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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/135 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 135. Sitzung Bonn, Freitag, den 17. März 1989 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 12: Aktuelle Stunde betr. politische Reaktion auf den Hungerstreik von Gefangenen aus der Rote-Armee-Fraktion und anderen Frau Dr. Vollmer GRÜNE 9961 B Dr. Laufs CDU/CSU 9962 B Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 9963 A Wolfgramm (Göttingen) FDP 9963 D Engelhard, Bundesminister BMJ 9963 D Dr. Schmude SPD 9964 B Seesing CDU/CSU 9965 B Dr. Penner SPD 9965 D Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 9966 C Frau Nickels GRÜNE 9967 D Geis CDU/CSU 9968 B Wüppesahl fraktionslos (zur GO) . . . 9969 A Wüppesahl fraktionslos 9969 D Dr. de With SPD 9970 C Eylmann CDU/CSU 9971 B Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Die Lage auf dem Arbeitsmarkt (Drucksache 11/2375) Schreiner SPD 9972 C Frau Hasselfeldt CDU/CSU 9975 C Frau Frieß GRÜNE 9977 C Heinrich FDP 9979 B Heyenn SPD 9982 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 9985 C Vennegerts GRÜNE 9989 B Doss CDU/CSU 9990 C Dr. Ehrenberg SPD 9992 C Scharrenbroich CDU/CSU 9994 B Dr. von Wartenberg, Parl. Staatssekretär, BMWi 9996 C Vizepräsident Cronenberg 9994 B Nächste Sitzung 9997 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 9999* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 9999* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1989 9961 135. Sitzung Bonn, den 17. März 1989 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Adler SPD 17.03.89 Dr. Ahrens SPD 17.03.89 * Dr. Apel SPD 17.03.89 Austermann CDU/CSU 17.03.89 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 17.03.89 Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 17.03.89 Böhm (Melsungen) CDU/CSU 17.03.89 * * Dr. Briefs GRÜNE 17.03.89 Frau Conrad SPD 17.03.89 Diller SPD 17.03.89 Dreßler SPD 17.03.89 Egert SPD 17.03.89 Frau Eid GRÜNE 17.03.89 *** Gansel SPD 17.03.89 Gattermann FDP 17.03.89 Dr. Gautier SPD 17.03.89 Frau Geiger CDU/CSU 17.03.89 *** Genscher FDP 17.03.89 Glos CDU/CSU 17.03.89 Dr. Glotz SPD 17.03.89 Dr. Götz CDU/CSU 17.03.89 Dr. Hauff SPD 17.03.89 Haungs CDU/CSU 17.03.89 Hauser (Esslingen) CDU/CSU 17.03.89 Dr. Haussmann FDP 17.03.89 Häfner GRÜNE 17.03.89 Frau Hämmerle SPD 17.03.89 Heimann SPD 17.03.89 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 17.03.89 Dr. Holtz SPD 17.03.89 *** Hoss GRÜNE 17.03.89 Ibrügger SPD 17.03.89 Irmer FDP 17.03.89 *** Jung (Düsseldorf) SPD 17.03.89 Kirschner SPD 17.03.89 Kittelmann CDU/CSU 17.03.89 ** Klein (Dieburg) SPD 17.03.89 Klein (München) CDU/CSU 17.03.89 Dr. Kohl CDU/CSU 17.03.89 Koltzsch SPD 17.03.89 Koschnick SPD 17.03.89 Kroll-Schlüter CDU/CSU 17.03.89 Lambinus SPD 17.03.89 Lutz SPD 17.03.89 Frau Luuk SPD 17.03.89 * Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 17.03.89 Meneses Vogl GRÜNE 17.03.89 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 17.03.89 Meyer SPD 17.03.89 Mischnick FDP 17.03.89 Dr. Mitzscherling SPD 17.03.89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Müller CDU/CSU 17.03.89 * Peter (Kassel) SPD 17.03.89 Dr. Pinger CDU/CSU 17.03.89 Reddemann CDU/CSU 17.03.89 * Repnik CDU/CSU 17.03.89 *** Reuschenbach SPD 17.03.89 Frau Roitzsch CDU/CSU 17.03.89 (Quickborn) Schmidt (Salzgitter) SPD 17.03.89 *** Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 17.03.89 Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 17.03.89 Frhr. von Schorlemer CDU/CSU 17.03.89*** Schütz SPD 17.03.89 Dr. Sperling SPD 17.03.89 Dr. Stercken CDU/CSU 17.03.89 *** Stratmann GRÜNE 17.03.89 Frau Terborg SPD 17.03.89 Tillmann CDU/CSU 17.03.89 Timm FDP 17.03.89 Frau Dr. Timm SPD 17.03.89*** Dr. Unland CDU/CSU 17.03.89 * Voigt (Frankfurt) SPD 17.03.89 Vosen SPD 17.03.89 Dr. Warnke CDU/CSU 17.03.89 Wartenberg (Berlin) SPD 17.03.89 Frau Dr. Wilms CDU/CSU 17.03.89 Wissmann CDU/CSU 17.03.89 Würtz SPD 17.03.89 Würzbach CDU/CSU 17.03.89 Zeitler SPD 17.03.89 Dr. Zimmermann CDU/CSU 17.03.89 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 10. März 1989 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen: Gesetz zu dem Protokoll vom 26. November 1976 zum Abkommen vom 22. November 1950 über die Einfuhr von Gegenständen erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters Gesetz zu dem Übereinkommen vom 18. Oktober 1969 zur Errichtung der Karibischen Entwicklungsbank Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/2013 Drucksache 11/3088 Drucksache 11/3127 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/3995 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/2153 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/1993 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/2099 10000* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1989 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 10/3909 Nr. 2 Drucksache 11/2580 Nr. 11 Drucksache 11/3021 Nr. 2.4 Drucksache 11/3636 Nr. 2.2 Drucksache 11/3882 Nr. 3.10, 3.28 Drucksache 11/4019 Nr. 2.4-2.9, 2.11-2.17 Drucksache 11/4081 Nr. 2.6 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/3558 Nr. 3.39 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/839 Nr. 3 Drucksache 11/2899 Nr. 3.32
Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Zusatztagesordnungspunkt 12 auf: Aktuelle Stunde
Politische Reaktion auf den Hungerstreik von Gefangenen aus der „Rote-Armee-Fraktion" und anderen
Die Fraktion DIE GRÜNEN, meine Damen und Herren, hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem genannten Thema verlangt.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Dr. Vollmer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Antje Vollmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 1. Februar haben Gefangene der Rote-Armee-Fraktion ihren zehnten Hungerstreik begonnen. Sie haben diesen mit einer Erklärung angekündigt, die sich in Form und Inhalt von früheren Erklärungen unterscheidet; sie ist sehr existentiell gehalten. Wer überhaupt hören will, muß dies einfach hören, diesen Versuch, nur noch mit dem eigenen Kopf zu denken und von der eigenen Situation auszugehen. So heißt es: „Wir machen so nicht mehr weiter, aber wir ertragen es so auch nicht mehr. " Oder: „Von allen Seiten will man was von uns, aber wir können nicht zusammen reden und kaum noch handeln." Oder: „Wir wollen jetzt an der gesamten politischen Diskussion teilnehmen."
    Es gibt in dieser Erklärung Passagen, die die paradoxe Situation andeuten, daß ein extremes Mittel, der Hungerstreik, nicht mehr der Verhärtung dienen soll, sondern der Öffnung. So fordern die Gefangenen am Ende selbst „einen Dialog, eine politische Auseinandersetzung mit allen gesellschaftlichen Gruppen".
    Das sind neue Töne. Gleichzeitig gibt es alte bekannte Passagen. Es macht keinen Sinn, in diese Erklärung mehr hineinzuinterpretieren, als sie zunächst hergibt. Es macht aber jeden Sinn, in Gespräche einzutreten, die die angedeutete Bereitschaft, über die Gesamtsituation, über alles nachzudenken, aufnehmen und vertiefen. Diese Chance darf nicht vertan werden.
    Gleichzeitig ist dieser Hungerstreik mit einer tödlichen Dramaturgie verbunden, die jeder ernst nehmen muß. Nach dem anfänglichen Streik aller treten in einer „Hungerstafette" alle zwei Wochen zwei neue
    in die Reihe der Hungernden ein. Die ersten, KarlHeinz Dellwo und Christa Eckes, hungern heute den 45. Tag. Ihr Gesundheitszustand ist kritisch.
    Unsere Haltung zu dieser Frage war immer eine dialogische. Es ist der verzweifelte Versuch, gleichzeitig eine Position der solidarischen menschlichen Nähe wie der politischen Differenz auszuhalten. Es ist der Versuch, von keiner Seite instrumentalisiert zu werden. Es ist aber auch der Versuch, eine tödliche Zuspitzung des Konflikts zu vermeiden und die Chance — die geringe Chance — für Verhandlungen offenzuhalten. Das ist in Zeiten wie diesen fast unmöglich.
    Die Gefangenen — und mehr als sie die Unterstützer-Komitees — fordern uns zur rituellen Wiederholung ihrer Forderungen auf. Die staatlichen Stellen fordern uns auf, uns doch still zu verhalten und den Gefangenen allenfalls zu vermitteln, daß alles doch keinen Sinn hat und daß sie aufhören sollen.
    Wir sind aber notorisch der Meinung, daß sich etwas bewegen muß. Und wir sind ebenso notorisch der Meinung, daß der Staat in diesem Konflikt am längeren Hebel sitzt, daß er sich nichts vergibt, wenn er endlich einen humanen Strafvollzug herstellt, auch und gerade für diese Gefangenen.
    Wir haben die Lügerei und auch das Instrumentalisiertwerden gründlich satt. Wir fordern, daß Haftunfähige wie Günter Sonnenberg und Bernd Rößner sofort entlassen werden. Wir finden Isolation unmenschlich und menschenunwürdig. Dazu rechne ich ausdrücklich auch die uneinsichtige Trennung der Gefangenen von den Menschen, mit denen gerade sie eine gemeinsame Geschichte teilen und ohne die kein einziger Schritt der Veränderung für sie möglich sein wird.
    Wir finden ebenso, daß es zwar verständlich, aber eben doch ein Spiegelbild der staatlichen Sonderbehandlung dieser Gefangenen ist, wenn sie selbst nun für alle RAF-Häftlinge einen einzigen oder zwei Sondertrakte fordern, wo doch einmal Holger Meins für die Forderung nach Normalvollzug gestorben ist.
    Wir empfinden es als den Gipfel der Absurdität und der Brutalität, wenn die Bundesanwaltschaft Menschen, die in einen Hungerstreik treten, also das letzte Mittel einsetzen, was Gefangenen überhaupt möglich



    Frau Dr. Vollmer
    ist, um existentielle Forderungen auszudrücken, mit einer Anklage wegen § 129a StGB bedroht.
    Es ist ja alles kein Spiel. Alle Seiten haben nur noch unheimlich wenig Zeit. Jeder, der die Entwicklung der letzten Jahre studiert hat, weiß, was ablaufen wird, wenn es auf der einen oder auf der anderen Seite zu Toten kommen wird. Es wird zu Toten kommen, wenn nicht gehandelt wird.
    Ich fordere alle, denen an einer friedlichen Lösung dieses Konfliktes liegt, auf, alles, aber auch alles zu tun, damit es dazu nicht kommt. Ich bitte die Gefangenen, sich von niemandem benutzen zu lassen, sondern bei den eigenen Überlebensinteressen zu bleiben, bei der eigenen Identität. Ich fordere die Unterstützer auf, die Gefangenen nicht in eine unrealistische Hoffnung zu treiben.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Ich fordere die staatlichen Stellen auf, auf menschliche Hoffnungen nicht mit einem tödlichen und doch so nichtssagenden „Wir lassen uns von niemand erpressen" zu reagieren. Wir sind kurz vor der Wiederauflage einer heillosen gesellschaftlichen Polarisierung, die wir schon einmal hatten. Wir sollten überlebensklug genug sein, diese Todesspirale nicht noch einmal bis zum bitteren Ende durchzuprobieren.
    Da rasen nämlich zwei Gespensterzüge aufeinander zu. Alle sehen es, und niemand will eingreifen. Aber es stimmt nicht, daß die Technik versagt und das Schicksal seinen Lauf nehmen muß. Es sind immer noch Menschen, die die Hebel der Bremsen durch politische Signale in der Hand haben.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)