Rede von
Thomas
Wüppesahl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(GRÜNE)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)
Herr Bundeskanzler, ich denke, Sie dürfen gewiß sein, daß auch sämtliche Mitglieder der Opposition die grundsätzlichen Bemühungen und die Zielrichtung Ihres Drogenbekämpfungsplanes unterstützen. Der Streit wird sicherlich nur über den Weg geführt werden. Deshalb stelle ich folgende Frage:
Verhält es sich bezüglich Ihres Stichworts, daß die Wurzeln in den Anbauländern zu suchen seien, nicht vielmehr so, daß ohne das technische Know-how der Industrieländer für die Veredelung — vor allen Dingen von Heroin und Kokain — eine solche Drogenproblematik überhaupt nicht denkbar wäre und daß der Hauptantrieb für dieses Drogengeschäft die Profite und die hohen Gewinnspannen sind, die in den Industrieländern zu erzielen sind, daß also die Verantwortlichkeit letztlich ausschließlich in den Industrieländern zu suchen ist?
In diesem Zusammenhang ist Ihnen vielleicht auch zur Kenntnis gekommen, daß in der „Stuttgarter Zeitung" von heute ein sehr großer Artikel darüber zu lesen ist, daß kritische Polizeibeamte in der Bundesrepublik Deutschland die Freigabe von Drogenkonsum fordern und zwar genau aus diesen Erkenntnissen heraus, weil mit repressiven Mitteln eine solche Problematik nicht in den Griff zu bekommen ist.
Ein letzter Gesichtspunkt. Sie wollen Anfang 1990 eine Drogenkonferenz durchführen, um sämtliche Gesichtspunkte zu Wort kommen zu lassen, bevor weitreichendere Entscheidungen getroffen werden. Ist es nicht vielmehr so, daß bereits eine Reihe von Bundestagsausschüssen auch in jüngerer Zeit Anhörungen zu diesem Problem durchgeführt haben, daß sämtliche Konzepte mit den unterschiedlichen Vorstellungen über den Weg, der zum Ziel führen soll, in den Schubläden liegen und daß es schlicht und einfach an dem politischen Willen fehlt, sinnvolle und erfolgversprechende Maßnahmen, wie sie in der Tendenz u. a. der Hamburger Bürgermeister Voscherau vorgeschlagen hat, durchzuführen?