Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, die heutige Aktuelle Stunde gibt uns Gelegenheit, auch einige Gedanken grundsätzlicher Art zur Verteidigungsbereitschaft einzubringen. Ich meine, daß einige Kollegen und Kolleginnen, die gesprochen haben, sehr wohl versucht haben, sich auf das grundsätzliche Übereinstimmen von uns zu einigen.
Ich finde den Aufruf der IG Metall erbärmlich. Ich muß ganz deutlich sagen, daß manchen Leuten in der Führung der Gewerkschaften offensichtlich das Gefühl dafür verlorengegangen ist — wenn sie es denn je besaßen — , den Soldaten als Hüter unserer freiheitlichen Lebensweise in der Gegenwart zu begreifen.
Der Appell zur „massenhaften Kriegsdienstverweigerung" , der von der IG Metall mitverantwortet wird, ist, finde ich, einfach eine Ohrfeige für zahlreiche Gewerkschafter, die zur Bundeswehr stehen und die ihren Dienst in der Bundeswehr geleistet haben. Sie können sich von ihren Funktionären dann doch gar nicht vertreten fühlen.
Dieser Aufruf verletzt das historische Bündnis der Aussöhnung zwischen Arbeiterschaft und Streitkräften. Da kann ich nur raten, wie einige von uns und von der Opposition es jetzt ja auch schon getan haben, sich einmal auf den früheren Verteidigungsminister Georg Leber zurückzubeziehen. Ich finde die Belastung der Einheitsgewerkschaft mit diesen Dingen einfach unerträglich. Die Äußerungen von Herrn Breit gehen mir nicht weit genug und sind mir nicht deutlich genug, — damit es jeder versteht.
Wenn ich zu meinem Entsetzen auch noch feststelle, daß das Präsidium der deutschen Sektion von Pax Christi tatsächlich meint, die Deutsche Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstgegner — und nach den Verfassungsschutzberichten kann man ja wohl sagen: kommunistisch orientierte Friedensgesellschaft — unterstützen zu müssen, kann ich nur hoffen, daß das nicht von meiner Kirchensteuer finanziert wird.
Im übrigen muß man in zunehmendem Maße wirklich den Eindruck haben, daß es Leute bei uns gibt — ich will das einmal etwas salopp formulieren —, die jetzt glauben, die Rote Armee sei bereits eine Art Heilsarmee geworden. Manchmal hat man den Eindruck, das gelte auch schon für Teile der Rote-ArmeeFraktion.
Allen Ernstes muß man doch fragen, was bei diesem Aufruf die wirkliche Absicht derer ist, die — emotional aufbauschend — die Gewissensentscheidung, d. h. eine persönliche Entscheidung eines einzelnen,
zu einer Massenentscheidung kollektivieren wollen. Außerdem glaube ich sagen zu dürfen, daß es schon erschreckend ist, feststellen zu müssen, daß offenbar sehr geringe historische Kenntnisse, kompensiert durch großes emotionales Engagement, zu dieser negativen Einstellung führen.
Die Bundeswehr hat gerade in Zeiten des Friedens einen besonders wichtigen Platz in unserem Staat. Sie hat in mehr als 30 Jahren ihren Auftrag zur Erhaltung des Friedens in Freiheit innerhalb des NATO-Bündnisses erfüllt. Ich weiß immer noch nicht, ob es jetzt dümmlich war oder nicht doch ein perfider Versuch, mit diesem Aufruf mit der Sehnsucht der Menschen nach Bewahrung des Friedens durch Abrüstung ein böses Spiel zu spielen und Dinge vorzugaukeln, als ob Angebote bereits jetzt in Realität umgesetzt seien.
Ich finde die Entscheidung für die Armee als eine Wehrpflichtarmee, die damals hier im Bundestag gefällt worden ist, ganz besonders richtig und wichtig. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, wir, haben sich bewußt gegen die Berufsarmee entschieden. Politisch spricht für die Wehrpflichtarmee, daß durch sie eine Entwicklung verhindert wird, bei der die Armee zu einem Staat im Staat und damit der staatlichen Ordnung selbst gefährlich werden könnte. Ich meine, wir sollten dieses ganz besonders hochachten.
Die Armee ist ein Attribut der Souveränität. Sie ist konstitutiv für die nationale Unabhängigkeit.
Dieses zu erkennen und gleichzeitig im Gesamtzusammenhang die Funktion der militärischen Verteidigung im europäischen Sicherheitssystem oder im Atlantischen Bündnis zu sehen, gehört zu einer wichtigen Auflärungsarbeit, der wir eigentlich alle verpflichtet sein müßten.
Letztendlich hat sich zu allen Zeiten der Geschichte, von der Antike bis heute, gezeigt, daß immer dann, wenn irgendwo ein Machtvakuum bestand, ausländische Kräfte in dieses Vakuum gezogen wurden. Sie kennen alle den Spruch von Winston Churchill — und damit muß ich schließen — : Jedes Volk hat eine Armee, entweder eine eigene oder eine Besatzungsarmee.
Wir wären sehr gut beraten, in Zukunft im Hinblick auf die jungen Leute in unserem Land verstärkt zu erklären, zu erläutern, zu begründen und zu überzeugen, damit die Gegner der Bundeswehr nicht nach Rattenfängermanier vorgehen und Erfolg haben können.
Danke schön.