Rede:
ID1113710200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. die: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Frau: 1
    7. Nickels.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/137 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 137. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 20. April 1989 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer der Katastrophe im Fußballstadion von Sheffield 10049 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Frau Garbe, Koschnick und Urbaniak 10049 B Verzicht der Abg. Frau Krieger auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag . . . 10049 C Eintritt des Abg. Such in den Deutschen Bundestag 10049 C Wahl des Abg. Dr. Wulff als Mitglied und des Abg. Schmitz (Baesweiler) als Stellvertreter in die Parlamentarische Versammlung des Europarates 10049 D Nachträgliche Überweisung eines Gesetzentwurfes an den Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit 10049 D Erweiterung der Tagesordnung 10049 D Absetzung des Punktes 16 — Datenverarbeitung und Datenschutz — von der Tagesordnung 10050 A Verfahrensanträge des Abg. Wüppesahl . 10050 A Zur Geschäftsordnung Wüppesahl fraktionslos 10050 C Jahn (Marburg) SPD 10051 A Tagesordnungspunkt 3: Überweisungen im vereinfachten Verf ah-ren a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Klein (Dieburg), Frau Dr. DäublerGmelin, Bachmaier, Dr. Pick, Schmidt (München), Schütz, Singer, Stiegler, Wiefelspütz, Dr. de With, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Harmonisierung des Asylverfahrens mit dem Auslieferungsverfahren (Drucksache 11/741) b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik zur Beratenden Versammlung des Europarates (Drucksache 11/4182) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Bundes-Apothekerordnung (Drucksache 11/4231) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesberggesetzes (Drucksache 11/4015) 10051 B Tagesordnungspunkt 4: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost (Poststrukturgesetz) (Drucksachen 11/2854, 11/4316, 11/4365) Pfeffermann CDU/CSU 10052 A Börnsen (Ritterhude) SPD 10055 B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. April 1989 Wüppesahl fraktionslos (zur GO) 10059A, 10073 D Funke FDP 10059 D Dr. Briefs GRÜNE 10063C, 10079 B Linsmeier CDU/CSU 10065 D Paterna SPD 10067 B Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 10070 D Such GRÜNE 10072 C Wüppesahl fraktionslos 10074 D Hörster CDU/CSU 10076 A Bernrath SPD 10078 A Walther SPD 10080 B Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 10082 A Namentliche Abstimmung 10086 D Ergebnis 10089B Tagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Mißbilligung von Äußerungen des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesinnenministerium, Carl-Dieter Spranger, gegenüber Vertretern der Kirchen und Wohlfahrtsverbände in der Asyldiskussion (Drucksache 11/4204) Bernrath SPD 10087 B Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . . 10091 A Dr. Laufs CDU/CSU 10091B Meneses Vogl GRÜNE 10093 B Dr. Hirsch FDP 10094 D Fellner CDU/CSU 10095 C Lüder FDP 10096 D Tagesordnungspunkt 6: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dein Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf sowie zur Anderung des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) (Drucksa chen 11/3076, 11/4332) 10097 D Tagesordnungspunkt 11: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll Nr. 8 vom 19. März 1985 zur Anderung der Konvention vorn 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Drucksachen 11/2674, 11/3881) . . . 10098A Tagesordnungspunkt 7: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Schmidt-Bott, Ebermann und der Fraktion DIE GRÜNEN: Sofortiges Moratorium für die Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (Drucksachen 11/695, 11/4031) Wüppesahl fraktionslos (zur GO) . . . 10098 C Frau Weyel SPD (zur GO) 10099 B Frau Schmidt (Hamburg) GRÜNE . . . 10099 C Seesing CDU/CSU 10100 D Catenhusen SPD 10101 C Kohn FDP 10102B Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 10103 B Wüppesahl fraktionslos (Erklärung nach § 31 GO) 10104 A Tagesordnungspunkt 8: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht zur Beurteilung des strafrechtlichen Sanktionensystems (Drucksachen 10/5828, 11/2597) Dr. de With SPD 10105 C Seesing CDU/CSU 10107 A Frau Nickels GRÜNE 10107 D Irmer FDP 10109 C Wüppesahl fraktionslos 10110 D Engelhard, Bundesminister BMJ 10111D Tagesordnungspunkt 9: a) Zweite und dritte Beratung des vorn Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuches — Eindämmung der Spielhallenflut und sonstiger städtebaulich nicht vertretbarer Nutzungen (Drucksache 11/3952) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksache 11/4244) b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Verhülsdonk, Dr.-Ing. Kansy, Dr. Hornhues, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Grünbeck, Lüder, Dr. Hitschler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Verhinderung von negativen städtebaulichen Auswirkungen von Spielhallen und Änderung der umsatzsteuerlichen Behandlung von Geldspielgeräten (Drucksachen 11/3999, 11/4244) Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. April 1989 III c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Westphal, Amling, Dr. Ahrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Eindämmung der Spielhallenflut (Drucksachen 11/586, 11/4217) d) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Teubner und der Fraktion DIE GRÜNEN: Maßnahmen gegen die Spielhallenflut (Drucksachen 11/1679, 11/4218) Frau Verhülsdonk CDU/CSU 10113 B Reschke SPD 10114B, 10121B Lüder FDP 10117A Frau Teubner GRÜNE 10119 A Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 10120 B Dörflinger CDU/CSU 10122A Wüppesahl fraktionslos 10123 A Dr. von Wartenberg, Parl. Staatssekretär BMWi 10123D Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 103, 104 und 105 zu Petitionen (Drucksachen 11/4137 (neu), 11/4138, 11/4139) Dr. Pfennig CDU/CSU 10126A Peter (Kassel) SPD 10127 B Frau Dr. Segall FDP 10128 B Frau Nickels GRÜNE 10129 D Haungs CDU/CSU 10130D Reuter SPD 10131 C Frau Garbe GRÜNE 10133 A Dr. Göhner CDU/CSU 10134 C Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Vollmer, Frau Olms und der Fraktion DIE GRÜNEN: Übernahme des Berliner Document Centers für NS-Akten durch die Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen 11/1926, 11/4032) Frau Dr. Vollmer GRÜNE 10136B Neumann (Bremen) CDU/CSU 10137 B Frau Hämmerle SPD 10138 B Lüder FDP 10139 A Conradi SPD (Erklärung nach § 31 GO) . 10140A Wüppesahl fraktionslos (zur GO) . . . . 10140 B Zusatztagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zur Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf Schäfer (Offenburg) SPD 10141 C Schmidbauer CDU/CSU 10142 C Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 10143C, 10148D Beckmann FDP 10144 C Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 10145 C Vosen SPD 10147 B Gerstein CDU/CSU 10148A Rind FDP 10149B Dr. Schöfberger SPD 10150 B Harries CDU/CSU 10151A Jung (Düsseldorf) SPD 10152 A Maaß CDU/CSU 10152 D Wüppesahl fraktionslos 10153 D Fellner CDU/CSU 10154 D Tagesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Anderung des Steuerberatungsgesetzes (Drucksachen 11/3915, 11/4358) Frau Will-Feld CDU/CSU 10155 D Opel SPD 10157 C Rind FDP 10159D Hüser GRÜNE 10161A Dr. Voss, Parl. Staatssekretär BMF . . . 10161 C Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrags der Abgeordneten Weiss (München), Frau Rock und der Fraktion DIE GRÜNEN: TransrapidReferenzstrecke Hannover—Hamburg (Drucksache 11/3692) Wüppesahl fraktionslos (zur GO) . . . . 10162D Weiss (München) GRÜNE 10164 A Bohlsen CDU/CSU 10165A Ewen SPD 10166A Gries FDP 10166 D Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock und der Fraktion DIE GRÜNEN: Aufnahme von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit im Innerortsbereich in die Straßenverkehrs-Ordnung (Drucksache 11/2717) Wüppesahl fraktionslos (zur GO) . . . 10168A Frau Rock GRÜNE 10168 D Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 10169 C Pauli SPD 10170 D IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. April 1989 Gries FDP 10171 C Wüppesahl fraktionslos 10172 B Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung von Rundfunkanstalten des Bundesrechts (Drucksache 11/4152) Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . . . 10173A Dr. Nöbel SPD 10173 D Weirich CDU/CSU 10175 C Dr. Briefs GRÜNE 10176 C Dr. Hirsch FDP 10177 D Kühbacher SPD 10179B Reddemann CDU/CSU 10180 B Nächste Sitzung 10181 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10183* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. April 1989 10049 137. Sitzung Bonn, den 20. April 1989 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Amling SPD 21.04.89 Austermann CDU/CSU 20.04.89 Dr. Biedenkopf CDU/CSU 21. 04. 89 Böhm (Melsungen) CDU/CSU 21. 04. 89* Clemens CDU/CSU 21.04.89 Egert SPD 21.04.89 Eimer (Fürth) FDP 21. 04. 89 Gattermann FDP 21.04.89 Dr. Glotz SPD 21. 04. 89 Dr. Hauff SPD 21. 04. 89 Dr. Haussmann FDP 20. 04. 89 Heimann SPD 21.04.89 Dr. Holtz SPD 21. 04. 89* Frau Hürland-Büning CDU/CSU 20. 04. 89 Ibrügger SPD 20.04.89 Kleinert (Marburg) GRÜNE 21. 04. 89 Dr. Kohl CDU/CSU 20. 04. 89 Kolbow SPD 21.04.89 Dr. Langner CDU/CSU 21. 04. 89 Frau Luuk SPD 21. 04. 89* Abgeordneter) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 21. 04. 89 Meyer SPD 21.04.89 Mischnick FDP 21.04.89 Dr. Mitzscherling SPD 21. 04. 89 Möllemann FDP 20.04.89 Oesinghaus SPD 21.04.89 Paintner FPD 21.04.89 Poß SPD 20.04.89 Roth SPD 21.04.89 Schmidt (München) SPD 20. 04. 89* Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 20. 04. 89 Dr. Stavenhagen CDU/CSU 20. 04. 89 Stiegler SPD 21.04.89 Stobbe SPD 21.04.89 Dr. Stoltenberg CDU/CSU 20. 04. 89 Dr. Struck SPD 21. 04. 89 Dr. Warnke CDU/CSU 20. 04. 89 Weisskirchen (Wiesloch) SPD 21. 04. 89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 20. 04. 89 Würtz SPD 21.04.89 *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinrich Seesing


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir dürfen davon ausgehen, daß sich das bestehende Sanktionensystem des Strafgesetzbuches und der Strafprozeßordnung bewährt hat. Dennoch muß man sich immer wieder fragen, ob es neue Voraussetzungen oder auch neue Gedanken gibt, die das Sanktionensystem in Frage stellen und neue Entwicklungen erforderlich machen.
    Die wichtigste Frage ist für mich immer die Frage nach dem Sinn der Strafe und dem Zweck des Strafrechts. Wenn heute in Teilen des politischen Spektrums laut über eine Änderung oder gar eine Einstellung des Strafvollzugs nachgedacht wird, so geschieht das wohl meist von der Ansicht her, daß die Gesellschaft nicht das Recht habe, die durch diese Gesellschaft irregeleiteten Menschen — das müßte man in Anführungszeichen sagen — z. B. einzusperren.
    Ich habe eine andere Auffassung dazu. Es gibt vielerlei Gründe, warum Menschen straffällig werden. Sie liegen oft im einzelnen Menschen begründet; sie liegen oft auch im Umfeld des Straftäters. Sie können aber auch in der Änderung, sprich: Aufweichung von ethischen und rechtlichen Grundsätzen begründet sein. Das Reden etwa von „Gewalt gegen Sachen", von „Keine Gewalt gegen Menschen" oder von anderen zurechtgefeilten Phrasen zeigt solche Aufweichungen auf. Auch der schon einmal von den Landesministern geforderte Verzicht auf Verfolgung von Ladendiebstählen bis zu Werten von 100 DM kann ja wohl nicht zu einer Rechtsverbesserung beitragen. Ich wage auch zu bezweifeln, daß der labile Täter durch solche Verschonung auf den rechten Weg gebracht wird.
    Ob nun das Strafensystem den möglichen Täter von Straftaten abhält, ist natürlich ebenfalls zweifelhaft.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Richtig!)

    Erst die Tatsache, daß ein Täter mit seiner Verfolgung und Überführung rechnen muß, kann eine abschrekkende Leistung des Sanktionensystems darstellen. Mich würde allerdings sehr interessieren, ob es neue Erkenntnisse der Wissenschaft zur Generalprävention der Strafe gibt.
    Strafen haben aber nach meiner Auffassung nicht nur die Aufgabe der Abschreckung. Wichtiger wäre hier die tagtägliche Verkündigung eines Wertesystems, das vielen Menschen abhanden gekommen ist und das auch wir, wenn ich meine Beobachtungen zusammenfassen darf, oft auch aus parteipolitischen oder ideologischen Gründen in Frage stellen. Einmal lehnen wir es ab, einmal stimmen wir ihm zu, je nachdem, welchen politischen Erfolg wir uns davon versprechen. Ich stelle solche Tendenzen auch bei mir fest, was natürlich nicht gut ist. Ich will versuchen, das wieder zu ändern.
    Strafen haben aber auch den Inhalt, eine Schuld wieder abzutragen, die Schuld einer Tat, durch die der Täter einzelne Menschen, eine Familie, vielleicht auch die ganze menschliche Gesellschaft getroffen hat. Ich möchte davor warnen, diesen Inhalt der Strafe als gering anzusehen.
    Schließlich sollte für manche Täter, vielleicht sogar für viele, die Strafe ein Weg, eine Hilfe sein, neue Ansätze für ein Leben ohne Straftaten zu finden. Damit bin ich weit davon entfernt, in eine Resozialisierungseuphorie zu fallen. Es kommt halt auf die Form der Strafe und die Qualität des Strafvollzugs an.
    Wir haben uns zu Recht daran gewöhnt, meine Damen und Herren, daß es unterschiedliche Strafen für unterschiedliche Vergehen und Verbrechen gibt. Wir haben uns aber, glaube ich, immer noch nicht daran gewöhnt, daß z. B. eine Autofahrt auf einer Landstraße mit Tempo 150 statt der höchstens erlaubten 100 km in der Stunde zum Mord wird, wenn der Fahrer einen anderen Menschen dabei tötet. Ich glaube, wir müssen auch anerkennen, daß viele Vergehen und Verbrechen nicht von einäugigen, unrasierten Gammlern, sondern von vorzüglich gekleideten Damen und Herren der sogenannten Gesellschaft begangen werden.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Davon sitzen aber nicht so viele, muß man sagen!)

    Es ist durchaus zu erwägen, mit welchen Strafen man solchen Tätern begegnen soll. Ich könnte mir denken, daß z. B. viele Umweltstörer und Umweltzerstörer in ihrem Handeln vorsichtiger werden, wenn sie statt einer geringen Ordnungsstrafe plötzlich vor der Gefahr stehen, in einer Justizvollzugsanstalt einsitzen zu müssen.
    Ich sage es also nochmals: Wir brauchen die volle Breite des Sanktionensystems. Wir wollen es, wenn nötig, mit den Ländern gemeinsam sehr vorsichtig weiterentwickeln. Deswegen unterstützen CDU und CSU auch den Beschlußvorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Nickels.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Christa Nickels


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Lieber Herr Präsident Westphal! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über den Bericht zur Beurteilung des strafrechtlichen Sanktionensystems. Der Ausdruck ist ja häufig gefallen. Aber worüber reden wir denn eigentlich wirklich? Über ein abstraktes System? Tatsächlich — ich habe mal die Zahlen herausgesucht — reden wir über die 700 000 Männer und Frauen, die jedes Jahr in der Bundesrepublik strafrechtlich verurteilt werden, und über die 120 000 von den 700 000, die mit Gefängnisstrafen belegt werden, glücklicherweise oft in Verbindung mit Bewährung. Es geht also nicht nur um ein abstraktes System und auch nicht um die „nur" 50 000 Personen, die in den 169 Gefängnissen am Stichtag ihre Strafe verbüßen, sondern auch um die fast 90 000 Gefangenen, die jedes Jahr in die Gefängnisse aufgenommen bzw. mit einer noch schlechteren Chance aus ihnen herausgelassen werden, und es geht nicht zuletzt um eine Vielzahl von Angehörigen, denen oft zusätzlich die materielle Grundlage für eine gesicherte Lebensführung entzogen wird. Diese Seite der Medaille darf man nicht vergessen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die Opfer auch nicht!)

    — Das stimmt; das ist auch wahr.



    Frau Nickels
    An dieser Realität geht die Beschlußempfehlung des Ausschusses völlig vorbei, auch an dem Gedanken der Wiedergutmachung, die Täter bei vielen Bagatelldelikten leisten könnten, wenn sie nicht eingesperrt würden.
    Selbstverständlich sind auch die GRÜNEN für eine Einschränkung der Vorschriften über die Unterbringung in psychiatrischen Anstalten und Entziehungsanstalten, ebenso für Vorschläge zur wirksamen Abschöpfung rechtswidrig erlangter Gewinne, besonders auch im Umweltstrafrecht. Deswegen haben wir im Ausschuß auch vier der vorgeschlagenen Punkte zugestimmt.
    Aber schon bei Punkt 5, nämlich der Forderung, daß die Länder beschleunigt notwendige Einrichtungen für den offenen Vollzug schaffen — Herr de With, damit gehe ich auf ein Argument von Ihnen ein — , zeigt sich das schüchterne Herumdoktern an äußeren Symptomen, ohne auf den Kern einzugehen. Die Länder sind nach § 201 Strafvollzugsgesetz schon seit mehr als zehn Jahren gehalten, Einrichtungen für den offenen Vollzug bereitzustellen. Das war eine Übergangsvorschrift. Heute, zwölf Jahre später, ist ihr immer noch nicht Rechnung getragen worden.

    (Dr. de With [SPD]: Ohne den Bundesrat geht es nicht!)

    — Das wissen wir. Es geht doch nicht, daß wir in den Bericht schreiben, hier müßte weiterhin darauf „hingewirkt" werden, sondern man muß sich einen sanften Zwang überlegen. Da ist der Bundesgesetzgeber, den wir darstellen, gefordert. Dann muß man entweder das Strafvollzugsgesetz so ändern, daß die Ausnahmevorschrift in § 201 endlich wegfällt und der offene Vollzug nun die wirkliche Regelvollzugsform wird, wie in § 10 vorgesehen, oder auch, wie damals im Regierungsentwurf vorgesehen, aus § 10 statt einer Kann- eine Muß-Vorschrift wird. Sonst ist es das Papier nicht wert, auf dem Sie das geschrieben haben, Herr de With.

    (Dr. de With [SPD]: Denken Sie an den Bundesrat!)

    — Wir sind hier nicht der Bundesrat, wir sind der Bundestag. Wenn wir das wollen, dann schreiben wir es bitte schön hinein. Da kann man sich nicht herausmogeln, sonst ist es das Papier nicht wert, auf dem es steht. Es tut mir leid, es ist aber einfach so.

    (Lambinus [SPD]: Die schicken es doch zurück!)

    — Das ist aber wenigstens ehrlich. Entweder will ich es, oder ich will es nicht. Dann muß der Bundesrat sich dazu äußern, Aber eine verschwiemelte Übergangsvorschrift über zehn Jahre nützt den Gefangenen nichts. Das ist unehrlich.