Rede von
Uwe
Ronneburger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verfasser des genannten Aufrufs scheinen vergessen zu haben, was der Deutsche Gewerkschaftsbund im Jahre 1981 gemeinsam mit der Bundeswehr veröffentlicht hat. Ich zitiere aus diesem Beschluß nur einen einzigen kurzen Absatz. Er lautet:
Die allgemeine Wehrpflicht schafft daher einen dauernden lebendigen Austausch zwischen dem Volk und seinen Soldaten. Das gemeinsame Bekenntnis zur Verteidigung macht den Willen zur Erhaltung der Freiheit des einzelnen und des Staates deutlich.
Ich kann an dieser Stelle allen denjenigen, die heute etwas anderes sagen — aus einigen Industriegewerkschaften und aus dem Bereich der Kriegsdienstgegner und Friedensgruppen — , nur bitten, noch einmal nachzulesen, was hier in längeren Ausführungen steht und was im Grunde genommen keines Kommentars bedarf.
Für mich und für meine Freunde in meiner Fraktion gab es drei entscheidende Gründe dafür, zu diesem Thema eine Aktuelle Stunde zu beantragen.
Der erste Grund ist folgender: Diejenigen, die sich bisher für den Wehrdienst, für den Dienst innerhalb der Bundeswehr, entschieden haben, haben ihren Teil dazu beigetragen, daß der Friede für unser Land erhalten worden ist. Sie haben damit gleichzeitig einen Dienst dafür geleistet, daß in unserem Land eine freiheitliche Ordnung aufrechterhalten werden konnte, die u. a. das Recht zur Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen beinhaltet.
Der zweite Grund ist der: Übersehen eigentlich diejenigen, die diesen Aufruf verfaßt und veröffentlicht haben, völlig, was auf anderen Gebieten geschieht, was durch die Bundeswehr, was durch Soldaten in aller Welt an Hilfeleistung geschieht? In einer plattplakativen Alternative wird hier schlicht und einfach „Die eine Zukunft" mit falschen Behauptungen als Zerrbild vom furchterregenden Waffen- und Heerlager Bundesrepublik in Kriegsvorbereitung gezeichnet, „Die andere Zukunft" in einem Bild der heilen Welt: „Unser Land frei von Militär" durch Kriegsdienstverweigerung.
Hier geschieht etwas, was nicht respektiert und was nicht im Bewußtsein behält, welche Hilfeleistungen Soldaten in der Welt erbringen. „Soldaten sind Täter" heißt es da vielmehr ganz im Sinne des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt. Kein Wort, meine Damen und Herren, von den Soldaten, die 1948 in Palästina, 1949 in Indien und Pakistan ihre friedenserhaltende Pflicht getan haben. Ich will dies alles zwar nicht wiederholen, sage aber: Ja, diese Soldaten sind
Täter, eingesetzt, um Leben zu erhalten, indem sie Kampfhandlungen unterbinden.
Und wer spricht eigentlich von den Soldaten der Bundeswehr, die sich in anderen Regionen der Welt in Hilfseinsätzen gegen die Not in der Welt wenden?
Aber das, was mich vor allen Dingen bewegt, Frau Kollegin, ist, daß wir hier in den Bereich der ethischen Grundlagen unseres Staates geraten. Das Grundgesetz — niemand bestreitet dies — gibt die Möglichkeit, den Kriegsdienst aus Gewissensgründen zu verweigern. Niemand hat dagegen Bedenken erhoben. Aber ich sage hier: Die Entscheidung derjenigen, die sich für den Dienst in der Bundeswehr entscheiden, ist nicht weniger eine Gewissensentscheidung als die Entscheidung derjenigen, die sich für den zivilen Ersatzdienst entschieden haben.
Und ich sage hier weiter: Gewissen ist keine Massenware , Gewissensentscheidung ist zutiefst persönlich. Wer glaubt, mit einem Aufruf zur „massenhaften Kriegsdienstverweigerung" den Schritt in eine richtige Zukunft tun zu können, der, meine Damen und Herren, stellt in Frage, was Grundlage unseres freiheitlichen Rechtsstaates ist.
Ich wehre mich gegen eine pauschale Beeinflussung von Gewissen. Ich bin dafür, daß jeder in diesem Staat seine Gewissensentscheidung nach seinem persönlichen Gewissen treffen kann.
Deswegen wehren wir uns gegen diesen Aufruf.
Meine Fraktion und meine Freunde stellen sich an die Seite derjenigen, die in der Vergangenheit das Gelöbnis abgelegt haben, treu zu dienen und tapfer zu verteidigen, an die Seite auch derjenigen, die das in Zukunft tun werden. Ich hoffe, daß wir unsere gemeinsame Politik auf dem Weg in eine friedliche Zukunft so besser sichern können als mit einer pauschalen Verunglimpfung derjenigen, die einen Dienst für unser Volk und seinen Staat leisten.