigen Genehmigungsbehörden sind und in denen eine Öffentlichkeitsbeteiligung bei jeder gentechnischen Anlage zwingend vorgeschrieben ist, werden mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung faktisch außer Kraft gesetzt.
    Darüber hinaus soll via Gentechnikgesetz auch noch das Parlament entmachtet werden; denn der Gesetzentwurf sieht in insgesamt 17 von 30 Paragraphen die Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen vor.

    (Jäger [CDU/CSU]: Das hat doch mit Parlamentsentmachtung nichts zu tun! Das steht im Grundgesetz!)

    Die genannten 17 Paragraphen enthalten wiederum
    40 gesonderte Positionen, welche auch wieder durch
    Rechtsverordnung zu regeln sind. Wesentliche Inhalte
    des Gesetzes müssen also erst durch Rechtsverordnung der Regierung nachträglich geregelt werden.
    Dazu gehören auch Ausnahmen von der Genehmigungspflicht bei Freisetzungen und die Auswahl der Freisetzungsanträge, für die kein Anhörungsverfahren durchgeführt wird. Länder, Parlament und Öffentlichkeit sollen also bei Genehmigungsverfahren weitgehend ausgesperrt bleiben, wohingegen die Zentrale Kommission für biologische Sicherheit — ZKBS — praktisch immer beteiligt ist. Damit entscheiden die Anwender der Gentechnik über die Anwendung; denn genau sie sind es, die die ZKBS mehrheitlich bevölkern. Die Bundesregierung ist also dabei, ausgerechnet den Bock zum Gärtner zu machen.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    Nicht nur die Bereiche der Gentechnik, deren Beherrschung auf dem Trugbild des eingrenzbaren Risikos aufbaut, müssen Gegenstand ernsthafter Auseinandersetzung sein, sondern auch die Anwendung gentechnischer Methoden, deren soziale Folgewirkungen gesellschaftliche Risiken ganz anderer Art in sich bergen. Hier kann als exemplarisch die Genomanalyse bei Arbeitnehmern gelten.
    Die Methode scheint auf den ersten Blick einiges für sich zu haben. Via genetischer Analyse wird festgestellt, ob ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin bei der Konfrontation mit einem bestimmten Stoff eine Veranlagung zu krankhaften Reaktionen aufweist. Ergibt die Analyse, daß das getestete Individuum möglicherweise mit Krankheit reagieren könnte, wird es an entsprechenden Arbeitsplätzen nicht eingesetzt.
    Bei näherer Betrachtung stellt diese allzu simple Nutzenanalyse jedoch die bisherige Konzeption des Arbeitsschutzes auf den Kopf. Statt sich an der Exposition, also an der Belastung durch den Stoff zu orientieren, zielen arbeitsmedizinische Untersuchungen hier auf die Disposition, d. h. auf die Ermittlung der individuellen Belastbarkeit. Das klassische Ziel des Arbeitsschutzes, nämlich die Verwendung von gefährlichen Stoffen einzuschränken und zu vermeiden, wird auf diese Weise durch die Strategie ersetzt, von vornherein nur noch genetisch passende Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einzustellen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Angesichts dieser sowohl sozialpolitisch als auch ökologisch unerwünschten potentiellen Fehlentwicklungen wird in der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Forschung und Technologie lediglich Regelungsbedarf konstatiert. Das Screening als Methode wird nicht in Frage gestellt. Statt dessen soll das Schlimmste verhindert werden, wobei die angebliche Restriktivität der Vorschläge durch auffällig häufige Verwendung des Wörtchens „nur" betont wird. So sollen etwa „nur wissenschaftlich abgesicherte Tests angewandt werden". Doch der Bereich dessen, was als wissenschaftlich abgesichert gilt, vergrößert sich mit atemberaubender Geschwindigkeit.
    Weiter heißt es: „Krankheitsanlagen und zukünftige Krankheiten" sollen nicht diagnostiziert werden, sondern „nur die gegenwärtige gesundheitliche Eig-



    Frau Rust
    nung des Arbeitnehmers". In der Praxis aber läßt sich das eine vom anderen nicht trennen.
    Darüber hinaus wird empfohlen, eine genetische Analyse an die schriftliche Einwilligung des betreffenden Arbeitnehmers zu knüpfen.
    Verbal erweckt diese Formulierung den Eindruck eines Arbeitnehmerinnenrechts. Nur in der Praxis wird es bei schönen Worten bleiben, denn welcher Arbeitssuchende wird vor dem Hintergrund anhaltender Massenarbeitslosigkeit den Mut haben, sich einer Einstellungsuntersuchung zu widersetzen, die der zukünftige Arbeitgeber ausdrücklich wünscht? Die Selektion von Bewerberinnen nach Kategorien wie „genschwach" und „genstark" wird so zur durchaus realistischen Entwicklungstendenz.
    Die datenschutzrechtliche Behandlung genetischer Informationen wirft Probleme auf, die zumindest als ungeklärt gelten müssen, und die Beschlußempfehlung, lediglich „elektronische" Speicherung auszuschließen, wird der Brisanz des Problems bei weitem nicht gerecht.

    (Vosen [SPD]: Völlig richtig!)

    Aus all diesen Erwägungen lehnen wir die Vorschläge der Koalition ab und fordern wir weiterhin, auf der Grundlage des im Bericht der Enquete-Kommission verwendeten umfassenden Begriffs der „Genomanalyse" ein gesetzliches Verbot zu erlassen.