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ID1112900200

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/129 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 129. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Februar 1989 Inhalt: Tagesordnungspunkt 16: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Vollmer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verleihung einer kommunalen Ehrenbürgerschaft an Verfolgte des Nationalsozialismus zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Verbesserung der Situation der Sinti und Roma (Drucksachen 11/1395, 11/224, 11/2196) Frau Dr. Wisniewski CDU/CSU 9489 B, 9491 A Schröer (Mülheim) SPD 9489 D Frau Dr. Vollmer GRÜNE 9492 A Lüder FDP 9493 A Schröer (Mülheim) SPD (Erklärung nach § 31 GO) 9494 A Tagesordnungspunkt 17: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Graf von Waldburg-Zeil, Dr. Hornhues, Dr. Pinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Hoppe, Frau Dr. HammBrücher, Dr. Feldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Die besondere Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für Namibia und alle seine Bürger (Drucksache 11/3934) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Toetemeyer, Verheugen, Dr. Ehmke (Bonn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Unabhängigkeit für Namibia (Drucksache 11/3996) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Förderung des Unabhängigkeitsprozesses in Namibia (Drucksache 11/4039) Klein, Bundesminister BMZ 9494 D Toetemeyer SPD 9496 D Dr. Hornhues CDU/CSU 9499 C Frau Eid GRÜNE 9501 C Irmer FDP 9503 D Schäfer, Staatsminister AA 9505 D Verheugen SPD 9507 D Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 9510 B Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Geldleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1989 (Drucksache 11/4027) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die gesetzlichen Rentenversicherungen, insbesondere über deren Finanzlage in den künftigen 15 Kalenderjahren, gemäß §§ 1273 und 579 der Reichsversicherungsordnung, § 50 des Angestelltenversicherungsgesetzes und § 71 des Reichsknappschaftsgesetzes (Rentenanpassungsbericht 1988) Gutachten des Sozialbeirats zur Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Juli 1989 und zu den Vorausberechnungen der Bundesre- II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1989 gierung über die Entwicklung der Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung (Drucksache 11/3735) Dr. Blüm, Bundesminister BMA 9512 A Heyenn SPD 9513 A Müller (Wesseling) CDU/CSU 9514 C Frau Unruh GRÜNE 9515 C Heinrich FDP 9516 B Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde betr. die Haltung der Bundesregierung zu Behauptungen in der Presse über das amerikanische NSA-System (Nationale Sicherheits-Agentur) Frau Beer GRÜNE 9517 B, 9524 D Lamers CDU/CSU 9518 A Dr. de With SPD 9518 C Dr. Hirsch FDP 9519 C Schäfer, Staatsminister AA 9520 C Dr. Nöbel SPD 9521 D Dr. Olderog CDU/CSU 9522 D Heimann SPD 9523 C Schwarz CDU/CSU 9524 B Lüder FDP 9525 A Becker (Nienberge) SPD 9526 A Nächste Sitzung 9526 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 9527* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 9527* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1989 9489 129. Sitzung Bonn, den 24. Februar 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 24. 02. 89 * Dr. Apel SPD 24. 02. 89 Austermann CDU/CSU 24.02.89 Bahr SPD 24.02.89 Bohlsen CDU/CSU 24.02.89 Dr. Briefs GRÜNE 24. 02. 89 Clemens CDU/CSU 24. 02. 89 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 24. 02. 89 Frau Dempwolf CDU/CSU 24. 02. 89 Egert SPD 24. 02. 89 Erler SPD 24. 02. 89 Eylmann CDU/CSU 24. 02. 89 Francke (Hamburg) CDU/CSU 24. 02. 89 ** Frau Fuchs (Verl) SPD 24. 02. 89 Gallus FDP 24. 02. 89 Dr. Geißler CDU/CSU 24. 02. 89 Genscher FDP 24. 02. 89 Dr. Glotz SPD 24. 02. 89 Dr. Götz CDU/CSU 24. 02. 89 Dr. Haack SPD 24. 02. 89 Frau Hasselfeldt CDU/CSU 24. 02. 89 Dr. Hauchler SPD 24. 02. 89 Dr. Hauff SPD 24. 02. 89 Frau Hämmerle SPD 24. 02. 89 Heimann SPD 24. 02. 89 Horn SPD 24. 02. 89 Dr. Hüsch CDU/CSU 24. 02. 89 Ibrügger SPD 24. 02. 89 Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU 24. 02. 89 Jaunich SPD 24. 02. 89 Jung (Düsseldorf) SPD 24. 02. 89 Kalisch CDU/CSU 24. 02. 89 Kastning SPD 24. 02. 89 Frau Kelly GRÜNE 24. 02. 89 Kirschner SPD 24. 02. 89 Dr. Kreile CDU/CSU 24. 02. 89 Link (Diepholz) CDU/CSU 24. 02. 89 Louven CDU/CSU 24. 02. 89 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 24. 02. 89 Meyer SPD 24. 02. 89 Dr. Mitzscherling SPD 24. 02. 89 Dr. Müller CDU/CSU 24. 02. 89 * Dr. Probst CDU/CSU 24. 02. 89 Reschke SPD 24. 02. 89 Reuschenbach SPD 24. 02. 89 Ronneburger FDP 24. 02. 89 ** Dr. Rose CDU/CSU 24. 02. 89 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Roth (Gießen) CDU/CSU 24. 02. 89 Frau Rust GRÜNE 24. 02. 89 Rühe CDU/CSU 24. 02. 89 Schmidt (München) SPD 24. 02. 89 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 24. 02. 89 Dr. Schmude SPD 24. 02. 89 Schreiber CDU/CSU 24. 02. 89 Steiner SPD 24. 02. 89 Stiegler SPD 24. 02. 89 Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 24. 02. 89 Dr. Vondran CDU/CSU 24. 02. 89 Vosen SPD 24. 02. 89 Frau Wieczorek-Zeul SPD 24. 02. 89 Frau Will-Feld CDU/CSU 24. 02. 89 Wischnewski SPD 24. 02. 89 Wissmann CDU/CSU 24. 02. 89 Wittich SPD 24. 02. 89 Würzbach CDU/CSU 24. 02. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/1674 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksachen 11/1760, 11/1761 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/2032 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/2724 Nr. 11-20 Drucksache 11/2899 Nr. 3.10, 3.12-3.19 Drucksache 11/3021 Nr. 2.6-2.9 Drucksache 11/3117 Nr. 2.3, 2.6-2.10 Drucksache 11/3200 Nr. 2.10, 2.12-2.30 Drucksache 11/3311 Nr. 2.10-2.18 Drucksache 11/3558 Nr. 3.13-3.35 Drucksache 11/3636 Nr. 2.11-2.14 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/3311 Nr. 2.19 Drucksache 11/3831 Nr. 26 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/2198 Nr. 2.12
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Roswitha Wisniewski


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bitte um Entschuldigung, es geht zunächst um eine kurze Bemerkung als Berichterstatterin.
    Es ist eine Klarstellung zu Punkt I.2. der von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP vorgelegten Beschlußempfehlung auf Drucksache 11/2196 vom 25. April 1988 notwendig. Dort wird auf die 50. Wiederkehr der sogenannten Reichskristallnacht verwiesen und dazu eine Empfehlung an die Kommunen ausgesprochen. Diese Empfehlung, zum Zeitpunkt der Abfassung der Entschließung, also im April 1988, formuliert, ist zwar heute, bedingt durch mehrere Verschiebungen der Beratung im Plenum, zeitlich überholt, in der politischen Zielsetzung aber genauso und weiterhin gültig. Deshalb wurde auf Änderungen am Wortlaut der Passage verzichtet. Die Verzögerung der Beratung ist im übrigen eine Folge des Falles Nachmann, bei dessen Bekanntwerden die damals vorgesehene Beratung dieses Tagesordnungspunktes auf Bitte der SPD-Fraktion abgesetzt wurde.


Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter Schröer hat das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Thomas Schröer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN, Verfolgten des NS-Regimes auf Antrag die Ehrenbürgerschaft ihrer Gemeinde zu verleihen, ist gut gemeint und in seiner Absicht ehrenwert. Aber er weist den falschen Weg, die Erinnerung an Verfolgte und Bedrängte, an „tausendjährige" Schrecken auch vor Ort wachzuhalten.
    Politisch Verantwortliche müssen die Konsequenzen ihres Handelns bedenken, zumal dann, wenn es um einzelne Menschen geht. Das soll sagen: Die bestgemeinte Absicht kann sich für die Betroffenen ins Gegenteil verkehren. Die Wirklichkeit unserer Gesellschaft ist Ihnen, Frau Vollmer, so gut bekannt wie mir. Würden Sie wirklich einem Zwangssterilisierten, einem sogenannten Asozialen, einem verfolgten Homosexuellen zuraten, unter Hinweis auf erlittenes Unrecht einen Antrag auf Ehrenbürgerschaft zu stellen? Würden Sie ihm zuraten, einen solchen Antrag zu stellen, wenn er in einer Kleinstadt lebt, wo jeder jeden kennt? Einen Antrag, der dann in Amtsstuben und Ratsgremien durchgehechelt und schließlich, nachsichtig belächelt, öffentlich diskutiert wird? Wer Süffisanz ertragen muß, fühlt sich erniedrigt. Erniedrigung verletzt häufig mehr als körperlicher Schmerz.

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Nichtachtung verletzt auch!)

    Wir wollen diese Erfahrungen niemandem zumuten. Deshalb werden wir Ihrem Antrag nicht folgen.



    Schröer (Mülheim)

    Meine Damen und Herren, ich denke, uns stünde auch gut an, Scheu davor zu haben, Menschen dazu zu nötigen, per Antragsvordruck mehr als das aus ihrer Erinnerung hervorzuholen, was sie selbst noch ertragen können.

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Genau das ist aber in den jetzigen Fragebögen der Fall!)

    — Dazu komme ich gleich; das ist ein anderer Punkt. Ich bin zunächst bei Ihrem Antrag.
    Ist jedem von uns bewußt, daß wir mit Formularen, die aus solchen Anträgen entstehen, Menschen, die Schreckliches erlebt haben, erneut weh tun, daß wir womöglich in intimste Bereiche ihres Lebens eindringen? Frauen und Männer, die von ihren Peinigern gezwungen worden sind, sich vor ihnen psychisch und physisch zu entblößen — und das im Wortsinn —, dürfen uns achtungsvolle Behutsamkeit abfordern.
    Ich habe jetzt die verfassungsrechtliche Problematik Ihres Antrages, die Sie ja kennen, bewußt außer acht gelassen. Mir kommt es darauf an, zu verdeutlichen, daß viele der Menschen, über die wir reden, auch heute noch häufig nur Achselzucken, schamlose Neugier, aber auch unverhohlene Diskriminierung erfahren.
    Sicher ist richtig: Unsere Gesellschaft hat das Barbarische abgestreift. Aber wir erleben noch immer
    — wenn auch in subtileren Formen — die Diskriminierung von sozialen Gruppen. Daß dies so ist, belastet uns, belastet uns zumal in den Augen der Opfer von damals. Ich sage: Ohne dieses Bekenntnis eigener Schuld wird es uns nicht möglich sein, ihnen aufrecht zu begegnen.
    Meine Damen und Herren, ich bin dankbar, daß sich alle Fraktionen in der uns vorliegenden Beschlußempfehlung dazu bekannt haben — jetzt zitiere ich — ,
    daß wir gesellschaftlicher Diskriminierung einzelner oder einzelner Gruppen — wo und in welcher Form auch immer sie erkennbar wird — mit Entschiedenheit entgegentreten.
    Nur, machen wir uns nichts vor. Ein solcher Beschluß des Bundestages verändert wenig in den Köpfen und Herzen der Menschen. Aber er setzt Maßstäbe für unser eigenes politisches Handeln.
    Dies gilt auch für die Anerkennung der ethnischen Minderheiten der Sinti und Roma, für ihre Anerkennung als deutsche Volksgruppen mit eigener Sprache und kultureller Identität. Ihre Geschichte ist unverzichtbarer Bestandteil unserer eigenen Geschichte.
    Das Ziel der NS-Schergen war es, diese Volksgruppen auszurotten. Es gehört zu den Peinlichkeiten der Nachkriegsgeschichte, daß es Jahrzehnte gedauert hat, bis ein Kanzler der Bundesrepublik Deutschland
    — es war Helmut Schmidt — öffentlich erklärte, daß die Verbrechen des NS-Regimes an Sinti und Roma aus der nazistischen Rassenideologie resultierten und als Völkermord anzusehen seien. Ich bekräftige: Sie waren Völkermord.
    Dies zuzugestehen, ist vielen schwergefallen, auch wegen einer unverständlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die Vorurteilen Vorwände lieferte. Eine veränderte Rechtsprechung hat
    die Diskriminierung von Sinti und Roma und ihre Ausgrenzung nicht behoben. Bis in die jüngsten Tage erleben wir Beispiele dafür, daß Sinti und Roma von Behörden, Richtern, Medien und Politikern wie „Fremde im eigenen Hause" behandelt werden.
    Wir schämen uns darüber.
    Meine Damen und Herren, um so unverständlicher ist uns, daß die Koalitionsfraktionen unseren Antrag abgelehnt haben, allen Sinti und Roma, denen nach 1945 der deutsche Paß entzogen wurde, die deutsche Staatsangehörigkeit zuzuerkennen. Wir fordern, daß Sinti und Roma, die sich ohne Staatsbürgerschaft oder mit ungeklärter Staatsbürgerschaft in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, einen Fremdenpaß ausgestellt bekommen. Mehr noch: Wir brauchen eine europäische Regelung, wonach jedem Sinti und Roma, der in einem westeuropäischen Land ansässig ist, ein Aufenthaltsrecht und eine Arbeitserlaubnis auch in allen anderen westeuropäischen Ländern zuerteilt wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn wir es mit der sogenannten Wiedergutmachung ernst meinen, dann ist dies eine Bringschuld. Wir fordern die Bundesregierung auf, mit den übrigen europäischen Staaten hierüber Gespräche zu führen.
    Nebenbei bemerkt: Bevor die Bundesregierung diese Gespräche führt, sollte sie aus ihrem eigenen Sprachgebrauch den Begriff „Zigeuner" tilgen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Ich empfinde es nur mehr als peinlich, daß noch in einem Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesfinanzminister vom 17. Februar 1989 an den Innenausschuß wiederholt die Bezeichnung „Zigeuner" für die Volksgruppen der Sinti und Roma verwandt wird. Alle Ehre beginnt damit, daß man jemanden bei seinem Namen nennt. „Zigeuner" ist nicht deren Name. Sie heißen „Sinti" und „Roma".
    Meine Damen und Herren, wir bleiben auch bei unserer Auffassung, daß in den Beirat für den Wiedergutmachungsdispositionsfonds ein Vertreter des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma zu berufen ist. Auch diesem Anliegen sind die Koalitionsfraktionen nicht gefolgt. Deshalb bitte ich um Verständnis dafür, daß wir der Beschlußempfehlung des Innenausschusses nur hinsichtlich des Punktes A zustimmen werden. Den Punkt B müssen wir ablehnen.
    Ich bitte deshalb, Frau Präsidentin, über die Punkte A und B getrennt abstimmen zu lassen.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch eine bedrückende Erfahrung der letzten Monate ansprechen. Die Ausführung der vom Bundestag beschlossenen sogenannten Härterichtlinien für die vergessenen Opfer des NS-Regimes wächst sich zunehmend zu einem Skandal aus. Von den im Haushalt des Bundestags veranschlagten 300 Millionen DM sind in 1988 nur 5,9 Millionen DM tatsächlich abgeflossen. Es mehren sich die Beschwerden über ein von uns Sozialdemokraten nicht gewolltes bürokratisches Prüfverfahren und über das Problem der Anrechnung von Leistungen aus diesem Fonds auf Sozialhilfeleistungen. Auch die Anrechnung des Famileineinkom-



    Schröer (Mülheim)

    mens ist ein Ärgernis, das wir nicht länger hinzunehmen gewillt sind.
    Wir wollten eine unbürokratische Lösung. Damit haben wir uns nicht durchsetzen können. Was wir heute erneut fordern, ist mehr Sensibilität für Menschen, die wahrlich genug gelitten haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Wiedergutmachung darf sich nicht in der Ausgabe von Antragsformularen erschöpfen. Der Deutsche Bundestag ist gefordert, hierzu Fakten zu setzen, mit denen er sich auf die Seite der Bedrängten und Verfolgten stellt, um endlich einzulösen, was uns Gustav Heinemann — unvergessen — als Vermächtnis mit auf den Weg gegeben hat, nämlich daß sich die demokratische Qualität eines Staates daran erweist, wie er mit seinen Minderheiten umgeht.

    (Beifall bei der SPD)