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ID1116801800

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    Plenarprotokoll 11/168 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 168. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. Oktober 1989 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes, eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes und eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 11/5408) 12707 A Zusatztagesordnungspunkt 7: Wahlvorschlag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN für die Wahl der vom Deutschen Bundestag gemäß § 32 Abs. 1 des Poststrukturgesetzes vorzuschlagenden Mitglieder des Infrastrukturrats beim Bundesminister für Post und Telekommunikation (Drucksache 11/5409) 12707 A Tagesordnungspunkt 16: a) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Verbot von Selbstbedienung beim Verkauf von Arzneimitteln (Drucksachen 11/1127, 11/3048) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (Drucksache 11/5373) Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 12707 D Jaunich SPD 12708 C Frau Würfel FDP 12710 B Frau Wilms-Kegel GRÜNE 12711 A Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 12711 D Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrags des Abgeordneten Reddemann und weiterer Abgeordneter: Unterrichtung des Deutschen Bundestages über den Stand der Unterzeichnung und Ratifizierung europäischer Abkommen und Konventionen durch die Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 11/5180) Dr. Soell SPD 12713 B Böhm (Melsungen) CDU/CSU 12714 C Frau Beer GRÜNE 12715 C Irmer FDP 12716 B Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Staatsminister AA 12717 A Zusatztagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Dritten Verstromungsgesetzes (Drucksache 11/5392) Gerstein CDU/CSU 12718 A Jung (Düsseldorf) SPD 12719 D Dr.-Ing. Laermann FDP 12721 B Stratmann GRÜNE 12722 B Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 12724 B Menzel SPD 12726 B Hinsken CDU/CSU 12727 D Zusatztagesordnungspunkt 9: Aktuelle Stunde betr. Beteiligung und Verantwortung der Bundesregierung an II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 168. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Oktober 1989 der Entsendung der plutoniumbestückten Jupitersonde Galileo in den Weltraum durch die NASA Frau Wollny GRÜNE 12729 B Dr. Rüttgers CDU/CSU 12730 A, 12738 A Fischer (Homburg) SPD 12730 D Dr.-Ing. Laermann FDP 12731 D Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 12732 D Vosen SPD 12734 C Seesing CDU/CSU 12735 B Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 12735 D Timm FDP 12736 B Frau Ganseforth SPD 12737 B Seidenthal SPD 12739 A Jäger CDU/CSU 12740 A Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Reform des Jugendgerichtsverfahrens (Drucksache 11/4892) Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 12740 D Seesing CDU/CSU 12744 A Frau Nickels GRÜNE 12745 B Irmer FDP 12746 D Dr. Jahn, Parl. Staatssekretär BMJ 12748 B Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrags des Abgeordneten Müntefering, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Soziale Fortentwicklung des Wohngeldes (Drucksache 11/5267) Menzel SPD 12749 D Frau Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 12751 C Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 12753 D Dr. Hitschler FDP 12754 C Echternach, Parl. Staatssekretär BMBau 12755 C Nächste Sitzung 12756 D Berichtigung 12756 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 12757* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 12757* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 168. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Oktober 1989 12707 168. Sitzung Bonn, den 20. Oktober 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 167. Sitzung, Seite 12600 B, Zeile 13: Statt „2020" ist „2000" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 20. 10. 89 Amling SPD 20. 10. 89 Andres SPD 20. 10. 89 Austermann CDU/CSU 20. 10. 89 Bachmaier SPD 20. 10. 89 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 20. 10. 89 Büchner (Speyer) SPD 20. 10. 89 * Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 20. 10. 89 * Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 20. 10. 89 Clemens CDU/CSU 20. 10. 89 Frau Dempwolf CDU/CSU 20. 10. 89 Duve SPD 20. 10. 89 Eich GRÜNE 20. 10. 89 * Frau Eid GRÜNE 20. 10. 89 Dr. Faltlhauser CDU/CSU 20. 10. 89 Dr. Feldmann FDP 20. 10. 89 Francke (Hamburg) CDU/CSU 20. 10. 89 Fuchtel CDU/CSU 20. 10. 89 Gattermann FDP 20. 10. 89 Dr. Geißler CDU/CSU 20. 10. 89 Frau Dr. Götte SPD 20. 10. 89 Dr. Götz CDU/CSU 20. 10. 89 Grünbeck FDP 20. 10. 89 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 20. 10. 89 Hauser (Esslingen) CDU/CSU 20. 10. 89 Dr. Häfele CDU/CSU 20. 10. 89 Häfner GRÜNE 20. 10. 89 Freiherr Heereman von CDU/CSU 20. 10. 89 Zuydtwyck Heimann SPD 20.10. 89 Heinrich FDP 20. 10. 89 Höffkes CDU/CSU 20. 10. 89 Huonker SPD 20. 10. 89 Irmer FDP 20. 10. 89 ** Kastning SPD 20. 10. 89 Kittelmann CDU/CSU 20. 10. 89 ** Klein (Dieburg) SPD 20. 10. 89 Kolb CDU/CSU 20. 10. 89 Kolbow SPD 20. 10. 89 Koltzsch SPD 20. 10. 89 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 20. 10. 89 Kroll-Schlüter CDU/CSU 20. 10. 89 Leidinger SPD 20. 10. 89 Louven CDU/CSU 20. 10. 89 Frau Luuk SPD 20. 10. 89 Maaß CDU/CSU 20. 10. 89 Dr. Mechtersheimer GRÜNE 20. 10. 89 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 20. 10. 89 Michels CDU/CSU 20. 10. 89 Mischnick FDP 20. 10. 89 Möllemann FDP 20. 10. 89 Oostergetelo SPD 20. 10. 89 Paterna SPD 20. 10. 89 Rappe (Hildesheim) SPD 20. 10. 89 Reuschenbach SPD 20. 10. 89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Rind FDP 20. 10. 89 Rixe SPD 20. 10.89 Sauer (Stuttgart) CDU/CSU 20. 10. 89 Schanz SPD 20. 10. 89 Schäfer (Mainz) FDP 20. 10. 89 Dr. Scheer SPD 20. 10. 89 ** Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 20. 10. 89 Dr. Schmude SPD 20. 10. 89 Schreiner SPD 20. 10.89 Schröer (Mülheim) SPD 20. 10. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 20. 10. 89 Schütz SPD 20. 10. 89 Frau Dr. Segall FDP 20. 10. 89 Stobbe SPD 20. 10. 89 Dr. Struck SPD 20. 10. 89 Stücklen CDU/CSU 20. 10. 89 Frau Trenz GRÜNE 20. 10. 89 Verheugen SPD 20. 10. 89 Voigt (Frankfurt) SPD 20. 10. 89 Dr. Waigel CDU/CSU 20. 10. 89 Dr. Warnke CDU/CSU 20. 10. 89 Dr. von Wartenberg CDU/CSU 20. 10. 89 Weiß (Kaiserslautern) CDU/CSU 20. 10. 89 Westphal SPD 20. 10. 89 Dr. Wieczorek SPD 20. 10. 89 Wimmer (Neuötting) SPD 20. 10. 89 Wissmann CDU/CSU 20. 10. 89 Zander SPD 20. 10. 89 Zierer CDU/CSU 20. 10. 89 * Dr. Zimmermann CDU/CSU 20. 10. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 11/3755 Drucksache 11/3756 Drucksache 11/4022 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/5051 Nr. 40 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/3882 Nr. 3.41 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/883 Nr. 119 Drucksache 11/4161 Nr. 2.26 Drucksache 11/4534 Nr. 2.21
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hartmut Soell


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist sehr erfreulich, daß der Antrag auf Drucksache 11/5180, der sich mit der kontinuierlichen Unterrichtung des Deutschen Bundestags über den Stand der Unterzeichnung und Ratifizierung von Abkommen und Konventionen des Europarates durch die Bundesrepublik Deutschland befaßt, von Mitgliedern aus allen Bundestagsfraktionen der deutschen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats eingebracht worden ist. Dies ist ein sichtbares Zeichen für das gemeinsame Bewußtsein von der wachsenden Bedeutung des Europarats und seiner Parlamentarischen Versammlung.
    Es ist nicht so, wie manche eher wohlwollenden Kommentare meinen, daß der Europarat jahrzehntelang in einen Dornröschenschlaf versunken sei und erst in jüngster Zeit hätte wachgeküßt werden müssen, z. B. durch Lech Walesa, der zusammen mit der Internationalen Helsinki-Vereinigung für Menschenrechte den Menschenrechtspreis des Europarats im Mai überreicht bekam, und durch den sowjetischen Staatspräsidenten und Generalsekretär der KPdSU, Gorbatschow, der am 7. Juli dieses Jahres durch seine Rede in Straßburg die Chancen des Europarats und seiner Institutionen im Prozeß der Vernetzung der Interessen zwischen Ost und West ausdrücklich gewürdigt hat. Es ist übrigens die erste Rede gewesen, die er vor einer europäischen parlamentarischen Versammlung gehalten hat.
    Es ist eher so, daß die Schweigsamkeit der Medien den Eindruck des Dornröschenschlafs erweckt hat. Dieses Schicksal teilt der Europarat weitgehend mit anderen parlamentarischen Versammlungen in Westeuropa, bis hin zum direkt gewählten Europaparlament. Erst langsam bilden sich Ansätze einer funktionierenden europäischen Öffentlichkeit. Dennoch sind wir weit von einem Zustand entfernt, bei dem regelmäßig über Debatten der europäischen parlamentarischen Versammlungen berichtet und das Geschehen kommentiert wird, wie dies täglich auf der Ebene des Bundes, der Länder und der Gemeinden bei uns geschieht.
    Der Europarat hat es außer seinem Engagement für die Menschenrechte und den über 130 Konventionen, die er bisher verabschiedet hat, durch eine Reihe von Aktionen verdient, stärker ins Bewußtsein gerückt zu werden. Ich erwähne nur drei dieser Aktivitäten.
    Ich nenne erstens die Kampagne für den ländlichen Raum von 1988, die von der Konferenz der Gemeinden und Regionen Europas, die sich unter dem Dach des Europarats organisiert haben, entscheidend mitgetragen worden ist und vor allem den Zweck verfolgte, den Auszehrungsprozeß, von dem zahlreiche ländliche Regionen in Europa betroffen sind, bewußt zu machen und gemeinsam nach Möglichkeiten zu suchen, diesen Prozeß umzukehren.
    Ich erwähne zweitens die im Januar 1988 eröffnete europäische Öffentlichkeitskampagne über die Nord-Süd-Problematik, Interdependenz und Solidarität, die in der Bundesrepublik von einem breiten Bündnis von Gewerkschaften, Gemeinden und Städten, Dritte-Welt-Aktionsgruppen sowie Jugendverbänden getragen worden ist.
    Ich nenne drittens die Schaffung eines besonderen Gaststatus' für Parlamentsdelegationen aus Ost- und Südosteuropa, zunächst aus Ungarn und Polen und Jugoslawien sowie aus der Sowjetunion. Das entspricht einem Beschluß der Parlamentarischen Versammlung im Frühjahr dieses Jahres.
    Ich möchte hier eine gewisse Autoreneitelkeit nicht verhehlen. Vor drei Jahren habe ich in einer Debatte des Europarats auf Grund von Erfahrungen, die wir im Rahmen der Interparlamentarischen Union gemacht haben, den Vorschlag gemacht, alle Mitgliedsländer



    Dr. Soell
    der Helsinki-Charta möglichst bald unter das Dach des Europarats zu bekommen, in welcher Form auch immer. Dieser Vorschlag ist vor drei Jahren mit großer Skepsis aufgenommen worden. Dafür mußte man Verständnis haben. Inzwischen ist der Vorschlag von allen politischen Richtungen voll akzeptiert worden. Daß die Mitglieder der sowjetischen Delegation in ihren biographischen Angaben stolz darauf hinweisen, daß sie bei den jüngsten Wahlen zum Obersten Sowjet im ersten Wahlgang direkt gewählt worden sind — so etwas gab es früher bei Begegnungen mit Vertretern aus Parlamenten in Osteuropa und in der Sowjetunion nie —, wirft jedenfalls ein bezeichnendes Schlaglicht auf die Dynamik des dortigen Umbruchs, die so vor zwei oder drei Jahren noch nicht vorstellbar war.
    Auch aus diesen Gründen muß die Arbeit des Europarates mehr Verbindlichkeit erhalten, müssen die Konventionen des Europarats und ihre Umsetzung auf nationaler Ebene stärker kontrolliert werden.
    Mir liegt eine sicher nicht vollständige Liste von Konventionen des Europarats vor — es sind rund drei Dutzend — , die von der Bundesrepublik teils unterschrieben, aber nicht ratifiziert worden sind, teils überhaupt nicht unterschrieben worden sind. Dazu gehören Konventionen, die teilweise 25 Jahre und älter sind, zu so wichtigen Gebieten wie z. B. zur internationalen Gültigkeit der Strafgerichtsbarkeit, zur Berechnung von Rechtsfristen, zur Sozialversicherung, zur Haftung bei Verkehrsunfällen — wichtig gerade im grenzüberschreitenden Verkehr — , zu den internationalen Auswirkungen des Führerscheinentzuges, zur Produkthaftung in bezug auf Personenschäden oder Tod, zur Entscheidung über das Sorgerecht für Kinder, zur Verhinderung von Folter, unmenschlicher oder entwürdigender Behandlung oder Bestrafung — wir haben ja vor kurzer Zeit einen Antrag eingebracht, der sich speziell mit dieser Konvention beschäftigt und in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, sie baldmöglichst zu ratifizieren — und zur — auch ein immer wichtiger werdendes Gebiet gerade im Zuge des Zusammenwachsens Europas — gegenseitigen Amtshilfe in Steuerangelegenheiten.
    Hier wollen wir künftig eine kontinuierliche Berichterstattung der Bundesregierung über Unterzeichnung und Ratifizierung und, wenn die Unterzeichnung abgelehnt worden ist oder wenn die Ratifizierung — aus welchen Gründen auch immer — auf Hindernisse stößt, die Gründe dafür bekommen.
    Ich möchte mit einer Bemerkung über das Verhältnis der europäischen Versammlungen zueinander schließen. Wir haben in den Haushalten der Parlamentarischen Versammlung des Europarats wie der anderen Organe des Europarats, aber auch der Westeuropäischen Union praktisch ein Nullwachstum. Wenn man das einmal in die Größenordnungsverhältnisse übersetzt — die Europäische Gemeinschaft hat inzwischen, im Jahr 1989, einen Haushalt von über 95 Milliarden DM, während die Kosten für den Europarat im Jahr 1989 ungefähr 130 Millionen DM betragen —, dann kann man das praktisch nur noch in Promillesätzen ausdrücken. Gerade angesichts der wachsenden Aufgaben, der Möglichkeit, eine institutionelle Brücke sowohl zu Osteuropa zu bilden als auch
    viele Initiativen hin zur Dritten Welt zu unterstützen, ist es wichtig, daß wir auch als Bundestag betonen, daß wir den Europarat sehr viel stärker fördern wollen. Es geht nicht um riesige bürokratische Wasserköpfe, aber um die Initiativen, die mit relativ wenig finanziellem Aufwand zu fördern sind.
    Im übrigen: Wir stimmen der Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß zu und hoffen auf eine zügige Beratung.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Böhm (Melsungen).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wilfried Böhm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stimme dem, was der Kollege Professor Soell gesagt hat — ebenfalls als Mitglied der deutschen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung — , vollinhaltlich zu. Das ist ein gemeinsamer Antrag. Ich denke, daß wir ihn auch gemeinsam verabschieden werden.
    Wenn wir im Deutschen Bundestag und in der Öffentlichkeit der Bundesrepublik Deutschland von Europa sprechen, richten sich unsere Blicke zwangsläufig nach Brüssel zur Europäischen Gemeinschaft. Sie steht im Mittelpunkt des deutschen Interesses, wenn es um Fragen der Europapolitik geht. Von ihr geht, gestützt auf ihre wirtschaftliche Bedeutung, in der Tat prägende Kraft für unsere gesamte Politik aus.
    Wer spricht schon angesichts der weit über 80 Milliarden DM, die die Europäische Gemeinschaft jährlich zur Verfügung hat, über den Europarat mit seinen rund 132 Millionen DM, die er im Gegensatz dazu jährlich bewegen kann? Da bleibt dem Europarat wenig an Beachtung, obwohl er als die erste europäische zwischenstaatliche Gemeinschaft, der mittlerweile alle 23 demokratischen Staaten Europas angehören, eine bedeutende politisch-moralische Institution ist. Als Verfechter der Demokratie und der Menschenrechte tritt er für die Wahrung der Grundwerte des menschlichen Zusammenlebens und der Lebensqualität ein und kann dabei in den mehr als 40 Jahren seines Bestehens auf viele Erfolge verweisen.
    Seine Parlamentarische Versammlung, das erste internationale Parlament und die größte Versammlung freiheitlich-demokratischer Staaten der Welt, hat in den 40 Jahren zahlreiche fachliche Initiativen ergriffen, die zu rund 130 Konventionen auf den verschiedensten Gebieten geführt haben. Diese mehrseitigen internationalen Abkommen ersetzen eine große Anzahl von Vereinbarungen, die sonst zweiseitig zwischen den Mitgliedstaaten hätten ausgehandelt werden müssen. Mit Kompetenz und Sachverstand wurden dabei große politische Fragen angegangen: von der Garantie der Menschenrechte über die Sozialcharta bis zum Umweltschutz, vom Drogenmißbrauch bis zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.
    Diese Konventionen prägten in ganz entscheidendem Maße die Gesetzgebung in den europäischen Mitgliedstaaten. Jene erwähnten 130 rechtlich verbindlichen Konventionen und Verträge des Europarates sind in der Tat ein großer Schritt hin zu einem gemeinsamen Rechtsraum im demokratischen Eu-



    Böhm (Melsungen)

    ropa. Gäbe es nicht die Konventionen, wäre das gleiche Ergebnis nur durch den Abschluß von weit über 25 000 zweiseitigen Abkommen erreichbar gewesen.
    Angesichts der rasch wachsenden und zu begrüßenden Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft wächst die Bedeutung des Europarates besonders als Brücke zu den europäischen Nichtmitgliedstaaten der EG, also zu den Staaten der EFTA, in zunehmendem Maße aber auch zu den Staaten Ost- und Südosteuropas.
    Die stürmische politische Entwicklung im Osten Europas hat dazu geführt, daß seit Mitte dieses Jahres Vertreter der gesetzgebenden Körperschaften Ungarns, Polens, Jugoslawiens und der Sowjetunion als ständige Gäste an den Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates teilnehmen und damit in das bereits bestehende gemeinsame europäische Haus Einzug gehalten haben.
    Diese politischen Entwicklungen führen in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zu einem neuen Selbstbewußtsein und fördern das Verlangen, dieses in vier Jahrzehnten gewachsene europäische Instrument systematisch für die Zukunft des gesamten Kontinents zu nutzen. Dazu gehört nicht nur eine stärkere Beachtung der Arbeit der Parlamentarischen Versammlung durch das Ministerkomitee, sondern auch eine Diskussion in den nationalen Parlamenten über das Schicksal der Konventionen und Abkommen des Europarates in den einzelnen Mitgliedsländern.
    Diese Grundüberzeugung hat zu dem vorliegenden Antrag aus den Reihen der deutschen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates geführt, mit dem eine Unterrichtung des Deutschen Bundestages über den Stand der Unterzeichnung und Ratifizierung europäischer Abkommen und Konventionen durch die Bundesrepublik Deutschland in zweijährigem Turnus verlangt wird.
    Auch in den anderen europäischen Mitgliedstaaten wird in den nationalen Parlamenten auf eine solche regelmäßige Berichterstattung gedrängt, sofern sie nicht schon erfolgt.
    Wir wissen, daß es in dem einen oder anderen Mitgliedsland, auch in der Bundesrepublik Deutschland, gute Gründe geben kann, daß Konventionen nicht sofort ratifiziert werden können; aber wir wollen diese Gründe kennen und diskutieren.
    Wir sind der festen Überzeugung, daß diese Konventionen Grundlage einer echten europäischen Gesetzgebung sind, und verweisen, wie ich meine, mit berechtigtem Stolz auf die wichtige Rolle, die die Parlamentarische Versammlung bei ihrer Ausarbeitung gespielt hat.
    Meine Damen und Herren, wir erwarten von den Staaten Osteuropas, die ihren Einzug in das gemeinsame europäische Haus der Freiheit vorbereiten, daß sie selbstverständlich nicht nur den grundlegenden Konventionen des Europarates beitreten, sondern so vielen Konventionen wie möglich, und das so bald als möglich.
    Die Kollegen aus den osteuropäischen gesetzgebenden Körperschaften, die gemeinsam mit uns in Straßburg beraten, stellen schon die Frage, was aus den Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung im Ministerkomitee wird, und sie fragen natürlich auch nach dem Schicksal der Konventionen in den einzelnen Mitgliedsländern. Wie ernst nehmen die Regierenden in den westlichen Staaten Europas das, was die Parlamentarier vorschlagen und beschließen? Ich hoffe nicht, daß die osteuropäischen Parlamentarier eines Tages zwischen der Bürokratie hier und der Bürokratie dort Vergleiche anstellen müssen.
    Alles in allem: Ein Grund mehr, hier bei uns mit Nachdruck auf einen sorgfältigen Umgang mit den Konventionen zu achten und alles daranzusetzen, unseren Beitrag zur Entwicklung des gemeinsamen europäischen Rechtsraums zu leisten. Diesem Anliegen gilt der vorliegende Antrag.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)