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ID1115614900

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    Plenarprotokoll 11/156 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 156. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 11715A Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksache 11/5000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1990 bis 1993 (Drucksache 11/5001) Dr. Vogel SPD 11715B Rühe CDU/CSU 11723 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 11733 C Mischnick FDP 11736 C Dr. Kohl, Bundeskanzler 11739C Dr. Schmude SPD 11750A Lintner CDU/CSU 11754 B Frau Frieß GRÜNE 11756 C Hoppe FDP 11758C Büchler (Hof) SPD 11760B Dr. Knabe GRÜNE 11762 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . . 11763 C Kühbacher SPD 11765C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg . . 11769A Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 11772 B Dr. Rose CDU/CSU 11773 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Staatsminister AA 11776D Dr. Hauchler SPD 11778C Wilz CDU/CSU 11781C Dr. Mechtersheimer GRÜNE 11783 B Frau Seiler-Albring FDP 11784 C Müntefering SPD 11786 D Pesch CDU/CSU 11788D Frau Teubner GRÜNE 11791C Dr. Hitschler FDP 11792 D Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau . 11794B Conradi SPD 11797D Frau Odendahl SPD 11799C Frau Männle CDU/CSU 11803 A Wetzel GRÜNE 11804 D Neuhausen FDP 11806A Daweke CDU/CSU 11806D Möllemann, Bundesminister BMBW . . . 11807D Oostergetelo SPD 11810B Eigen CDU/CSU 11814 D Frau Flinner GRÜNE 11817 C Bredehorn FDP 11819 A Daubertshäuser SPD 11821 C Fischer (Hamburg) CDU/CSU 11824 A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 Frau Rock GRÜNE 11826 D Zywietz FDP 11828B Haar SPD 11831A Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von den Abgeordneten Susset, Michels, Eigen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Paintner, Heinrich, Bredehorn und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) (Drucksache 11/5124) 11821B Nächste Sitzung 11832D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . .11833* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 11715 156. Sitzung Bonn, den 5. September 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 07. 09. 89* Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Büchner (Speyer) SPD 07. 09. 89* Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 05. 09. 89 Eich GRÜNE 07.09.89 Frau Eid GRÜNE 07. 09. 89 * * * Frau Fischer CDU/CSU 07. 09. 89* * * Frau Garbe GRÜNE 05. 09. 89 Frau Geiger CDU/CSU 07. 09. 89* * * Genscher FDP 07.09.89 Haack (Extertal) SPD 05. 09. 89 Heimann SPD 05.09.89 Frau Hensel GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Holtz SPD 07. 09. 89* * * Frau Hürland-Büning CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Hüsch CDU/CSU 05. 09. 89 Hüser GRÜNE 05.09.89 Ibrügger SPD 05. 09. 89 * * Jaunich SPD 05.09.89 Klein (Dieburg) SPD 07. 09. 89 Dr. Klejdzinski SPD 07. 09. 89 * * * Dr. Kreile CDU/CSU 07. 09. 89 Kreuzeder GRÜNE 05.09.89 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 07. 09. 89 Frau Luuk SPD 07. 09. 89* * * Lüder FDP 07.09.89 Magin CDU/CSU 07.09.89 Meyer SPD 05.09.89 Dr. Müller CDU/CSU 07. 09. 89 * Frau Nickels GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Nöbel SPD 07. 09. 89 Poß SPD 05.09.89 Regenspurger CDU/CSU 07.09.89 Frau Saibold GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Scheer SPD 07. 09. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Stercken CDU/CSU 07. 09. 89 * * * Stratmann GRÜNE 05.09.89 Such GRÜNE 05.09.89 Tietjen SPD 07.09.89 Vahlberg SPD 07.09.89 Frau Dr. Vollmer GRÜNE 05. 09. 89 Westphal SPD 07.09.89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 07. 09. 89* * * Dr. Wulff CDU/CSU 07. 09. 89* * * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung * * * für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Ursula Männle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verantwortungsvolle Bildungspolitik ist auf die Sicherung und weitere Verbesserung der Zukunftschancen der jungen Generation ausgerichtet. Sie hat einerseits die Fähigkeiten und Begabungen des einzelnen zu unterstützen und sich andererseits am differenzierten Qualifikationsbedarf unserer Gesellschaft zu orientieren.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

    Investitionen in die Qualität von Bildung und Ausbildung, von Wissenschaft und Forschung sind Zukunftsinvestitionen — als solche müssen wir sie behandeln — für jeden einzelnen und für die Gesellschaft insgesamt.
    Wie Frau Odendahl lobend erwähnte, trägt der Haushalt des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft diesem Grundgedanken Rechnung, und zwar sowohl in seiner generellen Schwerpunktsetzung als auch in der Höhe der jeweiligen Ansätze. Die Bildungsausgaben betragen jetzt mehr als 4 Milliarden DM. Besonders zu beachten ist die Steigerungsrate gegenüber dem Jahr 1989. Während der Gesamthaushalt um 3,4 % zunimmt, steigt der Bildungsetat um 8,8 %.

    (Sehr gut! bei der FDP)

    Das ist insbesondere deshalb so bemerkenswert, da der Bund auf dem Gebiet der Bildung nur sehr eingeschränkte Kompetenzen besitzt. Wie dieser Haushalt beweist, versucht er aber, diese voll auszuschöpfen. Meines Erachtens ist diese Investition für unsere jungen Menschen notwendig und voll gerechtfertigt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl!)

    Ohnehin — wir wissen es — wird der Bund meist verantwortlich gemacht, wenn es im Bildungs- und Ausbildungssystem etwas hakt. Manchmal trifft die Kritik einen Falschen. Aber um ehrlich zu sein, Herr Minister Möllemann: Manchmal tragen auch wir oder tragen auch Sie dazu bei, daß die Pfeile auf Sie gezogen werden. Sie machen zusätzliche Angebote an die Länder und versuchen so, indirekt den Spielraum etwas zu erweitern. Von daher gibt es hier manchmal einige Probleme.

    (Kuhlwein [SPD]: Was sagt denn Ihr bayerisches Herz dazu?)

    — Ich als Föderalistin und als Bayerin habe versucht, dies sehr vornehm zu umkleiden. Ich glaube, Sie haben es gemerkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Probleme und auch die Lösungsansätze im Bildungsbereich haben sich in den letzten Jahren ganz entscheidend verändert. Spielten früher Fragen des Lehrstellenmangels und damit z. B. auch Eingliederungsmaßnahmen zugunsten benachteiligter Jugendlicher eine ganz entscheidende Rolle, so stehen wir heute vor anderen Fragen, z. B. denen einer weiteren Qualifizierung der beruflichen Bildung und der Förderung besonders Befähigter. Erstmals soll in diesem
    Haushalt überprüft werden, ob nicht analog der Begabtenförderung im Hochschulbereich eine derartige Förderung auch im beruflichen Bildungswesen stattfinden soll. Das haben Sie meines Erachtens vergessen zu erwähnen, Frau Odendahl. Die Mittel zur Erforschung, wie Leistung und Begabung in der Berufsbildung gefördert werden könnten, halte ich für sehr gut angelegt und für einen ganz neuen Akzent in diesem Haushalt. Auch die Steigerung des Austausch- und Stipendienprogramms im Bereich der beruflichen Bildung halte ich insbesondere im Hinblick auf den Binnenmarkt für besonders notwendig.

    (Abg. Frau Odendahl [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Frau Odendahl, ich möchte ganz gerne, weil ich Herrn Daweke nicht allzuviel Zeit wegnehmen möchte, versuchen, das im Zusammenhang zu machen.

    (Rixe [SPD]: Aber es macht nichts, wenn er ein bißchen weniger redet!)

    — Jetzt nehmen Sie mir die Zeit weg, indem Sie diese Zwischenrufe machen.
    Aber auch die Fortsetzung der Modellprogramme
    — ich darf hier beispielhaft die Entwicklung neuer Qualifikationsstrukturen nennen, Nachqualifizierung, Verbesserung der Ausbildung und Fortbildung des Personals, also derjenigen, die Ausbildung und berufliche Weiterbildung vermitteln, aber auch die Einbeziehung derjenigen, die weniger leistungsfähig sind, der Behinderten oder die Erweiterung des Berufsspektrums für Frauen — ist nach wie vor wichtig, und wir unterstützen sie.
    Über die Notwendigkeit der Förderung von Investitionen in überbetrieblichen Ausbildungsstätten bräuchte ich eigentlich kein Wort zu verlieren. Wir alle wissen, daß durch sie die Berufsbildungsqualität gerade in den kleinen und mittleren Betrieben von Handwerk und Industrie gesichert wird. Dieser Haushaltstitel trägt diesem Gedanken Rechnung. Es werden Zuschüsse für laufende Zwecke und für Investitionen gegeben, um eine Anpassung der überbetrieblichen Ausbildung an die neuere technologische Entwicklung zu garantieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der wachsenden Bedeutung der Weiterbildung wird auch in diesem Haushalt Rechnung getragen. Die Steigerung der Mittel für Maßnahmen der allgemeinen und beruflichen Weiterbildung beträgt gegenüber 1989 5,3 %. Wir haben dafür 20 Millionen DM eingesetzt. Damit wird deutlich, daß wir die vierte Säule des Bildungswesens ausbauen werden.
    Ein weiterer Schwerpunkt dieses Bildungshaushalts ist die Ausbildungsförderung generell, das bekannte BAföG. Ich war etwas erstaunt, daß von Frau Odendahl heute nicht allzuviel Kritik in diesem Bereich gekommen ist.

    (Kuhlwein [SPD]: Das war deutlich genug!)

    Wir wissen ja, daß wir uns über das BAföG nie einigen
    werden. Ich darf hervorheben, daß die Leistungen des
    BAföG um 10,2 % gesteigert sind. Diese Steigerung ist



    Frau Männle
    nicht nur durch die regelmäßige Anpassung der Bedarfssätze und Einkommensfreibeträge, sondern auch durch strukturelle Verbesserungen verursacht. Sie wissen, dies betrifft die Einbeziehung der mittleren Einkommen, die Abschlußförderung und die Anhebung des Krankenversicherungszuschusses. Dies sind wichtige Aspekte, die neu aufgenommen worden sind.
    Einigkeit hoffe ich in den Diskussionen im Bereich der allgemeinen Studienförderung, der Studienförderungswerke und auch der Promotionsförderung zu erreichen. Ich denke, wir wissen, wie wichtig die Förderung eines qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchses ist, gerade weil wir ein differenziertes Netzwerk von Nachwuchsförderungsprogrammen entwikkelt haben. Da bin ich etwas anderer Ansicht als Sie, Frau Odendahl, die Sie dies heruntergespielt haben. Wir haben dieses Nachwuchsförderungsprogramm sehr weit ausgebaut. Ich erinnere an das Heisenberg-Programm und die Post-Doktorandenprogramme. Wir brauchen dafür eine breite Förderung im Bereich der Promotionen, um Habilitationen überhaupt möglich zu machen.

    (Wetzel [GRÜNE]: Und wo ist die?)

    — Ich stelle ja gerade fest, daß wir hier vielleicht etwas verstärken müssen.

    (Kuhlwein [SPD]: Das machen wir im Ausschuß!)

    Ich meine auch, die Errichtung der Graduierten-Kollegs, für die in diesem Haushalt 10 Millionen DM angesetzt sind, ist kein Ersatz für die auszubauende Promotionsförderung.

    (Kuhlwein [SPD]: Sehr richtig!)

    In der Nachwuchsförderung sehe ich trotz des enormen Mitteleinsatzes, den wir geleistet haben, ein Defizit, wenn es in den Bereich geht, den Sie, Frau Odendahl, angesprochen haben, nämlich in bezug auf die Frauen. Wir wissen, daß etwa 20 % Frauen promovieren, sich aber nur 7 % habilitieren. Da ist eine Lücke. Ich meine, hier könnten wir nachfragen, ob wir die Habilitationsförderungsmittel gezielt auch für Frauen bereitstellen. Professorinnen fallen nicht vom Himmel; da müssen wir schauen, daß wir Habilitantinnen bekommen. Vielleicht können wir nachfragen, ob ein gezieltes Programm gerade für diejenigen angesetzt werden könnte, die aus familiären Gründen nach der Promotion aussteigen oder sich in einen anderen Beruf, der ihnen sicherer erscheint, ich sage einmal: geflüchtet haben. Da haben wir sicherlich einiges, wo wir noch einsteigen können. Eigentlich gehört es nicht zur Rolle einer Haushälterin, dies zu sagen, aber ich konnte mir diese Bemerkungen nicht verkneifen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD — Kuhlwein [SPD]: Das ist doch sehr kreativ! Haben Sie den Herrn Waigel gefragt?)

    Ich denke, auch vom Haushaltsausschuß her darf man Akzente setzen.
    Forschungsförderung — ich habe es ausgedrückt — ist ein ins Auge fallender Schwerpunkt dieses Haushalts. Neben dem Sonderprogramm, das extra ausgewiesen ist, haben wir eine enorme Erhöhung der Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft
    auf knapp 640 Millionen DM. Dies entspricht einer Steigerungsrate von 5 %.
    Gemeinsam sollen wir uns überlegen — da knüpfe ich an das an, was Sie, Frau Odendahl, gesagt haben — , welchen Stellenwert anwendungsbezogene Forschung der Fachhochschulen in Zukunft haben wird. Sie ist jedenfalls bisher nicht gesondert ausgewiesen, müßte aber ihren Platz entweder innerhalb oder außerhalb der Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft finden.
    Mittel des Hochschulbaus — dies ist erwähnt worden — wurden auf 1,1 Milliarden DM erhöht, eine gewaltige Anstrengung, um auch den zukünftig noch hochbleibenden Zahlen der Studenten Rechnung zu tragen. Wir wissen aber alle, daß der räumliche Ausbau der Hochschulen allein die Überfüllung nicht löst. Es gibt zahlreiche andere Maßnahmen.
    Ich meine, der Bund hat seine Pflicht in diesem Bereich erfüllt, hat seine Akzente gesetzt.

    (Rixe [SPD]: Aber ein bißchen mehr wäre besser!)

    Es besteht jetzt auch die Frage, wie flexibel Universitätsverwaltungen sind, wie Hochschulverwaltungen hier einsteigen können, wie manche Kapazitäten besser genutzt werden können, wie manche Studien- und Prüfungsordnungen verändert werden können. Man soll also nicht alles auf den Bund beziehen, sondern soll einmal nachfragen, zu welchen Einzelleistungen auch andere noch fähig sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Förderung der Studentenwohnungen ist nicht Gegenstand unseres Haushaltes.
    Ich denke, alle die Bereiche, die wir von unserer Aufgabenstellung als Bund durch das Grundgesetz zugewiesen bekommen haben, sind in diesem Haushalt ausgewiesen, sind ausgefüllt. Ich denke, daß der Haushalt in sich ausgewogen ist und durch kleine Veränderungen noch verbessert werden kann. Ich erwarte dann Ihre Zustimmung dazu.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wetzel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In wichtigen Grundsatzfragen bestehen bekanntlich erhebliche Gegensätze zwischen dieser Bundesregierung und der Mehrheit der Bevölkerung. So geht dieser Haushaltsentwurf der Bundesregierung völlig daran vorbei, daß eine große Mehrheit der Bevölkerung ausdrücklich den ökologischen Umbau dieser Industriegesellschaft will. Die Menschen erwarten und fordern von der Regierung, daß sie für diesen Umbau die erforderlichen finanziellen und rechtlichen Voraussetzungen schafft. Das ist Zukunftsaufgabe Nummer eins.
    Der ökologische Umbau dieser Industriegesellschaft muß natürlich den Umbau und Ausbau des Bildungs- und Wissenschaftssystems mit einschließen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)




    Wetzel
    Nur wenn ökologische Überlebensfragen in die breite Bildung der Gesellschaft und in die Tiefe der Wissenschaften eindringen können, nur dann werden wir, verehrte Kolleginnen und Kollegen, unserer historischen Aufgabe als Bildungs- und Wissenschaftspolitiker gerecht.
    Wenn dies die Meßlatte ist, Herr Möllemann, an der auch Ihre Politik und Ihr Haushalt zu messen sind, dann wird Sie meine Antwort nicht überraschen: Eine Konzeption für den zeitgemäßen und problemgerechten Umbau des Bildungs- und Wissenschaftssystems ist bei Ihnen nicht einmal in Ansätzen zu erkennen. Quantitativ gesehen sind die haushaltspolitischen Ansätze für einen Ausbau des Bildungs- und Wissenschaftssystems völlig unzureichend.

    (Daweke [CDU/CSU]: Ach Gott!)

    Um nur einige der drängendsten Haushaltsprobleme anzusprechen, frage ich Sie, Herr Möllemann:
    Erstens. Wo bleibt das große Bund-Länder-Sonderprogramm zur beruflichen Ausbildungsförderung?

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Die Länder!)

    Es ist doch ein Skandal: 1,5 Millionen Menschen, vor allem Frauen, die zwischen 1960 und 1969 geboren wurden, sind ohne Berufsausbildung geblieben. Wenn diese um ihre Berufsausbildung betrogene Generation im Jahr 2000 erst einmal 30 oder 40 Jahre alt ist, dann kann sich jeder an seiner Hand ausrechnen, welche Arbeitsmarktchancen diese Frauen und Männer dann haben werden.
    Zweitens. Herr Möllemann, Ihr erstes Hochschulsonderprogramm ist gescheitert. Zwar rühmt Sie Ihr eigener Staatssekretär, daß Sie 11 000 Studienplätze geschaffen hätten. Aber an den Hochschulen fehlt wissenschaftliches Personal für die Betreuung von über 600 000 Studenten. Bei diesem Schneckentempo, Herr Möllemann, dürften Sie in etwa 50 Jahren mit dem Überlastproblem fertig geworden sein.

    (Daweke [CDU/CSU]: Dann ist die FDP in Bonn immer noch an der Regierung!)

    Unsere Kritik aus dem vorigen Jahr hat sich also bestätigt. Das Programm ist erstens quantitativ unzureichend und zweitens zu selektiv insbesondere auf die Bereiche der Informatik und der Betriebswirtschaftslehre zugeschnitten.

    (Unruhe bei den GRÜNEN)

    — Meine lieben Kolleginnen und Kollegen aus der eigenen Fraktion, darf ich um etwas Ruhe bitten? — Es darf nicht so bleiben, daß große Teile der heutigen und der nächsten Studentengeneration um ein qualitativ angemessenes Studium gebracht werden. Deswegen meinen wir, daß Sie und die Landesminister, Herr Minister, schleunigst zu einer kritischen Revision des sogenannten Überlastprogramms schreiten müßten.
    Drittens. Zwar begrüßen wir Ihre Ankündigung, sich für ein Bund-Länder-Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses einzusetzen. Aber, Herr Minister, wo bleibt denn in Ihrem Haushalt Ihre Eigeninitiative? In Ihrem eigenen Haushalt, etwa bei der Studienförderung oder der Promotionsförderung, ist nicht die Spur einer verbesserten Nachwuchsförderung wiederzufinden.

    (Kuhlwein [SPD]: So ist es!)

    Heute geht es um grundsätzliche Fragen, nicht um Einzelprobleme der Bildungs- und Wissenschaftspolitik. Ich könnte die Mängelliste dieses Haushalts natürlich stundenlang fortsetzen: weiterhin restriktive Politik auf dem Feld der Ausbildungsförderung, unzureichende Mittel im Bereich des Hochschulbaus, keine Mittel für die Fachhochschulforschung etc. etc. Viel davon ist von meinen Vorrednerinnen, insbesondere von Frau Odendahl, schon angesprochen worden.
    Ich will aber zum Schluß zwei besonders drängende Probleme ansprechen.
    Zum ersten: Die studentische Wohnungsnot. Herr Minister, es ist fast schon zynisch, wenn Sie einerseits zur Mobilisierung von Zimmerreserven oder zur Einrichtung von Notquartieren für Studenten aufrufen, andererseits im Bundeshaushalt keinen Finger krümmen, wenn es um die Förderung des studentischen Wohnraumbaus geht.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Herr Minister, wir fordern Sie auf: Ergreifen Sie die Initiative zum Wohnraumbau gegen die Wohnungsnot der Studierenden! Sie würden darin die volle Unterstützung vermutlich nicht nur von uns GRÜNEN, sondern des ganzen Hauses bekommen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Ob dieses Programm dann in Ihrem Haushalt oder im Wohnungsbauhaushalt angesiedelt ist, wäre für uns eine reine Nebensache.
    Nun zum letzten Punkt: Die geplante Novellierung des Hochschulrahmengesetzes. Herr Minister, Sie beabsichtigen damit, daß sich die Hochschulen in den Numerus-clausus-Fächern demnächst ihre Studierenden selber aussuchen dürfen. Von den inneren Widersprüchen dieses Vorhabens einmal abgesehen — also mehr Hochschulbürokratie, zusätzliche Überlastung eh schon überlasteter Fachbereiche usw. usf. —, liegen diese Absichten natürlich auf der Grundlinie Ihrer Hochschulpolitik. In einer Zeit der durchaus positiv zu bewertenden Massennachfrage nach Hochschulbildung wollen Sie die heute schon bestehenden Aufspaltungstendenzen in einen Elitebetrieb und in einen billigen Massenbetrieb weiter stärken. Sie können und wollen sich offenbar nicht der Notwendigkeit stellen, die Qualität des Studiums auf großen Maßstab zu verbessern. Aber genau darum geht es heute.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN und der SPD)

    Herr Minister, wenn Sie schon die große Schublade einer HRG-Novelle aufziehen, dann wäre eine Konzentration auf die wirklichen Hauptfragen einer Hochschulreform fällig: Sicherung der Hochschulautonomie durch neue, selbstverwaltete Forschungsetats, Frauenförderung, Mitbestimmung, Studienreform in Richtung Interdisziplinarität und in Richtung größerer studentischer Eigenverantwortung.
    Meine Damen und Herren, Herr Minister, erst dann, wenn solche Fragen ins Zentrum der verantwortlichen



    Wetzel
    Politik gestellt werden, wird das Bildungs- und Hochschulsystem den erforderlichen Beitrag zur ökologischen und sozialen Umgestaltung der Industriegesellschaft leisten können. Diese Aufgabe muß Priorität haben.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)