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ID1112903800

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/129 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 129. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Februar 1989 Inhalt: Tagesordnungspunkt 16: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Vollmer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verleihung einer kommunalen Ehrenbürgerschaft an Verfolgte des Nationalsozialismus zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Verbesserung der Situation der Sinti und Roma (Drucksachen 11/1395, 11/224, 11/2196) Frau Dr. Wisniewski CDU/CSU 9489 B, 9491 A Schröer (Mülheim) SPD 9489 D Frau Dr. Vollmer GRÜNE 9492 A Lüder FDP 9493 A Schröer (Mülheim) SPD (Erklärung nach § 31 GO) 9494 A Tagesordnungspunkt 17: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Graf von Waldburg-Zeil, Dr. Hornhues, Dr. Pinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Hoppe, Frau Dr. HammBrücher, Dr. Feldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Die besondere Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für Namibia und alle seine Bürger (Drucksache 11/3934) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Toetemeyer, Verheugen, Dr. Ehmke (Bonn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Unabhängigkeit für Namibia (Drucksache 11/3996) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Förderung des Unabhängigkeitsprozesses in Namibia (Drucksache 11/4039) Klein, Bundesminister BMZ 9494 D Toetemeyer SPD 9496 D Dr. Hornhues CDU/CSU 9499 C Frau Eid GRÜNE 9501 C Irmer FDP 9503 D Schäfer, Staatsminister AA 9505 D Verheugen SPD 9507 D Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 9510 B Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Geldleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1989 (Drucksache 11/4027) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die gesetzlichen Rentenversicherungen, insbesondere über deren Finanzlage in den künftigen 15 Kalenderjahren, gemäß §§ 1273 und 579 der Reichsversicherungsordnung, § 50 des Angestelltenversicherungsgesetzes und § 71 des Reichsknappschaftsgesetzes (Rentenanpassungsbericht 1988) Gutachten des Sozialbeirats zur Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Juli 1989 und zu den Vorausberechnungen der Bundesre- II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1989 gierung über die Entwicklung der Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung (Drucksache 11/3735) Dr. Blüm, Bundesminister BMA 9512 A Heyenn SPD 9513 A Müller (Wesseling) CDU/CSU 9514 C Frau Unruh GRÜNE 9515 C Heinrich FDP 9516 B Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde betr. die Haltung der Bundesregierung zu Behauptungen in der Presse über das amerikanische NSA-System (Nationale Sicherheits-Agentur) Frau Beer GRÜNE 9517 B, 9524 D Lamers CDU/CSU 9518 A Dr. de With SPD 9518 C Dr. Hirsch FDP 9519 C Schäfer, Staatsminister AA 9520 C Dr. Nöbel SPD 9521 D Dr. Olderog CDU/CSU 9522 D Heimann SPD 9523 C Schwarz CDU/CSU 9524 B Lüder FDP 9525 A Becker (Nienberge) SPD 9526 A Nächste Sitzung 9526 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 9527* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 9527* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1989 9489 129. Sitzung Bonn, den 24. Februar 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 24. 02. 89 * Dr. Apel SPD 24. 02. 89 Austermann CDU/CSU 24.02.89 Bahr SPD 24.02.89 Bohlsen CDU/CSU 24.02.89 Dr. Briefs GRÜNE 24. 02. 89 Clemens CDU/CSU 24. 02. 89 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 24. 02. 89 Frau Dempwolf CDU/CSU 24. 02. 89 Egert SPD 24. 02. 89 Erler SPD 24. 02. 89 Eylmann CDU/CSU 24. 02. 89 Francke (Hamburg) CDU/CSU 24. 02. 89 ** Frau Fuchs (Verl) SPD 24. 02. 89 Gallus FDP 24. 02. 89 Dr. Geißler CDU/CSU 24. 02. 89 Genscher FDP 24. 02. 89 Dr. Glotz SPD 24. 02. 89 Dr. Götz CDU/CSU 24. 02. 89 Dr. Haack SPD 24. 02. 89 Frau Hasselfeldt CDU/CSU 24. 02. 89 Dr. Hauchler SPD 24. 02. 89 Dr. Hauff SPD 24. 02. 89 Frau Hämmerle SPD 24. 02. 89 Heimann SPD 24. 02. 89 Horn SPD 24. 02. 89 Dr. Hüsch CDU/CSU 24. 02. 89 Ibrügger SPD 24. 02. 89 Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU 24. 02. 89 Jaunich SPD 24. 02. 89 Jung (Düsseldorf) SPD 24. 02. 89 Kalisch CDU/CSU 24. 02. 89 Kastning SPD 24. 02. 89 Frau Kelly GRÜNE 24. 02. 89 Kirschner SPD 24. 02. 89 Dr. Kreile CDU/CSU 24. 02. 89 Link (Diepholz) CDU/CSU 24. 02. 89 Louven CDU/CSU 24. 02. 89 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 24. 02. 89 Meyer SPD 24. 02. 89 Dr. Mitzscherling SPD 24. 02. 89 Dr. Müller CDU/CSU 24. 02. 89 * Dr. Probst CDU/CSU 24. 02. 89 Reschke SPD 24. 02. 89 Reuschenbach SPD 24. 02. 89 Ronneburger FDP 24. 02. 89 ** Dr. Rose CDU/CSU 24. 02. 89 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Roth (Gießen) CDU/CSU 24. 02. 89 Frau Rust GRÜNE 24. 02. 89 Rühe CDU/CSU 24. 02. 89 Schmidt (München) SPD 24. 02. 89 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 24. 02. 89 Dr. Schmude SPD 24. 02. 89 Schreiber CDU/CSU 24. 02. 89 Steiner SPD 24. 02. 89 Stiegler SPD 24. 02. 89 Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 24. 02. 89 Dr. Vondran CDU/CSU 24. 02. 89 Vosen SPD 24. 02. 89 Frau Wieczorek-Zeul SPD 24. 02. 89 Frau Will-Feld CDU/CSU 24. 02. 89 Wischnewski SPD 24. 02. 89 Wissmann CDU/CSU 24. 02. 89 Wittich SPD 24. 02. 89 Würzbach CDU/CSU 24. 02. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/1674 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksachen 11/1760, 11/1761 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/2032 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/2724 Nr. 11-20 Drucksache 11/2899 Nr. 3.10, 3.12-3.19 Drucksache 11/3021 Nr. 2.6-2.9 Drucksache 11/3117 Nr. 2.3, 2.6-2.10 Drucksache 11/3200 Nr. 2.10, 2.12-2.30 Drucksache 11/3311 Nr. 2.10-2.18 Drucksache 11/3558 Nr. 3.13-3.35 Drucksache 11/3636 Nr. 2.11-2.14 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/3311 Nr. 2.19 Drucksache 11/3831 Nr. 26 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/2198 Nr. 2.12
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    Rede von Günter Verheugen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ja selbstverständlich! Die Äußerungen Ihres früheren Kollegen und heutigen Staatssekretärs in Rheinland-Pfalz, Rumpf, in dieser Hinsicht

    (Frau Eid [GRÜNE]: Sprechen Bände!)

    sind in vielen Publikationen des Namibia Information Office dokumentiert.

    (Irmer [FDP]: Haben Sie nicht von der „Politik der Koalitionsfraktionen" gesprochen?)

    — Ja. Die ergibt sich — —

    (Irmer [FDP]: Nennen Sie mir eine Äußerung eines Fraktionssprechers hierzu oder gar des Außenministers! — Gegenruf von der SPD: Sie haben unsere Anträge abgelehnt!)

    — Herr Kollege Irmer, das ergibt sich daraus, daß sich auch Ihre Fraktion nicht in der Lage gesehen hat, im Bundestag Anträgen zuzustimmen, in denen es um die Unterstützung der Resolution 435 gegangen ist. Ich meine, wir kennen ja die Regeln des Geschäfts. Ich weiß auch, daß Ihr Grund dafür gewesen ist, daß Sie hier nicht mit wechselnden Mehrheiten operieren wollen. Aber Sie sollten nicht so tun, als seien Sie die großen Kämpfer gewesen,

    (Frau Eid [GRÜNE]: Ja, so ist es!)

    während in Wahrheit innenpolitische, taktische Rücksichtnahmen Sie davon abgehalten haben, sich hier im Bundestag zu dem zu bekennen, was Sie für richtig halten.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Dr. Hornhues [CDU/CSU]: Ich möchte einmal wissen, was dies den Leuten in Namibia hilft!)

    Meine Damen und Herren, es ist in dieser Frage nach wie vor Wachsamkeit geboten. Die Republik Südafrika ist ja, was das Verhältnis zu ihren Nachbarn angeht, nicht gerade als besonders vertragstreu bekannt. In der vergangenen Woche hat es in Harare eine Zusammenkunft der Präsidenten der Frontstaaten mit den Führern der Befreiungsbewegungen in Anwesenheit von sozialdemokratischen Parteien aus Europa gegeben. Bei dieser Gelegenheit haben die Präsidenten von Zimbabwe, Sambia, Botswana und Mosambik ihre Erfahrungen mitgeteilt und sich mit der SWAPO intensiv unterhalten. Bei den schwarzen Führern in der Region überwiegt Skepsis.
    Und ich denke, dazu haben sie allen Anlaß. Denn das Verhalten der südafrikanischen Regierung ist ja jetzt schon mehr als zweifelhaft. Ich finde es sehr merkwürdig, daß die südafrikanische Regierung an der Finanzierung eines unabhängigen Namibia
    — auch in der Übergangsperiode — nicht mehr mitwirken will, nachdem sie dieses Land jahrzehntelang ausgebeutet hat,

    (Beifall des Abg. Toetemeyer [SPD])

    bis an die Grenzen des Raubbaus und darüber hinaus. Es wird sich ja erst noch zeigen müssen, was für wirtschaftliche Möglichkeiten und Überlebenschancen das unabhängige Namibia überhaupt noch hat, was die Südafrikaner überhaupt übriggelassen haben werden.
    Es ist richtig, daß darauf hingewiesen wurde, daß in diesem Zusammenhang auch die Bundesrepublik nicht sehr gut dasteht. Ich habe es, Herr Kollege Schäfer, immer für einen Mangel der von mir an sich für richtig gehaltenen Namibia- und Südafrikapolitik Ihrer Seite gehalten, daß Sie nicht bereit gewesen sind, das Dekret Nr. 1 des Namibia-Rates der Vereinten Nationen und diesen Namibia-Rat der Vereinten Nationen selbst in seiner völkerrechtlichen Verantwortung für Namibia zu akzeptieren. Wir würden heute besser dastehen, wenn wir es getan hätten.

    (V o r sitz : Vizepräsident Stücklen)

    Und unsere Chancen, mit denjenigen vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, die in Namibia die Politik künftig bestimmen werden, wären sicher etwas besser.

    (Dr. -Ing. Kansy [CDU/CSU]: Woher wissen Sie eigentlich so genau, wer da alles die Politik bestimmen wird?!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben einiges über entwicklungspolitische Zusammenarbeit gesprochen. Das war sicher notwendig. Aber wir wollen nicht übersehen, daß es natürlich auch politische Einwirkungsmöglichkeiten jenseits der Entwicklungshilfe gibt. Wir haben ja in unterschiedlichem Ausmaß Kontakte nach Namibia. Ich habe schon beobachtet, daß der Reiseverkehr der jüngsten Zeit wieder ziemlich hektisch gewesen ist. Das ist auch nicht schlimm, wenn wir uns dabei darüber einig sind, daß wir, jeder auf seine Weise und jeder mit den Gesprächspartnern, die er hat, gute Dienste in Namibia leisten wollen.
    Wir sind dazu bereit, mit der SWAPO, mit der uns eine sehr lange Zusammenarbeit verbindet, mit der wir regelmäßige vertrauensvolle Kontakte haben, sehr ernsthaft auch in der Zukunft zu reden und, wenn sie unseren Rat annehmen will, ihr den Rat auch zu geben, den wir jetzt für richtig halten, nämlich den, mit allen Kräften in Namibia dafür zu sorgen, daß eine demokratische und pluralistische Gesellschaft entsteht, daß Namibia nicht den Weg einer Einparteiendiktatur geht, sondern daß es wirklich ein Modell einer demokratischen, nichtrassistischen Zusammenarbeit wird.

    (Frau Eid [GRÜNE]: Einparteiensystem muß nicht unbedingt Diktatur heißen!)

    Wir sind bereit, das zu tun, obwohl ich durchaus weiß, daß eine gewisse Zumutung für die SWAPO darin liegt, wenn sie sich von uns Ratschläge anhören soll, nachdem sie allzulange auf Unterstützung durch die offizielle Politik dieses Landes hat warten müssen.
    Was die andere Seite angeht: Der Kollege Schäfer hat mit Recht auf die positive Rolle hingewiesen, die die Interessengemeinschaft der deutschsprachigen Südwester spielen kann. Ich teile Ihre Meinung. Ich glaube, da können sie eine Menge tun. Und hier sehe ich einige andere, die haben noch andere Kontakte in



    Verheugen
    Namibia. Auch die können sicher eine Menge dafür tun, daß es eben nicht zu dem kommt, was der eine oder andere vielleicht eben doch wünscht,

    (Frau Eid [GRÜNE]: Insgeheim wünscht!)

    daß die Weißen das Land verlassen oder daß die Flinte doch wieder aus dem Schrank genommen wird, so daß man jedenfalls nach ein paar Jahren sagen kann: Namibia ist den Weg der ganzen Region gegangen. Namibia hat mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen wie Angola und Mosambik.
    Wir müssen ja diese Namibia-Frage ganz sicherlich im Kontext der gesamten Politik im südlichen Afrika sehen. Für die Republik Südafrika ist das, was jetzt geschieht, wirklich eine Flammenschrift an der Wand. Vor ein paar Jahren noch war Südafrika von kolonialen Territorien umgeben. Inzwischen ist die Apartheid auf das Kernland Südafrika selbst zurückgedrängt. Die Luft zum Überleben für die Apartheid wird dünner; daran kann es keinen Zweifel geben. Es kann ein weiteres positives Modell entstehen, so daß sich die Weißen in Südafrika fragen werden: Wäre es denn wirklich so schlimm, wenn die Schwarzen in diesem Land gleiche politische, soziale und ökonomische Rechte hätten?
    Wir müssen uns vor einer falschen Einschätzung der Lage in Südafrika heute hüten. Südafrika verdient in meinen Augen für die Zustimmung zur Namibia-Lösung keinen internationalen Kredit und kein Honorar. Sie haben das nicht getan, weil sie zu einer besseren Einsicht gekommen wären, sondern sie haben es gemacht, weil die politischen und ökonomischen Kosten des Krieges in Angola und Namibia für Südafrika selber nicht mehr vertretbar gewesen sind. Es wäre ganz fatal, wenn wir der südafrikanischen Propaganda auf den Leim gingen, die sagt: Na, seht doch, wir sind in Südafrika doch schon ganz vernünftig geworden. Angola, Namibia haben wir gemacht. Die Sharpeville Six haben wird begnadigt, und im Delmas-Prozeß hat es auch keine Todesurteile gegeben. — Dem muß man entgegenhalten, daß gerade dieser letzte Prozeß jede bisher legale Opposition in Südafrika gegen das Apartheidssystem für kriminell erklärt hat.
    Es ist richtig, was Herr Schäfer und auch Herr Irmer gesagt haben: Das Problem in der Region ist größer als das der Unabhängigkeit Namibias. Eine friedliche Zukunft für Namibia, eine friedliche Zukunft für die ganze Region südliches Afrika kann es nur geben, wenn es einen substantiellen, grundlegenden Wandel in Südafrika selber gibt. Südafrika ist die Quelle der Gewalt, des Unfriedens und der Unfreiheit in diesem Teil der Welt. Da muß die Politik geändert werden. Dann kann auch Namibia die Chance zu einer glücklichen Zukunft haben.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Graf von Waldburg-Zeil.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Graf Alois von Waldburg-Zeil


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, eine Klarstellung sollten wir vorweg treffen: Am deutschen Wesen soll die Welt mit Sicherheit
    nicht genesen, auch in Namibia nicht. Es ist nur umgekehrt so, daß es eine Flucht aus weltpolitischer Verantwortung für einen Staat, dessen Lebensstandard vom Export abhängt, ebensowenig geben darf.

    (Dr. Hornhues [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Heute haben wir uns unserer besonderen Verantwortung in Namibia zu stellen. Wir sind — und wir preisen uns deswegen selig — keine Kolonialmacht. Aber wir waren einmal eine und haben Spuren hinterlassen. Unsere Geschichte beginnt weder mit 1949 noch mit 1919, noch übrigens mit 1870, was heute nicht nur die Reden von Herrn Bundesminister Klein, von Herrn Toetemeyer und von Ihnen, Frau Eid, gezeigt haben, im Guten wie im Bösen. Ich fand es beeindruckend, wie deutlich geworden ist, daß Geschichte nichts Versteinertes ist, sondern in die heutige Politik fortwirkt.
    Unsere besondere Verantwortung für Namibia brauchen wir aber nicht so lange zurückzuverfolgen. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich insbesondere im Rahmen der westlichen Kontaktgruppe besonders für das Zustandekommen und die Implementierung der UN-Resolution 435 eingesetzt. Sie trägt nun auch Mitverantwortung für das Gelingen der Aktion.

    (Dr. Hornhues [CDU/CSU]: So ist es!)

    Natürlich tragen wir auch geschichtliche Verantwortung aus unserer kolonialen Zeit. Wir tragen schließlich Verantwortung für eine beachtliche deutschstämmige Minderheit, der wir helfen wollen, ein konstruktives Element beim Aufbau eines unabhängigen Namibia zu werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Niemand Politik- und Geschichtsbewußter wird eine besondere, eine Schwerpunktverantwortung der Bundesrepublik Deutschland für Namibia glattweg verneinen wollen, wird uns vorschlagen, hier nicht mehr engagiert zu sein als irgendwo anders.
    Wenn wir nun aber schon besondere Verantwortung tragen, dann treffen wir auf einen einmaligen Glücksfall. Entwicklungspolitik hat einen langen Weg von Versuch und Irrtum hinter sich. Wie oft hätten wir gerne noch einmal angefangen, um Irrwege zu vermeiden, die begrenzten Finanzmittel besser einzusetzen und vernachlässigte Fragen des soziokulturellen Umfeldes einzubeziehen. Hier ist die Chance. Hier können wir — vorausgesetzt, die künftigen Partner wollen dies, Frau Eid — zeigen, daß wir aus Erfahrungen gelernt haben. Dann können wir erfolgversprechende Modelle realisieren. Wir würden damit nicht nur Namibia-helfen, sondern auch Mißtrauen im benachbarten Südafrika abbauen.

    (Beifall des Abg. Dr. Hornhues [CDU/CSU])

    Herr Kollege Toetemeyer, natürlich gibt es in Südafrika Leute, die meinen: Herrlich, wenn der Fall mißlingt; dann ist die Wagenburg um so wirksamer! — Aber wir dürfen nicht vergessen, daß es in Südafrika auch viele gibt, die mit Hoffnung auf dieses Modell schauen. Das möchte ich hinzugefügt haben.
    Vielleicht darf ich eine kleine Bemerkung dazumachen. Herr Kollege Toetemeyer — man darf das über



    Graf von Waldburg-Zeil
    Parteigrenzen hinweg sagen —, mir hat Ihr Vortrag ganz ausgezeichnet gefallen. Man merkt, daß Sie von dieser Region nicht nur viel wissen, sondern auch ein bißchen mit dem Herzen daran hängen. Deshalb haben Sie es vermieden, innenpolitischen Streit in diese wichtige außenpolitische Frage zu tragen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Hier könnte das Beispiel gelingen, daß viele Gruppen harmonisch miteinander leben und zum Wohle aller zusammenwirken. Wir könnten den friedlichen Wiederaufbauprozeß in Angola fördern. Wir könnten Impulse für das gesamte südliche Afrika setzen helfen.
    Ein weiterer Glücksfall kommt hinzu. Ohne die Amerikaner und ohne die Sowjetunion — das möchte ich ganz ausdrücklich sagen — hätte die UNO-Resolution 435 weiter vergeblich auf ihre Verwirklichung gewartet. Herr Verheugen, ich glaube, man sollte hier eines dazusagen: Wenn es diese außenpolitische Sternstunde nicht gegeben hätte, hätte es sein können, daß es noch sehr lange gedauert hätte. Was bei uns immer wieder diskutiert worden ist, war die Frage: Was machen wir während dieser Zeit? Können wir da gar nichts tun? Oder können wir nicht z. B. mit freien Trägern anfangen, diesem Lande zu helfen?

    (Dr. Hornhues [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Beide Weltmächte wollen Frieden in dieser Region. In solcher Atmosphäre kann Entwicklungszusammenarbeit auch Früchte tragen.
    Nun ist gewiß kein Grund zur Euphorie gegeben. In Namibia stehen sich viele Gruppen mit Mißtrauen gegenüber. Dieses Mißtrauen abbauen zu helfen ist die zunächst wichtigste Aufgabe, an der auch wir uns beteiligen sollten, und zwar von allen Seiten her. Wir wollen weiterhin Kontakte und Gespräche zwischen allen politischen Kräften Namibias fördern. Wir wollen auf die Garantie der Menschenrechte sowie auf die Einhaltung der in den Verfassungsprinzipien von 1982 festgelegten Grundsätze rechtsstaatlich-demokratischer Verhältnisse drängen. Wir wollen das Überparteilichkeitspaket der Vereinten Nationen für die Parteien und Organe der UNO auch für uns selbst ernst nehmen. Ich meine, wir sollten, da sich die Situation geändert hat, vielleicht auch den Kirchen empfehlen, jetzt neutral zu sein.
    Mißtrauen herrscht in Namibia aber nicht nur zwischen Gruppen und Parteien. Es geht auch Angst um, zwar feierlich von vielen in die Unabhängigkeit begleitet zu werden, aber dann wirtschaftlich hängengelassen zu werden. Wir müssen deshalb auch Mitverantwortung dafür übernehmen, die wirtschaftlichen Grundlagen Namibias zu erhalten und auszubauen, und wir müssen uns unverzüglich darauf vorbereiten, sofort nach Implementierung der Resolution 435 in den Dialog mit der frei gewählten Regierung Namibias einzutreten und, wenn diese es will, in diesem Lande einen Schwerpunkt deutscher Entwicklungszusammenarbeit zu setzen und es vom Erfolg her zu einem besonderen Modellfall deutscher Entwicklungshilfe zu machen. Aber es geht nicht darum, diesem Land etwas aufzuoktroyieren.
    Ich freue mich, daß neben dem Antrag der Koalitionsparteien CDU/CSU und FDP auch die SPD und die GRÜNEN in eigenen Anträgen auf unsere besondere Verantwortung hingewiesen haben. Die Anträge differieren hinsichtlich der Begründung dieser Verantwortung, ergeben aber insgesamt gesehen eine sehr positive Schnittmenge in der politischen Willensbekundung, Namibia nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten zu unterstützen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und bei Abgeordneten der SPD)