Rede:
ID1113815700

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Gilges.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/138 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 138. Sitzung Bonn, Freitag, den 21. April 1989 Inhalt: Verfahrensanträge des Abg. Wüppesahl . 10186A Absetzung des Punktes 20 — deutsche Staatsangehörigkeit — und des Zusatzpunktes 4 — Staatsangehörigkeit — von der Tagesordnung 10218D Tagesordnungspunkt 18: Eidesleistung der neuernannten Bundesminister Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . . 10185 B Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau . 10185 C Seiters, Bundesminister für besondere Auf- gaben 10185D Wüppesahl fraktionslos (zur GO) . . . 10186B Tagesordnungspunkt 19: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten (Drucksachen 11/2834, 11/4359) b) Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Verteidigung der inneren Liberaltiät und Stärkung der Demokratie (Drucksachen 11/17, 11/4359) Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 10187 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 10191B Kleinert (Hannover) FDP 10195 D Jahn (Marburg) SPD (zur GO) 10198 C Wüppesahl fraktionslos (zur GO) 10198D, 10203 B Engelhard, Bundesminister BMJ 10199B, 10204 B Häfner GRÜNE 10199 C Frau Nickels GRÜNE 10204 A Dr. de With SPD 10206A Fellner CDU/CSU 10208 B Graf SPD 10209 C Irmer FDP 10211B Wüppesahl fraktionslos 10214 A Eylmann CDU/CSU 10214 C Frau Hillerich GRÜNE (zur GO) 10216A Dr. Hirsch FDP (Erklärung nach § 31 GO) 10216D Lüder FDP (Erklärung nach § 31 GO) . . 10217D Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (Erklärung nach § 31 GO) 10218A Namentliche Abstimmung 10218 C Ergebnis 10219D Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu jüngsten Äußerungen der Gewerkschaften IG Metall, IG Medien sowie Handel, Banken und Versicherungen zu Kriegsdienstverweigerung und Bundeswehr Ronneburger FDP 10219A Bahr SPD 10221 B Lowack CDU/CSU 10222 B Frau Schilling GRÜNE 10223 A Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg . 10224 B Koschnick SPD 10226A Frau Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU . 10227A Nolting FDP 10228 A II Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. April 1989 Frau Beer GRÜNE 10229 A Genscher, Bundesminister AA 10229 C Gilges SPD 10231 A Breuer CDU/CSU 10232 B Gerster (Mainz) CDU/CSU 10233 A Frau Fischer CDU/CSU 10234 A Kossendey CDU/CSU 10234 D Nächste Sitzung 10236 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 10237* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 10237* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. April 1989 10185 138. Sitzung Bonn, den 21. April 1989 Beginn: 9.15 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein CDU/CSU 21. 04. 89 Dr. Ahrens SPD 21. 04. 89 * Amling SPD 21. 04. 89 Bamberg SPD 21. 04. 89 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 21. 04. 89 Dr. Biedenkopf CDU/CSU 21. 04. 89 Böhm (Melsungen) CDU/CSU 21. 04. 89 * Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 21. 04. 89 Clemens CDU/CSU 21. 04. 89 Egert SPD 21. 04. 89 Eimer (Fürth) FDP 21. 04. 89 Engelsberger CDU/CSU 21. 04. 89 Frau Fuchs (Köln) SPD 21. 04. 89 Funke FDP 21. 04. 89 Gattermann FDP 21. 04. 89 Dr. Glotz SPD 21. 04. 89 Grünbeck FDP 21. 04. 89 Dr. Hauff SPD 21. 04. 89 Dr. Häfele CDU/CSU 21. 04. 89 Frhr. Heereman von CDU/CSU 21. 04. 89 Zuydtwyck Heimann SPD 21. 04. 89 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 21. 04. 89 Dr. Holtz SPD 21. 04. 89 * Kleinert (Marburg) GRÜNE 21. 04. 89 Kolbow SPD 21. 04. 89 Dr. Kreile CDU/CSU 21. 04. 89 Kreuzeder GRÜNE 21. 04. 89 Dr. Langner CDU/CSU 21. 04. 89 Frau Luuk SPD 21. 04. 89 * Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 21. 04. 89 Meyer SPD 21. 04. 89 Mischnick FDP 21. 04. 89 Dr. Mitzscherling SPD 21. 04. 89 Oesinghaus SPD 21. 04. 89 Oostergetelo SPD 21. 04. 89 Paintner FPD 21. 04. 89 Reuschenbach SPD 21. 04. 89 Frau Rock GRÜNE 21. 04. 89 Roth (Gießen) CDU/CSU 21. 04. 89 Schäfer (Offenburg) SPD 21. 04. 89 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 21. 04. 89 von Schmude CDU/CSU 21. 04. 89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 21. 04. 89 Schröer (Mülheim) SPD 21. 04. 89 Seidenthal SPD 21. 04. 89 Frau Dr. Sonntag-Wolgast SPD 21. 04. 89 Dr. Stercken CDU/CSU 21. 04. 89 Stiegler SPD 21. 04. 89 Stobbe SPD 21. 04. 89 Stratmann GRÜNE 21. 04. 89 Dr. Struck SPD 21. 04. 89 Dr. Vondran CDU/CSU 21. 04. 89 Weisskirchen (Wiesloch) SPD 21. 04. 89 Frau Dr. Wilms CDU/CSU 21. 04. 89 Frau Wollny GRÜNE 21. 04. 89 Würtz SPD 21.04.89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Drucksache 11/3090 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 11/2956 Nr. 2.1 Drucksache 11/3311 Nr. 2.2 Finanzausschuß Drucksache 11/3882 Nr. 3.1 Drucksache 11/3927 Nr. 3.1 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/3831 Nr. 24 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/2956 Nr. 2.6 Drucksache 11/3117 Nr. 2.15 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/883 Nr. 137 Drucksache 11/1707 Nr. 30 Drucksache 11/3021 Nr. 2.15 Drucksache 11/3311 Nr. 2.20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Stellung der Soldaten in einer demokratischen Gesellschaft betrifft den Kernbereich des demokratischen Staatsverständnisses. Das ist das Thema dieser Aussprache, und da sollte wahrlich kein Platz für parteipolitische Polemik sein.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Das hätten Sie Herrn Ronneburger sagen sollen!)

    Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland sichert das Recht, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern. Wie viele Länder dieser Welt bedürfen noch einer solchen Verfassungsbestimmung und einer solchen Verfassungswirklichkeit! Dieses Grundgesetz schafft ein Recht für den einzelnen Staatsbürger. Es sichert die Ausübung einer Gewissensentscheidung gegen den Dienst mit der Waffe, aber diese Gewissensentscheidung kann nicht kollektiviert werden. Diese Verfassungsbestimmung schafft kein Instrument zur Durchsetzung einer bestimmten politischen Auffassung, auch nicht in der Sicherheitspolitik. Der Aufruf zur massenhaften Kriegsdienstverweigerung als — wie es heißt — Druckfaktor ist der Aufruf zum Mißbrauch einer Verfassungsbestimmung, und das muß mit Entschiedenheit zurückgewiesen werden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Der Satz „Der Auftrag der Bundeswehr ist Friedenssicherung, Wehrdienst ist aktiver Dienst für Frieden" steht in der gemeinsamen Erklärung das DGB und der Bundeswehr aus dem Jahre 1981. Es ist gut, daß der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Ernst Breit, die Fortgeltung dieser gemeinsamen Erklärung deutlich gemacht hat. Es liegt aber in der Verantwortung der Einzelgewerkschaften des DGB, diese Erklärung des DGB-Vorsitzenden glaubwürdig und mit allen ihren Teilen zu unterstützen. Gewerkschafter wie Theodor Blank und Georg Leber haben als Bundesminister der Verteidigung in besonderer Weise dazu beigetragen, daß unserer Republik der Gegensatz zwischen Gewerkschaften und Streitkräften erspart geblieben ist. Dabei muß es bleiben.
    Die Bezeichnung des Wehrdienstes als Mitwirkung an der Kriegsvorbereitung ist eine nicht hinnehmbare Diffamierung des Freiheits- und Friedensdienstes der Soldaten der Bundeswehr, der Wehrpflichtigen, der Zeitsoldaten, der Berufssoldaten und der Reservisten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wer sich hinter eine solche Erklärung stellt, der muß
    sich fragen, wie er sich zu Millionen junger Staatsbür-



    Bundesminister Genscher
    ger stellt, die in den vergangenen Jahrzehnten diesen Freiheits- und Friedensdienst geleistet haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Bahr [SPD])

    Auch die Entscheidung für den Dienst in der Bundeswehr ist eine Gewissensentscheidung und bedarf der gleichen Respektierung.

    (Dr. Mechtersheimer [CRÜNE]: Beides!)

    Unsere Wehrpflichtarmee ist nicht ein Staat im Staate. Sie ist ein Teil unserer Gesellschaft. Unsere Soldaten leben mitten in dieser Gesellschaft. Die Bundeswehr ist ein Ausdruck des Willens unserer Demokratie, Freiheit und äußeren Frieden zu bewahren.
    Wer aber zur Kriegsdienstverweigerung als einem politischen Druckmittel aufruft, wer sich mit der Behauptung solidarisiert, der Dienst in der Bundeswehr sei Mitwirkung an der Kriegsvorbereitung, der grenzt die Soldaten unserer Bundeswehr aus unserer demokratischen Gesellschaft aus.

    (Beifall bei der FDP — Breuer [CDU/CSU]: Jämmerlich ist das!)

    Hier muß gelten: Wehret den Anfängen! Diese Armee gehört in unsere Gesellschaft. Sie will in unserer Gesellschaft sein, und sie darf nicht aus dieser Gesellschaft hinausgeschoben werden.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)

    Parlament und Regierung dürfen keinen Zweifel daran aufkommen lassen, daß sie den Friedens- und Freiheitsdienst der Soldaten nicht nur als Beitrag zur Sicherheit unseres Landes akzeptieren. Sie müssen sich zu diesem Dienst bekennen, zu seiner Notwendigkeit und zu seiner freiheits- und friedenssichernden Funktion. Bei allen notwendigen und unverzichtbaren Auseinandersetzungen über die richtige Sicherheitspolitik darf der sicherheitspolitische Konsens in unserem Land, der auch in dem Bekenntnis zu den Streitkräften unseres demokratischen Staates zum Ausdruck kommt, nicht in Frage gestellt werden.

    (Frau Traupe [SPD]: Bringschuld!)

    Unsere Bundeswehr wird auch in künftigen kooperativen europäischen Sicherheitsstrukturen eine wichtige Rolle zu erfüllen haben. Verantwortliche Friedenspolitik schafft deshalb keine Legitimations-
    und Akzeptanzprobleme für die Bundeswehr.

    (Bahr [SPD]: Stimmt!)

    Das setzt voraus, daß der sicherheitspolitische Konsens, der von der Mehrheit unserer Bürger getragen wird, durch beherzte Nutzung aller Möglichkeiten der Verbesserung des West-Ost-Verhältnisses, der Rüstungskontrolle und der Abrüstung gefestigt wird.

    (Bahr [SPD]: Sehr wahr!)

    Die Erfüllung des Auftrags verlangt, daß die Bundeswehr in die Lage versetzt wird, ihren Auftrag zu erfüllen. Darauf haben die Staatsbürger in Uniform Anspruch.

    (Bahr [SPD]: Jawohl!)

    Deshalb ist es auch wichtig, den Dienst in der Bundeswehr attraktiver zu gestalten.

    (Frau Schilling [GRÜNE]: Da graust es einem ja!)

    Dazu gehört bessere soziale Absicherung der Wehrpflichtigen, der Zeit- und Berufssoldaten sowie ihrer Familien, und dazu gehört auch die Behebung des Mangels an jungen Offizieren und Unteroffizieren.

    (Bahr [SPD]: Jawohl!)

    Der Auftrag unserer Streitkräfte ist wie der des ganzen Bündnisses Kriegsverhinderung. Für diesen Auftrag werden unsere Soldaten ausgebildet. Diesem Auftrag sind sie verpflichtet. Für diesen Auftrag haben sie sich durch ihre Gewissensentscheidung entschieden.
    Die Sorge, daß ein abnehmendes Bedrohungsgefühl in unserer Bevölkerung zu einem Abnehmen der Verteidigungsbereitschaft führt, ist nicht nur unbegründet. Ich finde, sie ist ungerecht gegenüber der Haltung unserer Bürger, und sie ist ungerecht gegenüber der Pflichterfüllung unserer Soldaten. Die Einschätzung, daß die Gefahr einer militärischen Konfrontation geringer als früher ist und daß heute mehr Abrüstungschancen als früher bestehen, beruht auf einer zutreffenden Analyse. Aber die Bürger unseres Landes wissen gut genug, daß ihre Sicherheit auf der Existenz unserer Bundeswehr, auf unserer Mitgliedschaft im Bündnis und auf einer verantwortungsvollen, auf Dialog, Zusammenarbeit und Rüstungskontrolle gerichteten Friedenspolitik der Bundesregierung beruht.
    Dieser sicherheitspolitische Konsens könnte eigentlich nur dann gefährdet werden, wenn wir die Chancen für eine solche Politik nicht nutzen.
    Für die Haltung unserer Soldaten — auch das muß gesagt werden — zu unserer demokratischen Gesellschaft und zu unserem demokratischen Staat ist es von entscheidender Bedeutung, daß sie von der Politik mit ihrem Auftrag nicht allein gelassen werden.

    (Zuruf von der SPD: Das stimmt!)

    Der Primat der Politik gegenüber den Streitkräften entspricht unserem demokratischen Staatsverständnis. Aber der Vorrang der Politik, meine Damen und Herren, bedeutet auch die Verantwortung der Politik für alle Entscheidungen, die die Bundeswehr betreffen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Fuchs [Verl] [SPD]: Vernünftige Entscheidungen wären das Beste!)

    Dieser Verantwortung dürfen wir uns alle nicht entziehen. Den Auftrag, den die Bundeswehr zu erfüllen hat, einschließlich aller Übungen und Manöver, hat sich die Bundeswehr nicht selbst gegeben. Es ist ein von der Politik erteilter Auftrag.

    (Frau Schilling [GRÜNE]: Das ist richtig!)

    Diesen Auftrag hat die Politik zu vertreten. Niemand darf diese Aufgabe auf die Soldaten und ihre Familien abladen.
    Der Auftrag der Bundeswehr ist ein unverzichtbarer Teil unserer Politik der aktiven Friedenssicherung.



    Bundesminister Genscher
    Das ist heute so. Das wird morgen so sein. Deshalb bekennen wir uns zu diesem Dienst in der Bundeswehr.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Gilges.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Konrad Gilges


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es drängt sich mir zunehmend der Eindruck auf, daß diese Veranstaltung die Legitimationsbasis für die Gewerkschaftsfeindlichkeit der CDU/CSU und der FDP ist.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU — Bundesminister Genscher: Das können Sie nun wirklich nicht sagen!)

    Der DGB-Vorsitzende Ernst Breit hat klargestellt, daß die Erklärung von 1981 in ihrer vollen Länge für den Deutschen Gewerkschaftsbund nach wie vor Gültigkeit hat. Es ist nicht nötig, daß das wiederholt wird. Ich sage auch dazu: Es wird Ihnen nicht gelingen, zwischen die Bundeswehr und den Deutschen Gewerkschaftsbund einen Keil zu treiben.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Es wird Ihnen auch nicht gelingen, zwischen die Bundeswehr, den Deutschen Gewerkschaftsbund und seine Mitgliedsgewerkschaften einen Keil zu treiben,

    (Frau Roitzsch [Quickborn] [CDU/CSU]: Das machen die Gewerkschaften doch selber! — Breuer [CDU/CSU]: Das Gegenteil ist notwendig!)

    auch wenn Sie das heute fortwährend versuchen.
    Sie sprechen von Generalangriff auf die Bundeswehr — so Herr Kohl. Sie sprechen von gefährlichen Schritten in das Verfassungsabseits. Herr Genscher hat jetzt noch einmal vom Mißbrauch der Verfassung geredet. Nun müssen Sie sich die Frage stellen: Was ist das, was zur Zeit stattfindet? Da gibt es z. B. ein neues Liederbuch für die Bundeswehr.

    (Frau Beer [GRÜNE]: „Die Gedanken sind frei"!)

    Das erste Lied in diesem Liederbuch ist — man lese und staune — das Deutschlandlied in seinen drei Strophen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Na und?)

    Demnächst werden die Bundeswehrsoldaten wieder angehalten, „Deutschland, Deutschland über alles, ... von der Etsch bis an den Belt ... " zu singen. Hier sage ich Ihnen: Das ist mit unserer Verfassung nicht in Einklang zu bringen. So etwas steht nicht in unserer Verfassung.

    (Jäger [CDU/CSU]: Lächerlich, was Sie da sagen!)

    Seit vielen Jahren schwadronieren Sie darüber, wo das Einsatzgebiet der Bundeswehr sein könnte, ob
    man das erweitern könnte. Auch das ist nicht mit der Verfassung in Einklang zu bringen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Kossendey [CDU/CSU]: Weißbuch 1981!)

    Auch die Beteiligung deutscher Firmen an der Atomwaffenproduktion und an Chemiewerken ist mit der Verfassung nicht in Einklang zu bringen.

    (Breuer [CDU/CSU]: Wer bestreitet das denn?)

    Auch die Beteiligung von Bundeswehrangehörigen an Kriegsvorbereitungen Libyens gegen Israel ist mit der Verfassung nicht in Einklang zu bringen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Ronneburger [FDP]: Was hat das mit der Bundeswehr zu tun?)

    Es würde Ihnen gut anstehen, wenn Sie sich einmal um Ihren eigenen Laden kümmerten,

    (Gerster [Worms] [SPD]: Der kennt ihn ja nicht, der Minister!)

    über Ihre Verantwortung und das, was Verfasssung in diesem Lande bedeutet.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Breuer [CDU/CSU]: Jetzt sagen Sie mal etwas Positives zur Bundeswehr!)

    Übrig bleibt der Wirrwarr, den Sie mit der Frage der Wehrdienstverlängerung geschaffen haben. Das hat bei vielen Jugendlichen, ob sie nun Wehrdienst oder Zivildienst leisten, zu einer großen Verärgerung geführt. Diese Verärgerung drückt sich auch dadurch aus, daß manch einer sagt: Mit diesem Staat will ich nichts mehr zu tun haben. Wer so mit den Interessen der jungen Menschen umgeht, wer so mit ihrer Lebensplanung umgeht, wer so etwas veranstaltet,

    (Jäger [CDU/CSU]: Was hat das mit dem Aufruf zu tun?)

    der muß sich fragen lassen, wieweit er das Leben junger Menschen und deren Interessen ernst nimmt.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN — Breuer [CDU/CSU]: Verwechseln Sie doch nicht die Tagespolitik mit grundsätzlichen Fragen!)

    — Herr Breuer, Sie sind nachher noch dran.
    Jedem Bürger und jeder Organisation steht das Recht zu, auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Grundgesetzartikels aufmerksam zu machen. Das hat die IG Metall,

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Das ist eben auch falsch!)

    das hat die DFG/VK getan.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sie hat zur „massenhaften Verweigerung " aufgerufen! )

    Das ist ein Recht. Wenn jemand darauf hinweist, daß
    nach Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes die Möglichkeit
    besteht, den Kriegsdienst zu verweigern, ist das rich-



    Gilges
    tig. Das darf hier in diesem Hause nicht in Zweifel gezogen werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Warum distanziert sich denn Breit davon?)

    Die Wahrnehmung dieses Grundrechts, meine sehr verehrten Damen und Herren — das kann jeder in der Praxis erkennen — , ist in dieser Gesellschaft vom Bildungsstand abhängig. Das weiß jeder, der sich mit der Frage beschäftigt. Deswegen hat Karin Benz-Overhagen — Vorstandsmitglied der IG Metall — recht, wenn sie sagt: Es ist unsere Aufgabe, den jungen Arbeitnehmern in den Betrieben und im Beruf schon klarzumachen, daß es diese Möglichkeit auf Verweigerung gibt, und hinzuweisen und zu informieren, daß es Kriegsdienstverweigerung gibt.

    (Jäger [CDU/CSU]: Das ist etwas völlig anderes!)

    Kriegsdienstverweigerung ist nicht, wie sie es hier wieder dargestellt haben, ein Ausnahmerecht. Es geht einem ja schon an die Nerven, wenn Sie das immer wieder deklarieren. Es wäre einmal gut, Herr Genscher, wenn Sie auch hier einmal ein Bekenntnis
    — ich unterstütze Ihre Meinung zur Bundeswehr und das, was Sie da gesagt haben, da gibt es keine Debatte — zur Kriegsdienstverweigerung und zum Zivildienst hier ablegen würden. Es wird doch ständig Ungleichgewichtigkeit hergestellt.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ja, in den Sonntagsreden tun Sie das. Aber in der Regel gibt es ein Bekenntnis zur Bundeswehr, und das Ausnahmerecht ist die Kriegsdienstverweigerung bzw. der Zivildienst.

    (Genscher [FDP]: Ich habe am Freitag und nicht am Sonntag gesprochen!)

    Die Behauptung des massenhaften Aufrufs, die immer wieder unterstellt wird, ist schlicht und einfach falsch.
    Ich will zum Schluß sagen: Das Vorstandsmitglied Ilse Brusis — verantwortlich für Jugend beim Deutschen Gewerkschaftsbund — hat gesagt:
    Ich würde mir wünschen, daß in Bonn einmal ähnlich viel Aufregung über Jugendarbeitslosigkeit herrscht wie jetzt über die Informationskampagne zum Recht auf Kriegsdienstverweigerung.
    Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Zuruf: Eine Verschleierungsrede war das!)