Herr Bundeskanzler, Sie haben gesagt, die Wurzel der Drogenabhängigkeit liege in den Anbauländern. Nun wissen die Drogenfachleute, daß die Ursachen der Drogenabhängigkeit in sozialen Konflikten, Familienproblemen usw. insbesondere in den modernen Industriestaaten liegen. Würden Sie daher Ihre Meinung dazu noch einmal überprüfen, und wäre es nicht sinnvoll, das Problem dort anzugehen, wo die Ursachen liegen, nämlich im sozialen Bereich unseres Landes, z. B. in den Familien, um die Drogenabhängigkeit an der Wurzel zu bekämpfen und sie dadurch unmöglich zu machen?
Die Bundesregierung gibt für das AIDS-Programm 130 Millionen aus. 25 Millionen geben Sie für die Bekämpfung der Drogenabhängigkeit aus; das haben Sie, Frau Lehr, hier gesagt. Nun weiß jeder, daß die Aufklärung nirgendwo funktioniert, daß in den Kommunen Drogenberatungsstellen ihr Personal abbauen oder sogar ihre Tätigkeit eingestellt haben. Jeder weiß auch, daß die Schulen vor Ort mit dem Drogenproblem kaum zurechtkommen. Das gilt mittlerweile nicht nur in den Großstädten, sondern auch auf dem Lande. Was tut die Bundesregierung über diese 25 Millionen hinaus, die ja nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind,
um wirklich den Kommunen und den Ländern die Mittel zur Verfügung zu stellen, mit denen die Drogensucht vor Ort — an den Stellen, wo es notwendig ist — bekämpft werden kann?
Der dritte Punkt wäre die Frage der Therapie. Alle Drogenberatungsstellen klagen darüber, daß es nicht genug Therapieplätze gibt. Das ist ein brennendes Problem, das Sie schon 1988 in einer Erklärung selber dargestellt haben. Bis heute ist nichts geschehen. Ich sehe auch in Ihren Ankündigungen, insbesondere in den Ankündigungen des Bundeskanzlers, überhaupt keinen Ansatzpunkt dafür, daß Sie dieses Problem der Therapie und auch der Vorbeugung und Aufklärung wirklich ernsthaft angehen. Ich glaube, das, was Sie hier veranstalten, ist ein wenig Schaumschlägerei.