Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Die beiden Reden von Herrn Bahr und von Herrn Koschnick bestärken mich eigentlich in meinem Vorhaben, die SPD zu fragen, wie sie es wirklich mit der Bundeswehr hält.
Herr Koschnick, Sie haben ein klares Bekenntnis zur Bundeswehr abgelegt.
— Frau Fuchs, ich würde gerne reden; ich bin nämlich dran.
Aber, Herr Koschnick, Sie haben von der Gleichwertigkeit von Wehrdienst und Ersatzdienst gesprochen. Dies stimmt nicht. Gleichwertig sind sie nicht. Die Regel ist der Wehrdienst, und die Ausnahme sind die Wehrdienstverweigerung und der Ersatzdienst.
— Moment.
Herr Bahr, Sie haben eigentlich das typische Beispiel dafür geliefert, wie sich die SPD heute in bezug auf die Bundeswehr darstellt. Sie haben zwar das Godesberger Programm angesprochen; Sie haben ferner gesagt, daß Sie auch in dem künftigen Programm, das Sie ja offensichtlich immer noch nicht fertig bekommen, weshalb Sie Ihren Parteitag verschieben mußten, eine klare Aussage zur Bundeswehr machen. Wenn Sie aber dann im selben Atemzug davon sprechen, daß der Bundesverteidigungsminister Gerhard Stoltenberg auf die Hardthöhe strafversetzt worden sei, dann ist das ein Schlag ins Gesicht der Bundeswehr.
Es kann keine Strafe sein, Chef der Hardthöhe zu sein.
Sie machen es heute so und morgen so.
Ihr Parteivorsitzender kalkuliert in seinen Sonntagsreden zwar ein, daß Soldaten und ihre Familien auch Wähler sind. Tatsächlich aber handeln sozialdemokratische Politiker gegen die Bundeswehr.
— Brigitte Traupe, lachen Sie nicht. Ich nenne ein paar Beispiele. In meinem Heimatland Schleswig-Holstein verbietet die SPD z. B. den Soldaten, sich an Stadtjubiläen zu beteiligen. Ein SPD-Vizelandtagspräsident führt Sitzblockaden vor Kasernentoren an, und die SPD-Landtagspräsidentin weigert sich, einer guten Tradition folgend ausländische Offiziere, die
ihren Lehrgang an der Führungsakademie abgeschlossen haben, zu empfangen.
Schließlich, meine Damen, meine Herren, stellen SPD-Bürgermeister in Rathäusern, in öffentlichen Gebäuden also, Räume für links-extremistische Vereinigungen wie die Deutsche Friedensgesellschaft — Vereinigte Kriegsgegner zur Verfügung, damit diese mit den Jusos gemeinsam Beratungen für Kriegsdienstverweigerer durchführen können. Dies erfolgt genau nach dem Schema und nach der Broschüre, womit IG Metall-Jugend und Deutsche Friedensgesellschaft zu massenhafter, hunderttausendfacher Kriegsdienstverweigerung aufgerufen haben.
Doch leider — das haben wir auch heute hier wieder gehört — ist die SPD Schleswig-Holstein kein Einzelfall. Denn schließlich hat ja die SPD auf ihrem Bundesparteitag folgendes — so der Wortlaut — beschlossen:
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands spricht sich gegen eine weitere Durchführung öffentlicher Gelöbnisse der Bundeswehr aus.
Ich frage: Wo bleibt hier das im Grundgesetz verankerte Recht auf Demonstrations- und Versammlungsfreiheit?
Nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch die SPD macht die Soldaten der Bundeswehr zu Menschen zweiter Klasse. Sie läßt zu, daß Bürger in Uniform und ihre Angehörigen von Mitbürgern gemieden, beschimpft und terrorisiert werden, und momentan ganz besonders die Jet-Piloten der Luftwaffe.
Machen wir uns endlich bewußt: Die Soldaten der Bundeswehr erfüllen ihre Pflicht, die das Grundgesetz und wir Politiker ihnen auferlegt haben, auch Sie, meine Damen und Herren von der SPD.
Danken wir den jungen Männern, die trotz der Droge Zeitgeist den unbequemen Wehrdienst ableisten, und bekennen wir uns zu unserer Bundeswehr. Denn sie hat wesentlich dazu beigetragen, daß wir in der längsten Friedensphase leben, die es je gab. Trotz aller Abrüstungsbemühungen, meine Damen und Herren, können und werden wir auch in Zukunft auf die Bundeswehr nicht verzichten. Denn Frieden und Freiheit gibt es nicht zum Nulltarif.
Die Soldaten der Bundeswehr garantieren durch ihren Dienst den Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und den Schutz der Menschenwürde. Sie garantieren damit auch den Schutz freier Gewerkschaften, auch den der IG Metall und der IG Medien, den Schutz einer freien Presse, freier Kirchen und Jugendverbände und — auch dies wollen wir nicht vergessen — das Recht auf Demonstration und Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen.
10228 Deutscher Bundestag — 11. ahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. April 1989
Frau Roitzsch
Ich rufe deshalb alle Demokraten zu massenhaftem, hunderttausendfachem Bekenntnis zu unseren Soldaten in der Bundeswehr auf. Denn unser erster Bundespräsident, Theodor Heuss, hat bereits in den fünfziger Jahren gesagt: „Die Bundeswehr ist das legitime Kind der Demokratie. " — Ich danke Ihnen.