Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die inhaftierten Terroristen der Rote-Armee-Fraktion setzen ihren Kampf gegen unseren Staat mit anderer Taktik und Methode fort. Gegenwärtig läuft eine neue, planmäßig organisierte Aktion, die sich an eine lange Reihe früherer Kampagnen anschließt. Durch eine besonders dramatisch auf Leben und Tod angelegte Hungerstreikkette soll der Staat erpreßt werden, vor den Forderungen der terroristischen Häftlinge in die Knie zu gehen.
Ich möchte mit aller Klarheit sagen: Diese unmenschliche Hungertaktik ist ein völlig unzweckmäßiges politisches Druckmittel. Wir fordern die Häftlinge auf, sich zu besinnen und von ihrem selbstzerstörerischen Tun abzulassen. Sympathisanten sollten erkennen, daß das Ziel der Häftlinge die Kapitulation des Rechtsstaates ist. Sie selbst werden nur als Werkzeuge zur Erreichung dieses Ziels benutzt.
Wir alle sollten uns in die Pflicht nehmen — ich sage das ganz besonders auch an die Adresse der GRÜNEN — , dazu beizutragen, das Klima zu entgiften, statt es weiter anzuheizen.
Unverzichtbares Element dieser spektakulären Kampagne gegen die verfassungsmäßige Ordnung ist eine breite Öffentlichkeitsarbeit. Diese Aktuelle
Stunde der GRÜNEN dient genau dem Zweck, öffentliche Aufmerksamkeit auf die RAF-Häftlinge zu lenken.
Wir erinnern daran, daß alle früheren Aktionen von der Mobilisierung einer militanten solidarischen Praxis der Gesinnungsgenossen im terroristischen Umfeld begleitet waren. Es kam zu Brand- und Sprengstoffanschlägen, Sachbeschädigungen, unfriedlichen Demonstrationen und zu Besetzungsaktionen. Vor vier Jahren wurde Ernst Zimmermann im Zusammenhang mit einem Hungerstreik ermordet.
Es ist ohne Zweifel so, daß der militante Protest auf der Straße und die Gewalttaten nicht ohne Wirkung auf die öffentliche Meinung sind. Von daher ist es wichtig, daß der Staat und die Justizbehörden auf rechtsstaatlich einwandfreie Weise fest bleiben und gelassen reagieren.
Ich möchte feststellen: Die verurteilten RAF-Terroristen sind keine politischen Gefangenen und schon gar nicht Kriegsgefangene. Ihre krampfhaften politischen Begründungsversuche für ihre Untaten dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie sich schwerer und schwerster Verbrechen schuldig gemacht haben.
Sie sollen nicht anders behandelt werden — nicht schlechter, aber auch nicht besser — als vergleichbare andere Gewalttäter und Mörder. Wegen der anhaltenden revolutionären Strategie, die aus den Haftanstalten heraus verfolgt wird, muß besonderen Sicherheitserfordernissen beim Strafvollzug entsprochen werden. Die Wahrung der jedem Häftling zustehenden Grund- und Menschenrechte ist dabei ein hohes Gebot.
Gegen die Maßnahmen des Strafvollzugs hat es permanente Proteste der terroristischen Gefangenen gegeben. Ihre Beschwerden sind auch mehrfach der Europäischen Menschenrechtskommission in Straßburg vorgetragen worden. Die Kommission hat in keinem Fall eine Verletzung der Menschenrechtskonvention erkennen können. Es gibt keine Folter und keine Isolationshaft in unseren Haftanstalten.
Die Justizbehörden der Bundesländer stehen bei einer sich zuspitzenden Bedrohungslage vor der schwierigen Aufgabe, der Fürsorgepflicht des Staates und der Menschenwürde der Gefangenen ebenso Rechnung zu tragen wie den Erfordernissen eines rechtsstaatlichen Strafvollzugs für gefährliche Gefangene.
Wir vertrauen auf die Fähigkeit unserer Institutionen, mit einer eskalierenden Situation fertigzuwerden, ohne sich erpressen zu lassen und ohne den Forderungen nach irgendeinem Sonderstatus für RAF- Häftlinge nachzukommen.
Vielen Dank.