Rede von
Helmuth
Becker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Viele Kollegen haben hier schon die Ablösung der alliierten Vorbehaltsrechte beschrieben und auf eine eventuelle Fortschreibung von Bestimmungen und Gesetzen hingewiesen. Ich will für die Kollegen des G-10-Gremiums ganz kurz das deutsche Recht erläutern, und zwar an fünf Punkten, damit wir überhaupt wissen, um was es geht. Ich muß nämlich immer wieder feststellen: Es gibt auf diesem Sektor sehr viel Unkenntnis.
Als die Vorbehaltsrechte abgelöst wurden, gab es das deutsche Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses vom 13. August 1968; das ist im übrigen ein denkwürdiges Datum. In Art. 1 ist festgelegt, was denn eigentlich der Gegenstand ist:
Zur Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes einschließlich der Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages oder der im Land Berlin anwesenden Truppen einer der Drei Mächte sind die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, das Amt für Sicherheit der Bundeswehr und der Bundesnachrichtendienst berechtigt, dem Brief-, Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegende Sendungen zu öffnen und einzusehen, sowie den Fernschreibverkehr mitzulesen, den Fernmeldeverkehr abzuhören und auf Tonträger aufzunehmen.
Das ist die gesetzliche Bestimmung.
Nun ist zu fragen: Welches sind die Tatbestände, die vorliegen müssen? Solche Beschränkungen dürfen angeordnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, daß jemand plant, begeht oder begangen hat: Straftaten des Friedensoder des Hochverrats, Straftaten der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Straftaten des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit, Straftaten gegen die Landesverteidigung, Straftaten gegen die Sicherheit der in der Bundesrepublik stationierten Truppen. Ich glaube, niemand von uns will bestreiten, daß das dann wohl auch berechtigt wäre.
Nun ist die Frage zu stellen: Wer kann diese Anträge stellen? Antragsberechtigt sind das Bundesamt für Verfassungsschutz, die Verfassungsbehörden der Länder, das Amt für Sicherheit der Bundeswehr und der Bundesnachrichtendienst.
Wer ist zuständig, so etwas anzuordnen? Das sind nur die jeweiligen Bundesministerien.
Nun kann man sagen: Das sind alles administrative Maßnahmen. Deshalb hat der Gesetzgeber damals genau überlegt, wer kontrollieren soll, ob alles rechtmäßig ist. Nach § 9 des Gesetzes hat der Deutsche Bundestag ein Gremium gebildet, das aus fünf vom Deutschen Bundestag bestimmten Abgeordneten besteht, das über die Durchführung des Gesetzes in regelmäßigen Abständen unterrichtet wird. Dieses Gremium kann auch initiativ tätig werden. Das ist die parlamentarische Kontrolle. Wir haben hier beschlossen, wer das machen soll.
Dieses Gremium bestellt — das ist eigentlich eine doppelte Sicherheit — eine Kommission mit einem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen muß, und zwei Beisitzern sowie den entsprechenden Vertretern. Beide Institutionen überwachen die Durchführung des Gesetzes zu Art. 10 nach bestem Wissen und Gewissen. Sie sind zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor unerlaubten Eingriffen in die Bestimmungen des Art. 10 des Grundgesetzes tätig.
In Art. 10 des Grundgesetzes steht — damit das noch einmal jedem bewußt wird —:
Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.
Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.
Das ist eine umfassende Sicherheit, die den Bürgerinnen und Bürgern gegeben wird.
Nun noch ein Schlußsatz. Im vorliegenden Fall hat eine ordnungsgemäße Berichterstattung durch die Bundesregierung stattgefunden. Ich sage persönlich noch etwas hinzu: Es besteht kein Grund zu besonderer Aufregung.