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ID1115309700

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    Plenarprotokoll 11/153 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 153. Sitzung Bonn, Freitag, den 23. Juni 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 11557 A Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde und den Richtlinien für Aktuelle Stunden in der Sitzungszeit vom 1. bis 8. September 1989 11557 B Tagesordnungspunkt: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Statistiken im Handwerk — Handwerkstatistikgesetz — Drucksache 11/4801 — 11557 B Tagesordnungspunkt 25: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Drucksache 11/4610) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Roth, Dr. Jens, Pfuhl, Stiegler, Dr. Hauchler, Dr. Gautier, Jung (Düsseldorf), Dr. Martiny, Dr. Ehrenberg, Meyer, Dr. Mitzscherling, Müller (Pleisweiler), Reuschenbach, Dr. Skarpelis-Sperk, Dr. Sperling, Zeitler, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Stärkung des Wettbewerbs und Verhinderung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Macht (Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) (Drucksache 11/2017) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Saibold, Frau Vennegerts und der Fraktion DIE GRÜNEN: Demokratisierung der Wirtschaft und Erhalt der Lebensgrundlagen: Zur 5. GWB Novelle (Drucksache 11/4069) d) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 1985/1986 sowie über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet (§ 50 GWB) (Drucksache 11/554) e) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sechstes Hauptgutachten der Monopolkommission 1984/85 hier: Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 11/555) f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Saibold, Frau Vennegerts und der Fraktion DIE GRÜNEN: Demokratisierung der Wirtschaft und Erhalt der Lebensgrundlagen: Zur Wettbewerbspolitik der Europäischen Gemeinschaft (Drucksache 11/4070) g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Roth, Dr. Jens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für eine funktionsfähige europäische Wettbewerbsordnung (Drucksache 11/4378) h) Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum 16. Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Wettbewerbspolitik (Drucksache 11/1677) i) Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Legislative Entschließung mit der Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu dem geänderten Vorschlag der Kommission an den Rat für eine Verordnung (EWG) über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (Drucksache 11/3407) in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 153. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. Juni 1989 Zusatztagesordnungspunkt 13: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 1987/88 sowie über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet (§ 50 GWB) (Drucksache 11/4611) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 14: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Siebtes Hauptgutachten der Monopolkommission 1986/87 hier: Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 11/4804) Wissmann CDU/CSU 11558 C Dr. Jens SPD 11560D Grünbeck FDP 11564 D Frau Vennegerts GRÜNE 11566C Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 11568D Hinsken CDU/CSU 11570D Vahlberg SPD 11572 C Dr. Pinger CDU/CSU 11574 D Antrag der Fraktion der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN: Todesurteile in der Volksrepublik China (Drucksache 11/4873) 11575 C Tagesordnungspunkt 26: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (Drucksache 11/4230) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (Drucksache 11/4568) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Überwachung des Außenwirtschaftsverkehrs und zum Verbot von Atomwaffen, biologischen und chemischen Waffen (Drucksache 11/4609) d) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Zweiundsechzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 11/4355, 11/4683) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Dritte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 11/4303, 11/4685) f) Erste Beratung des von den Abgeordneten Gansel, Frau Adler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Kriegswaffenkontrolle (Drucksache 11/2920) g) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Veröffentlichungspraxis der Bundesregierung zu Rüstungsexporten (Drucksache 11/4499) h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Beer, Frau Garbe, Dr. Lippelt (Hannover) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verbot der Forschung an B-Waffen, Toxinwaffen und C-Waffen (Drucksache 11/3940) i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Müller (Pleisweiler), Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rüstungsexporte deutscher Unternehmen in den Irak, Rumänien, Ägypten und Argentinien (Drucksache 11/4519) j) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Zwischenbericht über den Stand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen des Verdachts illegaler Ausfuhren von Ausrüstungsteilen zur Produktion chemischer Kampfstoffe im Irak (Drucksache 11/3762) k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Vennegerts und der Fraktion DIE GRÜNEN: MBB die Erlaubnis zur Kriegswaffenproduktion entziehen (Drucksache 11/4498 [neu]) in Verbindung mit Zusatztagsordnungspunkt 15: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Eid und der Fraktion DIE GRÜNEN: Umsetzung der UNO-Resolution 591 in bundesdeutsches Recht (Drucksache 11/4825) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Eid und der Fraktion DIE GRÜNEN: Einhaltung des UNO-Rüstungsembargos gegenüber Südafrika (Drucksache 11/4826) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrags der Abgeordneten Müller (Pleisweiler), Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verminderung der Rüstungsexporte und verbesserte Rüstungsexportkontrolle (Drucksache 11/4842) in Verbindung mit Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 153. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. Juni 1989 III Zusatztagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrags der Abgeordneten Müller (Pleisweiler), Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Keine Genehmigung für Waffenexporte in den Nahen und Mittleren Osten (Drucksache 11/4843) Kittelmann CDU/CSU . . . . 11578A, 11592 D Müller (Pleisweiler) SPD 11580 C Beckmann FDP 11583 B Stratmann GRÜNE 11585 A Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 11587A Vosen SPD 11588D Niegel CDU/CSU 11590 B Gansel SPD 11591B, 11593 A Tagesordnungspunkt 27: a) Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Volmer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Polizeihilfe für Guatemala (Drucksachen 11/1813, 11/3579) b) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Einstellung der Polizeihilfe für Guatemala (Drucksache 11/2898) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Konditionierung der Entwicklungshilfe für El Salvador (Drucksachen 11/2405, 11/ 4574) d) Beratung der Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Schutz von Bundesbürgern/Bundesbürgerinnen in El Salvador (Drucksachen 11/2844, 11/ 4551) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 19: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses a) zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Friedensprozeß in Mittelamerika b) zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Förderung des Friedensprozesses in Zentralamerika (Drucksachen 11/824, 11/1130, 11/4812) Volmer GRÜNE 11594A, 11601D Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . . . . 11595B Wischnewski SPD 11596C, 11602A Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Staatsminister AA 11598B Irmer FDP 11599B Repnik, Parl. Staatssekretär BMZ . . . 11600A Duve SPD (Erklärung nach § 30 GO) . . 11602 B Volmer GRÜNE (zur GO) 11601D Vizepräsidentin Renger 11601 C Tagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Sozialversicherungsausweises und zur Änderung anderer Sozialgesetze (Drucksachen 11/2807, 11/4865) Seehofer, Parl. Staatssekretär BMA . . 11603 D von der Wiesche SPD 11605 A Kolb CDU/CSU 11606D Hoss GRÜNE 11608A Heinrich FDP 11609B Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz) (Drucksache 11/4528) Engelhard, Bundesminister BMJ 11610 C Dr. de With SPD 11611 C Dr. Langner CDU/CSU 11615A Frau Unruh GRÜNE 11616D Frau Dr. Berghofer-Weichner, Staatsminister des Freistaates Bayern 11617 D Funke FDP 11619D Nickels GRÜNE 11621B Nächste Sitzung 11622 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11623* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11623* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 153. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. Juni 1989 11557 153. Sitzung Bonn, den 23. Juni 1989 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Andres SPD 23.06.89 Antretter SPD 23. 06. 89* Dr. Apel SPD 23. 06. 89 Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 23. 06. 89 Bredehorn FDP 23.06.89 Dr. von Bülow SPD 23. 06. 89 Carstens (Emstek) CDU/CSU 23. 06. 89 Frau Conrad SPD 23. 06. 89 Diller SPD 23.06.89 Dr. Faltlhauser CDU/CSU 23. 06. 89 Fellner CDU/CSU 23.06.89 Gattermann FDP 23.06.89 Dr. Glotz SPD 23. 06. 89 Graf SPD 23.06.89 Großmann SPD 23.06.89 Hasenfratz SPD 23.06.89 Frau Hasselfeldt CDU/CSU 23. 06. 89 Dr. Hauchler SPD 23. 06. 89 Dr. Häfele CDU/CSU 23. 06. 89 Heistermann SPD 23.06.89 Dr. Hennig CDU/CSU 23. 06. 89 Frau Hensel GRÜNE 23. 06. 89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 23. 06. 89 Dr. Holtz SPD 23. 06. 89 * Frau Hürland-Büning CDU/CSU 23. 06. 89 Jung (Düsseldorf) SPD 23. 06. 89 Jung (Lörrach) CDU/CSU 23. 06. 89 Kalisch CDU/CSU 23.06.89 Klein (Dieburg) SPD 23. 06. 89 Dr. Knabe GRÜNE 23. 06. 89 Koschnick SPD 23.06.89 Dr. Kreile CDU/CSU 23. 06. 89 Dr.-Ing. Laermann FDP 23. 06. 89 Lamers CDU/CSU 23.06.89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Lennartz SPD 23.06.89 Lenzer CDU/CSU 23. 06. 89 * Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 23. 06. 89 Dr. Müller CDU/CSU 23. 06. 89 * Poß SPD 23.06.89 Reddemann CDU/CSU 23. 06. 89 * Reuschenbach SPD 23.06.89 Dr. Riedl (München) CDU/CSU 23. 06. 89 Rixe SPD 23.06.89 Frau Rock GRÜNE 23. 06. 89 Frau Roitzsch CDU/CSU 23. 06. 89 (Quickborn) Ruf CDU/CSU 23.06.89 Dr. Scheer SPD 23. 06. 89 * Schmidbauer CDU/CSU 23.06.89 Schröer (Mülheim) SPD 23. 06. 89 Such GRÜNE 23.06.89 Tietjen SPD 23.06.89 Frau Trenz GRÜNE 23. 06. 89 Vogt (Duren) CDU/CSU 23. 06. 89 Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 23. 06. 89 Frau Wieczorek-Zeul SPD 23. 06. 89 Wiefelspütz SPD 23.06.89 Frau Wollny GRÜNE 23. 06. 89 Zander SPD 23.06.89 Dr. Zimmermann CDU/CSU 23. 06. 89 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 11/883 Nr. 30 Drucksache 11/3882 Nr. 3.42 (Berichtigung 11/4019) Drucksache 11/4238 Nr. 2.1 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/2465 Nr. 2.24 Drucksache 11/4161 Nr. 2.22 Drucksache 11/4337 Nr. 24
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    Rede von Dr. Hans de With


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch von mir eingangs einige wenige Zahlen. Als unser Bürgerliches Gesetzbuch am 1. Januar 1900 in Kraft trat, waren es 7,9 % der Bevölkerung, die älter als 60 Jahre waren. Mitte 1987 — die letzte statistisch erhobene Zahl — waren es 20,7 %. Heute sind es etwa 22 %, also das Dreifache. Im Jahre 2030 werden nach den Hochrechnungen 35 % der Bevölkerung älter als 60 Jahre sein, also mehr als ein Drittel. 1971 waren genau 169 085 Volljährige in der Bundesrepublik Deutschland in ihrer Selbstbestimmung durch Vormundschaft oder Pflegschaft eingeschränkt. 1988 waren es trotz sinkender Bevölkerungszahlen bereits 252 405. Das heißt, im Jahre 2030, um diese Zahl wiederum zu nehmen, werden es, ändern wir nichts, bei gleichbleibender Bevölkerungszahl — wiederum hochgerechnet — mindestens 500 000, also eine halbe Million sein.
    Das heißt aber weiter — ich meine es so, wie ich es sage — : Es handelt sich im Kern um ein Massenproblem. Es kann jeden von uns treffen, und es besteht die Gefahr, daß der so Entrechtete zur verwalteten Nummer wird, wenn wir nichts ändern.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Aber es kommt noch schlimmer: Wer wegen Geisteskrankheit entmündigt wird, wird auf die Stufe eines unmündigen Kindes von unter sieben Jahren gedrückt. Er kann sich, gesetzestechnisch gesehen, rechtswirksam nicht einmal eine Buskarte kaufen. Noch 1987 wurden 42 % aller Entmündigten derart total ihrer Rechte entkleidet.
    Wer nun geglaubt hätte, dies sei letztlich überall so in unserem Lande, der hat sich geirrt. Aus der Statistik 1987 ist ersichtlich, daß die Zahl der Entmündigungen pro 100 000 Einwohner in Schleswig-Holstein 10,2 und in Hessen 1,3, also um sage und schreibe 87 weniger, betrug. So unendlich stark ist das Gefälle in der Bundesrepublik Deutschland.
    Wer sich da noch vorstellen kann oder sogar weiß, wie ganz einschneidende Maßnahmen, den Menschen in seinem Wesen treffende Entscheidungen ge-



    Dr. de With
    fällt werden — der Wechsel in ein Alters- oder Pflegeheim aus seiner vertrauten Umgebung, eine Zwangsbehandlung oder gar, wie erwähnt, eine Sterilisation —, der wird mit mir fragen: Sind wir schon Sklaven einer verwalteten Welt,

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    kühl bis ans Herz hinan, ohne Gefühl dafür, daß die Würde des Menschen auch für die Behinderten und Altersschwachen gelten muß?
    Zugegeben: Das war sicher etwas akzentuiert formuliert. Die Verwandten — aber nicht alle haben Verwandte — mildern dies in aller Regel ab.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Aber zu welchem Preis, Herr Dr. de With!)

    Es gibt — auch das sei erwähnt — unendlich selbstlose Pfleger, Pflegerinnen und Vormünder. Auch unsere Richter haben die aus dem letzten Jahrhundert stammenden Gesetze in aller Regel nicht formal gehandhabt. Dafür gebührt all diesen — das soll an dieser Stelle einmal gesagt werden — Dank.

    (Beifall bei der SPD und der FDP) Nur, das geschieht am Gesetz vorbei.

    Die Entmündigungen mit ihrer Makelwirkung nehmen zugunsten der flexiblen Gebrechlichkeitspflegschaft ab. Das ist gut, aber sicher nicht im Geist des Gesetzes. Geblieben aber sind Defizite, an denen auch die Wohlmeinenden nicht vorbeikommen.
    Noch immer gilt: Einmal entmündigt, immer entmündigt. Noch immer wird der infolge Alters Geschwächte nach Kriterien der Geisteskrankheit und der Geistesschwäche beurteilt, als ob wir nicht längst wüßten, daß der Altersabbau dem Aufbau des jungen Menschen nicht umgekehrt gleichzusetzen ist und daß zwischen den genannten Festlegungen kaum wirklich sicher unterschieden werden kann. Wir leben von Vorstellungen aus dem letzten Jahrhundert.
    Noch immer kann es passieren, daß der erkennende Richter das Mündel — so heißt es ja im Sprachgebrauch — oder den Pflegebefohlenen nicht persönlich gesprochen hat und nie sehen konnte.
    Als Folge davon ist die Entmündigung und die dieser in der praktischen Auswirkung oft gleichwertige sogenannte Zwangspflegschaft noch immer mit dem Hautgout der Diskriminierung und der Stigmatisierung verbunden.
    Sehr wichtig ist für die heutige Debatte nach der Stellungnahme des Bundesrates: Die Ausbildung und die Zahl derer, die Vormund und Pfleger sind und in Zukunft die Betreuer oder besser die Beistände sein sollen, haben mit den Bedürfnissen nicht im geringsten Schritt halten können.
    Ich sage deshalb: Wir stimmen dem Entwurf in fast allen Punkten zu, unterstützen ihn und werden das Unsere tun, damit er noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten kann,

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    obwohl wir im Kern kaum mehr als ein Jahr Zeit haben. Wie ich sehe, ist das eine Forderung, die unser aller Anliegen ist.
    Ich kann dies um so leichter erklären, als wir Sozialdemokraten uns mindestens im gleichen Maße für die Reform als Anreger, Begleiter und Unterstützer wissen. Ich erinnere an die Psychiatrie-Enquete 1975 mit dem Verlangen einer Gesamtreform, die eigentlich alles erst wirklich in Bewegung gebracht hat. Ich erinnere an die Stellungnahme der Bundesregierung aus dem Jahre 1979 unter Helmut Schmidt hierzu. Ich denke an die Große Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion aus dem Jahre 1985 und an unsere beiden Anträge aus den Jahren 1986 und 1987, die wir hier im Januar 1988 beraten haben.
    Für Detailkritik ist in erster Lesung sicher kein Raum. Aber ich darf auf zwei sehr kritische Punkte und auf zwei Mängel hinweisen, deren letzterer — das sage ich in aller Deutlichkeit; Sie haben es indirekt schon angesprochen, Herr Minister — das ganze Reformgebäude zum Einsturz bringen kann.
    Erstens. Nach den bisherigen Vorschlägen wird es in Zukunft als Betreuer geben: natürliche Personen, Vereinsbetreuer — das sind Mitarbeiter eines Betreuungsvereins —, Behördenvertreter — das sind Mitarbeiter einer Betreuungsbehörde — und den Betreuungsverein, der seinerseits die Wahrnehmung der Betreuung einzelnen von ihm ausgewählten Personen überträgt. Als Qualifikation wird allein das "Geeignetsein" bezeichnet. Die persönliche Betreuung wird — das ist ein sehr positives Merkmal dieses Entwurfs — vorausgesetzt und das Besprechen mit dem Betreuten bei wichtigen Entscheidungen strikt vorgeschrieben. Damit soll verhindert werden, daß wie bisher Bedienstete einer staatlichen Behörde im Schnitt 100 Volljährige „betreuen" — aber wirklich nur in Anführungszeichen gesetzt — und in diesen Fällen der Betreute ohne jede Bindung im wahrsten Sinne des Wortes verwaltet wird.
    Das, was wir wollen, kostet mehr Zeit, verlangt höhere Qualifikationen und verteuert das System. Gleichwohl wird der Betreuer bzw. der Beistand nicht so bezahlt werden und werden können, daß ein einzelner von diesem Salär leben könnte.
    Eine sogenannte Betreuungsbehörde, angesiedelt bei den Kommunen oder wo auch immer das jeweilige Land sie errichtet — ich zitiere jetzt — , „sorgt dafür, daß in ihrem Bezirk ein ausreichendes Angebot zur Einführung der Betreuer in ihre Aufgaben und zu ihrer Fortbildung vorhanden ist" . So weit, so gut. Nur: Damit wird nicht nur eine. Folgegesetzgebung der Länder nötig, worüber wir bisher im Grunde nie gesprochen haben. Es fragt sich vor allem, wie für eine ausreichende Anzahl solcher Bürger gesorgt werden kann. Das steht noch in den Sternen. Damit aber steht und fällt im Grunde die ganze Reform.

    (Beifall der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Wir können uns hier noch so sehr bemühen und die feinsten Gesetze ins Werk setzen: All das nützt uns nichts, wenn wir am Tag des Inkrafttretens nicht die von uns gewollten Betreuer in ausreichender Zahl und mit der erforderlichen Qualifikation aufweisen können.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: So ist es!)

    Ich sage deshalb: Vor der Verabschiedung muß mit
    den Gemeindeverbänden, den Ländern und den dazu



    Dr. de With
    in Betracht kommenden Verbänden das Wie geklärt und dieses auch wirklich notifiziert werden.
    Mein Plädoyer ist es, darüber hinaus das Ehrenamt des Betreuers bzw. Beistandes in der gesellschaftlichen Wirklichkeit so auszugestalten, daß es, dem bei uns doch geachteten Schöffen gleichgestellt, zur Ehrensache und nicht zur lästigen Pflicht wird.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Ich füge hinzu: Dabei sollten auch wir, die wir hier sitzen, mit gutem Beispiel vorangehen und bei dem einen oder anderen Betreuungsverein Mitglied werden.
    Geklärt werden muß darüber hinaus rechtzeitig, wie bei den Richtern und den Betreuungsbehörden die Entlastung erfolgen soll, damit die „normative Kraft des Pensenschlüssels" nicht zur „normativen Kraft der Formulare" wird — so hat es die Familienrichterin Andrea Kaminski ausgedrückt — und der Betreute nicht Schaden leidet. Das alles muß durchgespielt werden, ehe die Wirklichkeit zum bösen Spiel wird.
    Zweitens. Der wohl schwerste und heikelste Eingriff bei den Betreuten ist sicher die Sterilisation.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Richtig!)

    Es versteht sich von selbst, daß hier Zwangsmaßnahmen nur bei einem größtmöglichen Maß an Rechtssicherheit möglich sein und derartige Eingriffe überhaupt nur im äußersten Fall in Frage kommen dürfen. Auf uns Deutschen lastet hier nun einmal noch zusätzlich die unselige Zeit der Geschichte der Zwangssterilisierten aus der Hitler-Ära. Die barbarische Hybris der Nazis gegenüber behinderten Menschen muß uns — ich betone dies besonders — zur allergrößten Vorsicht bringen.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Die Forderung der Sozialdemokraten lautet daher kurz und bündig — so steht es in unserem Antrag — :
    Die Sterilisation minderjähriger und die unfreiwillige Sterilisation von volljährigen, geistig behinderten Menschen sollen unzulässig sein. Eine Ausnahme soll gelten, wenn die Sterilisation zur Abwehr einer lebensbedrohlichen Gefahr notwendig ist.
    Demgegenüber, Herr Minister, läßt Ihre Vorlage, wie wir meinen, größere Spielräume.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Leider!)

    Zumindest läßt die 5-Punkte-Indikation der Regierungsvorlage Auslegungen zu, die unerwünschten Ausweitungen Raum bieten.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Leider richtig!)

    Die Bundesregierung will nämlich nicht nur bei der Gefahr für das Leben, sondern auch bei der Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren einen zwangsweisen Eingriff zulassen. Das schließt eine Sterilisation des Mannes — was absolut selbstverständlich ist — keineswegs aus. Nur — und das müssen wir fragen — , welche Eingangstore öffnen sich hier?

    (Richtig! bei den GRÜNEN)

    Dafür zwei Beispiele. Die amtliche Begründung sagt — ich zitiere — :
    Nicht nur die Notlage einer behinderten Frau, sondern auch die Notlage der Partnerin eines behinderten Mannes kommen als Grundlage der Einwilligung des Betreuers in eine Sterilisation
    — gemeint für den Mann — in Betracht.
    Wann aber liegt — so verstehe ich die Überlegungen — eine Notlage der nicht behinderten Partnerin eines behinderten Mannes im Sinne der obengenannten Kriterien, vor allem der seelischen Bedrängnis, vor, so daß die zwangsweise Sterilisation des behinderten Mannes vorgenommen werden kann? Hier besteht die Gefahr der Errichtung eines Hypothesengebäudes bei der Subsumierung, das zu einer nur schwer kontrollierbaren Ausweitung führen kann, wobei immer verdeutlicht werden muß, daß es bei der Sterilisierung keinen irgendwie gearteten Vorzug zwischen Mann und Frau geben darf. Zumindest macht dieses Beispiel deutlich, daß hier noch sehr viel Klärungsbedarf besteht.
    Heribert Prantl weist in der „Süddeutschen Zeitung" mit Recht auf einen weiteren Umstand hin, nämlich darauf, welche Umgehungsmöglichkeiten die Doppelvoraussetzung bietet, daß eine Sterilisation nur möglich sein wird, wenn diese erstens dem Willen des Betreuten nicht widerspricht und der Betreute zweitens auf Dauer einwilligungsunfähig bleiben wird.
    Ich sehe den Sinn, der dahintersteht. Aber mit gutem Grund sagen uns Ärzte hierzu, daß sie bei genügend langer Zeit schon würden feststellen können, daß ein entgegenstehender Wille nicht vorhanden sei. Hier taucht also die Möglichkeit der Manipulation auf, ohne daß ich irgendeinem oder gar pauschal Ärzten einen Vorwurf machen will.
    Das alles — ich sage das wirklich mit allem Ernst — zwingt mich zur unabdingbaren Forderung, zunächst alle denkbaren Einzelfälle in Katalogform aufzuzeigen, um die Größe der Ausnahmeregelung für jeden sichtbar verdeutlichen zu können. Dann sollten wir noch einmal entscheiden, aber erst dann.
    Drittens. Entgegen unserem Vorschlag werden Vormundschaft und Pflegschaft nicht durch das Wort Beistand, sondern durch das Wort Betreuung ersetzt. Wir halten die Einführung des Begriffs Beistandschaft mit Nachdruck für angemessener.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Da mag einer einwenden — das räume ich ein —, was denn dieser Streit angesichts dieser wirklich großen, umfänglichen und von allen getragenen Reform soll. Doch auch Begriffe können zu negativen Marken werden und — ich sage auch das sehr dezidiert — in der Bezeichnung zeichnen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Das muß unter allen Umständen vermieden werden.
    Betreuung spiegelt in einem Sinne schulterklopfende Fürsorge Abhängiger wider, Beistandschaft aber läßt eher auf die von uns allen angenommene



    Dr. de With
    Grundvoraussetzung menschlicher Gleichwertigkeit trotz vorhandener geistiger Defizite schließen.
    Viertens. Die größte Gefahr, nämlich das Scheitern
    — hier schaue ich den Minister an — , aber lauert beim Mangel der Sicherstellung der erforderlichen Kostenzusagen.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Da müssen Sie auch zur Bundesratsbank gucken!)

    — Erst einmal gucke ich den Minister an. Auf die Frau Ministerin komme ich noch zu sprechen. Sie ist nicht federführend im Finanzressort zuständig.
    Der Eingangssatz des Entwurfs lautet:
    Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
    Insoweit muß ich Sie jetzt anschauen und einen Blick auf die Bundesratsbank werfen, Frau Ministerin. Auf dem Deckblatt des Gesetzentwurfes steht unter „Kosten" :
    Bund: Keine
    Länder: Etwa 200 Mio. DM jährlich Gemeinden: Keine
    Der Bundesrat aber, dessen Zustimmung wir also benötigen, formuliert hierzu unmißverständlich — und das sollte uns in den Ohren klingen — :
    Auch in Anbetracht der erforderlichen und begrüßenswerten Verbesserungen für die Reform des Vormundschafts- und Pflegeschaftsrechts über Volljährige kann jedoch die Kostenfrage nicht außer acht gelassen werden.
    Weiter heißt es:
    Die bekannt kritische Haushaltslage der Länder macht es erforderlich, bei allen Maßnahmen die Kostenfolgen sehr genau zu überprüfen, um zu verhindern, daß die Reform für die Länder untragbare finanzielle Belastungen mit sich bringt,
    — und jetzt kommt die entscheidende Passage —
    die letztlich zu einem Scheitern des Gesetzgebungsvorhabens insgesamt führen könnten.
    Das ist schon starker Tobak.

    (Dr. Wittmann [CDU/CSU]: Bleiben Sie ganz ruhig!)

    — Keine Angst, Herr Wittmann!
    Unübersehbar ist, daß der Hinweis „Kosten für die Gemeinden: Keine" in dieser Einfachheit und Schlichtheit, um es geradeheraus zu sagen, falsch ist; denn nach dem in diesem Gesetzesbündel vorgeschlagenen Betreuungsbehördengesetz werden zumindest in einigen Ländern wie bisher die Gemeinden Träger der unbedingt notwendigen Betreuungsbehörden werden müssen. Daß diese Betreuungsbehörden nach der Zahl der Planstellen und deren Qualifikation eine Ausweitung erfahren müssen, steht außer Frage.
    Schon aber schlägt der Bundesrat — liest man sich dessen detaillierte Stellungnahme genau durch — Kürzungen vor, die mit Recht die Arbeiterwohlfahrt und die Caritas in verständlicher Übereinstimmung
    auf den Plan rufen müssen. Mit Recht weisen sie darauf hin, daß bei bestimmten Kürzungen sogar Zweifel an der Einhaltung des Gleichheitssatzes bestehen und damit Verfassungsfragen aufgeworfen werden.
    Aus dem seit vier Jahren in Kraft befindlichen neuen österreichischen Sachwalterrecht wissen wir, daß Sachwalter — bei uns in Zukunft, wie ich schon ausführte, „Betreuer" oder besser „Beistände" — in der erforderlichen Zahl und Qualität ohne Mehrkosten nicht zu haben sein werden,

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    wollen wir nicht das Prinzip der Einzelbeistandschaft zugunsten einer eher papierenen Fürsorge aufgeben.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Das wird sonst eine Alibiveranstaltung! Ganz genauso ist es!)

    Das vom Bundesrat als drohend an die Wand gemalte Menetekel „Scheitern" gewinnt besondere Bedeutung, wenn bedacht wird — ich habe schon darauf hingewiesen; das sollten wir auch im Hinterkopf haben — , daß für die Beratungen im Bundestag im Grunde weniger als ein Jahr zur Verfügung steht und, wie dargelegt, Klarheit über die Kosten und deren Aufbringung im Sinne einer Einigung zwischen Bund und Ländern noch nicht besteht.
    Wir fordern daher, ähnlich wie bei den seinerzeitigen Beratungen des Strafvollzugsgesetzes, daß die Länder bei allen Beratungen, Frau Ministerin, nicht nur routinemäßig teilnehmen sollen, sondern daß kompetente Verhandlungspartner entsandt werden, die vorher Rücksprache mit ihren Finanzministern und Finanzsenatoren genommen haben. Als gutes Beispiel verweise ich noch einmal auf die Beratungen des Strafvollzugsgesetzes — auch das war ein kostenträchtiges und sehr heikles Thema — , die wir auf diese Art und Weise vor mehr als zehn Jahren zum Vorteil aller Beteiligten über die Bühne bringen konnten.
    Wir fordern weiter, daß das Bundesministerium der Justiz — das geht an Ihre Adresse, Herr Minister — während der Sommerpause im Verein mit den Ländern und Gemeinden die zu erwartenden Aufwendungen präziser als bisher quantifiziert. Uns ist nicht damit gedient, daß uns die Finanzminister und -senatoren dann mit roter Feder ins Stammbuch schreiben: Hier habt ihr aber, um euer Ziel zu erreichen, ganz schön nach unten geschätzt. — Ich bitte noch einmal, besonderes Augenmerk darauf zu richten, daß wir auf die ehrenamtlichen Betreuer angewiesen sind und sein sollten.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich stehe nicht an zu leugnen, daß ich diesen Entwurf in der Tat für einen Wurf halte. Ich nehme dabei Gelegenheit, den meist unbekannt bleibenden Referenten — hier ist es Herr Kiermeier — öffentlich meinen und unseren Dank auszusprechen.

    (Beifall bei allen Fraktionen) Der Dank gilt Herrn Kiermeier


    (Dr. Wittmann [CDU/CSU]: Er kommt auch aus Bayern!)




    Dr. de With
    und all seinen Mitarbeitern; denn auch er konnte dies allein nicht bewältigen.
    Soll dieses noch papierene Reformgebäude nicht ein solches bleiben und soll es wegen der ungelösten Finanzprobleme im Rahmen der sogenannten Diskontinuität der Gesetzgebung nicht in den Papierkorb wandern, dann ist noch, so scheint mir, eine Menge Überzeugungsarbeit zu leisten.
    Lassen Sie mich zum Schluß deshalb als Appell wiederholen, was ich vorausahnend bei der ersten Lesung unseres — des sozialdemokratischen — Antrages vor mehr als einem Jahr gesagt habe:
    Das Wissen um die Unantastbarkeit der Würde des Menschen genügt nicht. Erst wenn wir dieses Postulat an den Behinderten praktizieren können, können wir uns als Demokraten ruhig schlafen legen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei allen Fraktionen)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Langner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Manfred Langner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Recht der Vormundschaft und Gebrechlichkeitspflegschaft, das wir zu einem Betreuungsrecht umformen wollen, ist seit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Jahre 1900 im wesentlichen unverändert geblieben. Nun ist Beständigkeit an und für sich nichts Falsches, aber im Familienrecht, wo diese Regelungen angesiedelt sind, ist im Laufe des Jahrhunderts sonst fast keine Vorschrift unangetastet geblieben, und im Unterschied zu fast allen anderen Gebieten ist hier eben nichts verändert worden.
    Konkrete Reformerwartungen wurden zwar bereits im Bericht der Enquete-Kommission Psychiatrie von 1975 geäußert, aber Herr de With, der Reformgesetzgeber der 70er Jahre setzte seinerzeit andere rechtspolitische Schwerpunkte.
    Daß dies heute anders ist, hat mehrere Ursachen. Es ist zunächst, Herr Bundesminister Engelhard, unbestritten Ihr Verdienst — das darf ich wohl sagen —, daß dieses Reformwerk nun so vorangebracht worden ist. Man kann wohl sagen, es ist Ihnen ein Herzensanliegen. Dies gilt aber in gleicher Weise auch für Sie, verehrte Frau bayerische Justizministerin. Vorhin wurde hier insbesondere das Gebrechlichkeitstestament angesprochen; da haben Sie Ihr Verdienst.
    Zweitens hat die jetzige Regierungskoalition von Anfang an klargestellt, daß sie in der Rechtspolitik nicht den modischen, emanzipatorischen Themen hinterherläuft, sondern dort handelt, wo die Sache es erfordert.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Spielen Sie doch nicht eines gegen das andere aus!)

    Hierbei lassen wir uns nicht zuletzt davon leiten, daß es in einer pluralistischen Demokratie den gut organisierten Interessengruppen meistens leichterfällt, zu ihrem Recht zu kommen, als den Schwachen, die nicht drohen können. Die Union hat schon in den 70er Jahren diese neue soziale Frage angesprochen. Der Staat
    hat nach unserer Auffassung auch auf die leisen Stimmen zu hören.
    Dieses neue Betreuungsrecht soll eine intensivere persönliche Betreuung der Betroffenen sichern. Während bislang der Ausschluß vom Rechtsverkehr und die Verwaltung des Vermögens im Vordergund stehen, soll künftig die Sorge um den Menschen in den Mittelpunkt gerückt werden. Eine Betreuung soll künftig nur noch für diejenigen Lebensbereiche angeordnet werden, wo es unbedingt erforderlich ist. Der Betreute soll grundsätzlich geschäftsfähig bleiben, soll testierfähig und ehefähig bleiben, und der Betreuer soll sich soweit wie möglich nach seinen Wünschen richten. Im Bereich der Personensorge regelt das neue Recht nun die besonders sensiblen und problematischen Bereiche wie Heilbehandlungen, Sterilisation, Unterbringung und Wohnungsauflösung.
    Auf den Gesetzgeber kommen hierdurch allerdings äußerst schwierige Regelungsfragen, auch solche ethischer Art, zu. Insbesondere die Frage der Sterilisation geistig Behinderter, die heute mittag schon mehrfach angesprochen wurde, kann meiner Ansicht nach nur in einer möglichst großen politischen und gesellschaftlichen Übereinkunft gelöst werden. Der Regelungsvorschlag, den der Gesetzentwurf zur Problematik der Sterilisation geistig Behinderter enthält, würde sicherlich zu einer ganz wesentlichen Einschränkung der heutigen Praxis in diesem Bereich führen. Die Einwilligung des Betreuers in eine Sterilisation des Betreuten soll danach nur noch in extremen Ausnahmefällen zulässig sein. In allen Fällen bedarf es der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Angesichts des Mißbrauchs, der in nationalsozialistischer Zeit mit massenhafter Sterilisation geistig Behinderter oder auch nur sozial auffälliger Menschen betrieben wurde, müssen wir jede Regelung sehr sorgfältig bedenken. Regelungsbedürftig aber scheint dieser heikle Bereich zu sein, wenn ich auch über das Zitat von Prof. Börner nachdenke, das ich in der heutigen „Süddeutschen Zeitung" gelesen habe:
    Ich hätte mehr Angst vor einer wie immer gearteten gesetzlichen Regelung zum jetzigen Zeitpunkt als vor dem Mißbrauch, wie er bisher schon vorgekommen ist.
    Mir scheint es nur schwer vorstellbar, daß das Gesetz die Betreuer, Ärzte und Gerichte mit dieser schwierigen Frage alleinläßt.
    Das mit dem Vorhaben verbundene Hauptanliegen, eine intensivere persönliche Betreuung der Betroffenen zu sichern, kann nur dann richtig gelingen, wenn sich mehr Bürger als bisher dazu bereitfinden, behinderten und alten Menschen zur Seite zu stehen. Jeder, der hier mithilft, leistet einen unschätzbaren Beitrag für ein menschlicheres Gesicht unserer Gesellschaft. Der Gesetzentwurf will den persönlichen Betreuer, der seinen Betreuten persönlich kennt, nach Möglichkeit aus dessen Familie kommt oder auf Vorschlag des Betreuungsbedürftigen bestellt wird. Er will nicht, wie es heute leider noch oft der Fall ist, die anonyme Verwaltung von Fällen von einem fernen Schreibtisch aus.
    Was müssen wir beachten, damit wir die richtigen Betreuer in einer ausreichenden Zahl bekommen?



    Dr. Langner
    Das Amt des Betreuers ist weiterhin ein Ehrenamt. Unsere bisherigen Vormünder und Pfleger und künftigen Betreuer arbeiten für Gotteslohn und aus sozialem Engagement. Die Allgemeinheit ist auf dieses Geschenk an Arbeitskraft und Mühe angewiesen. Aber wir dürfen doch nicht noch erwarten, daß die Betreuer ihre Unkosten aus eigenen Mitteln zuschießen. Es ist nur recht und billig, wenn der Staat — wie im Gesetzentwurf vorgesehen — durch Verdienstausfall- und Aufwandsentschädigungen einen Lastenausgleich schafft.
    Mit den finanziellen Fragen komme ich auf einen Aspekt zu sprechen, der bei den parlamentarischen Beratungen eine Rolle spielen wird und auch in der Stellungnahme des Bundesrats behandelt worden ist. Die 200 Millionen DM, die das im Jahr kosten soll, sind aufzubringen. Ich habe den Beitrag meines Kollegen de With heute so verstanden, daß er sehr viel finanzpolitische Überzeugungsarbeit in den Bundesländern Saarland, Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Berlin leisten möchte.

    (Dr. de With [SPD]: Sie wollten mich mißverstehen, Herr Langner! Es geht um alle Länder!)

    — Bei den anderen werde ich mich bemühen. Wenn Sie diesen Beitrag übernehmen, Herr de With, sind wir schon einen Schritt weiter.

    (Dr. de With [SPD]: Na gut; an mir soll es nicht liegen!)

    Ich bin zuversichtlich, daß es hier letztlich zu einer Verständigung kommen wird.
    Bei der Beratung des Gesetzentwurfs wird darauf zu achten sein, daß keine unnötigen bürokratischen Hürden für die Ausübung des Betreuungsamts aufgebaut werden. Das neue Betreuungsrecht darf insbesondere nicht bei denen, die heute schon auf Grund familiärer Bindungen die vom Gesetzgeber angestrebte persönliche Betreuung gewährleisten, Ängste erzeugen und demotivierend wirken. Daher muß auch künftig gesetzlich festgelegt sein, daß vorrangig Eltern und Ehegatten und sonstige nahe Angehörige zu Betreuern bestellt werden. Dies erscheint mir freilich bisher im Gesetzentwurf noch nicht klar genug geregelt. Auch ist bei altersgebrechlichen Menschen die Anerkennung des Ehegatten und danach im Regelfall der Kinder als Betreuer die einzige angemessene Maßnahme. Das neue Gesetz hat insgesamt alles zu vermeiden, was familiäre Pflegepersonen, die ohnehin — oft im stillen — Unendliches leisten, zusätzlich belastet.
    Aber gewisse Kontrollen der Betreuung durch das Vormundschaftsgericht sind unumgänglich. So sieht der Gesetzentwurf vor, daß um die Genehmigung des Gerichts nachgesucht werden muß, wenn es um eine lebensgefährliche Operation geht, in die der Betreuer einwilligen soll. Diese Regelung beseitigt die groteske Ungleichheit, die im Moment noch herrscht: Die Amputation beider Beine ist einer geringeren gerichtlichen Aufsicht unterworfen als etwa ein gerichtlicher Vergleich über 5 000 DM.
    Es entlastet auch die Betreuer, wenn bei Entscheidungen, bei denen es um Leben und Tod ihres Betreuten gehen kann, ihre Verantwortung mit dem Vormundschaftsgericht geteilt wird. Das ist nicht allein eine Versicherungsfrage.
    Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf viele Anregungen gegeben. Wir werden einige davon heute vielleicht wieder hören, die wir im Gesetzgebungsverfahren prüfen werden. Herausgreifen möchte ich nur die Fragen der Höchstdauer einer Betreuerbestellung und der Dauer der Übergangsregelung für Altfälle. Das ist eine ganz schwierige Frage: Soll ein nach altem Recht Entmündigter unter Umständen 19 Jahre auf eine Überprüfung seines Falles warten müssen, während die Neufälle alle fünf Jahre überprüft werden? All dies werden wir gewissenhaft prüfen, genauso wie die vielen Anregungen seitens der im Behindertenbereich tätigen Verbände. Ich begrüße es außerordentlich, daß diese Verbände so aktiv und sachkundig die Reform seit der Vorlage der ersten Diskussionsentwürfe begleiten.
    Mit diesem neuen Betreuungsgesetz soll ein lange Zeit vernachlässigtes Rechtsgebiet, von dem viele, vor allem ältere Menschen existentiell betroffen sind, dem Geist unserer Verfassung angepaßt werden. Zu Recht ist Art. 1 Grundgesetz betreffend die Würde des Menschen in diesem Zusammenhang zitiert worden. Viele der Betroffenen und ihrer Angehörigen warten schon lange auf diese Reform. Wir müssen jetzt die Kraft dazu aufbringen. An uns, Herr Minister, auch Frau Ministerin auf der Bundesratsbank, soll es nicht liegen. Es ist unser Wunsch und unser Wille, dieses Gesetz in dieser Wahlperiode in Kraft zu setzen.
    Schönen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP, der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])