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ID1115304300

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    Plenarprotokoll 11/153 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 153. Sitzung Bonn, Freitag, den 23. Juni 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 11557 A Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde und den Richtlinien für Aktuelle Stunden in der Sitzungszeit vom 1. bis 8. September 1989 11557 B Tagesordnungspunkt: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Statistiken im Handwerk — Handwerkstatistikgesetz — Drucksache 11/4801 — 11557 B Tagesordnungspunkt 25: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Drucksache 11/4610) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Roth, Dr. Jens, Pfuhl, Stiegler, Dr. Hauchler, Dr. Gautier, Jung (Düsseldorf), Dr. Martiny, Dr. Ehrenberg, Meyer, Dr. Mitzscherling, Müller (Pleisweiler), Reuschenbach, Dr. Skarpelis-Sperk, Dr. Sperling, Zeitler, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Stärkung des Wettbewerbs und Verhinderung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Macht (Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) (Drucksache 11/2017) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Saibold, Frau Vennegerts und der Fraktion DIE GRÜNEN: Demokratisierung der Wirtschaft und Erhalt der Lebensgrundlagen: Zur 5. GWB Novelle (Drucksache 11/4069) d) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 1985/1986 sowie über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet (§ 50 GWB) (Drucksache 11/554) e) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sechstes Hauptgutachten der Monopolkommission 1984/85 hier: Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 11/555) f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Saibold, Frau Vennegerts und der Fraktion DIE GRÜNEN: Demokratisierung der Wirtschaft und Erhalt der Lebensgrundlagen: Zur Wettbewerbspolitik der Europäischen Gemeinschaft (Drucksache 11/4070) g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Roth, Dr. Jens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für eine funktionsfähige europäische Wettbewerbsordnung (Drucksache 11/4378) h) Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum 16. Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Wettbewerbspolitik (Drucksache 11/1677) i) Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Legislative Entschließung mit der Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu dem geänderten Vorschlag der Kommission an den Rat für eine Verordnung (EWG) über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (Drucksache 11/3407) in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 153. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. Juni 1989 Zusatztagesordnungspunkt 13: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 1987/88 sowie über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet (§ 50 GWB) (Drucksache 11/4611) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 14: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Siebtes Hauptgutachten der Monopolkommission 1986/87 hier: Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 11/4804) Wissmann CDU/CSU 11558 C Dr. Jens SPD 11560D Grünbeck FDP 11564 D Frau Vennegerts GRÜNE 11566C Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 11568D Hinsken CDU/CSU 11570D Vahlberg SPD 11572 C Dr. Pinger CDU/CSU 11574 D Antrag der Fraktion der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN: Todesurteile in der Volksrepublik China (Drucksache 11/4873) 11575 C Tagesordnungspunkt 26: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (Drucksache 11/4230) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (Drucksache 11/4568) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Überwachung des Außenwirtschaftsverkehrs und zum Verbot von Atomwaffen, biologischen und chemischen Waffen (Drucksache 11/4609) d) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Zweiundsechzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 11/4355, 11/4683) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Dritte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 11/4303, 11/4685) f) Erste Beratung des von den Abgeordneten Gansel, Frau Adler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Kriegswaffenkontrolle (Drucksache 11/2920) g) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Veröffentlichungspraxis der Bundesregierung zu Rüstungsexporten (Drucksache 11/4499) h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Beer, Frau Garbe, Dr. Lippelt (Hannover) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verbot der Forschung an B-Waffen, Toxinwaffen und C-Waffen (Drucksache 11/3940) i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Müller (Pleisweiler), Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rüstungsexporte deutscher Unternehmen in den Irak, Rumänien, Ägypten und Argentinien (Drucksache 11/4519) j) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Zwischenbericht über den Stand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen des Verdachts illegaler Ausfuhren von Ausrüstungsteilen zur Produktion chemischer Kampfstoffe im Irak (Drucksache 11/3762) k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Vennegerts und der Fraktion DIE GRÜNEN: MBB die Erlaubnis zur Kriegswaffenproduktion entziehen (Drucksache 11/4498 [neu]) in Verbindung mit Zusatztagsordnungspunkt 15: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Eid und der Fraktion DIE GRÜNEN: Umsetzung der UNO-Resolution 591 in bundesdeutsches Recht (Drucksache 11/4825) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Eid und der Fraktion DIE GRÜNEN: Einhaltung des UNO-Rüstungsembargos gegenüber Südafrika (Drucksache 11/4826) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrags der Abgeordneten Müller (Pleisweiler), Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verminderung der Rüstungsexporte und verbesserte Rüstungsexportkontrolle (Drucksache 11/4842) in Verbindung mit Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 153. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. Juni 1989 III Zusatztagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrags der Abgeordneten Müller (Pleisweiler), Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Keine Genehmigung für Waffenexporte in den Nahen und Mittleren Osten (Drucksache 11/4843) Kittelmann CDU/CSU . . . . 11578A, 11592 D Müller (Pleisweiler) SPD 11580 C Beckmann FDP 11583 B Stratmann GRÜNE 11585 A Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 11587A Vosen SPD 11588D Niegel CDU/CSU 11590 B Gansel SPD 11591B, 11593 A Tagesordnungspunkt 27: a) Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Volmer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Polizeihilfe für Guatemala (Drucksachen 11/1813, 11/3579) b) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Einstellung der Polizeihilfe für Guatemala (Drucksache 11/2898) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Konditionierung der Entwicklungshilfe für El Salvador (Drucksachen 11/2405, 11/ 4574) d) Beratung der Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Schutz von Bundesbürgern/Bundesbürgerinnen in El Salvador (Drucksachen 11/2844, 11/ 4551) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 19: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses a) zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Friedensprozeß in Mittelamerika b) zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Förderung des Friedensprozesses in Zentralamerika (Drucksachen 11/824, 11/1130, 11/4812) Volmer GRÜNE 11594A, 11601D Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . . . . 11595B Wischnewski SPD 11596C, 11602A Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Staatsminister AA 11598B Irmer FDP 11599B Repnik, Parl. Staatssekretär BMZ . . . 11600A Duve SPD (Erklärung nach § 30 GO) . . 11602 B Volmer GRÜNE (zur GO) 11601D Vizepräsidentin Renger 11601 C Tagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Sozialversicherungsausweises und zur Änderung anderer Sozialgesetze (Drucksachen 11/2807, 11/4865) Seehofer, Parl. Staatssekretär BMA . . 11603 D von der Wiesche SPD 11605 A Kolb CDU/CSU 11606D Hoss GRÜNE 11608A Heinrich FDP 11609B Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz) (Drucksache 11/4528) Engelhard, Bundesminister BMJ 11610 C Dr. de With SPD 11611 C Dr. Langner CDU/CSU 11615A Frau Unruh GRÜNE 11616D Frau Dr. Berghofer-Weichner, Staatsminister des Freistaates Bayern 11617 D Funke FDP 11619D Nickels GRÜNE 11621B Nächste Sitzung 11622 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11623* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11623* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 153. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. Juni 1989 11557 153. Sitzung Bonn, den 23. Juni 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Andres SPD 23.06.89 Antretter SPD 23. 06. 89* Dr. Apel SPD 23. 06. 89 Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 23. 06. 89 Bredehorn FDP 23.06.89 Dr. von Bülow SPD 23. 06. 89 Carstens (Emstek) CDU/CSU 23. 06. 89 Frau Conrad SPD 23. 06. 89 Diller SPD 23.06.89 Dr. Faltlhauser CDU/CSU 23. 06. 89 Fellner CDU/CSU 23.06.89 Gattermann FDP 23.06.89 Dr. Glotz SPD 23. 06. 89 Graf SPD 23.06.89 Großmann SPD 23.06.89 Hasenfratz SPD 23.06.89 Frau Hasselfeldt CDU/CSU 23. 06. 89 Dr. Hauchler SPD 23. 06. 89 Dr. Häfele CDU/CSU 23. 06. 89 Heistermann SPD 23.06.89 Dr. Hennig CDU/CSU 23. 06. 89 Frau Hensel GRÜNE 23. 06. 89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 23. 06. 89 Dr. Holtz SPD 23. 06. 89 * Frau Hürland-Büning CDU/CSU 23. 06. 89 Jung (Düsseldorf) SPD 23. 06. 89 Jung (Lörrach) CDU/CSU 23. 06. 89 Kalisch CDU/CSU 23.06.89 Klein (Dieburg) SPD 23. 06. 89 Dr. Knabe GRÜNE 23. 06. 89 Koschnick SPD 23.06.89 Dr. Kreile CDU/CSU 23. 06. 89 Dr.-Ing. Laermann FDP 23. 06. 89 Lamers CDU/CSU 23.06.89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Lennartz SPD 23.06.89 Lenzer CDU/CSU 23. 06. 89 * Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 23. 06. 89 Dr. Müller CDU/CSU 23. 06. 89 * Poß SPD 23.06.89 Reddemann CDU/CSU 23. 06. 89 * Reuschenbach SPD 23.06.89 Dr. Riedl (München) CDU/CSU 23. 06. 89 Rixe SPD 23.06.89 Frau Rock GRÜNE 23. 06. 89 Frau Roitzsch CDU/CSU 23. 06. 89 (Quickborn) Ruf CDU/CSU 23.06.89 Dr. Scheer SPD 23. 06. 89 * Schmidbauer CDU/CSU 23.06.89 Schröer (Mülheim) SPD 23. 06. 89 Such GRÜNE 23.06.89 Tietjen SPD 23.06.89 Frau Trenz GRÜNE 23. 06. 89 Vogt (Duren) CDU/CSU 23. 06. 89 Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 23. 06. 89 Frau Wieczorek-Zeul SPD 23. 06. 89 Wiefelspütz SPD 23.06.89 Frau Wollny GRÜNE 23. 06. 89 Zander SPD 23.06.89 Dr. Zimmermann CDU/CSU 23. 06. 89 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 11/883 Nr. 30 Drucksache 11/3882 Nr. 3.42 (Berichtigung 11/4019) Drucksache 11/4238 Nr. 2.1 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/2465 Nr. 2.24 Drucksache 11/4161 Nr. 2.22 Drucksache 11/4337 Nr. 24
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    Rede von Josef Vosen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Vorwegbemerkung: Herr Haussmann, ich hätte eigentlich erwartet, daß Sie sich an dieser Stelle von dem Besprechungspapier Ihrer Mitarbeiter distanziert hätten. Ich finde es schade, daß Sie diese Gelegenheit nicht genutzt haben.

    (Stratmann [GRÜNE]: Richtig!)




    Vosen
    Und noch eine Vorwegbemerkung zu Herrn Stratmann. Herr Stratmann, dieser Rundumschlag, den Sie hier gemacht haben und mit dem Sie auch auf den Bundeskanzler Helmut Schmidt zielten, war auch nicht gut, denn es ist eine andere Qualität — das werden Sie zugeben —, die damals zur Disposition stand.

    (Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Fehler werden ja nicht geleugnet. Das sage ich jetzt einmal für meinen Kollegen Albrecht Müller in Ihre Richtung. Aber die Qualität von A-, B- und C-Waffen und von Raketen ist wohl eine andere als die, die damals zur Disposition stand.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, U-BootSkandal, Atomexportskandal, Giftgasskandal, jetzt Raketenskandal — wer sich da noch über die Wahlniederlagen Ihrer Regierungsparteien wundert, dem ist nicht zu helfen! Leider ist es aber so, daß nicht nur das Ansehen der CDU/CSU und der FDP dadurch schwer geschädigt wird, sondern das Ansehen der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Es trifft uns alle.

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Das ist richtig!)

    Meine Damen und Herren von der Koalition, ich fordere Sie deshalb heute hier auf, mit der Bundesrepublik Deutschland nicht weiter so umzugehen, als wenn sie Ihr Privateigentum wäre. Diese Aufforderung geht besonders in Richtung der CDU/CSU.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Mensch, haben Sie es nicht eine Nummer kleiner?)

    Ruinieren Sie nicht, was allen Staatsbürgern gehört! Für Ihre unglaubliche Skandalregierung werden Sie in gut einem Jahr die Quittung bekommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Darauf hoffen Sie!)

    Die Europawahl und die rheinland-pfälzischen und die saarländischen Kommunalwahlen haben das sehr deutlich gezeigt.
    Im Rahmen dieser viel zu kurzen Aussprache über die kriminellen Rüstungsexporte und Kontrollschlampereien will ich kurz auf den Atomskandal und auf die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen eingehen. Auch hier schlagen wir im Rahmen des von uns vorgelegten Antrages erhebliche Verschärfungen und Veränderungen vor, die über Ihre Gesetzesänderungen hinausgehen.
    Eines der hauptsächlichen Argumente der SPD bei ihrer Forderung nach dem Umstieg zu anderen, umweltfreundlichen Energieformen war und ist, daß auch die sogenannte friedliche Nutzung der Atomtechnik der Weiterverbreitung von Atomwaffen Vorschub leistet. Da sind wir uns einig.

    (Stratmann [GRÜNE]: Richtig!)

    Das, was der 2. Untersuchungsausschuß hinsichtlich der Lieferungen deutscher atomtechnischer Unternehmen an Pakistan herausgefunden hat, bestätigt auf der ganzen Linie unsere früher vorgebrachte Erklärung, daß hiermit objektiv Sachverhalte geschaffen worden sind, die dem Atomwaffensperrvertrag zuwiderlaufen. Selbst die Lieferungen deutscher atomtechnischer Firmen, die als zivil deklariert worden sind, verhelfen Pakistan dazu, atomtechnisches Know-how auch auf dem Waffengebiet zu gewinnen und zu verbessern.
    Einer der Hauptkritiker der Atomenergie, der Amerikaner Amory B. Lovins, hat schon vor Jahren bei Beginn der Debatte um die Atomenergie unmißverständlich und bisher auch unwiderlegt auf diesen Zusammenhang hingewiesen. Die Ereignisse, über die wir heute diskutieren, haben ihn in trauriger Weise bestätigt. Lovins' umfangreiche Untersuchungen haben ergeben, daß es unmöglich ist, die Atomenergie friedlich zu nutzen, ohne dabei auch Atomwaffen weiterzuverbreiten. Das ist unmöglich.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Der Zusammenhang zwischen friedlicher und militärischer Nutzung der Atomtechnik ist so eng, daß es keine wirklichen Unterschiede in der Beherrschung von ziviler und militärischer Atomtechnik gibt. Deshalb wird jedes Land, das zivile Atomtechnik lernt — wie Pakistan, Brasilien und viele andere Staaten —, damit auch die militärische Nutzung der Atomtechnik lernen. Hierzu hat die Bundesrepublik Deutschland im Falle Pakistan leider konkret beigetragen. Wir müssen deshalb besonders wegen der Weiterverbreitungsproblematik immer wieder darauf drängen, daß wir die Nutzung der Atomenergie beenden.
    Wir schlagen daher in unserem heutigen Antrag auch vor, daß wir fürs erste nur mit solchen Staaten noch bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie zusammenarbeiten, die den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet haben. Über Ausnahmen, mit denen die Sicherheit oder der Strahlenschutz verbessert wird, müssen wir nachdenken. Das ergibt insbesondere für die von der Bundesregierung betriebene Zusammenarbeit mit Frankreich auf dem Gebiet der Atomtechnik ganz neue Perspektiven.

    (Stratmann [GRÜNE]: Jetzt werden Sie aber sehr widersprüchlich!)

    Frankreich hat bekanntlich den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet. Mit Frankreich werden gerade jetzt auf dem Gebiet der Nutzung der Atomenergie umfangreiche Vertragswerke vorbereitet, was wir für falsch halten. In der Reaktorbauindustrie und in der Wiederaufbereitungsindustrie geht die Atomlobby gerade daran, gewissermaßen aus den Nationalstaaten nach Europa zu flüchten. Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang an die unfaßbare Regierungsgroteske Wackersdorf, bei der alle Beteiligten vollkommen das Gesicht verloren haben.
    Ich glaube, daß wir die Weiterverbreitung von Atomwaffen weiter fördern, wenn wir zulassen, daß die Wiederaufbereitung jetzt in La Hague in der Normandie fortgesetzt wird.
    Ich fasse zusammen: Wer Abrüstung will, muß auch Atomwaffen abrüsten. Wer Atomwaffen abrüsten will, kann und muß auch die friedliche Nutzung der Atomenergie beenden. Eine wirkliche Abrüstung von Atomwaffen ohne Beendigung der friedlichen Nutzung der Atomenergie ist unmöglich.

    (Zustimmung bei der SPD und den GRÜNEN)




    Vosen
    Die Flucht der Atomlobby in die europäische Integration erschwert den Ausstiegsprozeß. Deshalb muß auch die Zusammenarbeit — ich wiederhole das; das ist neu — mit Frankreich mit Ausnahme der Endlagerung und Sicherheitstechnologien beendet werden.

    (Stratmann [GRÜNE]: Was für Sicherheitstechnologien? — Kittelmann [CDU/CSU]: Was ist neu, Herr Kollege?)

    — Für Sie ist das sowieso alles neu, Herr Kittelmann.
    Wir verlangen auch die Einschränkung der Atomkooperation mit Drittländern. Wir verlangen die Verschärfung der Überwachung. Wir verlangen deshalb vor allem, daß die Rüstungsexportkontrolle nach den Vorstellungen unseres Antrags auch im EG-Recht verankert wird.
    Letzter Satz! Wir verlangen dabei nicht, daß hinter jedem Ingenieur ein_ Kontrolleur steht. Auch wir sagen: Die Selbstverpflichtung der Wirtschaft,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aha!)

    aber auch die Selbstverpflichtung des Staates, in dieser Richtung mehr zu tun, sind der richtige Weg. — Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD — Kittelmann [CDU/ CSU]: Das Letztere klang schon besser!)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Niegel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Lorenz Niegel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Zunächst möchte ich eine Bemerkung machen, die vielleicht etwas nachdenklich stimmt: Wir basteln jetzt zum fünften Male an einer Gesetzesänderung herum, für die schon weniger genügt hätte, wenn die Bürokratie und ihre jeweiligen Dienstherren vor Jahren richtig und klar formuliert hätten. Das möchte ich auch und gerade an die Adresse der Damen und Herren der SPD sagen, die lange die Verantwortung dafür trugen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Zu lange!)

    Je mehr Gesetze wir machen — obwohl diese Änderung im Außenwirtschaftsgesetz notwendig ist — , desto mehr verlieren Wirtschaft und Menschen das Gefühl, in einem freiheitlichen Rechtsstaat zu leben. Ich kann also nicht viel der Idee abgewinnen, an einem Tag wie heute mehr als zehn Gesetze — in dieser Woche sind es, so glaube ich, 20 Gesetze — auf den Weg zu bringen. Mit jedem Gesetz werden immer mehr Verbote aufgestellt und fast keine Erlaubnisse erteilt. Könnten wir uns nicht auch einmal ein Gesetz vorstellen, das unseren Bürgern etwas erlaubt? Der Verwaltungsvereinfachung fühlen wir uns alle verpflichtet; aber wir beschränken uns hier meistens nur auf Überschriften.
    Allgemein gesprochen: Mit jedem Gesetz wächst die Gefahr der Kriminalisierung immer größerer Bevölkerungsschichten. Das Imhausen-Syndrom oder das U-Boot-Syndrom des Kollegen Gansel möchte ich hier nur am Rande erwähnen.

    (Stratmann [GRÜNE]: Was soll das denn?)

    Ich warne vor einer politischen Schizophrenie: daß wir Deutschen Ordnung halten, aber andere außerhalb unserer Grenzen, mit denen wir freiwillig oder unfreiwillig kooperieren, sich alles leisten können und wir uns pausenlos Selbstbeschränkungen auferlegen.
    Zum Gesetzentwurf selber möchte ich jetzt nicht im einzelnen Stellung nehmen. Im Wirtschaftsausschuß dürfte sowieso ein Hearing abgehalten werden, das die Vorschriften auf ihre Praktikabilität untersuchen wird.

    (Gansel [SPD]: Also noch weiter verzögern!)

    Zu § 34, der eine Verschärfung der Strafbestimmungen bringt, muß beachtet werden, daß die Verhältnismäßigkeit der Mittel gewahrt bleibt. — Herr Kollege Gansel, Sie sagen: Verzögerung. Es hat, wie ich weiß, fast keinen von uns eingebrachten Gesetzentwurf gegeben, zu dem nicht Ihre Fraktion — ob das im Wirtschaftsausschuß oder anderswo war — ein Hearing verlangt hätte. Warum soll hier nicht auch in einem Hearing die Sache abgeklopft werden?
    Ich finde es auch überflüssig, daß selbst im Zusammenhang mit diesem notwendigen Gesetz, über das ich hier spreche, die Leerformel oder die Wortschraube von sogenannten „vertrauensbildenden Maßnahmen" Verwendung findet. Wir Deutschen im freien Teil unseres Landes haben Vertrauen. Wir haben weltweit Vertrauen erhalten. Wir haben dies in den 40 Jahren, die die Bundesrepublik besteht — wir feiern ja heuer das 40jährige Bestehen — , gerechtfertigt. Wer den freien Teil Deutschlands kennt und ihn sorgfältig und gutwillig beobachtet, weiß, daß wir ein friedliebendes und friedfertiges Land sind und keinen Export militärisch nutzbarer Technologien in Spannungsgebiete dulden.

    (Stratmann [GRÜNE]: Reden Sie doch nicht solchen Unsinn!)

    Ich möchte aber an dieser Stelle darum bitten, daß sich Regierungen, die in irgendeiner Form Wünsche an uns haben, auch an unserem Exportkodex orientieren. Dieser Exportkodex stand aber auch schon in den vorigen Gesetzen eindeutig fest.
    Noch eines in diesem Zusammenhang: Wirtschaftshilfe, Entwicklungshilfe, Kredite, Bürgschaften und Schuldenerlasse, die wir gewähren, dürfen nicht im internationalen Waffen- und Drogenhandel mißbraucht werden. Ich weiß, daß das leider niemand 100 %ig prüfen kann; aber das, was ich hier sage, ist auch keine Verdächtigungsjustiz.
    Ich möchte hier auch daran erinnern, daß oft der Ostblock in Entwicklungsländern im Wettbewerb der Entwicklungspolitik mit uns steht. Wenn man das näher abklopft — Sie kritisieren mit Recht, daß Waffen in bestimmte Länder geliefert werden — , dann stellt man fest, daß die Entwicklungshilfe des Ostblocks, unter Führung der Sowjetunion oder der Volksrepublik China, hauptsächlich oder ausschließlich aus Waffenlieferungen besteht. Auch das muß an dieser Stelle einmal deutlich gesagt werden.
    Vielleicht auch noch eine Anmerkung dazu: Basteln nicht viele Staaten zu ihren Gunsten an der COCOM-Liste herum und freuen sich, wenn wir uns



    Niegel
    preußisch an das halten, was uns alles so abverlangt wird?
    Die Vertreter der deutschen Industrie haben sich zur Frage des Außenwirtschaftsgesetzes erfreulicherweise klar geäußert; sie haben eine klare Linie bezogen. Das betrifft sowohl ihre Vorsprache in den USA, beim Kongreß, beim Senat, beim State Department, als auch die Notwendigkeit der Verschärfung der Strafbestimmungen im Außenwirtschaftsgesetz. Ich meine, hier im Hause sollte der Industrie auch einmal Anerkennung gezollt werden. Genauso sollte die Selbstkorrektur, einmalig in der deutschen Verbandsgeschichte, anerkannt werden: Imhausen wurde von der Mitgliedschaft suspendiert. Geschäftsführer des BDI und von Mitgliedsverbänden haben bereits am 12. Dezember 1988 in Washington unmißverständlich erklärt, daß sie nicht „Anwälte von schwarzen Schafen" sein wollen.
    Ich meine, Herr Kollege Müller, daß wir nicht unbedingt, wie Sie vorhin ausgesprochen haben, mit Vorverurteilungen leben müssen. Erforderlich sind neben unseren eigenen Selbstbeschränkungen, die wir im Außenwirtschaftsgesetz unserer Wirtschaft auferlegen, auch verläßliche internationale Regelungen, Vereinbarungen, Kontrollen und Sanktionen. Es ist darauf hinzuweisen, daß es in der EG noch keine gemeinsame Verordnung oder Richtlinie gibt. Ob die wohl zustande kommen wird?
    Grundsätzlich abschließend zwei Bemerkungen: Der Gesetzentwurf enthält wieder Ermächtigungen zu Rechtsverordnungen. Hier werden wieder Vollmachten erteilt, die sich der späteren parlamentarischen Kontrolle lautlos entziehen.
    Das neue Gesetz soll auch besser der Verdeutlichung dienen. Die Industrie muß wissen, wo sie dran ist. „Es darf aber auch kein Exportverhinderungsgesetz für die Bundesrepublik Deutschland werden: Wir beschränken uns selbst, während andere unsere Selbstbeschränkung ausnützen oder gar mißbrauchen. "
    Ich bedanke mich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)