Herr Abgeordneter, ich will mich nicht zu Ihrer Qualifikation äußern, obwohl es auf Grund Ihrer Frage naheläge, dazu einen Kommentar abzugeben. Ich möchte statt dessen die folgenden kurzen Bemerkungen machen:
Erstens. Sie wissen natürlich so gut wie ich, daß Sie im ersten Teil Ihrer Frage meine Feststellung bewußt mißverstanden haben. Natürlich gehört beides zusammen. Es geht eben auch darum, daß die Stoffe dort nicht mehr angebaut werden. Der Kollege Warnke hat doch darüber gesprochen. Es geht darum, die Stoffe dort zu beseitigen, den Anbau zu verhindern und den Menschen, die dort leben, zu anderen Lebensverhältnissen zu verhelfen, also Anbaumöglichkeiten beispielsweise für Obstsorten zu schaffen, wie es jetzt in Kolumbien diskutiert wird. Ich bitte Sie wirklich, mich da nicht bewußt mißzuverstehen.
Zweitens. Natürlich wissen Sie ebenfalls so gut wie ich, daß die Tatsache, daß hier bei uns viele in die Drogenszene geraten, viele Gründe in den Lebensumständen hat. Die Frage des von Ihnen angesprochenen — ich nehme das Wort auf und verschärfe es etwas — sozialen Elends ist bei uns wohl, wie Sie feststellen werden, wenn Sie einmal genau hinschauen, im Regelfall der am seltensten auftretende Grund. Auch wenn Sie die soziale Schichtung betrachten, sehen Sie, daß es zum Teil ganz andere Phänomene sind, zum Teil Wohlstandsphänomene, wie wir sie in bestimmten Gesellschaftskreisen beobachten können.
Drittens. Bei der nationalen Drogenkonferenz geht es doch nicht darum, daß wir uns gegenseitig belehren.
Die Frage der Plätze, die Sie angesprochen haben, ist doch überhaupt keine Frage der Bundesregierung. Ich wehre mich auch entschieden dagegen, daß bei jedem Problem in der Bundesrepublik Deutschland gesagt wird: Die Bundesregierung ist gefordert — und die anderen nicht. Ich habe Funktionen in den verschiedenen Bereichen innegehabt: Ich war kommunalpolitisch tätig, ich war Ministerpräsident. Ich finde, Schule ist doch nun wirklich Ländersache. Man kann nicht dann, wenn etwas schiefgeht, sagen, das sei Sache des Bundes. Wenn man auf den Föderalismus stolz ist, muß man auch in diesen Fragen handeln.
Ich will zusammenfügend sagen: Da es überwiegend um junge Leute geht — jedenfalls in dem Bereich, der Ihre Frage ausmacht — , finde ich, sind wir alle in der Verantwortung: ein Bürgermeister und ein Landrat genauso wie die anderen Kommunalpolitiker, ein Landtagsabgeordneter genauso wie ein Kultusminister, ein Sozialminister und ein Ministerpräsident eines Landes, die Bundesregierung und ich als Bundeskanzler genauso wie die Kollegen dieses Hauses.
Der Sinn dieser nationalen Drogenkonferenz ist aus meiner Sicht, zum einen jedermann noch einmal das Problem vor Augen zu führen, jedermann problembewußt zu machen, und zum zweiten darüber nachzudenken, ob wir alle wirklich genug tun. Aber „wir alle" heißt für mich Bund, Länder und Gemeinden. Ich wehre mich dagegen, daß jetzt als eine Entscheidung allein auf einer Ebene zu sehen. Ich fände es viel besser, wenn wir am Ende dieser Debatte sagten: Wir wollen gemeinsam unseren Beitrag leisten, um diese entsetzliche Heimsuchung so weit wie möglich abzuwehren.