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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/155 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 155. Sitzung Bonn, Montag, den 4. September 1989 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Becker (Nienberge) 11655 A Wahl der Abg. Frau Schätzle zur Schriftführerin als Nachfolgerin der Abg. Frau Pack 11655B Wahl der Abg. Frau Hoffmann (Soltau) als stellvertretendes Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates an Stelle der ausscheidenden Abg. Frau Pack 11655 B Begrüßung einer ungarischen Gymnasiumsklasse 11674 B Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksache 11/5000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1989 bis 1993 (Drucksache 11/5001) Dr. Waigel, Bundesminister BMF 11655C, 11705 B Frau Matthäus-Maier SPD 11666 A Borchert CDU/CSU 11674 C Frau Rust GRÜNE 11680A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 11682C Wieczorek (Duisburg) SPD 11688D Dr. Friedmann CDU/CSU 11692 B Frau Vennegerts GRÜNE 11696 B Glos CDU/CSU 11699A Esters SPD 11702 A Wüppesahl fraktionslos 11709B Cronenberg (Arnsberg) FDP 11711 C Tagesordnungspunkt 2: Einspruch des Abgeordneten Volmer gegen den am 23. Juni 1989 erteilten Ordnungsruf 11712 C Nächste Sitzung 11712 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11713* A Anlage 2 Einspruch gemäß § 39 GO des Abg. Volmer (DIE GRÜNEN) 11713* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Montag, den 4. September 1989 11655 155. Sitzung Bonn, den 4. September 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 07. 09. 89 * Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Büchner (Speyer) SPD 07. 09. 89 * Frau Conrad SPD 4. 09. 89 Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 5. 09. 89 Duve SPD 04. 09. 89 Egert SPD 04. 09. 89 Eich GRÜNE 07. 09. 89 Frau Eid GRÜNE 07. 09. 89 *** * Frau Fischer CDU/CSU 07. 09. 89 *** Frau Garbe GRÜNE 05. 09. 89 Frau Geiger CDU/CSU 07. 09. 89 *** Dr. Geißler CDU/CSU 4. 09. 89 Genscher FDP 07. 09. 89 Graf SPD 04. 09. 89 Gröbl CDU/CSU 04. 09. 89 Haack (Extertal) SPD 5. 09. 89 Hauser (Krefeld) CDU/CSU 04. 09. 89 Heimann SPD 05. 09. 89 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 4. 09. 89 Frau Hensel GRÜNE 5. 09. 89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 4. 09. 89 Dr. Holtz SPD 07. 09. 89 *** Frau Hürland-Büning CDU/CSU 07. 09. 89 Hüser GRÜNE 05.09.89 Ibrügger SPD 5. 09. 89 ** Jaunich SPD 05. 09. 89 Klein (Dieburg) SPD 07. 09. 89 Dr. Klejdzinski SPD 07. 09. 89 *** Kossendey CDU/CSU 04. 09. 89 Dr. Kreile CDU/CSU 07. 09. 89 Kretkowski SPD 04. 09. 89 Kreuzeder GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 07. 09. 89 Frau Luuk SPD 07. 09. 89 *** Lüder FDP 07. 09. 89 Magin CDU/CSU 07. 09. 89 Meyer SPD 05. 09. 89 Dr. Müller CDU/CSU 07. 09. 89 * Frau Nickels GRÜNE 05. 09. 89 Niegel CDU/CSU 04. 09. 89 Dr. Nöbel SPD 07. 09. 89 Rappe (Hildesheim) SPD 4. 09. 89 Rauen CDU/CSU 04. 09. 89 Reddemann CDU/CSU 04. 09. 89 Regenspurger CDU/CSU 07. 09. 89 Repnik CDU/CSU 04. 09. 89 Reuschenbach SPD 07. 09. 89 Frau Saibold GRÜNE 5. 09. 89 Schartz CDU/CSU 04. 09. 89 Schäfer (Mainz) FDP 04. 09. 89 Frau Schätzle CDU/CSU 04. 09. 89 Dr. Scheer SPD 07. 09. 89 Frau Schilling GRÜNE 04. 09. 89 Schröer (Mülheim) SPD 04. 09. 89 Dr. Stercken CDU/CSU 07. 09. 89 *** Stratmann GRÜNE 05. 09. 89 Such GRÜNE 05. 09. 89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Tietjen SPD 07. 09. 89 Frau Dr. Vollmer GRÜNE 05. 09. 89 Vosen SPD 04. 09. 89 Westphal SPD 07. 09. 89 Wimmer (Neuötting) SPD 04. 09. 89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 07. 09. 89 *** Dr. Wulff CDU/CSU 07. 09. 89 *** Zander SPD 04. 09. 89 Dr. Zimmermann CDU/CSU 04. 09. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung *** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Einspruch gemäß § 39 GO des Abgeordneten Volmer (GRÜNE) vom 26. Juni 1989 In der Debatte am Freitag, dem 23. Juni 1989, zum Tagesordnungspunkt 27 bekam ich von der Frau Vizepräsidentin Renger einen Ordnungsruf. Gerügt wurde meine Aussage: Ausgerechnet der Vertreter einer Bundestagsfraktion, die öfter nachgewiesen hat, daß sie nur über ein vordemokratisches Bewußtsein verfügt, deren Mitglieder hier durch rassistische Zwischenrufe aufgefallen sind, will Nachhilfeunterricht in Demokratie geben (Plenarprotokoll 11/153, S. 11601D). Ich möchte nach § 39 der Geschäftsordnung Einspruch gegen den Ordnungsruf einlegen. Begründung: Es scheint mir durchaus „vordemokratisch" zu sein, wenn etwa der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion der CDU/CSU, Dr. Bötsch, in einer Debatte dem Begehren meiner Fraktion nach einem Sitz im Bundestagspräsidium entgegenhält, die Abgeordneten der Fraktion DIE GRÜNEN übten ihr Mandat in einer Art und Weise aus, wie er, Dr. Bötsch, es nicht akzeptieren könne, weshalb der Fraktion DIE GRÜNEN auch jenseits der formalen Hindernisse aus grundsätzlichen Überlegungen ein Platz im Präsidium zu verwehren sei. Hier wird von einem Mitglied des Deutschen Bundestages ein Meta-Standpunkt zur Ausübung des Mandats eingenommen, von dem aus der Vertreter der Mehrheitsfraktion Vertretern einer Minderheitsfraktion die Art ihrer Mandatsausübung vorschreiben will. Dies ist ein eklatanter Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit der Abgeordneten. Herr Dr. Bötsch hat faktisch einen obrigkeitlichen Standpunkt über den freien Willen der Abgeordneten gesetzt. Der Vorwurf „rassistischer Zwischenrufe" scheint mir hinreichend gerechtfertigt mit Verweis auf die protokollierten Anwürfe der Herren Fellner (CSU) und Straßmeir (CDU) gegen meinen Fraktionskollegen Meneses Vogl. Nun möchte ich einräumen, daß mir in der frei gehaltenen Rede eine Verallgemeinerung unterlaufen ist, die suggeriert, daß alle Unionsabgeordneten dieselbe Geisteshaltung verträten wie die drei genannten Herren. Die Verallgemeinerung bitte ich als lapsus linguae zu verstehen, der selbst aber noch seine Rechtfertigung dadurch erfährt, daß sich die Fraktion der CDU/CSU von den Entgleisungen ihrer Mitglieder bisher nicht distanziert hat.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Theodor Waigel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Finanzpolitische Solidität und politisches Gestaltungsvermögen sind das Markenzeichen der Bundesregierung seit 1982.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

    — Von der Zeit, in der Sie regierten und in der Sie den Finanzminister stellten, kann man das weiß Gott nicht behaupten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn die SPD die Erfolge vorweisen könnte, die wir seit sieben Jahren erreicht haben, dann würde sie heute zur Eröffnung der Haushaltsdebatte in Jubelgesänge ausbrechen.

    (Lachen bei der SPD)

    Die Opposition beherrscht unbestreitbar die Kunst eindrucksvoller Fehlprognosen — das ist aber das einzige, was Sie finanzpolitisch beherrschen —, während diese Regierung der Garant für wirtschafts- und finanzpolitische Erfolge ist.

    (Dr. Vogel [SPD]: Jawohl, 6 Milliarden DM mehr!)

    Die SPD kann diesem Erfolg nur Schwarzmalerei und eine Verunsicherung der Bürger entgegensetzen, wie sie sich z. B. aus dem Krisenszenario des SPD-Vorsitzenden Vogel vom 7. April 1988 in der Esslinger Zeitung ergibt.

    (Conradi [SPD]: Bringen Sie den Haushalt ein oder eröffnen Sie die Debatte?)

    — Es ist doch mein gutes Recht, das, was Ihr Vorsitzender gesagt hat, hier noch einmal zu diskutieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    11656 Deutscher Bundestag - 11 .Wahlperiode, — 155. Sitzung. Bonn, Montag, den 4. September 1989
    Bundesminister Dr. Waigel
    Herr Conradi, jetzt bin ich nur noch darauf gespannt, ob Sie nach dem Zitat dem, was Ihr Vorsitzender gesagt hat, noch zustimmen. Er hat damals gesagt:
    Selbst wenn die Koalition die Verbrauchsteuern wie angekündigt kräftig erhöht, wird die Neuverschuldung des Bundes 1989 eher über als unter 40 Milliarden DM betragen.
    — Jetzt habe ich von Conradi überhaupt nichts mehr gehört!

    (Zurufe von der SPD)

    Im Jahr 1990 wird selbst bei 1989 kräftig erhöhten Verbrauchsteuern das Defizit im Bundeshaushalt bei mindestens 50 Milliarden DM liegen.

    (Erneute Zurufe von der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, überwiegend hat jetzt der Herr Bundesminister das Wort zur Einbringung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Theodor Waigel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ich bedanke mich sehr, Frau Präsidentin. Nur: Je länger die Rede dauern wird, desto stiller wird die Opposition werden. Da bin ich ziemlich sicher.
    Tatsache ist: In diesem Jahr wird die Nettokreditaufnahme eher unter als über 25 Milliarden DM liegen, und 1990 sind es nach derzeitiger Einschätzung ca. 33 Milliarden DM; es könnten auch weniger sein.
    Ich will Ihnen noch ein Zitat nicht vorenthalten:
    Die mehr als 2 % Wachstum in diesem Jahr, von denen er in letzter Zeit redet
    — mit „er" war mein Vorgänger, Bundesverteidigungsminister Dr. Gerhard Stoltenberg, gemeint —haben erneut mit der Realität nichts zu tun.

    (Zuruf von der FDP: Stimmt!)

    So Dr. Hans Apel in der Bundestagsdebatte zur ersten Lesung der Steuerreform 1990 am 21. April 1988.
    Tatsache ist: Das reale Bruttosozialprodukt ist im letzten Jahr mit 3,7 % stärker gestiegen als in allen Jahren seit 1979.

    (Zuruf von der SPD: Na und?)

    Dieser Bundeshaushalt 1990 ist ein Ausdruck finanzpolitischer Kontinuität und ist eine Antwort auf neue Herausforderungen.
    Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf und der mittelfristige Finanzplan bis 1993 sind Ausdruck finanzpolitischer Kontinuität

    (Walther [SPD]: Schuldenkontinuität!)

    und zugleich eine Antwort auf das, was uns erwartet. Er entspricht in seinen Eckdaten unseren langfristigen finanz- und wirtschaftspolitischen Zielen. Wir haben den Ausgabenzuwachs mit 3,4 % 1990 und durchschnittlich 3 % 1991 bis 1993 erneut deutlich unter den Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Leistung gedrückt. So tragen wir zur weiteren Verringerung des Staatsanteils zum Bruttosozialprodukt bei. Zugleich schaffen wir die Grundlagen für wachstums- und beschäftigungswirksame Steuerentlastung.
    Durch grundlegende finanz- und steuerpolitische Reformen konnte die Wachstumsdynamik unserer Volkswirtschaft in den letzten Jahren zunehmend gestärkt werden. So können heute wichtige zusätzliche Schwerpunktaufgaben auch bei sinkender Steuer- und Abgabenlast finanziert werden.

    (Frau Dr. Wegner [SPD]: Jäger 90!)

    Das gilt für die Bereiche Familie und Bildung, für die wichtige Aufnahme der Übersiedler und Aussiedler, für den Wohnungsbau und für wichtige Infrastrukturinvestitionen, für die die Bundesregierung erhebliche Mittel bereitstellt.
    Mein Vorgänger im Amt des Bundesministers der Finanzen, Gerhard Stoltenberg, hat am Anfang unserer Regierungszeit den Zeitbedarf für wirksame Reformen unmißverständlich klargestellt: Der Wendekreis einer neuen Finanzpolitik ist unter der aktuellen Last der Wirtschaftskrise, die wir damals hatten, sicher nicht in Monaten, sondern in Jahren zu bemessen. Aber heute, nach sieben Jahren hervorragender Arbeit — vor allem von Gerhard Stoltenberg — , können die deutlich sichtbar gewordenen Erfolge unserer finanz- und wirtschaftspolitischen Richtungsentscheidungen von keinem Kritiker mehr geleugnet werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Rückbesinnung auf die Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft und der beharrliche Einsatz für gesunde öffentliche Finanzen haben unserem Land zum zweitenmal nach dem letzten Weltkrieg eine von vielen nicht für möglich gehaltene wirtschaftliche Blüte gebracht. Das und der Blick über unsere östlichen Grenzen, aber auch in viele Entwicklungsländer zeigen überdeutlich: Der Fürther Ludwig Erhard hat endgültig über den Trierer Karl Marx gesiegt,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    womit ich allerdings nichts über das schöne alte Trier und schon gar nichts über das Quellensteueramt dort gesagt haben möchte.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

    Man kann auf Dauer Freiheit, Selbstentfaltung, Privatinitiative und Demokratie nicht unterdrücken. Bevormundung und Gängelung im wirtschaftlichen wie im gesellschaftlichen Bereich widersprechen der menschlichen Natur.
    Die einfache Wahrheit ist: In unserem Land lohnt es sich wieder, zu arbeiten, Risiken einzugehen und zu investieren. Die damit einhergehende wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung könnte geradezu einem Lehrbuch für Nationalökonomie entnommen sein:

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Um Gottes willen!)

    1988 konnten wir ein Wachstum von 3,7 % verzeichnen, 1989 von 3,5 bis 4 %. Auch 1990 dürfte eine Drei vor dem Komma stehen.
    Zwischen 1969 und 1982 wurden im Saldo rund 600 000 Arbeitsplätze vernichtet. Die Bilanz seit 1983: 1,25 Millionen zusätzliche Beschäftigungsmöglich-



    Bundesminister Dr. Waigel
    keiten für Arbeitslose, für Berufsanfänger, für Aussiedler und Übersiedler.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Jetzt ist die Arbeitslosenzahl zum erstenmal wieder unter die 2-Millionen-Grenze gedrückt. In vielen Arbeitsmarktbezirken ist inzwischen Vollbeschäftigung oder sogar Überschußnachfrage erreicht.
    Wir haben durch Konsolidierung der Staatshaushalte und in Kooperation mit der Bundesbank vor allem Preisstabilität gesichert. „Stabilität ist das Wachstum von morgen." In diesem Satz des früheren Bundesbankpräsidenten Emminger liegt ein weiterer Schlüssel zu den hervorragenden wirtschaftlichen Ergebnissen in der Bundesrepublik Deutschland. Unsere Stabilitätspolitik ist zu einem unserer wichtigsten Exportartikel geworden. Immer mehr Länder versuchen, sich an unsere Stabilitätspolitik anzukoppeln.
    Gefestigtes Vertrauen in die Verläßlichkeit unserer Finanz- und Wirtschaftspolitik zeigt sich vor allem in der erheblichen Ausweitung betrieblicher Investitionen. Allein 1988 und 1989 werden die Unternehmen ihre Investitionsausgaben um insgesamt real rund 16 % steigern.
    Wir sind dabei, die scheinbare Gesetzmäßigkeit ständig abnehmender wirtschaftlicher Dynamik zu durchbrechen. Aber um dies zu erreichen, muß unsere Politik marktwirtschaftlicher Reformen konsequent fortgesetzt werden.
    In den 70er Jahren sind die Sozialdemokraten mit großen Versprechungen angetreten. Aber sie haben ihre Ziele eklatant verfehlt.

    (Dr. Vogel [SPD]: Na, na!)

    Das Ergebnis sozialistischer Experimente eines ausufernden Staates — —

    (Unruhe bei der SPD)

    — Ich finde das ganz seltsam. Einmal wollen Sie Sozialisten sein, einmal wollen Sie nicht Sozialisten sein.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Bohl [CDU/CSU]: Das tut weh! — Zurufe von der SPD)

    — Aber in Ihrem Noch-Godesberger Programm heißt es doch: „Die Demokratie wird durch den Sozialismus erfüllt."

    (Dr. Vogel [SPD]: Sehr wahr! — Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Das hat sich nun in der katastrophalen Finanzpolitik der Sozialdemokraten oder Sozialisten — wie Sie es haben wollen — der 70er Jahre wirklich gezeigt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Roth [SPD]: Sie machen ja Kabarett für sich!)

    Denn das Ergebnis waren Rezession, Inflation, ein drastischer Anstieg der Arbeitslosigkeit, zerrüttete Staatsfinanzen, die weitgehende Unfinanzierbarkeit der sozialen Sicherungssysteme und Handlungsdefizite in fast allen Bereichen staatlicher Politik.

    (Walther [SPD]: Ach Gott, ach Gott!)

    Ihre eigenen Fehlleistungen konnten die Opposition aber nicht davon abhalten, die Konsolidierungspolitik der Bundesregierung seit Herbst 1982 als „deflatorisch" zu diffamieren, die unser Land in „tiefste Depression und Massenarbeitslosigkeit" führe.
    Die alte SPD-Formel vom „Totsparen" geisterte herum und sollte unsere Bürger verunsichern. Die dringend erforderlichen Steuersenkungen wurden als „Verschleuderung knapper Steuermittel" gebrandmarkt. Der sozialistische Irrglaube verleitete die SPD zu der Fehleinschätzung, unsere Steuererleichterungen würden die privaten Investitionen nicht fördern.
    All diese falschen Prognosen sind inzwischen durch die reale Entwicklung widerlegt. Die SPD muß wieder nach einem neuen Kurs ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik suchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Heute wollen Sozialdemokraten und GRÜNE das von uns neu geschaffene wirtschaftliche Fundament für noch umfassendere wirtschafts- und gesellschaftspolitische Experimente nutzen, wollen gigantische Umverteilungsmechanismen in Gang setzen

    (Zurufe von der SPD)

    und ihre fehlgeschlagenen Konzepte unter neuen Überschriften wiederholen.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das ist der neue Stil der Haushaltsrede!)

    Da helfen wohl auch nicht die warnenden Stimmen des klüger gewordenen Hans Apel und des anerkannten Sozialdemokraten Karl Schiller. Da werden Versprechungen aufgetürmt, die nach den eigenen Berechnungen der SPD allein für den Bund zusätzliche Belastungen von 40 bis 70 Milliarden DM 1991 bedeuten würden. Finanziert werden soll das Ganze durch sogenannte Umweltabgaben, deren Ziel es doch wohl sein soll, den Energieverbrauch und damit das Steueraufkommen auf Dauer zu reduzieren.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Reden Sie mal zu Ihrem Haushalt!)

    — Reden Sie zu dem, wozu Sie anschließend gefragt sind. Ich rede zum Haushalt, und zwar so, wie ich das für richtig halte.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wer so rechnet, hat die finanziellen Grundlagen unseres Staates in wenigen Jahren wieder ruiniert. Da helfen auch die derzeitigen Beteuerungen von Frau Matthäus-Maier nichts, die Neuverschuldung werde nicht erhöht. Ist dieses Versprechen eigentlich mit ihrem Kollegen Rudolf Dreßler abgestimmt?

    (Dr. Vogel [SPD]: Ja!)

    Ich bin sicher, auch hier handelt es sich wieder um eine der vielen Fehlprognosen der SPD.
    Es ist, Frau Kollegin Matthäus-Maier, einfach nicht seriös, wenn Sie heute Krokodilstränen über die Staatsverschuldung vergießen. Sie waren eine erklärte Gegnerin des Regierungswechsels 1982.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Das stimmt!)




    Bundesminister Dr. Waigel
    Für Sie war die CDU/CSU in der Wirtschafts- und Finanzpolitik 1982 keine Alternative.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau MatthäusMaier [SPD]: Richtig! — Dr. Vogel [SPD]: Auch heute noch nicht!)

    Wenn Sie, Frau Matthäus-Maier, heute unsere Grundsätze aufgreifen,

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Ich werde mich hüten!)

    dann beweisen Sie damit zwar Flexibilität in Ihrer Einstellung, Sie gewinnen aber nicht an Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft. Die Wandlung vom Saulus zum Paulus oder von der Saula zur Paula nimmt Ihnen niemand ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Für uns war die Konsolidierung der Staatsfinanzen von Anfang an eine umfassende Aufgabe. Es geht nicht nur um den Abbau von öffentlichen Finanzierungsdefiziten.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Jetzt weiß ich auch, warum Ihnen die Wähler weglaufen! Das weiß ich jetzt!)

    — Guten Morgen, Frau Unruh! Zu Ihnen komme ich noch.
    Es geht um eine neue Grenzziehung zwischen Staat und privater Wirtschaft. Wir wollen mündige Bürger von staatlicher Reglementierung befreien, Freiräume für Ideen und Wettbewerb öffnen und die Selbstverantwortung jedes einzelnen stärken.
    Seit 1985 nehmen die öffentlichen Haushalte nur noch 2 bis 2,5 % des Bruttosozialprodukts für neue Kredite in Anspruch. 1981/82 war es mit 4,5 % noch doppelt so viel. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts wird der Staatsanteil am Bruttosozialprodukt durch dauerhafte Ausgabenbegrenzung

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Wo denn?)

    auf rund 45 % zurückgehen. 1982 waren es noch fast 50 %.

    (Zuruf von der SPD: Das sind doch Milchmädchenrechnungen!)

    Auf der Grundlage dauerhafter Ausgabenbegrenzung wurde die umfassendste Steuerreform und Steuerentlastung der letzten 40 Jahre verwirklicht. Durch die Verringerung der direkten Steuern auf Arbeitseinkommen und betriebliche Erträge um fast 53 Milliarden DM zwischen 1986 und 1990 werden wir die gesamtwirtschaftliche Steuerquote bis 1990 voraussichtlich auf 22,5 % zurückführen.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Und die Zinsquote?)

    Das ist das niedrigste Niveau seit 1959.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir haben zahlreiche Industrieunternehmen aus dem Bundesbesitz privatisiert.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Verscherbelt!)

    Die großen Konzerne VEBA, VW und VIAG behaupten sich hervorragend im Wettbewerb. Wir sind dabei,
    weitere Privatisierungsmaßnahmen im Bereich der öffentlichen Banken zu verwirklichen. Die verbliebenen Bundesunternehmen haben ihre Situation im Wettbewerb entscheidend verbessert. Wir handeln nicht nur in der Verantwortung für den Bund, sondern für die Gesamtheit der öffentlichen Haushalte. Das müssen vor allem diejenigen anerkennen, die unsere steuerpolitischen Entscheidungen über viele Monate hinweg heftig angegriffen haben.

    (Frau Rust [GRÜNE]: Die Gemeinden zum Beispiel!)

    — Ich komme gleich darauf. Denen geht es heute besser als je zuvor. Das wüßten Sie, wenn Sie je in einem kommunalen Parlament gewesen wären. Es würde Ihnen nichts schaden, wenn Sie auch einmal dafür kandidierten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Immer wieder wurde im Zusammenhang mit der Steuerreform 1986/90 die angeblich unvermeidbare Finanzkrise von Ländern und Gemeinden vorhergesagt. Das Gegenteil ist eingetreten. Während die Defizite der Gemeinden bei deutlich höherer Steuerbelastung 1981 noch rund 10 Milliarden DM und 1982 '7 Milliarden DM betrugen, können 1988 und 1989 beträchtliche Überschüsse erzielt werden. Auf der Grundlage der wesentlich verbesserten Einnahmesituation wurden die Sachinvestitionen der Gemeinden in den letzten fünf Jahren um 23 % ausgeweitet. Wichtige Investitionsvorhaben, die als Folge fehlerhafter finanzpolitischer Richtungsentscheidungen lange Zeit nicht finanzierbar waren, können jetzt nachgeholt werden.
    Die Bundesregierung unterstützt Investitionsvorhaben bei Ländern und Gemeinden zusätzlich durch die im letzten Jahr vereinbarte Strukturhilfe von 2,45 Milliarden DM jährlich. Die Strukturhilfe führt zu wesentlichen Verbesserungen im Bereich von Umweltschutz, Verkehrsinfrastruktur, Städtebau und Gewerbeansiedlung. Ich würde mir wünschen, daß alle Oberbürgermeister, Bürgermeister, Landräte und Kämmerer, die vor Monaten und Jahren über die drohende Finanzkrise berichtet haben, jetzt mindestens in der gleichen Stärke und Länge über ihre glänzende Finanzsituation berichten würden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD: Der Sozialhaushalt!)

    Durch die in wenigen Monaten in Kraft tretende Steuerreform 1990 werden die arbeitenden Bürger, Familien und Betriebe noch einmal netto um fast 25 Milliarden DM entlastet. Ich bin sicher, die Vorteile der Steuerreform werden im nächsten Jahr für alle deutlich sichtbar. Fast eine halbe Million Haushalte wird vom nächsten Jahr an ganz aus der Steuerpflicht entlassen. Für eine Familie mit zwei Kindern beginnt die Lohn- und Einkommensteuerpflicht künftig erst bei 24 000 DM. Bei durchschnittlichem Familieneinkommen stehen Monat für Monat 100 DM zusätzlich für private Ausgaben zur Verfügung. Das ist unser Kontrastprogramm zu den zahlreichen Vorschlägen der Opposition, die Steuer- und Abgabenlast für die Bürger wieder zu erhöhen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




    Bundesminister Dr. Waigel
    Meine Damen und Herrn, die Quellensteuer hat zeitweise den positiven Blick auf die Steuerreform 1990 verstellt. Es war notwendig und richtig, diese Regelung abzuschaffen. Die positiven Wirkungen unserer Entscheidung zeigen sich jetzt. Die Behauptung der Deutschen Steuergewerkschaft, die Abschaffung der Quellensteuer sei eine Aufforderung zur Steuerhinterziehung,

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Trifft zu! — Zuruf von den GRÜNEN: Das stimmt!)

    ist abwegig. Selbstverständlich — das haben wir immer wieder erklärt — sind Zinsen weiterhin steuerpflichtig. Dies ist auch verstärkt in das Bewußtsein der Steuerzahler eingedrungen.

    (Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN)

    Ich will hier nochmals bekräftigen: Die vorhandenen Regelungen zur steuerlichen Erfassung von Kapitaleinkünften reichen aus;

    (Zuruf von der SPD: Ha, ha!)

    die Einführung von Kontrollmitteilungen kommt für uns nicht in Frage.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich bin der SPD allerdings dankbar dafür, daß sie klipp und klar ankündigt, daß sie diese einführen möchte,

    (Zuruf von der SPD: Jawohl!)

    weil wir dann im Jahre 1990 den Bürgern ganz klar sagen werden, was auf sie zukommt,

    (Zuruf von der SPD: Steuerbetrügerpartei sind Sie!)

    wenn die SPD an das Ruder kommt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Steuerpolitik, meine Damen und Herren, bleibt für uns eine Herausforderung und wichtige Aufgabe in den 90er Jahren. Sie wird auch in der nächsten Legislaturperiode im Mittelpunkt stehen, wenn es darum geht, die Zukunft der Arbeitsplätze in der Bundesrepublik Deutschland im europäischen Markt und in der Weltwirtschaft zu sichern.
    Wer glaubt, in einem gemeinsamen Europa nationale Sonderwege in der Steuerpolitik gehen zu können, unterliegt einer gefährlichen Illusion. Mit dem Wegfall der Binnengrenzen werden Standortentscheidungen kühl kalkulierender Investoren noch stärker als bisher nach den ertragsbestimmenden Rahmenbedingungen getroffen.

    (Zuruf von der SPD: Er bereitet die Mehrwertsteuererhöhung vor!)

    Wenn wir die Wachstumsdynamik durch eine Stärkung der Investitions- und der Innovationskraft der Unternehmen erhalten wollen, müssen wir die Anreizwirkungen des Steuersystems verbessern und investitionshemmende Faktoren beseitigen. Ansatzpunkte hierfür bieten die Grenzbelastung der Erträge und die ertragsunabhängigen Steuern. Bei einer weiterhin engen Haushaltsbegrenzung haben wir vor, beides zurückzuführen und damit Anschluß an unsere wichtigsten Handelspartner zu halten.
    Eine weitere wichtige steuerpolitische Aufgabe wird es sein, den Grundfreibetrag und den Kinderfreibetrag weiter anzuheben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

    Dadurch erreichen wir die notwendige Entlastung der Familien mit Kindern und der Haushalte mit geringerem Einkommen. In den nächsten Wochen werde ich eine Kommission einsetzen, die wichtige Vorarbeiten für die Steuerreform in der nächsten Legislaturperiode leisten soll.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Das sind Ankündigungen! — Conradi [SPD]: Die arbeitet umsonst!)

    Mit dem Bundeshaushalt 1990 und der Finanzplanung bis 1993

    (Zuruf von der SPD: Damit brauchen Sie gar nicht mehr anzufangen!)

    wollen wir die in den letzten sieben Jahren erfolgreiche Finanzpolitik konsequent fortführen. Ausgaben- und Defizitbegrenzung bleiben Eckpunkte unserer Entscheidungen. Im laufenden Haushaltsjahr werden wir bei günstiger Ausgaben- und Einnahmeentwicklung voraussichtlich deutlich unter der im Haushaltsplan vorgesehenen Nettokreditaufnahme von 27,6 Milliarden DM bleiben. Auf Grund der Steuerreform 1990, von deren Gesamtvolumen von rund 25 Milliarden DM allein rund 11 Milliarden DM auf den Bund entfallen, wird die Nettokreditaufnahme im nächsten Jahr voraussichtlich wieder auf 33 Milliarden DM ansteigen. Bei verbesserten Wachstumsperspektiven liegt die Neuverschuldung in allen Jahren des Finanzplanungszeitraumes jedoch um 2 bis 2,5 Milliarden DM unter den ursprünglich angenommenen Beträgen.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    — Ich komme gleich zu Ihnen, Frau Matthäus-Maier!

    (Dr. Vogel [SPD]: Die hat gar nichts gesagt!)

    — Jetzt bitte ich um Entschuldigung. (Dr. Vogel [SPD]: Kein Überblick!)

    — Herr Vogel, ich hatte eine ähnlich sympathische Stimme gehört, und da dachte ich mir, ich müsse mich ihr zuwenden.

    (Heiterkeit — Dr. Vogel [SPD]: Wir hören Ihre Stimme jetzt schon eine halbe Stunde!)

    — Sie brauchen ja nicht zuzuhören! (Dr. Vogel [SPD]: Ganz ruhig!)

    — Ist gut. Ganz so, wie Sie es immer sind. Ja, ganz so, wie es Ihnen gefällt.
    Die durch die Höhe der investiven Ausgaben gezogene verfassungsmäßige Obergrenze der Kreditfinanzierung wird 1990 um fast 4 Milliarden DM unterschritten. Bis 1993 wird sich dieser Abstand auf 11,5 Milliarden DM vergrößern. Der Entwurf des Bundeshaushalts 1990 entspricht voll unserer Verfassung. Wenn die Opposition gegenteiliger Meinung ist, for-
    11660 Deutscher Bundestag 11 .Wahlperiode - 155. Sitzung. Bonn, Montag, den 4. September 1989
    Bundesminister Dr. Waigel
    dere ich sie auf, Klage beim Bundesverfassungsgericht zu erheben.

    (Lachen und Zurufe von der SPD — Dr. Vogel [SPD]: Habt ihr doch gemacht, selber!)

    Man kann doch nicht permanent durchs Land laufen und behaupten, dieser Bundeshaushalt sei verfassungswidrig, ohne zu klagen.

    (Dr. Vogel [SPD]: Was habt ihr denn gemacht? — Weitere Zurufe von der SPD)

    Sie sollten hier nicht nur die Lippen spitzen, Frau Matthäus-Maier, Sie sollten pfeifen! Warum tun Sie es denn nicht? —

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Vogel [SPD]: Was habt ihr denn gemacht? Ihr habt euch selbst verklagt! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Weil Sie genau wissen: Das, was Sie hier über die angebliche Verfassungswidrigkeit behaupten, ist so nicht richtig. Sie sollten von dieser Falschbehauptung endlich Abstand nehmen!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Und Sie sollten besser darauf achten, in welchem verfassungsrechtlichen Zustand sich ein Teil der SPD-Länderhaushalte befindet. Darum sollten Sie sich kümmern!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Haushaltspolitische Solidität zeigt sich auch im vorsichtigen Ansatz des Bundesbankgewinns mit 7 Milliarden DM jährlich. Darüber hinausgehende Einnahmen sollen wie in diesem Jahr zur Schuldentilgung verwandt werden.

    (Walther [SPD]: Bitte, was?)

    Die von der SPD neuerdings immer wieder vorgetragene Forderung, den Bundesbankgewinn vollständig zur Schuldentilgung einzusetzen, ist völlig unglaubwürdig. Die SPD hat den Bundesbankgewinn in ihrer Regierungszeit stets in vollem Umfang zur Haushaltsfinanzierung eingesetzt.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Nur so wurden damals die schlimmsten Auswirkungen ihrer unverantwortlichen Finanzpolitik verschleiert. Ohne die Gewinnablieferung von 10,5 Milliarden DM im Jahre 1982

    (Walther [SPD]: Wir hatten doch gar nicht so viel!)

    wäre die Nettokreditaufnahme des Bundes damals nicht nur auf die Rekordmarke von 37,2, sondern auf fast 50 Milliarden DM gestiegen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Nur, damals war zu dieser Verwendung und zur Schuldenhöhe von Ihnen, Frau Kollegin MatthäusMaier, nichts zu hören.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Jeden Tag habe ich dazu gesprochen!)

    Es wundert mich, welche unglaubwürdige Nostalgie gegenüber der damaligen Finanzpolitik Sie heute noch an den Tag legen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Gestaltende und verantwortliche Finanzpolitik zeigt sich vor allem in der Fähigkeit, wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunftsaufgaben wirksam zu bewältigen. Unverzügliches Handeln war vor allem bei der Wohnungsversorgung notwendig.

    (Conradi [SPD]: Ha, ha, ha!)

    Im Zusammenhang mit dem unerwartet hohen Zustrom von Aussiedlern und Übersiedlern und der gestiegenen Wohnraumnachfrage gerade jüngerer Familien ist ein Mangel, vor allem an preisgünstigen Wohnungen in Ballungszentren, unverkennbar.

    (Zuruf von der SPD: Das haben Sie gemerkt?)

    Wir wollen das Gleichgewicht am Wohnungsmarkt wiederherstellen.

    (Conradi [SPD]: Aha!)

    Der Bundeshaushalt 1990 sieht einen Verpflichtungsrahmen von insgesamt 1,6 Milliarden DM für den sozialen Wohnungsbau vor.

    (Zuruf von der SPD: Das wird auch langsam Zeit!)

    Wir haben darüber hinaus das Wohngeld in Regionen mit besonders hohem Mietniveau noch einmal angehoben. Schließlich wird auch die bereits beschlossene Verkürzung der Abschreibungsdauer für den Mietwohnungsbau von 50 auf 40 Jahre die Rahmenbedingungen für den Mietwohnungsbau erheblich verbessern. Durch die Verstärkung des sozialen Wohnungsbaus und die Abschreibungserleichterungen wollen wir den Wohnungsneubau auf 300 000 Einheiten jährlich erhöhen und so zur raschen Entspannung auf dem Wohnungsmarkt beitragen.

    (Conradi [SPD]: Welche Zahl gilt denn nun?)

    Ich glaube, man wird hier nicht leugnen können, daß die Kollegin Hasselfeldt diese Dinge mit Elan angepackt hat, unsere Unterstützung verdient und gegen jedwede Kritik — woher sie auch immer kommt — in Schutz genommen werden sollte.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    — Im Augenblick habe ich mich besonders darüber gefreut, daß ich bei dieser Passage auch von FDP-Abgeordneten Beifall bekommen habe.

    (Zurufe von der SPD: Sehr aufschlußreich! — Dr. Vogel [SPD]: Das passiert Ihnen selten, nicht wahr?)

    Die entscheidenden Investitionen in die Sicherung unserer Zukunft sind die Förderung des Zusammenlebens in der Familie und die Verbesserung der Ausbildungsbedingungen. Seit 1983 wurden die familienpolitischen Leistungen um über 18 Milliarden DM aufgestockt.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Nachdem sie zuerst gekürzt worden sind!)




    Bundesminister Dr. Waigel
    Durch den Bundeshaushalt 1990 und die Finanzplanung bis 1993 haben wir die Finanzierung der familienpolitischen Koalitionsbeschlüsse vom März dieses Jahres sichergestellt.

    (Zuruf von der SPD: Die sind ja auch schwach genug!)

    Zum 1. Juli 1989 und zum 1. Juli 1990 wird die Gewährung des Erziehungsgeldes und des Erziehungsurlaubs um jeweils drei Monate verlängert. Die zusätzlichen Kosten hierfür belaufen sich mittelfristig auf 1,8 Milliarden DM pro Jahr. Ein Teil der Bundesländer hat die Dauer der Zahlung des Erziehungsgeldes um ein zusätzliches halbes Jahr verlängert. Vor allem in unionsregierten Ländern steht damit ab 1990 das Erziehungsgeld für volle zwei Jahre zur Verfügung. Das ist eine großartige familienpolitische Leistung dieser Koalition und dieser Regierung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das Kindergeld für das zweite Kind wird ab 1. Juli 1990 um 30 DM erhöht. Schließlich werden auch die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz spürbar verbessert.
    Solidarität und Freundschaft der Generationen ist unsere Aufgabe für die Zukunft. Ebenso wie die jungen Menschen und Familien haben unsere älteren Mitbürger Anspruch auf die Solidarität unserer Gesellschaft, auf unsere Unterstützung bei der Gestaltung eines lebenswerten Daseins.
    Zwei Millionen unserer Mitbürger sind auf ständige Pflege angewiesen. Etwa 630 000 von ihnen sind schwer- oder schwerstpflegebedürftig. Vielen von ihnen kann am besten im Kreise der Familie, im täglichen Zusammensein mit den Angehörigen geholfen werden.
    Während sich die SPD dieser Herausforderung auch in der Zeit ihrer Regierungsverantwortung nie annahm, haben wir das Pflegefallrisiko im Rahmen der Kostenreform im Gesundheitswesen aufgegriffen und werden dieses Problem schrittweise lösen.

    (Zustimmung des Abg. Höpfinger [CDU/ CSU])

    Das ist eine großartige neue Antwort auf eine neue Frage der Solidarität in unserer Gesellschaft.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Die Bundesregierung hat darüber hinaus die steuerlichen Bedingungen für die häusliche Pflege deutlich verbessert. Für die Beschäftigung einer Haushaltshilfe bzw. für die Heimunterbringung können ab 1990 1 800 DM steuerlich berücksichtigt werden. Ebenfalls ab 1990 werden ein Pflegepauschbetrag von 1 800 DM sowie ein Sonderausgabenabzug von bis zu 12 000 DM pro Jahr für die Beschäftigung einer Pflegekraft eingeführt.
    Im Finanzplan bis 1993 werden erste Konsequenzen aus der Rentenstrukturreform gezogen. Zusätzlich zur üblichen Fortschreibung entsprechend der Lohnentwicklung wird deshalb der Bundeszuschuß ab 1990 um 300 Millionen DM und 1991 um 2,3 Milliarden DM aufgestockt.
    Eine neue Partei für ältere Menschen wie jetzt die „Grauen Panther" wird den Interessen dieser Gruppe unserer Gesellschaft nicht nützen, sondern schaden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Abg. Frau Unruh [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage — Lachen bei der SPD)