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ID1113503900

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    Plenarprotokoll 11/135 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 135. Sitzung Bonn, Freitag, den 17. März 1989 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 12: Aktuelle Stunde betr. politische Reaktion auf den Hungerstreik von Gefangenen aus der Rote-Armee-Fraktion und anderen Frau Dr. Vollmer GRÜNE 9961 B Dr. Laufs CDU/CSU 9962 B Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 9963 A Wolfgramm (Göttingen) FDP 9963 D Engelhard, Bundesminister BMJ 9963 D Dr. Schmude SPD 9964 B Seesing CDU/CSU 9965 B Dr. Penner SPD 9965 D Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 9966 C Frau Nickels GRÜNE 9967 D Geis CDU/CSU 9968 B Wüppesahl fraktionslos (zur GO) . . . 9969 A Wüppesahl fraktionslos 9969 D Dr. de With SPD 9970 C Eylmann CDU/CSU 9971 B Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Die Lage auf dem Arbeitsmarkt (Drucksache 11/2375) Schreiner SPD 9972 C Frau Hasselfeldt CDU/CSU 9975 C Frau Frieß GRÜNE 9977 C Heinrich FDP 9979 B Heyenn SPD 9982 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 9985 C Vennegerts GRÜNE 9989 B Doss CDU/CSU 9990 C Dr. Ehrenberg SPD 9992 C Scharrenbroich CDU/CSU 9994 B Dr. von Wartenberg, Parl. Staatssekretär, BMWi 9996 C Vizepräsident Cronenberg 9994 B Nächste Sitzung 9997 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 9999* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 9999* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1989 9961 135. Sitzung Bonn, den 17. März 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Adler SPD 17.03.89 Dr. Ahrens SPD 17.03.89 * Dr. Apel SPD 17.03.89 Austermann CDU/CSU 17.03.89 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 17.03.89 Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 17.03.89 Böhm (Melsungen) CDU/CSU 17.03.89 * * Dr. Briefs GRÜNE 17.03.89 Frau Conrad SPD 17.03.89 Diller SPD 17.03.89 Dreßler SPD 17.03.89 Egert SPD 17.03.89 Frau Eid GRÜNE 17.03.89 *** Gansel SPD 17.03.89 Gattermann FDP 17.03.89 Dr. Gautier SPD 17.03.89 Frau Geiger CDU/CSU 17.03.89 *** Genscher FDP 17.03.89 Glos CDU/CSU 17.03.89 Dr. Glotz SPD 17.03.89 Dr. Götz CDU/CSU 17.03.89 Dr. Hauff SPD 17.03.89 Haungs CDU/CSU 17.03.89 Hauser (Esslingen) CDU/CSU 17.03.89 Dr. Haussmann FDP 17.03.89 Häfner GRÜNE 17.03.89 Frau Hämmerle SPD 17.03.89 Heimann SPD 17.03.89 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 17.03.89 Dr. Holtz SPD 17.03.89 *** Hoss GRÜNE 17.03.89 Ibrügger SPD 17.03.89 Irmer FDP 17.03.89 *** Jung (Düsseldorf) SPD 17.03.89 Kirschner SPD 17.03.89 Kittelmann CDU/CSU 17.03.89 ** Klein (Dieburg) SPD 17.03.89 Klein (München) CDU/CSU 17.03.89 Dr. Kohl CDU/CSU 17.03.89 Koltzsch SPD 17.03.89 Koschnick SPD 17.03.89 Kroll-Schlüter CDU/CSU 17.03.89 Lambinus SPD 17.03.89 Lutz SPD 17.03.89 Frau Luuk SPD 17.03.89 * Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 17.03.89 Meneses Vogl GRÜNE 17.03.89 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 17.03.89 Meyer SPD 17.03.89 Mischnick FDP 17.03.89 Dr. Mitzscherling SPD 17.03.89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Müller CDU/CSU 17.03.89 * Peter (Kassel) SPD 17.03.89 Dr. Pinger CDU/CSU 17.03.89 Reddemann CDU/CSU 17.03.89 * Repnik CDU/CSU 17.03.89 *** Reuschenbach SPD 17.03.89 Frau Roitzsch CDU/CSU 17.03.89 (Quickborn) Schmidt (Salzgitter) SPD 17.03.89 *** Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 17.03.89 Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 17.03.89 Frhr. von Schorlemer CDU/CSU 17.03.89*** Schütz SPD 17.03.89 Dr. Sperling SPD 17.03.89 Dr. Stercken CDU/CSU 17.03.89 *** Stratmann GRÜNE 17.03.89 Frau Terborg SPD 17.03.89 Tillmann CDU/CSU 17.03.89 Timm FDP 17.03.89 Frau Dr. Timm SPD 17.03.89*** Dr. Unland CDU/CSU 17.03.89 * Voigt (Frankfurt) SPD 17.03.89 Vosen SPD 17.03.89 Dr. Warnke CDU/CSU 17.03.89 Wartenberg (Berlin) SPD 17.03.89 Frau Dr. Wilms CDU/CSU 17.03.89 Wissmann CDU/CSU 17.03.89 Würtz SPD 17.03.89 Würzbach CDU/CSU 17.03.89 Zeitler SPD 17.03.89 Dr. Zimmermann CDU/CSU 17.03.89 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 10. März 1989 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen: Gesetz zu dem Protokoll vom 26. November 1976 zum Abkommen vom 22. November 1950 über die Einfuhr von Gegenständen erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters Gesetz zu dem Übereinkommen vom 18. Oktober 1969 zur Errichtung der Karibischen Entwicklungsbank Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/2013 Drucksache 11/3088 Drucksache 11/3127 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/3995 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/2153 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/1993 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/2099 10000* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1989 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 10/3909 Nr. 2 Drucksache 11/2580 Nr. 11 Drucksache 11/3021 Nr. 2.4 Drucksache 11/3636 Nr. 2.2 Drucksache 11/3882 Nr. 3.10, 3.28 Drucksache 11/4019 Nr. 2.4-2.9, 2.11-2.17 Drucksache 11/4081 Nr. 2.6 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/3558 Nr. 3.39 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/839 Nr. 3 Drucksache 11/2899 Nr. 3.32
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gerda Hasselfeldt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag gibt uns in der Tat Gelegenheit, einige Fakten über die tatsächliche wirtschaftliche Situation in unserem Land und auch über die Arbeitsmarktpolitik und die Arbeitsmarktentwicklung darzustellen.
    Ich denke, Herr Schreiner, es wäre besser, wenn wir uns alle miteinander in dieser so wichtigen Frage nicht mit Schlagworten und Polemik oder gar mit Schwarzmalerei, sondern mit den Tatsachen auseinandersetzten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Unsere Wirtschaft ist in hervorragender Verfassung in das nunmehr siebte Jahr des Aufschwungs gestartet.

    (Zuruf von der SPD: Was hat das den Arbeitslosen geholfen?)

    Entgegen Ihren Vorhersagen noch im vergangenen Jahr, daß 2 bis 3 % wirtschaftliches Wachstum unerreichbar und völlig utopisch seien, haben wir im vergangenen Jahr ein Wachstum von 3,4 % erreicht

    (Zuruf von der SPD: Aber die Arbeitslosigkeit hat auch zugenommen! Das hatten Sie vorher selbst nicht geglaubt!)

    und damit den höchsten Zuwachs seit 1979.
    In so einer Situation, meine Damen und Herren, reden Sie z. B. in Ihrem Antrag davon, daß die wirtschaftliche Lage labil sei und daß wir uns in einer Stagnationsphase befänden.

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Reden Sie doch einmal über die Arbeitslosigkeit!)

    Ich frage mich: Können oder wollen Sie denn die objektiv vorhandenen Fakten nicht sehen, oder sind Sie vielleicht einfach nicht in der Lage, aktuelle Tendenzen zu erkennen und auch die Konjunkturentwicklungen richtig einzuschätzen? Diese gute wirtschaftliche Entwicklung hat sich auch positiv auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich werde dies im folgenden auch darlegen: Seit dem Herbst vergangenen Jahres geht die Zahl der Arbeitslosen im Vorjahresvergleich ständig zurück. Die Arbeitslosenquote ist derzeit auf dem niedrigsten Stand seit 1982.

    (Zuruf der Abg. Frau Teubner [GRÜNE])

    — Verfolgen Sie doch einmal die Zahlen, Frau Kollegin. — Falls Sie es vergessen haben sollten: In den letzten Jahren der SPD-geführten Bundesregierung, nämlich von 1980 bis 1982, hat sich die Arbeitslosenzahl nicht etwa nach unten, sondern nach oben bewegt,

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Aber sie lag immer unter 2 Millionen, nie darüber!)

    und zwar in einer ganz rasanten Entwicklung, nämlich um über eine Million. Auch der Anstieg der Zahl



    Frau Hasselfeldt
    der offenen Stellen setzt sich kontinuierlich fort; im Februar 1989 gab es 24 % mehr offene Stellen als im Februar 1988. Noch interessanter ist die Entwicklung der Zahl der Beschäftigten. Seit dem Tiefpunkt der Beschäftigungsentwicklung vom Herbst 1983 ist die Zahl der Beschäftigten bis heute um fast eine Million gestiegen. Das sind die Anzeichen, das sind die Fakten auf unserem Arbeitsmarkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Ehrenberg [SPD]: Es sind immer noch weniger als 1980! — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Ich möchte gar nicht im Detail darauf hinweisen, wie das während Ihrer Regierungszeit war. Sie haben nämlich Tausende von Arbeitsplätzen verspielt; man kann Ihnen das genau nachweisen. Zahlen sprechen hier mehr als Worte.

    (Reimann [SPD]: „Eine Million Arbeitslose weniger" hieß die Parole!)

    Heute spielen Sie sich als diejenigen auf, die ein Patentrezept für zunehmende Beschäftigung haben.
    Meine Damen und Herren, mit Schwarzmalerei, mit Schlagworten läßt sich langfristig keine Politik machen und läßt sich auch die Situation der Betroffenen nicht verbessern.

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Dann machen Sie doch mal die richtige Politik!)

    Ich denke, wir sollten die Diskussion an einem sachgerechten Problemaufriß und den sich daraus ergebenden Maßnahmen aufhängen.
    Wo liegen nun die Probleme? Die Arbeitsvermittlung ist am schwierigsten bei ungelernten Arbeitslosen, bei denen, deren Qualifikation am Arbeitsmarkt nicht gefragt ist,

    (Heyenn [SPD]: Deswegen wird Qualifizierung abgebaut!)

    sowie bei denjenigen, die gesundheitliche oder andere Einschränkungen haben. Deshalb war und ist neben einer vernünftigen Wirtschafts- und Finanzpolitik unsere Arbeitsmarktpolitik darauf ausgerichtet,

    (Frau Steinhauer [SPD]: Das besondere Problem der Frauen haben Sie vergessen!)

    den sozialen Schutz einerseits und die Eingliederungsmöglichkeiten der Betroffenen andererseits zu verbessern. Deshalb haben wir auch die Voraussetzungen für die Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld verbessert

    (Reimann [SPD]: Neunte AFG-Novelle!)

    und das für Fortbildung und Umschulung zur Verfügung stehende Geld stärker als bisher auf die Arbeitslosen konzentriert. Heute verlangen Sie noch mehr Mittel für Qualifizierungsmaßnahmen, noch mehr Mittel für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und ähnliches. Vergleichen Sie doch einmal das, was Sie für diese Maßnahmen, für die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen während Ihrer Regierungszeit ausgegeben haben in einer ähnlichen wirtschaftlichen und
    Arbeitsmarktsituation, mit dem, was wir heute ausgeben!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Im Arbeitsbeschaffungsbereich waren beispielsweise 1982 unter 30 000, 1988 und sogar noch in diesem Jahr über 100 000 Arbeitnehmer bei Fortbildung. Bei Umschulung haben wir ein ähnliches Verhältnis.

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Es gibt immer noch eine halbe Million mehr Arbeitslose!)

    Eine weitere Ausweitung — das muß uns allen klar sein — hätte eine Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zur Folge, und dies wollen wir den Beitragszahlern eben nicht zumuten.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Laßt doch die Beamten mitbezahlen! Solidaritätsabgabe!)

    Die Analyse des Arbeitsmarktes sollten wir nicht einseitig vornehmen. Wie ist denn die Realität in vielen Regionen und Branchen? Das Handwerk sucht händeringend Auszubildende,

    (Zuruf von der SPD: Die Arbeitslosen sind schuld!)

    und auch in den strukturschwachen Gebieten ist der Bedarf an Arbeitskräften vielfach nicht zu decken.

    (Zuruf von der SPD: Ausbilden!)

    Mir erzählen viele mittelständische Unternehmer, daß die Auftragslage hervorragend sei, aber daß so mancher Auftrag wegen Mangel an geeigneten Fachkräften gar nicht angenommen werden könne.

    (Heinrich [FDP] : Auch das ist die Realität!)

    Wir alle kennen doch aus Pressemeldungen die Klagen des Handwerks und der Industrie über den Facharbeitermangel. Angesichts einer solchen Situation kann man doch nicht von Massenarbeitslosigkeit und von der Notwendigkeit globaler Beschäftigungsprogramme sprechen.
    Wenn wir auf der einen Seite einen so enorm hohen Bedarf an gewerblich-technischen Facharbeitern, an Naturwissenschaftlern und an Ingenieuren haben wie heute, dann paßt es einfach nicht zusammen, wenn auf der anderen Seite ein zunehmendes Erwerbspotential insbesondere an Frauen vorhanden ist, die nach wie vor mehrheitlich in Dienstleistungs-, in Büro-, Verwaltungs- und Erziehungsberufe gehen wollen. Das sind Tatsachen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Diese Diskrepanz können Sie auch mit einem Beschäftigungsprogramm, wie es auch immer angelegt sein mag, nicht aus der Welt schaffen.

    (Zander [SPD]: Mit Qualifizierung vielleicht!)

    Der Lösungsweg liegt vielmehr in einem entsprechenden Berufswahlverhalten sowie in Anpassungsmaßnahmen, die wir im Rahmen der Fortbildung und Umschulung seit Jahren erfolgreich praktizieren.
    Bei den Frauen liegen die Probleme natürlich etwas differenzierter. Tatsache ist, daß die meisten Frauen Beruf und Familie miteinander verbinden wollen, und das ist in der Praxis oft nicht ganz einfach, vor allem



    Frau Hasselfeldt
    wegen der fehlenden Teilzeitarbeitsplätze und wegen der Schwierigkeiten nach Zeiten der Kindererziehung.
    Dieses Problem ist im übrigen nicht neu. Sie hätten sehr lange Zeit gehabt, hier etwas für die Frauen zu tun. Sie haben in diesem Fall null Komma null für die Frauen getan.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Völlig richtig!)

    Wir haben immerhin bei den letzten Novellierungen zum Arbeitsförderungsgesetz deutliche Verbesserungen beim Zugang zu den Qualifizierungsmaßnahmen mit durchgesetzt.

    (Andres [SPD]: Es ist unglaublich, was Sie hier erzählen, zumal Sie es besser wissen! Unglaublich!)

    Zu Recht, Herr Schreiner, haben Sie von den unterschiedlichen regionalen Arbeitsmarktbedingungen gesprochen. Ich darf in diesem Zusammenhang aber darauf hinweisen, daß wir erst im vergangenen Jahr das Strukturhilfegesetz verabschiedet haben mit einer jährlichen Finanzhilfe von 2,45 Milliarden DM,

    (Scharrrenbroich [CDU/CSU]: Jährlich!)

    um die unterschiedliche Wirtschaftskraft in den einzelnen Ländern auszugleichen. Ich darf in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, daß bei den Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit, und zwar durch die Bank bei allen Ausgaben, ob das die arbeitsmarktpolitischen Ausgaben wie ABM oder Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen oder natürlich auch die Leistungen für die Arbeitslosen sind,

    (Zuruf von der SPD: Sind überall gekürzt worden!)

    eine Umschichtung zwischen Süd und Nord stattfindet, daß hier mit Mitteln der Beitragszahler aus den strukturstärkeren Gebieten, im besonderen aus dem südlichen Teil unseres Landes, die strukturschwächeren Gebiete, insbesondere im Norden, unterstützt werden.

    (Kolb [CDU/CSU]: Und wer regiert im Norden?)

    Im übrigen, meine Damen und Herren, ist es den Ländern unbenommen, mit einer entsprechenden regionalen Wirtschaftspolitik und auch durch Stärkung der Eigenkräfte der strukturschwachen Gebiete insgesamt zu ausgeglichenen Bedingungen beizutragen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Reimann [SPD]: Dann müssen Sie den Ländern auch mehr Geld geben!)

    Beispielsweise in Bayern hat sich der Arbeitsmarkt in den ländlichen und revierfernen Gebieten positiv entwickelt.

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Wie die 18-%-Arbeitslosenquote in Deggendorf zeigt!)

    — Da müssen Sie sich zunächst einmal konkret informieren, sehr geehrter Herr Ehrenberg. So hoch ist sie bei weitem nicht mehr.

    (Hasenfratz [SPD]: 17,9 %)

    Der Bezirk Deggendorf kommt schon nicht mehr in die Förderung durch ABM. In Bayern hat sich der Arbeitsmarkt in den ländlichen Gebieten positiv entwickelt. Sie können bei uns gerne Nachhilfeunterricht in Sachen regionale Wirtschaftspolitik, solide Haushaltsführung, Investitionstätigkeit des Staates oder auch Förderung der Kommunen nehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, angesichts der hervorragenden konjunkturellen Entwicklung und deren positiver Wirkung auf den Arbeitsmarkt ist Ihr Antrag überflüssig. Er beinhaltet Pauschalbeurteilungen und Pauschalforderungen, die den tatsächlichen Gegebenheiten und Problemen eben nicht Rechnung tragen. Die bisherige wirtschaftliche Entwicklung sowie deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben alle Ihre negativen Prognosen Lügen gestraft.

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Das erzählen Sie einmal den Arbeitslosen! — Frau Unruh [GRÜNE]: Die Wähler lassen grüßen!)

    Sie haben gezeigt, daß wir auf dem richtigen Kurs sind, und auf dem werden wir auch fortfahren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Andres [SPD]: Und so eine Rede als Fachfrau! Das ist unglaublich!)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Frieß.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Sieglinde Frieß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Freundinnen und Freunde!

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Hochverpubeltes Ehrikum!)

    Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist wieder einmal auf der Tagesordnung. Wir alle reden drüber, doch alles bleibt beim alten.

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Nein! Es wird schlimmer!)

    Die Bundesregierung verkündet wie immer — das haben wir ja gerade gehört — , alles sei bestens, jeder, der Arbeit suche, finde auch welche.

    (Kolb [CDU/CSU]: Nein, die Arbeit, die ihr sucht, gibt es nicht! — Dr. Bötsch [CDU/ CSU]: Ihr sucht getane Arbeit!)

    Die wirtschaftliche Lage sei nicht zu beklagen. Mich wundert allerdings, daß Sie sogar bei Ihrem jetzigen Zustand nicht ein bißchen kleinlauter geworden sind.
    Konkret heißt das dann: Die Unternehmer machen Gewinne, der Erwerbslose wird aus seiner Wohnung geschmissen. Die Tornados und die Leopards werden gekauft, die Sozialhilfeempfängerin hat nichts zum Essen. Doch nach Meinung der CDU

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Nein, die Dame ist von der CSU! — Gegenruf des Abg. Reimann [SPD]: Noch schlimmer!)

    geht es uns ja so gut.
    Ich denke, Sie von der CDU/CSU und der FDP sollten doch endlich einmal zugeben, daß es Sie einen



    Frau Frieß
    Dreck interessiert, den Arbeitslosen wirklich Arbeit zu beschaffen.

    (Günther [CDU/CSU]: Drücken Sie sich hier einmal anständig aus!)

    Ja, Sie haben sogar ein verschärftes Interesse daran, eine hohe Anzahl Erwerbsloser als Druckpotential zu erhalten.

    (Kolb [CDU/CSU]: Ich suche Arbeitskräfte und finde keine!)

    Die einzige Arbeitsmarktpolitik, die Sie derzeit betreiben, ist Statistiken zu manipulieren, Erwerbslose als Faulpelze zu diskriminieren und Frauen als Zuverdienerinnen zu diffamieren.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Haben Sie eine Sekretärin für mich? Ich suche eine!)

    In den letzten Jahren hat die Bundesregierung nichts unversucht gelassen, die Erwerbslosenstatistik so niedrig wie möglich zu halten.

    (Günther [CDU/CSU]: Durch welche Maßnahmen denn?)

    Deshalb hat sie Ausländerinnen mit einer Rückkehrhilfe abgeschoben, über 60 000 ältere Menschen per Gesetz aus der Statistik gelöscht und erwerbslose Frauen mit Kindern als dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehend erklärt. Menschen, die sich nicht alle drei Monate beim Arbeitsamt melden, sind ab sofort abgemeldet.

    (Kolb [CDU/CSU]: Ist das denn schlimm, wenn sich jemand alle drei Monate meldet?)

    Darüber hinaus hat die Bundesregierung auch sogenannte Beschäftigungsmaßnahmen wie ABM geschaffen, die einzig und allein dem Zweck dienen, Menschen zu verwahren und aus der Statistik zu verbannen, ganz zu schweigen von den Menschen, von denen Sie von der CDU immer schweigen: von der sogenannten stillen Reserve, von den mindestens 1,5 Millionen Menschen — es sind vor allem Frauen —, die auf Ihre Versprechungen überhaupt keinen Pfifferling mehr geben und sich deshalb gar nicht erst erwerbslos melden.
    Im Klartext heißt das: Die Bundesregierung hat die Arbeitslosenstatistik um mindestens 2 Millionen Menschen bereinigt. Anstatt Ihrer beschönigenden Zahl von 2 Millionen gibt es folglich mindestens 4 Millionen Erwerbslose.

    (Kolb [CDU/CSU]: Das glaubt nicht mal die SPD!)

    — Das muß sie ja auch nicht.
    Davon ist fast jeder Zweite über ein Jahr ohne Arbeit; mindestens jeder Dritte bezieht keine Leistungen nach dem AFG mehr und fällt entweder in die Sozialhilfe oder ist auf sonstige Almosen angewiesen.
    Doch das ist Ihnen von der CDU/CSU und FDP im Grunde ganz egal. Hauptsache, die Wirtschaft flutscht und Ihre Pfründe sind gesichert.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Und Ihre auch!)

    Die Verdoppelung der Unternehmergewinne seit 1980 um 250 Milliarden DM, Ihre Investitionen in Rationalisierungen und menschenvernichtende Rüstungsproduktion sprechen eine deutliche Sprache.

    (Kolb [CDU/CSU]: Wo haben Sie denn die Zahl ausgerechnet?)

    Für den Normalbürger, den erwerbslosen Tay E. mit drei Kindern, springt nichts heraus, und das wollen Sie auch nicht; denn Sie brauchen diese Erwerbslosen. Sie brauchen die Ausgegrenzten als Spiegelbild für die anderen, um diesen zu zeigen, wie es ihnen ergehen könnte und wie gut es ihnen jetzt noch geht. Dabei schaffen Sie ein Klima der Angst, das Ihnen den massiven Abbau von Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenrechten und ihrer Interessenvertretung erleichtert, nach dem Motto Ihres Ministers Blüm: „Ein befristeter Vertrag ist besser als kein Vertrag."
    Beispiele hierfür gibt es genug. Es sei erinnert an das Beschäftigungsförderungsgesetz, besser zu nennen: Entlassungsförderungsgesetz, an die Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes und an die geplante Änderung des Ladenschlußgesetzes.

    (Frau Folz-Steinacker [FDP]: Das mußte ja kommen!)

    Ihr Interesse ist dabei, Menschen verschiedener Klassen zu schaffen. Die Ausgegrenzten, die selber schuld an ihrer Misere sind, den abgesicherten Facharbeiter und dazwischen die größere Zahl derer, die je nach konjunktureller Lage geheuert oder gefeuert werden.
    Wenn Ihr Kollege Herr Wagner jetzt von einer Koalition mit den Republikanern spricht, dann sind Sie sich mit den Rechtsextremen auf jeden Fall in einem Ziel einig,

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Er hat gesagt, daß die GRÜNEN nicht harmloser sind als die Republikaner! — Kolb [CDU/CSU]: Sie müssen alles lesen!)

    in dem Ziel die deutsche Volksgemeinschaft der „Leistungswilligen" zu schaffen, d. h. den braven, autoritätshörigen, leistungswilligen deutschen Arbeiter, der flexibel zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Verfügung steht, heranzuziehen.

    (Zurufe von der CDU/CSU und der FDP) — Können Sie bitte wieder leise sein?


    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)