Rede von
Wolfgang
Lüder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Fau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den beiden Anträgen, die hier eingebracht wurden, haben wir Ihnen eine Beschlußempfehlung vorgelegt, die meiner Meinung nach in der bisherigen Beratung ein bißchen zu kurz gekommen ist.
Wir haben die Anträge ernst genommen. Wir haben in die Beschlußempfehlung aufgenommen, was wir sagen mußten und sagen wollten. Als wir uns vor fast einem Jahr im Innenausschuß auf die heute hier vorliegende Beschlußempfehlung verständigten, wußten und ahnten wir nicht, wie bitter notwendig eine politische Manifestation des Deutschen Bundestages heute sein würde.
Für uns war es eine Selbstverständlichkeit, festzuhalten, daß das schwere Unrecht, das den Opfern nationalsozialistischer Verfolgung zugefügt wurde, nicht vergessen werden darf. Für uns war es eine Selbstverständlichkeit, die Kommunen zu ermuntern — damit komme ich zu einem Teil aus dem Antrag der GRÜNEN — , in vielfältiger Form bemüht zu bleiben, die Schrecken des nationalsozialistischen Terrors nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Dazu gehörte auch, daß wir ein klares Wort zu der Verfolgung der Sinti und Roma und verwandter Gruppen durch die Nationalsozialisten formuliert haben.
Ich finde es gut, richtig und notwendig, daß wir dieses hier noch einmal bekräftigen. Der Völkermord an den Sinti und Roma kann nicht weggeleugnet werden. Es darf keine Diskriminierung von Minderheiten, einzelnen gesellschaftlichen Gruppen oder einzelnen Angehörigen solcher Gruppen geben. Dieses in der Resolution festzuschreiben, halte ich für richtig und notwendig.
Herr Kollege Schröer, Sie haben gesagt, daß Sie auf die Punkte 1 und 6 des SPD-Antrags noch einmal zurückkommen wollten, auf die Einbeziehung der Sinti und Roma in den Kölner Beirat und die Frage der Staatsangehörigkeit. Ich meine, daß muß Sie nicht hindern, heute dem Teil B der Beschlußempfehlung zuzustimmen, weil wir selbstverständlich nicht — das darf ich auch für die Kollegen von der CDU sagen — den Einwand erheben würden, daß das Thema erledigt sei und von Ihnen nicht wieder angesprochen werden dürfe. Wir bleiben in beiden Punkten gesprächsbereit, ohne damit die Zusage zu geben, Ihnen auch die Mehrheit für das Ergebnis zu bringen. Ich wollte nur sagen, wie wir uns verhalten würden, wenn Sie erneut einen solchen Antrag einbrächten. Ich finde, das gehört auch zu dem Umgang, den wir in dieser Angelegenheit bisher miteinander gepflogen haben.
Meine Damen und Herren, ich halte die Situation gerade nach den Berliner Wahlen für wichtig und ernst, und ich halte es auch für notwendig, daß wir etwas dazu sagen, was in dieser Resolution ausgedrückt ist.
Wir haben ausgeführt, daß die Erinnerung an das schwere Unrecht, das den Opfern nationalsozialistischer Verfolgung zugefügt wurde, nicht verlorengehen darf. Wir haben dargelegt, daß wir uns um gerechte Wiedergutmachung bemühen. Ich nehme das auf, was an Fragezeichen dazu gekommen ist, ob wir das Ziel der Härteregelung im Wiedergutmachungsfonds wirklich erreicht haben, wenn wir weniger als 10 % der Ausgaben getätigt haben, die geplant waren. Ich nehme das auf, und wir werden darüber weiter beraten müssen.
Politisch bleibt aber wichtig: Spätestens seit den Berliner Wahlen wissen wir, daß am rechten Rand unseres Parteienspektrums die Ewiggestrigen mit der Parole auftreten, Vergangenheit müsse vergessen werden. Dazu sagen wir heute in dieser Resolution — deswegen ist sie so aktuell und notwendig — laut und deutlich: nein. Vergeßlichkeit ist fehl am Platze. Zum Vergessen darf es nicht kommen, da heute und in Zukunft Lehren aus den Unrechtstaten der Vergangenheit gezogen werden müssen.
Zum Vergessen kann es auch nicht kommen, solange die Opfer unter uns leben und sich die Täter ohne Scheu zur eigenen NS-Vergangenheit bekennen wie der Vorsitzende einer Partei, die nun auch noch in die Bundesversammlung einziehen wird.
Meine Damen und Herren, wenn Herr Schönhuber einerseits glaubt, stolz darüber sein zu können, freiwillig zur SS gegangen zu sein, und andererseits den Schlußstrich unter die Erinnerung an die NS-Verbrechen fordert, dann ist das für mich rechtsradikaler Extremismus.
Ich erinnere an das Wort, das, in meinen Augen noch heute gültig, 1952 vom damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss gesagt wurde. Er sagte, „daß die Völker, die Opfer gebracht haben, nie vergessen werden und nie vergessen können, was ihnen angetan wurde". Er fügte aber hinzu — dieses Wort muß uns nach wie vor leiten — :
Die Deutschen dürfen nie vergessen, was von Menschen ihrer Volkszugehörigkeit in diesen schamreichen Jahren geschah.
Wir dürfen nicht vergessen, und wir sagen mit unserer Resolution heute auch: Wir wollen nicht vergessen. Die Erinnerung muß uns weiter mahnen.
Danke.