Rede von
Brigitte
Adler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Artgerechte Nutztierhaltung, alle reden davon — wir haben es eben gehört — , aber die politischen Vorgaben, die zur Zeit von dieser Bundesregierung dargeboten werden, stehen dagegen. Denn, Herr Carstensen, die Inhalte der Verordnungen sind es, auf die es ankommt. Sie haben die Verordnungen vorhin selber aufgezählt, und ich denke, es ist wichtig, daß man nachprüft, was da wirklich hineingeschrieben worden ist und was verändert werden muß.
Das Agrarstrukturgesetz mit seinen Fördergrenzen ist — Herr Minister, ich betone das — nicht hilfreich und nicht ausreichend. Es ist auf Ihrer Seite deutlich die Verunsicherung in der Frage, wie man damit umgehen wird, zu spüren, denn der Teufelskreis der Mengenproduktion kann doch nur durch eine umweltverträgliche Produktionsweise durchbrochen werden, die auch eine artgerechte Haltung der Tiere ermöglicht, die von der Massentierhaltung mit all ihren fatalen Folgen wegführt.
Die „Süddeutsche Zeitung" hat erst vor wenigen Tagen in einem sehr anschaulichen Artikel klargemacht, was es heißt, wenn z. B. bestimmte Fütterungsinhalte angeboten werden. Dieser Artikel ist mit „Was das Schwein so unappetitlich macht" überschrieben. Ein zu hoher Anteil an ungesättigten Fettsäuren in den Futtermitteln führt nämlich dazu, daß verschiedene Qualitätsmängel beim Schweinefleisch auftreten. Man kann hier doch nicht einfach so tun, als gäbe es solche Vorkommnisse nicht und als bräuchte man keine weiteren inhaltlichen Überlegungen.
Die Tierarzneimittel, die wir in unserem Antrag angesprochen haben, bedürfen sehr kritischer Überwachung, denn sie sollten dazu dasein, dem kranken Tier zu helfen, sollten aber nicht zur Prophylaxe und als Masthilfe eingesetzt werden. Das wissen Sie ganz genau. Unser Antrag zeigt auf, mit welchen Maßnahmen man umwelt- und naturverträglich arbeiten kann.
Der Entschließungsantrag der GRÜNEN steht in seiner Grundlinie mit unseren Positionen im Einklang. Aus meiner Sicht sind allerdings — und das finde ich merkwürdig — die Vieheinheiten und die Dungeinheiten, die Sie dort nennen, zu hoch angesetzt.
Aber ich denke, daß wir das im Ausschuß ausführlich erörtern werden.
Meine Damen und Herren, es sollte Sie von der Koalition nachdenklich stimmen, daß viele Landwirte in unserem Sinne handeln und handeln wollen. Die Hormonskandale der letzten Monate haben gezeigt, daß man sich zwar durch kriminelle Machenschaften einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen wollte, daß uns aber der neu aufgetretene Hormonskandal in Belgien ebenfalls große Sorgen machen sollte. Wir sollten da gemeinsam an einem Strick ziehen.
Insofern, Herr Eigen, habe ich Ihre Frage vorhin als wirklich nicht fair empfunden. Wir haben doch in Sachen BST und Hormone im Ausschuß gemeinsam eine Entschließung verabschiedet,
und insofern liegen wir in dieser Sache ja auf einer Linie, auch und gerade was BST angeht.
Wir sollten uns darüber im klaren sein, daß die Ursachen dafür, daß leider immer wieder entsprechend gehandelt wird, ebenfalls ökonomische Zwänge sind.
Was hier noch nicht erörtert wurde, was uns aber weiter beschäftigen sollte, ist die Frage der Gentechnologie im Tierbereich. Hier ist man auf einem Weg, der, wie ich meine, sehr kritisch zu betrachten ist.
Meine Damen und Herren, diejenigen, die es heute noch nicht begreifen, werden es bald sehr schmerzlich erfahren: Die Ernährungsgewohnheiten der Menschen verändern sich, ja, sie müssen sich verändern. Der Körper benötigt dringend nicht nur tierisches Eiweiß, sondern auch pflanzliche Eiweißstoffe. Das heißt in der Konsequenz: Man benötigt weniger Tiere. So stehen Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU und der FDP, vor einem Scherbenhaufen Ihrer Politik. Kurzatmig verteidigen Sie letzte Bastionen und geraten somit ins Abseits. Selbst die EGKommission legt eine Richtlinie vor, aus der — allerdings bisher nur aus dem englischen Text — hervorgeht, daß Auflagen wegen der Nitratbelastung kommen müssen. Deshalb meine ich: Kehren Sie um, lassen Sie uns gemeinsam eine umweltverträgliche Landwirtschaft einleiten — zum Wohle von uns allen.
Vielen Dank.