Plenarprotokoll 11/170
Deutscher Bundestag
Stenographischer Bericht
170. Sitzung
Bonn, Mittwoch, den 25. Oktober 1989
Inhalt:
Zusatztagesordnungspunkt 1:
Aktuelle Stunde betr. die Haltung der Bundesregierung zum AlpentransitNachtfahrverbot für Lkw durch Österreich
Schäfer (Offenburg) SPD 12779 D
Hinsken CDU/CSU 12780 C
Weiss (München) GRÜNE . . 12781B, 12786 D
Gries FDP 12782 B
Dr. Zimmermann, Bundesminister BMV 12783 D
Frau Faße SPD 12785 A
Oswald CDU/CSU 12785 D
Kohn FDP 12787 B
Frau Ganseforth SPD 12788A
Fischer (Hamburg) CDU/CSU 12789A
Antretter SPD 12790B
Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 12791 A
Zeitlmann CDU/CSU 12791 D
Tagesordnungspunkt 2:
Fragestunde
— Drucksache 11/5429 vom 20. Oktober 1989 —
Auswirkungen der amerikanischen Dumping-Exporte von Getreide und Mehl auf den EG-Getreidemarkt 1989
MdlAnfr 4, 5 Eigen CDU/CSU
Antw PStSekr Dr. von Geldern BML . . 12769B,
12770 C
ZusFr Eigen CDU/CSU 12770B, D
ZusFr Frau Weyel SPD 12771A
Marketingmaßnahmen der Transfracht für den Container-Bahnhof Kulmbach
MdlAnfr 6 Niegel CDU/CSU
Antw PStSekr Dr. Schulte BMV 12771 B
ZusFr Niegel CDU/CSU 12771 C
Haltung der Bundesregierung zur Ratifizierung des „Übereinkommens 158 über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber" in Verbindung mit der Empfehlung 166 der Internationalen Arbeitsorganisation
MdlAnfr 25
Frau Steinhauer SPD
Antw PStSekr Seehofer BMA 12772 B
ZusFr Frau Steinhauer SPD 12772 C
ZusFr Peter (Kassel) SPD 12773 A
ZusFr Frau Dr. Hartenstein SPD 12773 B
ZusFr Kirschner SPD 12773 C
ZusFr Heyenn SPD 12773 D
ZusFr Frau Faße SPD 12774 A
ZusFr Reuter SPD 12774 B
Ausschluß zahlreicher Naturheilmittel von
der Verordnung auf Kassenrezept im Entwurf der „Negativliste von Arzneimitteln";
II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 170. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Oktober 1989
am Verordnungsentwurf beteiligte Sachverständige
MdlAnfr 26, 27 Kirschner SPD
Antw PStSekr Seehofer BMA 12774 C
ZusFr Kirschner SPD 12775A
ZusFr Heyenn SPD 12776A
ZusFr Huonker SPD 12776B, 12777 D
ZusFr Frau Dr. Hartenstein SPD 12776C, 12777 A
ZusFr Zander SPD 12776D
ZusFr Peter (Kassel) SPD 12777 A
ZusFr Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 12777B
ZusFr Frau Steinhauer SPD
Ausschluß zahlreicher Naturheilmittel von der Verordnung auf Kassenrezept im Entwurf der „Negativliste von Arzneimitteln"
MdlAnfr 28, 29 Huonker SPD
Antw PStSekr Seehofer BMA 12778A, 12779B
ZusFr Huonker SPD 12778C, 12779 B
Nächste Sitzung 12792 D
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten . 12793* A
Anlage 2
Berücksichtigung des ländlichen Raums und des Zonenrandgebiets bei den geplanten Wohnungsbauaktivitäten
MdlAnfr 1 — Drs 11/5429 — Stiegler SPD
SchrAntw PStSekr Echternach BMBau . 12793* B
Anlage 3
Steuerliche Verluste durch den Zahlungsverzicht der an der Co-op beteiligten Banken
MdlAnfr 2 — Drs 11/5429 — Hinsken CDU/CSU
SchrAntw PStSekr Carstens BMF . . . 12793* D
Anlage 4
Entlastung der Vorstände von HDW und
Salzgitter durch die Bundesregierung angesichts der Verweigerung der Aussage vor einem Bundestagsausschuß
MdlAnfr 3 — Drs 11/5429 — Gansel SPD
SchrAntw PStSekr Carstens BMF . . . 12794* A Anlage 5
Ergebnis der Gespräche mit dem tschechoslowakischen Minister für Verkehr und Fernmeldewesen über die Öffnung weiterer Grenzübergänge, z. B. in WaldsassenHundsbach
MdlAnfr 7 — Drs 11/5429 — Stiegler SPD
SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . . 12794*B Anlage 6
Einführung einer Kohlendioxid-Steuer
MdlAnfr 8 — Drs 11/5429 —
Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE
SchrAntw PStSekr Gröbl BMU . . . . 12394*B
Anlage 7
Gefahren des FCKW-Ersatzstoffes Ammoniakanhydrid
MdlAnfr 9 — Drs 11/5429 — Frau Dr. Segall FDP
SchrAntw PStSekr Gröbl BMU . . . . 12794*D
Anlage 8
Anträge auf Forschungsförderung für den Bereich erneuerbare Energien seit 1987
MdlAnfr 10, 11 — Drs 11/5429 — Frau Ganseforth SPD
SchrAntw PStSekr Dr. Probst BMFT . . 12795* A Anlage 9
Hersteller der mangelhaften Bauteile, die zum Ausfall von TV SAT 1 und des Forschungssatelliten Hipparcos geführt haben
MdlAnfr 12 — Drs 11/5429 — Zander SPD
SchrAntw PStSekr Dr. Probst BMFT . . 12795*B Anlage 10
Unterstützung der Solarenergie
MdlAnfr 13 — Drs 11/5429 —
Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE
SchrAntw PStSekr Dr. Probst BMFT . . 12796*B
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 170. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Oktober 1989 III
Anlage 11
Anspruch von Mandatsträgern auf Darstellung der Entscheidungsfindungsprozesse in den Medien
MdlAnfr 24 — Drs 11/5429 — Wüppesahl fraktionslos
SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 12796* C
Anlage 12
Unterstützung der Aus- und Fortbildung arbeitsloser Jugendlicher in Schleswig-Holstein, insbesondere im Kreis Herzogtum Lauenburg
MdlAnfr 30 — Drs 11/5429 — Wüppesahl fraktionslos
SchrAntw PStSekr Seehofer BMA . . . 12796* D
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 170. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Oktober 1989 12769
170. Sitzung
Bonn, den 25. Oktober 1989
Beginn: 13.00 Uhr
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich
Dr. Ahrens SPD 27. 10. 89
Dr. Apel SPD 27. 10. 89
Böhm (Melsungen) CDU/CSU 27. 10. 89 **
Brandt SPD 27. 10.89
Büchner (Speyer) SPD 26. 10. 89 *
Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 27. 10. 89
Eich GRÜNE 27. 10. 89 **
Gallus FDP 27. 10.89
Genscher FDP 25. 10.89
Großmann SPD 27. 10.89
Dr. Hauchler SPD 27. 10. 89
Dr. Hirsch FDP 27. 10. 89
Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 27. 10. 89 *
Dr. Kappes CDU/CSU 27. 10. 89
Kittelmann CDU/CSU 26. 10. 89 *
Klein (Dieburg) SPD 27. 10. 89
Dr. Klejdzinski SPD 27. 10. 89*
Klose SPD 27. 10.89
Lenzer CDU/CSU 27. 10. 89 *
Frau Luuk SPD 27. 10. 89
Meyer SPD 27. 10.89
Dr. Müller CDU/CSU 27. 10. 89 **
Nagel SPD 27. 10.89
Paterna SPD 27. 10.89
Frau Renger SPD 27. 10. 89
Reuschenbach SPD 27. 10.89
Frau Rost (Berlin) CDU/CSU 25. 10. 89
Schanz SPD 27. 10.89
Dr. Scheer SPD 27. 10. 89
Schulze (Berlin) CDU/CSU 27. 10. 89
Dr. Soell SPD 27. 10. 89 **
Dr. Stoltenberg CDU/CSU 25. 10. 89
Dr. Struck SPD 27. 10. 89
Dr. Uelhoff CDU/CSU 27. 10. 89
Verheugen SPD 27. 10.89
Vogt (Duren) CDU/CSU 27. 10. 89
Weisskirchen (Wiesloch) SPD 27. 10. 89
Weiß (Kaiserslautern) CDU/CSU 27. 10. 89
Westphal SPD 27. 10.89
*für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
Anlage 2
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Echternach auf die Frage des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 11/5429 Frage 1):
Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, daß bei den angekündigten Wohnungsbauaktivitäten der ländliche Raum und das Zonenrandgebiet angemessen berücksichtigt werden, und werden die Förderkonditionen so gestaltet werden, daß auch im ländlichen Raum entsprechend investiert werden kann?
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Der Bund stellt den Ländern Finanzhilfen zur direkten Förderung des sozialen Wohnungsbaus bereit; im Haushaltsjahr 1990 sind dafür 1,6 Milliarden DM vorgesehen. In der darüber mit den Ländern getroffenen Verwaltungsvereinbarung ist vorgesehen, daß die vier Zonenrandländer, also Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen und Bayern, im Hinblick auf die besondere Situation im Zonenrandgebiet einen Teil der für Baudarlehen vorgesehenen Mittel, nämlich 5 Millionen DM vorab erhalten.
Für die regionale Verteilung der Wohnungsbaufördermittel - sowohl der Bundesmittel wie der Landesmittel - im übrigen sind nach der Verfassungslage allein die Länder zuständig. Der Bund hat darauf keinen Einfluß. Daß die Länder bei entsprechendem Bedarf auch die ländlichen Räume berücksichtigen, kann aber unterstellt werden.
Das Sofortprogramm zur Förderung des Baus zusätzlichen Wohnraums in vorhandenen Gebäuden durch zinsvergünstigte Darlehen oder Sonderabschreibungen wird keine besonderen Konditionen für Ausbaumaßnahmen im ländlichen Raum enthalten. Die Bundesregierung geht aber davon aus, daß das Potential solcher Ausbaumöglichkeiten - neben dem Dachgeschoßausbau in mehr städtischen Gebieten - vor allem auch im Ausbau bislang landwirtschaftlich genutzter Gebäude liegt und daß diese Mittel und Steuererleichterungen besonders auch in ländlichen Gebieten in Anspruch genommen werden.
Anlage 3
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Carstens auf die Frage des Abgeordneten Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 11/5429 Frage 2):
Kann die Bundesregierung Ausführungen dahin gehend machen, welche steuerlichen Verluste durch den Verzicht der in den co op Fall involvierten deutschen Banken entstehen?
Durch den Forderungsverzicht oder bereits früher erfolgte Wertberichtigungen im Fall co op wird der Gewinn der betroffenen deutschen Banken steuerwirksam gemindert. Der Steuerausfall dürfte mindestens eine Größenordnung von 50 v. H. der erlassenen Forderungen betragen.
Nach den der Bundesregierung vorliegenden Pressemeldungen beläuft sich das Verzichtsvolumen aller Gläubigerbanken auf maximal 1,7 Milliarden DM. In welchem Umfang diese Forderungen von deutschen oder ausländischen Banken gehalten werden und in welchem Umfang deutsche Banken Verzichte ausgesprochen haben, kann die Bundesregierung wegen des Steuergeheimnisses nicht offenbaren. Es handelt sich dabei um Kenntnisse, die sie im Besteuerungsverfahren erlangen würde.
12794* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 170. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Oktober 1989
Anlage 4
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Carstens auf die Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 11/5429 Frage 3):
Aus welchen Gründen haben Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat von HDW und Salzgitter AG den Vorständen Entlastung erteilt, obwohl Mitglieder dieser Vorstände im Zusammenhang mit Geschäftsvorgängen dieser Unternehmen vor einem Bundestagsausschuß die Aussage mit der Begründung verweigert haben, sie könnten sich dadurch der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen?
Der Bund als Alleinaktionär hat in der Hauptversammlung der Salzgitter AG am 31. Mai 1989 dem Vorstand der Salzgitter AG Entlastung für das abgelaufene Geschäftsjahr erteilt. Dies geschah auf einstimmige Empfehlung des Aufsichtsrates; nach dem Bericht des Jahresabschlußprüfers bestand keinerlei Anlaß, dem Vorstand die Entlastung zu versagen.
Ein Vorstandsmitglied der Salzgitter AG hat seinerzeit die Aussage verweigert im Hinblick auf die Ermittlungen der OFD Kiel, die diese im Zeitpunkt der Entlastung bereits eingestellt hatte. Für Aufsichtsrat und Alleinaktionär bestand also kein Grund, die Entlastung in Frage zu stellen.
Dem HDW-Vorstand hat die HDW/Hauptversammlung, in der die Salzgitter AG mit 74,9 und das Land Schleswig-Holstein mit 25,1 Prozent vertreten sind, am 28. September 1989 Entlastung erteilt. Der HDWAufsichtsrat, dem ein Vertreter des Bundes angehört, hat zu der Entlastung keine Beschlüsse gefaßt.
Anlage 5
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Frage des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 11/5429 Frage 7):
Welches Ergebnis hatten die Erörterungen des Bundesministers für Verkehr mit dem tschechoslowakischen Minister für Verkehr und Fernmeldewesen, und haben sich neue Perspektiven ergeben, weitere Grenzübergänge, z. B. WaldsassenHundsbach, in absehbarer Zeit zu eröffnen?
Über das Gesamtergebnis der von Ihnen angesprochenen deutsch-tschechoslowakischen Gespräche sind Sie inzwischen schriftlich unterrichtet worden. Ich konzentriere mich deshalb jetzt auf den zweiten Teil Ihrer Frage bezüglich weiterer Grenzübergänge. Hierzu machte die tschechoslowakische Seite deutlich, daß sie ihre Haltung — insbesondere zur Öffnung weiterer Grenzübergänge wie zum Beispiel Waldsassen-Hundsbach — von der Entwicklung des Grenzverkehrs abhängig mache. Wie Ihnen bekannt ist, drängen wir weiterhin auf die Aufnahme entsprechender Verhandlungen.
Anlage 6
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Gröbl auf die Frage des Abgeordneten Dr. Daniels (Regensburg) (GRÜNE) (Drucksache 11/5429 Frage 8):
Welche Informationen liegen der Bundesregierung vor über die Einführung einer CO2-Steuer in Schweden, und bis wann wird die Prüfung einer CO2-Steuer durch die Bundesregierung für die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen sein?
Nach den uns vorliegenden Informationen handelt es sich bei der erwogenen schwedischen CO2-Steuer lediglich um den Vorschlag einer Regierungskommission. Dieser Vorschlag sieht vor, bei Kohle, Gas und Öl eine Abgabe von 25 Öre, das sind etwa 0,07 DM, pro kg CO2 zu erheben. Auch auf Benzin soll eine CO2Abgabe erhoben werden, die 0,25 SKr per kg CO2 entspricht; pro Liter bedeutet dies etwa 0,41 SKr. Die Regierungskommission geht davon aus, daß durch die Einführung dieser CO2-Abgabe in Verbindung mit weiteren steuerlichen Maßnahmen und wirtschaftlichen Anreizen zur Energieeinsparung, zur Steigerung der Energieeffizienz und für den Einsatz regenerativer Energien die CO2-Emissionen von derzeit ca. 60 Mio. t pro Jahr bis zum Jahr 2000 um ca. 10 % gesenkt werden könnten.
Die Bundesregierung prüft mit Nachdruck die mit der Einführung einer CO2-Abgabe in der Bundesrepublik Deutschland verbundenen Fragen. Sie wird insbesondere auch die Ergebnisse der Enquete-Kommission „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" in ihre Prüfung mit einbeziehen. Ein Termin für die Vorlage eines Gesetzentwurfes ist noch nicht vorgesehen.
Anlage 7
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Gröbl auf die Frage der Abgeordneten Frau Segall (FDP) (Drucksache 11/5429 Frage 9) :
Wie beurteilt die Bundesregierung das Gefährdungspotential des FCKW-Ersatzstoffes Ammoniakanhydrid?
Die Bundesregierung geht davon aus, daß mit dem genannten Ersatzstoff der in Anhang VI der Gefahrstoffverordnung, Lfd. Nr. 64, aufgeführte Stoff „Ammoniak, wasserfrei" gemeint ist.
Ammoniak ist bei Zimmertemperatur und Atmosphärendruck gasförmig, kann unter Druck aber leicht verflüssigt werden. Seit ca. 120 Jahren wird Ammoniak für zahlreiche gewerbliche und industrielle Kälteanwendungen eingesetzt. Ammoniak dient auch in weitem Umfang als Grundstoff in der chemischen Industrie.
Ammoniak hat einen stechenden Geruch mit starker Reizwirkung. Diese Reizwirkung von Ammoniak kann zu schweren Verätzungen von Augen, Atemwegen und Lunge sowie der Haut führen.
Ammoniakvergiftungen, die beim Einatmen von hochkonzentriertem Gas (3,5 g/m3) plötzlichen Tod zur Folge haben können, sind allerdings wegen der Warnwirkung des stechenden Geruchs sehr selten.
Gemische aus Ammoniak und Luft sind in den Grenzen von ca. 16 bis 28 Volumen-% Ammoniak explosiv. Nach Gefahrstoffverordnung ist „Ammoniak, wasserfrei" mit dem Gefahrensymbol T („Gif-
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 170. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Oktober 1989 12795*
tig") sowie den R-Sätzen 10 und 23 ( „Entzündlich", „Giftig beim Einatmen") und den S-Sätzen 7/9, 16 und 38 ( „Behälter dicht geschlossen an einem gut gelüfteten Ort aufbewahren", „Von Zündquellen fernhalten — Nicht rauchen", „Bei unzureichender Belüftung Atemschutzgerät anlegen")- zu kennzeichnen. Der MAK-Wert für Ammoniak beträgt 50 ppm oder 35 mg/m3.
Aufgrund seiner physikalisch-chemischen und toxischen Eigenschaften kann die Verwendung von Ammoniak als Ersatzstoff für FCKW nur in geschlossenen Systemen, wie z. B. Kälteaggregaten, in Frage kommen.
Anlage 8
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Probst auf die Fragen der Abgeordneten Frau Ganseforth (SPD) (Drucksache 11/5429 Fragen 10 und 11):
Wie viele Anträge auf Forschungsförderung für den Bereich Erneuerbarer Energien wurden in den Jahren 1987/1988/1989 gestellt?
Wie viele Anträge wurden jeweils abgelehnt?
Zu Frage 10:
Im Bereich der Erneuerbaren Energien sind
1987: 91
1988: 119 und
1989: 641 (Stand 10. 10. 1989)
Förderanträge eingegangen.
Von den Anträgen aus 1989 betreffen 540 die vor einigen Monaten aufgelegte Fördermaßnahme „100 MW Wind" ; davon sind bisher 90 Anträge bewilligt worden, die restlichen Anträge sind in Bearbeitung.
Zu Frage 11:
Von den 91 Anträgen aus 1987 wurden 12 abgelehnt und 7 von den Antragstellern zurückgezogen.
Von den 119 Anträgen aus 1988 wurden 2 abgelehnt und 8 zurückgezogen.
In 1989 wurden bisher weder Anträge abgelehnt noch zurückgezogen.
Anlage 9
Antwort
des Parl, Staatssekretärs Dr. Probst auf die Frage des Abgeordneten Zander (SPD) (Drucksache 11/5429 Frage 12):
Welche Bauteile haben beim TV SAT 1 und beim Forschungssatelliten Hipparcos versagt und damit zum Ausfall dieser — zusammen milliardenteuren — Systeme geführt, und wer war der Hersteller dieser Bauteile?
a. ESA-Forschungssatellit Hipparcos: Bei dem von Ihnen angesprochenen Forschungssatelliten Hipparcos der europäischen Weltraumorganisation ESA handelt es sich um einen Astrometrie-Satelliten. Nach dem erfolgreichen Einschuß des Satelliten zusammen mit dem Satellit TV-SAT 2 durch eine ARIANE 4-Trägerrakete erreichte jener Satellit die vorgesehene geostationäre Umlaufbahn nicht, weil sein Apogäums-Triebwerk nicht zündete. Mehrere Versuche blieben ohne Erfolg. Das Perigäum wurde danach mit den bordeigenen Lageregelungs-Kleintriebwerken von 210 km (Tansferbahn) auf 520 km angehoben. Anfang Oktober hat ESA die wissenschaftliche Mission des Satelliten aus dieser hochelliptischen Bahn begonnen. Das Erreichen der wissenschaftlichen Zielsetzung hängt weitgehend von der Lebensdauer des Satelliten in seiner jetzigen Bahn ab. Die Lebensdauer wird ganz wesentlich von der Schädigung der Solargeneratoren beim Durchgang durch die Strahlungsgürtel der Erde bestimmt (2 x pro Umlauf). Eine Abschätzung über die monatliche Degradation der Solargeneratoren aufgrund der Strahlenschäden kann mit genügender Sicherheit erst im Dezember durchgeführt werden. Modellrechnungen ergeben eine Lebensdauer zwischen 5 Monaten und 2,5 Jahren.
Die Verantwortung für das Untersystem „Apogäums-Motor" liegt bei der französischen Firma SEP und mehreren Zulieferfirmen. ESA hat einen externen Gutachterausschuß eingesetzt, der die genaue Fehlerursache bzw. das fehlerhafte Bauteil identifizieren soll. Diese Expertengruppe wird voraussichtlich im November dieses Jahres ihren Bericht vorlegen.
Wissenschaftliche Satelliten wurden bisher nicht versichert. ESA wurde aber jetzt aufgefordert, einen Bericht über die Problematik „Versicherung von Wissenschafts-Satelliten" sowie die Haftungsfragen im konkreten Hipparcos-Fall zu erarbeiten. Die Verteilung dieser ESA-Stellungnahme ist für die erste Novemberwoche zugesagt.
b. Deutscher direktstrahlender Fernsehsatellit TVSAT 1: Es handelt sich um ein gemeinsames deutschfranzösisches Entwicklungsprojekt für eine Serie von Fernsehsatelliten, die nach der neuen Norm D2-MAC Fernsehprogramme direkt ausstrahlen. Nach der Entwicklungsphase, die im Rahmen des deutsch-französischen Abkommens über die technisch-industrielle Zusammenarbeit auf dem Gebiet von Rundfunk-Satelliten aus dem Jahre 1980 durchgeführt wurde, sollte der TV-SAT 1 als erster in Betrieb gehen. Sein Betrieb und die Bestellung von „Nachfolgemodellen" sollten dann Sache der Bedarfsträger sein. Der deutsche TV-SAT 2 wurde inzwischen erfolgreich gestartet und in Betrieb genommen. Von den Entwicklungskosten des ersten Modells flossen mehr als die dem deutschen Anteil entsprechenden 50 % an die deutsche Industrie zurück.
TV-SAT 1 erreichte nach Einzelstart mit ARIANE 2 im November 1987 die vorgesehene Position im geosynchronen Orbit. Es stellte sich heraus, daß der sog. „Nord-Solargenerator" nicht entfaltet werden konnte, woran auch eine Serie von nachfolgenden Versuchen nichts änderte. Infolge dieses Mangels konnte der Satellit seine bestimmungsgemäße Mission nicht erfüllen. Eine vom BMFT eingesetzte Untersuchungskommission unabhängiger Experten konnte eine große Zahl möglicher Fehlerursachen bis auf 13 verbleibende eingrenzen, aber die genaue Fehlerquelle nicht
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abschließend ermitteln. Verantwortlich für das gesamte Solargenerator-System ist die französische Firma Aerospatiale im Firmenverbund „Eurosatellite" (mit MBB, AEG-ANT, Aerospatiale, Alcatel-Espace und ETCA) als Generalauftragnehmer. Da im Rahmen des bei Raumfahrtprojekten angewandten Produktsicherungssystems gleiche Verantwortung dem Bauteile-Hersteller, Hauptauftragnehmer und Auftraggeber zukommt, sind eindeutige Schuldzuweisungen und Gewährleistungsansprüche hieraus nicht ableitbar.
TV-SAT 1 war vom BMPT für eine zur Verfügung stehende Prämie von 40 Millionen DM versichert worden, und zwar betrug die vereinbarte Deckungssumme während des Starts 180 Millionen DM, nach Trennung von Satellit und Träger 95 Millionen DM. Letztere wurden erstattet.
Eine rechtliche Bewertung über Gewährleistungsund mögliche Regreßansprüche gegen den Satellitenhersteller und/oder das Startunternehmen hat ergeben, daß die Unternehmen nicht mit Aussicht auf Erfolg in Anspruch genommen werden können. Dieses Ergebnis wurde dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages mit Schreiben des BMF (Vorlage Nr. 76/89) vom 14. 6. 1989 zugeleitet. Die Sache wurde in der 54. Sitzung des Ausschusses am 21. 6. 1989 behandelt.
Anlage 10
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Probst auf die Frage des Abgeordneten Dr. Daniels (Regensburg) (GRÜNE) (Drucksache 11/5429 Frage 13):
Welche Informationen liegen der Bundesregierung vor über ein umfangreiches Solarzellenprogramm in Österreich, und was plant die Bundesregierung zur Unterstützung der Solarenergie in der Bundesrepublik Deutschland?
Der Bundesregierung ist bekannt, daß die österreichische Arbeitsgemeinschaft Alpen-Photovoltaik-Gesellschaft, an der u. a. die oberösterreichischen Kraftwerke AG beteiligt ist, ein netzgekoppeltes photovoltaisches Solarkraftwerk mit einer Leistung von 30 KW in alpiner Höhenlage am Loser in der Steiermark errichtet.
Des weiteren ist bekannt, daß in Österreich bereits kleinere Photovoltaik-Anlagen mit Netzkopplung in Betrieb sind und daß die Photovoltaik auch im Klein-Leistungsbereich eingesetzt wird, beispielsweise für die Stromversorgung von Notrufsäulen an den Autobahnen.
Die Bundesregierung unterstützt in der Photovoltaik sowohl die Forschung und Entwicklung im Grundlagenbereich als auch im Demonstrations- und Anwendungsbereich.
Beispielsweise ist ein mit dem erwähnten österreichischen Projekt vergleichbares Vorhaben in Vorbereitung, das mit 30 %iger BMFT-Förderung realisiert werden soll: Die Lech-Elektrizitätswerke, Augsburg, planen ein 30 KW-Photovoltaik-Kraftwerk auf dem Wendelstein (Bayern) in ca. 1 550 m Höhe.
Für die weitere Förderung von Demonstrations- und Anwendungsvorhaben in der Photovoltaik hat der BMFT eine entsprechende Förderrichtlinie entworfen, die z. Z. bei der EG notifiziert wird.
Im Klein-Leistungsbereich fördert der BMFT über das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg und über das Institut für Solare Energieversorgungstechnik in Kassel Projekte der photovoltaischen Geräte- und Anwendungstechnik von kleinen und mittleren Unternehmen.
Mit einem Photovoltaik-Ideenwettbewerb sollen neue Anwendungen im Klein-Leistungsbereich gefunden werden. Eine Vorstufe des Wettbewerbs ist angelaufen. Sie wird durchgeführt von der Zentralstelle für Solartechnik in Hilden.
In einem sogenannten Kleinprojekte-Programm unterstützt der BMFT über die Zentralstelle für Solartechnik in Hilden den Bau von Prototypanlagen neuer photovoltaischer Entwicklungen überwiegend von kleineren Ingenieurbüros und Privatpersonen.
Anlage 11
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Wüppesahl (fraktionslos) (Drucksache 11/5429 Frage 24):
Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, daß den Medien die Aufgabe zukommt, die informelle Verbindung zwischen dem Souverän und den gewählten Mandatsträgern herzustellen und Entscheidungsfindungsprozesse sowohl auf kommunaler Ebene als auch auf Bundesebene darzustellen, und ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen ihrer Einflußmöglichkeiten darauf hinzuwirken, daß ein etwaiger Boykott des Informationsangebots durch einen vom Souverän gewählten Bundestagsabgeordneten beseitigt wird?
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht die Presse in der repräsentativen Demokratie als ständiges Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewählten Vertretern in Parlament und Regierung. Entsprechendes gilt für den Rundfunk. Wie die Medien dieser Aufgabe gerecht werden, unterliegt aber nicht staatlicher Kontrolle. Die Grundrechte der Presse- und Rundfunkfreiheit verbieten jede Einflußnahme durch staatliche Stellen auf die inhaltliche Gestaltung der Medien.
Anlage 12
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Seehofer auf die Frage des Abgeordneten Wüppesahl (fraktionslos) (Drucksache 11/5429 Frage 30):
Erwägt die Bundesregierung die Aus- und Fortbildung sowie sozialpädagogischen Begleitmaßnahmen für arbeitslose Jugendliche in Schleswig-Holstein, besonders im Kreis Herzogtum Lauenburg, mit Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit zu unterstützen, und welche Schritte hat sie unternommen, Maßnahmen der Aus- und Fortbildung sowie der notwendigen sozialpädagogischen Begleitmaßnahmen zu ergreifen?
Die Bundesanstalt für Arbeit führt mit Bildungsträgern Bildungsmaßnahmen für jugendliche Arbeits-
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lose durch, um sie auf eine Berufsausbildung oder berufliche Tätigkeit vorzubereiten. Während der Teilnahme an diesen Maßnahmen erhalten die Jugendlichen Berufsausbildungsbeihilfe nach §§ 40/40a des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Nach § 40b AFG können für junge Arbeitslose unter 25 Jahren auch Vorbereitungslehrgänge zum nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses und allgemeinbildende Kurse zum Abbau von beruflich schwerwiegenden Bildungsdefiziten gefördert werden. Den Jugendlichen kann während der Teilnahme Berufsausbildungsbeihilfe wie bei berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen gewährt werden. Lernbeeinträchtigten oder sozial benachteiligten Jugendlichen sowie jungen Ausländern, die auch nach Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme ohne weitere Förderung nicht in eine Ausbildungsstelle in einem Betrieb vermittelt werden können, kann die Bundesanstalt für Arbeit nach § 40c AFG Zuschüsse zur Förderung der Berufsausbildung gewähren. Gefördert werden dabei ausbildungsbegleitende Hilfen des ausbildenden Betriebes oder eines anderen Trägers in Form von Stützunterricht und sozialpädagogischer Betreuung oder das erste Jahr einer Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf in einer überbetrieblichen Einrichtung, erforderlichenfalls bis zum Abschluß.
Soweit Jugendliche nach einer längeren Berufstätigkeit arbeitslos geworden sind, können sie während einer notwendigen beruflichen Qualifizierung, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, auch Leistungen nach den Vorschriften des AFG über die Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung erhalten.
Bei allen genannten Förderungsarten sind für 1989 und 1990 ausreichende Mittel vorhanden, so daß die notwendigen beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen durchgeführt werden können. Wenn zur Sicherstellung des Maßnahmeerfolges im Einzelfall eine sozialpädagogische Betreuung erforderlich ist, können auch diese Kosten im Rahmen der Lehrgangsgebühren erstattet werden. Schwierigkeiten bezüglich der Durchführung notwendiger Maßnahmen und der Übernahme der Kosten einer notwendigen sozialpädagogischen Betreuung sind mir nicht bekannt.
Alle genannten Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung jugendlicher Arbeitsloser werden von den Arbeitsämtern unter Berücksichtigung der individuellen Situation des einzelnen Jugendlichen und den Erfordernissen des Ausbildungs- und Arbeitsstellenmarktes durchgeführt. Dies gilt für Schleswig-Holstein ebenso wie für den Kreis Herzogtum Lauenburg.