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    Plenarprotokoll 11/125 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 125. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 16. Februar 1989 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Rawe 9127 A Bestimmung des Abg. Wilz als ordentliches Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses an Stelle des ausgeschiedenen Abg. Wimmer (Neuss) 9127 B Bestimmung des Abg. Pfuhl zum Mitglied des Verwaltungsrats der Deutschen Ausgleichsbank an Stelle des ausgeschiedenen Herrn Heinz Rapp 9127 B Erweiterung der Tagesordnung 9127 B Tagesordnungspunkt 3: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. April 1988 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Simbabwe zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen, vom Vermögen und von den Gewinnen aus der Veräußerung von Vermögen (Drucksache 11/3645) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes (Drucksache 11/3915) c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Straßenbaubericht 1987 (Drucksache 11/3069) d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Saibold und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verbesserung des Produkthaftungsgesetzes (Drucksache 11/3718) e) Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung in die Veräußerung eines bundeseigenen Grundstücks in Düsseldorf gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung (Drucksache 11/3797) f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Daniels (Regensburg), Stratmann, Frau Teubner und der Fraktion DIE GRÜNEN: Energiesparprogramm für den Wärmemarkt (Drucksache 11/2318) 9128 D Zusatztagesordnungspunkt 1: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuches — Eindämmung der Spielhallenflut und sonstiger städtebaulich nicht vertretbarer Nutzungen — (Drucksache 11/3952) 9128 D Zusatztagesordnungspunkt 2: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Verhülsdonk, Dr.-Ing. Kansy, Dr. Hornhues, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Grünbeck, Lüder, Dr. Hitschler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Verhinderung von negativen städtebaulichen Auswirkungen von Spielhallen und Änderung der umsatzsteuerlichen Behandlung von Geldspielgeräten (Drucksache 11/3999) 9128 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 125. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Februar 1989 Tagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" (Drucksache 11/2583) Dr. Kohl, Bundeskanzler 9129A Duve SPD 9131 D Neumann (Bremen) CDU/CSU 9135 C Frau Dr. Vollmer GRÜNE 9138 C Beckmann FDP 9141A Frau Odendahl SPD 9142 D Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 9144 A Conradi SPD 9146 A Lüder FDP 9147 C Tagesordnungspunkt 5: a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahreswirtschaftsbericht 1989 der Bundesregierung (Drucksache 11/3917) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresgutachten 1988/ 89 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache 11/3478) c) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes nach Artikel 104 a Abs. 4 des Grundgesetzes an die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Saarland (Zukunftsinitiative Montanregionen — Zukunftsprogramm Küste) (Drucksachen 11/1551, 11/3647, 11/3848) d) Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung über den jährlichen Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat über die wirtschaftliche Lage in der Gemeinschaft und die Festlegung der wirtschaftspolitischen Leitlinien für 1989 „mehr Wachstum und Beschäftigung auf dem Weg zum Binnenmarkt" (Drucksache 11/3757) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Sofortprogramm „Arbeit, Umwelt und Investitionen" (Drucksachen 11/1552, 11/3262) Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi 9149B, 9185D Roth SPD 9152 C Wissmann CDU/CSU 9157 A Stratmann GRÜNE 9160D Dr. Graf Lambsdorff FDP 9164 D Dr. Jens SPD 9169A Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 9171D Frau Matthäus-Maier SPD 9174 B Hinsken CDU/CSU 9177 C Kittelmann CDU/CSU 9179 D Vahlberg SPD 9181 B Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 9183 A Uldall CDU/CSU 9184 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Aktuelle Stunde betr. die Situation in Afghanistan Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE . 9186C, 9193 B Dr. Todenhöfer CDU/CSU 9187 B Dr. Holtz SPD 9188 A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 9188D Duve SPD 9189 C Höffkes CDU/CSU 9190 C Frau Luuk SPD 9191 B Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Staatsminister AA 9192 A Dr. Glotz SPD 9193 D Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 9194 D Frau Würfel FDP 9195 C Tagesordnungspunkt 6: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 26. November 1976 zum Abkommen vom 22. November 1950 über die Einfuhr von Gegenständen erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters (Drucksachen 11/2277, 11/3922) 9196B Tagesordnungspunkt 7: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Einhundertfünfte Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — (Drucksachen 11/3323, 11/3936) 9196B Tagesordnungspunkt 8: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) des Rates zur Durchführung des Beschlusses vom 24. Juni 1988 über das System der eigenen Mittel der Gemeinschaften (Drucksachen 11/3200 Nr. 2.3, 11/3868) 9196 C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 125. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Februar 1989 III Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 32 08 Titel 870 01 — Inanspruchnahme aus Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen — (Drucksachen 11/3565, 11/3636 Nr. 1.5, 11/3869) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgabe im Haushaltsjahr 1988 bei Kapitel 10 02 Titel 656 51 — Altershilfe für Landwirte — (Drucksachen 11/3481, 11/3636 Nr. 1.3, 11/3870) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 13 Titel 656 03 — Zuschuß des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung — (Drucksachen 11/3470, 11/3636 Nr. 1.2, 11/3871) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 13 Titel 646 06 — Leistungen des Bundes für Aufwendungen aus der Anrechnung von Zeiten der Kindererziehung — (Drucksachen 11/3564, 11/3636 Nr. 1.4, 11/3872) 9197 A Tagesordnungspunkt 13: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 97 zu Petitionen (Drucksache 11/3914) 9197 A Tagesordnungspunkt 14: Erste Beratung des von der Abgeordneten Frau Nickels und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der medizinischen Versorgung für Gefangene (Drucksache 11/3243) Frau Nickels GRÜNE 9197 B Geis CDU/CSU 9199 A Dr. de With SPD 9201 B Funke FDP 9202 D Engelhard, Bundesminister BMJ 9204 A Tagesordnungspunkt 15: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung „Sport und Umwelt" (Drucksache 11/2134) Nelle CDU/CSU 9205 B Lambinus SPD 9207 D Baum FDP 9209B Brauer GRÜNE 9211B Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 9212 C Dr. Wernitz SPD 9214 B Tagesordnungspunkt 16: a) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Umweltzerstörung und zum Schutz der Meeresschildkröte Caretta caretta in der Türkei im Rahmen deutscher Entwicklungszusammenarbeit (Drucksache 11/2657) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Schanz, Bindig, Frau Blunck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Einrichtung eines Nationalparks und ökologisch verträgliche Entwicklung im Dalyan-Delta (Drucksache 11/3452) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Brauer, Frau Eid, Frau Hensel, Frau Saibold und der Fraktion DIE GRÜNEN: Ökologisch verträgliche Tourismusentwicklung u. a. im Dalyan-Delta und Einrichtung eines Nationalparks (Drucksache 11/3454) d) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Brauer, Frau Hensel, Frau Saibold und der Fraktion DIE GRÜNEN: Finanzielle Beteiligung des Bundes an dem naturzerstörenden Hotelbauprojekt im Dalyan-Delta (Türkei) zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Hartenstein, Frau Blunck, Hiller (Lübeck), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Finanzmittel der DEG zum Bau eines Touristik-Hotels in Dalyan (Türkei) (Drucksachen 11/1666, 11/1872, 11/2352) Dr. Pohlmeier CDU/CSU 9216B Schanz SPD 9217 D Frau Folz-Steinacker FDP 9219A Frau Hensel GRÜNE 9221A Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär BMZ 9222 D Tagesordnungspunkt 17: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung einge- IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 125. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Februar 1989 brachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 18. Oktober 1969 zur Errichtung der Karibischen Entwicklungsbank (Drucksachen 11/3140, 11/3953, 11/3954) Schreiber CDU/CSU 9224 D Dr. Holtz SPD 9226 A Frau Folz-Steinacker FDP 9227 D Volmer GRÜNE 9228 B Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär BMZ 9229 A Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) (Drucksache 11/3919) Dörflinger CDU/CSU 9230 B Schäfer (Offenburg) SPD 9232 B Baum FDP 9234 B Brauer GRÜNE 9236 A Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 9237 B Frau Dr. Hartenstein SPD 9239 B Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrags der Abgeordneten Müller (Düsseldorf), Frau Adler, Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Maßnahmen zur Verringerung der Umweltbelastung durch Asbest (Drucksache 11/2642) Müller (Düsseldorf) SPD 9241 C Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 9243 B Frau Garbe GRÜNE 9244 A Frau Dr. Segall FDP 9245 A Gröbl, Parl. Staatssekretär BMU 9246 A Tagesordnungspunkt 20: a) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Eisenbahnkreuzungsgesetz) (Drucksachen 11/2387, 11/3633) b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes (Drucksache 11/3e0) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Weiss (München), Frau Rock und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verstoß gegen § 5 Bundesbahngesetz durch den Deutschen Bundestag (Drucksache 11/3648) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags der Abgeordneten Weiss (München), Kreuzeder und der Fraktion DIE GRÜNEN: Ausbau der Bundesbahnstrecke München—MühldorfFreilassing (Drucksache 11/3973) Bohlsen CDU/CSU 9248 A Dr. Niese SPD 9249 C Kohn FDP 9250 D Weiss (München) GRÜNE 9251 D Jung (Limburg) CDU/CSU 9253 A Kretkowski SPD 9255 C Nächste Sitzung 9256 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 9257 A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 125. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Februar 1989 9127 125. Sitzung Bonn, den 16. Februar 1989 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 17. 2. Austermann 16. 2. Bauer 16. 2. Bindig 17. 2. Dr. von Billow 16. 2. Egert 17. 2. Eylmann 16. 2. Frau Flinner 16. 2. Gallus 17. 2. Glos 16. 2. Dr. Haack 17. 2. Dr. Hauchler 17. 2. Dr. Hauff 17. 2. Frhr. Heereman von Zuydtwyck 17. 2. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Heimann 17. 2. Jaunich 17. 2. Frau Karwatzki 17. 2. Klose 16. 2. Dr. Kreile 16. 2. Dr.-Ing. Laermann 17. 2. Maaß 17. 2. Dr. Mitzscherling 17. 2. Möllemann 17. 2. Pfuhl 16. 2. Poß 16. 2. Reuschenbach 17. 2. Frhr. von Schorlemer 16. 2. Verheugen 17. 2. Voigt (Frankfurt) ** 16. 2. Dr. Warnke 16. 2. Weisskirchen (Wiesloch) 17. 2. Wetzel 17. 2. Frau Dr. Wisniewski 16. 2. Würtz 17. 2. Zierer * 17. 2. Dr. Zimmermann 17. 2.
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    Rede von Bernd Neumann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Herr Kollege Duve, ich war der Auffassung, Sie würden hier einen Beitrag zur Tagesordnung und zum Thema Haus der Geschichte, zu seiner Aufgabe und zu seiner Konzeption leisten. Das haben Sie nicht getan. Sie haben auch vorweg — deswegen will ich in einem Satz darauf eingehen — zur Berliner Wahl Stellung genommen. Hier muß ich sagen: Daß gerade Sie uns nun im Hinblick auf die Berliner Wahl belehren wollen, was den demokratischen Konsens angeht, obwohl es Ihre Partei in Berlin ist, die entgegen den Versprechungen vor der Wahl dabei ist, eine Regierung mit einer Gruppierung zu bilden, die wichtige Teile unserer Verfassung mißachtet, das ist nun wirklich absurd.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von den GRÜNEN: Au, au! — Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Herr Neumann, so ein Quatsch!)

    Lassen Sie mich zum Thema kommen. Meine Damen und Herren, in der ersten Regierungserklärung von Bundeskanzler Helmut Kohl 1982 heißt es:
    Unsere Republik, die Bundesrepublik Deutschland, entstand im Schatten der Katastrophe. Sie hat inzwischen ihre eigene Geschichte. Wir wollen darauf hinwirken, daß möglichst bald in der Bundeshauptstadt Bonn eine Sammlung zur Deutschen Geschichte seit 1945 entsteht, gewidmet der Geschichte unseres Staates und der geteilten Nation.
    Meine Damen und Herren, mit dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn soll kein Museum im herkömmlichen Sinne entstehen, sondern ein lebendiges Ausstellungs-, Dokumentationszentrum, das in anschaulicher Weise Kenntnisse über die jüngere Geschichte unseres Landes vor dem Hintergrund des geteilten Deutschlands vermittelt und zur Auseinandersetzung hiermit anregt. Es ist insbesondere ein Angebot an die jährlich fast 400 000 Bonn-Besucher, bei denen Interesse an historisch-politischen Informationen zur Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt werden kann. Die Zielsetzung des Vorhabens wird bisher von keiner anderen Institution innerhalb oder außerhalb Bonns erfüllt. Die ständigen Ausstellungen im Reichstag in Berlin zu „Fragen an die deutsche Geschichte" und in Rastatt zu den Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte, das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg, das Deutsche Museum in München oder verwandte Einrichtungen haben andere thematische oder zeitliche Schwerpunkte.
    Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß bereits in der Bundesregierung unter Helmut Schmidt, wenn auch zurückhaltend, darüber nachgedacht wurde, die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland darzustellen. Altbundespräsident Scheel hat 1978 bei einem Besuch im Bundesarchiv in Koblenz sogar eine dementsprechende Forderung erhoben. Aber wie in vielen anderen Bereichen hat die Regierung Helmut Kohl nicht nur gedacht und geredet, sondern auch gehandelt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deshalb hat wohl auch der Abgeordnete Conradi in
    der Bundestagsdebatte am 9. November 1984 für die



    Neumann (Bremen)

    SPD wörtlich erklärt: „Wir finden es gut, daß Sie dieses Haus der Geschichte planen".
    Selten hat es über die Entstehung eines Museums oder einer vergleichbaren Einrichtung eine so breite öffentliche und auch transparente Diskussion wie beim Haus der Geschichte gegeben. Sie war und ist gewollt, um eine breite Beteiligung der interessierten Öffentlichkeit sicherzustellen. Der Entwurf einer Grundkonzeption, der von einem unabhängigen Sachverständigengremium erarbeitet wurde, wurde an über 100 gesellschaftliche Gruppen, Institutionen und Einzelpersonen zur Stellungnahme übersandt. Viele der eingegangenen Anmerkungen und Ergänzungswünsche wie auch die Ergebnisse einer von der SPD-Fraktion im Mai 1984 durchgeführten Anhörung wurden in die endgültigen Vorstellungen einbezogen. Nicht alle, Herr Kollege Duve, aber einige, auch von Ihnen.
    Im Rahmen der damaligen Diskussion — auch der heutigen; bei Herrn Duve ist das, soweit ich ihn zum Thema verstehen konnte, angeklungen — gab es Kritik aus unterschiedlichen Richtungen. Beispiele : Die Beteiligung des Parlamentes sei mangelhaft, die Mitwirkungsmöglichkeiten der Stiftungsorgane seien nicht ausreichend, die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland würde nur positiv dargestellt und auf die schreckliche Vorgeschichte verzichtet. Oder: Die Teilung Deutschlands werde durch eine solche Ausstellung wie der der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland öffentlich abgesegnet und gebilligt; es entstehe eine Regierungsstiftung mit regierungsamtlichem Geschichtsbild. Oder: Ein größtmöglicher Konsens werde ernsthaft nicht gesucht. Oder auch: Das Konzept sei altbacken und museal.
    Inzwischen gibt es ein Provisorium für das Haus der Geschichte, das Werkstattcharakter hat. Mehrere Ausstellungen sind erfolgt. Der Direktor wurde berufen. Die Organe der Stiftung tagen nach dem Erlaß für eine unselbständige Stiftung. Herr Kollege Duve, die bisherige Arbeit und ihre Ergebnisse machen deutlich, daß die damals und zum Teil von Ihnen jetzt wieder geäußerte Kritik in keinem Punkt der Realität entspricht.
    Hier spreche ich die Mitwirkung des Deutschen Bundestages an. Ich weiß gar nicht, Herr Duve, was Sie sich vorstellen, was der Deutsche Bundestag kann und was er nicht kann. Es kann doch wohl nicht die Aufgabe der Mitglieder dieses Hauses sein, die Arbeit der Museumspädagogen, der Historiker und der Politologen zu übernehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Aber die Konzepte!)

    Das kann nicht die Aufgabe sein. Mir ist es auch viel wohler, wenn Herr Mommsen, Herr Professor Gall, Herr Professor Löwenthal und andere an dieser Konzeption entscheidend mitwirken und nicht solche Kollegen wie Herr Duve. Das muß ich ganz ehrlich sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Sellin [GRÜNE]: Wo bleiben die Frauen?)

    Es kann doch nur darum gehen, daß das Parlament den Aufbau dieses zeitgeschichtlichen Museums begleitet und kontrolliert, daß es auf den ordentlichen und angemessenen Rahmen achtet, aber daß es nicht geschichtliche Inhalte vorschreibt, wie Sie es aus Ihrer Sicht gern wollen, Herr Kollege Duve.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Aber über historische Konzepte kann man diskutieren!)

    — Auf Sie komme ich gleich, Frau Vollmer. Sparen Sie sich Ihre Zwischenrufe auf.
    Herr Kollege Duve, und was die Mitwirkung und die Kontrolle betrifft, da können Sie sich nun wirklich nicht beklagen. Ich beklage allerdings, daß die SPD-Fraktion ihren offiziellen Platz in dem Kuratorium, in dem entscheidenden Gremium, nicht einnimmt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Aber wie ist es wirklich?


    (Abg. Duve [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Nein, Herr Kollege Duve, ich möchte aus Zeitgründen keine Zwischenfrage zulassen.

    (Frau Odendahl [SPD]: Aber Vorwürfe erheben!)

    Herr Kollege Duve ist aber trotzdem dabei; das ist nämlich die Taktik. Herr Duve nimmt den Status des Beobachters im Kuratorium ein. Er redet mit, er diskutiert — er kann sich gar nicht darüber beschweren, daß seine Argumente nicht aufgenommen werden; das hat er eben bestätigt — nach dem Motto: mitmachen, aber nie dabeigewesen sein, sich aus der Verantwortung stehlen. Das ist nicht der ordentliche Bundestagsabgeordnete, den ich mir vorstelle.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In dem Kuratorium, dem entscheidenden Gremium, wirken zu einem Drittel Abgeordnete des Deutschen Bundestages mit. Alle bisherigen Entscheidungen zur Planung und Konzeption sind auch von den SPD-regierten Ländern einstimmig mitbeschlossen worden. Nur, meine Damen und Herren von der SPD, damit Sie das wissen: Herr Duve weiß das, aber er verschweigt es.
    Es ist auch richtig, daß es bei einer solchen öffentlichen Einrichtung ein Gremium gibt, welches Weisungs- und Entscheidungskompetenz hat. Anders geht es gar nicht.
    Aber es ist auch richtig, Herr Kollege Duve, daß es zwei andere Organe gibt. Das eine ist der Arbeitskreis gesellschaftspolitisch relevanter Kräfte; der Bundeskanzler hat darauf hingewiesen. Ihm gehören Repräsentanten der Kirchen, des Zentralrates der Juden, der Gewerkschaften, der Vertriebenen, des Deutschen Frauenrates, des Bundesjugendrings und anderer Institutionen an. In diesem Arbeitskreis werden die Planung und Durchführung begleitet und diskutiert. Ich habe noch nicht gehört — sonst hätten Sie zumindest schon dazu beigetragen, daß es in der Zeitung gestanden hätte, Herr Kollege Duve — , daß es dort über Gebühr große Kontroversen gegeben hat. Meine Damen und Herren, diese von mir genannten Repräsentanten wären schon in der Lage, bei einseitiger Aus-



    Neumann (Bremen)

    richtung des Hauses der Geschichte öffentlich und nichtöffentlich Wirkung zu erzeugen.
    Es gibt ein drittes Organ, meine Damen und Herren. Das ist der sogenannte Wissenschaftliche Beirat mit 21 hochkarätigen Staatsrechtlern, Museumsfachleuten und Politologen. Persönlichkeiten wie Professor Arnulf Baring, Helga Grebing, Richard Löwenthal und Hans Mommsen gehören dazu. Es kann doch keiner ernsthaft glauben, meine Damen und Herren, daß gerade die von mir genannten Mitglieder dieses Beirates eine regierungsamtliche Darstellung der Zeitgeschichte jemals akzeptieren würden.
    Deshalb fasse ich, was diesen Punkt betrifft, zusammen.
    Beim Aufbau des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wirken Politiker aller Parteien, Wissenschaftler und Fachleute unterschiedlicher Richtungen sowie Repräsentanten wichtiger gesellschaftlicher Gruppen mit, so daß die deutsche Geschichte so dargestellt werden wird, wie es Bundeskanzler Helmut Kohl vor dem Deutschen Bundestag 1982 formulierte. Ich zitiere:
    ... daß sich die Bürger darin wiedererkennen, offen für kontroverse Deutungen und Diskussionen, offen für die Vielfalt geschichtlicher Betrachtungsmöglichkeiten. In einer freien Gesellschaft
    — so Helmut Kohl —
    gibt es nach unserer Überzeugung kein geschlossenes und schon gar nicht ein amtlich verordnetes Geschichtsbild. Niemand, niemand hat das Recht, anderen seine Sicht und seine Deutung der Geschichte aufzudrängen.
    Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, ob es überhaupt möglich ist, einen breiten Konsens über die Bewertung geschichtlicher, ja, zeitgeschichtlicher Ereignisse herzustellen. Gibt es bei der Vorgeschichte und bei der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Konsensfähiges, auf das man zurückgreifen sollte? Professor Löwenthal bejaht dies; Professor Elfwein bestreitet es. Wenn aber schon bei Historikern darüber Uneinigkeit besteht, wird Einigkeit in diesem Hause schon gar nicht zu erreichen sein. Gerade deshalb gilt das soeben zitierte Wort des Kanzlers — ich wiederhole — :
    Das Haus der Geschichte muß offen sein für die Vielfalt geschichtlicher Betrachtungsmöglichkeiten.

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: So ist das Ding aber nicht angelegt! Es geht alles deterministisch ab!)

    Dennoch kann und soll die Konzeption des Hauses der Geschichte nicht völlig wertneutral sein; das ist etwas anderes.
    Es müssen — so finden wir — die Wertvorstellungen zugrunde gelegt werden, Frau Vollmer, auf denen unsere freiheitliche Grundordnung beruht und die in unserer Verfassung verankert sind. Wer diesen demokratischen Grundkonsens unserer Verfassung nicht akzeptiert, kann sich auch kaum mit der Konzeption
    des Hauses der Geschichte im Einvernehmen befinden.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Das trifft auf die Partei der GRÜNEN, die sich bewußt als Anti-System-Partei auffaßt, voll zu. Die GRÜNEN geben durch die Infragestellung des Mehrheitsprinzips — siehe Volkszählungsboykott — , die Propagierung eines Widerstandsrechts gegen legale Staatsentscheidungen sowie die mangelnde Distanzierung von Gewalt in der politischen Auseinandersetzung Grundpositionen auf, die allen demokratischen Parteien seit 1945 gemein waren.
    Meine Damen und Herren, wer diese Axiome unserer demokratischen Grundordnung nicht akzeptiert, ist zwangsläufig als Kritiker des Hauses der Geschichte disqualifiziert.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In diesem Zusammenhang, Herr Duve, was den Konsens und die Kriterien für einen Konsens angeht — ich wiederhole meine Eingangsbemerkung —

    (Duve [SPD]: Sie sind weiß Gott polemischer als ich vorhin!)

    bestürzt mich einigermaßen, daß Ihre Partei mit dieser großen demokratischen Tradition mit einer derartigen politischen Gruppierung, die dies eben mißachtet, was von mir als Axiom dargestellt worden ist, sogar eine Regierung bilden will.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, der Vorwurf, mit der Einrichtung des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland werde die deutsche Teilung abgesegnet und gebilligt, ist abwegig. Im Gegenteil, das Haus der Geschichte muß und wird dazu beitragen, mehr über die unerschiedlichen politischen Systeme in Deutschland zu informieren, Wissensdefizite über die Spaltung sowie den freien und den unfreien Teil unseres Vaterlandes gerade bei jungen Bürgern auszugleichen, die Problematik und Unnatürlichkeit der Teilung darzulegen, um damit dem Wiedervereinigungsgebot in der Präambel unseres Grundgesetzes zu entsprechen. Helmut Kohl hat vorhin gesagt: Die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist nur ein Teil der deutschen Geschichte. Weil dies so ist, ist auch eine enge Verbindung zu dem in Berlin geplanten Deutschen Historischen Museum angestrebt, das die deutsche Geschichte insgesamt zum Gegenstand haben wird.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Beide Einrichtungen sollen und müssen sich gegenseitig ergänzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Kollege Duve, das Haus der Geschichte wird sich, wie Sie wissen, nicht isoliert auf die Ereignisse nach 1945 beziehen, nach dem Motto: Den guten Teil der Geschichte verwaltet man in Bonn und den schlechten, vor 1945, in Berlin. Für die Zeit vor 1945 sind zwei ständige Ausstellungseinheiten vorgesehen — Sie nehmen ja für sich in Anspruch, daß Sie dazu beigetragen haben, daß dies so konzipiert ist; das ist ja auch der Sinn der parlamentarischen Mitwirkung,



    Neumann (Bremen)

    deswegen sollten Sie viel intensiver mitwirken — , und zwar zum einen zur nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und zum anderen zu den geschichtlichen Vorläufern unserer Demokratie — darauf haben Sie hingewiesen — , was sicherlich zurückgehen kann bis 1848 und möglicherweise bis in die Zeit davor.
    Deshalb ist der Vorwurf seitens der GRÜNEN, von Herrn Ströbele, dem Senator in spe in Berlin, Frau Vollmer, kürzlich und auch in der letzten Debatte hierzu geäußert, im Deutschen Historischen Museum und im Haus der Geschichte solle die Erinnerung an die Nazi-Barbarei getilgt werden, die deutsche Geschichte — so polemisieren Sie — solle entsorgt werden, abwegig, töricht und wahrheitswidrig.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Am besten, meine Damen und Herren, mißt man den Wahrheits- und Realitätsgehalt aller theoretischen Diskussionen und solcher Debatten an den praktischen Erfahrungen. Unter Verantwortung des inzwischen berufenen Direktors Dr. Hermann Schäfer hat das Noch-Provisorium des Hauses der Geschichte mit seinen beiden Ausstellungen „Notbehelfe der Nachkriegszeit" und „Medien vor 40 Jahren" positive Schlagzeilen in allen deutschen Tageszeitungen gemacht. Während z. B. bei dem ersten Thema die Abgeordneten der CDU/CSU 15, die Kollegen der SPD 13 Besuchergruppen in diese Ausstellung führten, war es bei der zweiten Ausstellung deutlich umgekehrt. Sogar eine Gruppe der Kollegen der GRÜNEN gehörte zu den Besuchern, was deutlich macht, meine Damen und Herren, daß die Arbeit des Hauses der Geschichte parteiübergreifend Anerkennung findet. Dieses waren keine Ausstellungen zur Geschichte des bundesrepublikanischen Establishments — so der Originalton früherer Kritik — , sondern lebensnahe, von vielen Bürgern zusammengetragene Exponate und Dokumente der Nachkriegszeit, in anschaulicher Form präsentiert, mit der Zielsetzung: erinnern und bewahren.
    Lassen Sie mich Ihnen zum Abschluß ein Zitat des selbsternannten Oberzensors Henri Nannen vortragen.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Aus welchem Jahr, Herr Kollege?)

    Herr Nannen formulierte in einem Schreiben zum SPD-Hearing des Jahres 1984 zur Planung des Hauses der Geschichte wie folgt — ich zitiere — : „Wenn der Besucher durch das Haus gegangen ist, muß er sehen, riechen, hören, schmecken, wie es in der Bundesrepublik zugeht. " Dann Nannen weiter: „Ich sage Ihnen voraus: Aus der Sache wird nichts."
    Meine Damen und Herren, Henri Nannen hat sich wieder einmal geirrt: Aus der Sache ist schon etwas geworden. Wer in den Ausstellungen war, konnte schmecken und riechen, wie es zu Beginn der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland vor sich ging. Aus der Sache wird auch noch mehr. Die Aussage des Sozialdemokraten Professor Richard Löwenthal, es gebe weltweit kein größeres Land, in dem die Masse der Menschen so wenig Verhältnis zu ihrer Geschichte habe wie die Bundesrepublik Deutschland, ist eine Mahnung. Dies zu ändern ist auch unsere Aufgabe. Das Haus der Geschichte wird, da bin ich sicher, dazu einen Beitrag leisten.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Abgeordnete Antje Vollmer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Antje Vollmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lange, sehr lange hat es gedauert, bis das Parlament nun endlich über die Projekte und einen reellen Gesetzentwurf über den Plan, ein Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu bauen, um Debatte gebeten wird. In diesem späten Zeitpunkt steckt selbst ein Stückchen Geschichtsverständnis, ebenso wie in der Frage, die wir auch zu entscheiden haben, ob es hier nur um ein Gebäude geht und sich deswegen der Bauausschuß damit beschäftigen muß oder ob es mit diesem Haus der Geschichte um ein Stück Einfluß auf die Politik im Innern unseres Landes, um ein Stück Sinnstiftung geht, und dann gehört es natürlich in den Innenausschuß.
    Nachdem die Bundesrepublik viele Fakten gesetzt hat, sachverständige Gremien, Beiräte und nicht zuletzt ein Kuratorium eingesetzt hat, haben wir hier heute die Möglichkeit, die weitgehend fertigen Pläne und Konzepte noch einmal zur Kenntnis zu nehmen. Das ist konzeptionell fürsorgliche Belagerung von oben. Der staatlich und fachmännisch verordnete Sinn tröpfelt sozusagen von oben auf das Volk und auf das Parlament herab.
    Ich beginne mit einem Zitat:
    Unsere Aufgabe ist nicht einfach. Freilich, die Opposition hat die Wende immer unterschätzt. Das zeigt nur, daß sie noch nie verstanden hat, was man politisch mit Kultur machen kann. Und solange sie am Ruder war, hat sie dieses Gebiet ja auch brachliegen lassen. Nun haben unsere Vordenker (im Konrad-Adenauer-Haus) sich da ein Projekt ausgedacht, das auf den ersten Blick einleuchtet. Sie sind nämlich wirklich ein Stück weitergekommen, weiter zurück. Sie sagen nicht mehr, wer über die Jugend, sondern wer über die Vergangenheit verfüge, habe die Zukunft. Wäre ja auch wirklich einfacher, wenn wir nicht mehr die gegenwärtigen Probleme lösen, sondern nur noch die Vergangenheit ändern müßten, um die Zukunft bestimmen zu können. Der Gedanke ist von altfränkischer Genialität. In unserem Fall ist das Problem nur, daß wir ja früher gesagt haben, wir sollten eher vorne Witterung zeigen, dann würden wir unseren nationalen Rattenschwanz schon los.
    — Das war sozusagen das Ethos der Wirtschaftswundergeneration und ihre Überlebensstrategie. —
    Wie kriegen wir ihn jetzt wieder dran? Und wie können wir ihn frisieren, damit er auch paßt?
    An sich war es ja auch eine schöne Geste, fast cäsarisch, als sich der Kanzler aus dem Reichstag lehnte, den Arm ausstreckte, wie einst Wilhelm II. den Daumen, und auf das Nichts deutete, wo einst die Kroll-Oper stand, und bedeutete, da



    Frau Dr. Vollmer
    müsse es hin, das neue Museum für Deutsche Geschichte. Endlich sollten wir auch eins kriegen, wie andere Nationen auch.
    — Sozusagen ein Centre Pompidou. —
    War natürlich Kohl, hat aber keiner gemerkt. Denn welche europäische Nation hat schon ein Museum, wo ihr ihre Geschichte erzählt wird? Die haben doch ihre Geschichte.
    — Und die erzählen sie sich nicht im Museum. —

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Und Sie haben Ihre Geschichten!)

    Und die haben richtige Museen und Galerien, keine Legendenschreine wie im Osten.
    Dieses Zitat, diese Charakteristik des Museumsbaus verdanke ich dem Historiker Lutz Niethammer, von dem ich so viel gelernt habe, daß ich ihn ihm Lauf dieser Rede noch mehrfach zitieren möchte.
    Dabei ist der Gedanke vielleicht gar nicht so dumm, daß unser Mangel an Tradition, dieses merkwürdig Brüchige in unserer deutschen Identität uns eher mit denen verbindet, die sich eine solche Tradition erst fabrizieren müssen, und daß wir deswegen ein bißchen behutsamer und nicht ganz so plattfüßig durch die Weltgeschichte latschen.
    Unsere Vordenker haben die Diskussion über den postmateriellen Wertwandel genau angesehen:
    — sagt Lutz Niethammer —
    Mit kleiner Münze ist kein Staat mehr zu machen, es wird großer Sinn gesucht — ab geht die Post zu den Müttern. Das ist nicht nur beunruhigend, weil ja niemand weiß, wo die sind und wohin sie weisen.
    Das ist auch beunruhigend, weil es eigentlich ganz unnötig erscheint, auch im Sinne der Konservativen. Vielleicht, so sage ich mal, hätte man das Ganze auch lassen können, weil es ja eine Tatsache ist, daß die Bundesrepublik doch längst ihren verschwiegenen Sinn hatte. Wir
    waren doch längst auf dem besten Weg, eine Nation zu werden, und zwar ganz ohne die alten Zöpfe von wegen Kulturnation oder Staatsnation: einfach so, weil es den Westdeutschen gut ging, und besser als den meisten anderen. Und weil sie Distanz von ihrer Geschichte gewonnen hatten.
    Man rührt also — Fluch der bösen Tat — an eine gefährliche Normalität bei dem, was Sie da tun, wenn das, zu dem eine solche Distanz schon besteht, nun mit staatlicher Autorität einer einheitlichen Deutung nahegebracht werden soll. So von nahem betrachtet fallen natürlich die Lücken ganz besonders auf, so vor allen Dingen diese garstig große Lücke, die nur mit zwei kleinen Sonderausstellungen ausgefüllt werden soll, die zwischen dem Berliner Museum, das im wesentlichen im Jahre 1933 endet, und dem Bonner Museum, das im Jahre 1949 beginnt, sozusagen im Niemandsland auf der grünen Wiese liegt.

    (Frau Dr. Hamm-Brücher [FDP]: Das wollen wir nicht hoffen! — Duve [SPD]: Wir müssen ein drittes Museum in Helmstedt machen! — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das ist Ihr Verständnis dieser Republik! — Frau Präsidentin, geben Sie ihr noch fünf Minuten! — Dr. Möller [CDU/CSU]: Sie sagen die Unwahrheit!)

    Sie treten aus diesem Berliner Museum heraus und denken: Da war doch was. Wo ist das, was da gewesen ist, denn eigentlich hin? Wo ist ein Loch, das groß genug wäre, um diese Lücke verschwinden zu lassen?
    Geschichte als Ganzes sollte gedeutet werden, hatte der Bundeskanzler gesagt, und Sie haben auf diese zwei Sonderausstellungen hingewiesen. Ich glaube allerdings, daß dieses Riesenloch an Sinnlosigkeit mit solchen Floskeln nicht zu füllen ist. Diese Lücke gibt auch so ihren geheimen Sinn frei, vergleicht man sie nämlich mit den Konzepten, die für die anderen Teile vorgesehen sind. Sie folgen alle, insbesondere das Bonner Museum, dem geheimen Lehrplan, zu sagen: So wie es war, war es sehr gut, und gut war es eben deswegen, weil wir wieder wer sind.
    Das ist ein eigenartiges Verständnis von Geschichte. Dieses Verständnis von Geschichte ist letztlich glücksbesessen und deterministisch. Daß die Geschichte aus lauter Knotenpunkten besteht, wo historische Entscheidungen gefällt werden, die auch mit Schuld gegenüber den nicht ergriffenen Möglichkeiten zu tun haben, daß es historische Weggabelungen gibt, die wie verzweigte Flußarme aussehen, das alles wird zu einem breiten, sozusagen betonierten historischen Fluß begradigt: So wie es war, war es gut.
    Daß etwas hätte anders werden können, daß andere, ebenso spannende Entwicklungen möglich gewesen sind — bei anderen politischen Entscheidungen — , das darf nicht diskutiert werden. So zwingen einen auch die vorliegenden Pläne, nur in eine Richtung zu denken und zu gehen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich erinnere hier nur an die deutschlandpolitisch hochbrisante Situation nach der Stalin-Note Anfang der 50er Jahre, als sehr wohl eine die folgenden Jahrzehnte bestimmende Grundentscheidung gegen die Wiedervereinigung in einem möglicherweise neutralen Deutschland zu gunsten der Westintegration gefällt wurde. Gilt es da nicht nachträglich etwas zu reflektieren?
    Ich erinnere auch an das andere Beispiel, das höchst problematische Beispiel aus den Museumsplänen, mit dem Sie die Geschichte der Studentenbewegung und der Aufbruchphase in den 60er und 70er Jahren mit brutaler Konsequenz im Terrorismus enden lassen wollen, als habe es als Ergebnis dieser Studentenbewegung keine Schulreform, keine Bildungsreform, keine ökologische Bewegung, keine Friedensbewegung, keine Frauenbewegung gegeben. Was soll ein solcher Aufriß sinnlich-rational vermitteln? Der Raum der Studentenbewegung soll also einer sein, den man mit Horror und Schrecken verläßt, um wieder in die Räume zu kommen, wo „man sich wohlfühlt", und zwar gemäß den Gesetzen einer affirmativen Ideologie.



    Frau Dr. Vollmer
    Nun hat zwar auch Herr Professor Schäfer verschiedentlich bescheiden darauf hingewiesen, daß in seiner Planung durchaus der Charakter des Notbehelfs, des Provisoriums vorgesehen sei. Mich persönlich hat gerade dieser provisorische Charakter überzeugt. Ich weiß nicht, ob Ihnen die kulturelle Bedeutung sogenannter Provisorien bewußt ist. Die spannendsten Theater-, Konzert- und Filmaufführungen nach dem Krieg fanden und finden teilweise immer noch in sogenannten Provisorien statt. Ich glaube, auch die spannendsten Parlamentsdebatten fanden eher in dem Provisorium des alten Bundestages statt.

    (Frau Dr. Hamm-Brücher [FDP]: Da ist viel Wahres dran! — Zuruf von der SPD: Wir sind ja auch in einem Provisorium!)

    Der Vergleich mit den Aufführungen in den nachfolgenden repräsentativen Neubauten fällt für die letztere so nicht unbedingt gut aus. Die berühmte Dialektik von Form und Inhalt läßt sich auch im geplanten Haus der Geschichte nicht einfach wegmogeln. Niethammer sagt:
    Irgendwie sitzt der ideologische Zuschnitt in unserem Fall nicht richtig. Der Verschub auf die nationale Ebene trifft nicht
    — bei den Deutschen jedenfalls nicht —
    auf Selbstverständlichkeit und Stolz. Die Westdeutschen — sagen unsere Demoskopen — sind das Schlußlicht in der internationalen Hitliste des Nationalstolzes (vorne sind die Luxemburger, noch vor unseren amerikanischen Freunden).
    — Die das auch prächtig können. —
    Und ist man erst einmal auf der Ebene der Nation, dann gibt es noch ganz andere Tretminen .. . Immer haben sich zwei Fünftel der Westdeutschen zum Neutralismus bekannt, diese Drückeberger.
    Auch haben wir ja in der letzten Zeit diese fatale Erfahrung gemacht, daß der Rückbezug auf das Nationale, wobei ja jene Zeit, die in den beiden Museumsneubauten, wie gesagt, so wenig vorkommt, ja auch nicht ganz und gar zu vermeiden ist, immer eigenartige Querschläge erzeugt, in Bitburg z. B., neulich hier im Bundestag z. B.
    Wie soll man da in Ruhe eine neue nationale Tradition aufbauen ... Was wir brauchen, ist Ruhe an der Heimatfront. Jedenfalls, wenn ich eines gelernt habe, ... die nationale Ebene ist ein Minenfeld, da ist schlecht ackern.
    Was Herr Kohl versucht, „ist die Quadratur des Zirkels". Er hat sich folgendes als Aufgabe gestellt: Wir wollen die Wertprobleme des Westens auf die nationale Ebene herunterziehen und mit Rückenwind aus der Vergangenheit ideologisch kompensieren. Wie man es dreht und wendet, es gelingt sehr schlecht, ein Museum wächst eben nicht in der flachen Hand eines politischen Zauberlehrlings.
    Da bieten sich dann die Historiker als Sinnberater an. Es geht um die Kontinuitätskonstruktion, die Tradition aus der Retorte. Wenn die gerade Linie, wie wir gesehen haben, nicht so einfach zu ziehen ist, bietet sich ja das Baukastensystem an: So ist der Plan des Museums. Geschachtelt, wie die Pläne aussehen, fällt
    dann vielleicht nicht auf, wenn hier und da ein Baustein fehlt.
    Das hat nun aber doch die SPD gemerkt. An dieser Stelle fängt sie mit dem Diskurs an und sagt: Da muß doch mehr Arbeiterbewegung rein. Und die FDP sagt: Auch die großen Liberalen fehlen. — Aber gerne, machen wir, sagt das Bauministerium. Kriegen die noch ein paar Quadratmeter Flachware für die Gewerkschaften und die großen Einzelpersönlichkeiten. Auch für die GRÜNEN ist noch die eine oder andere Ecke zu besetzen. — Das scheint wie eine neue Unübersichtlichkeit. Es wird auch keiner vergrätzt. Aber das, was suggeriert werden soll, das, was gefunden werden soll, das gibt es eben nicht. Es ist dieses unaussprechliche Ding, das die Deutschen nun einfach nicht haben wollen.
    Gehen wir einmal kurz zurück nach Berlin, zu jener Stelle, wo wir Helmut Kohl, an einem Fenster des Reichstagsgebäudes sinnend lehnend verlassen haben. Er hat gemerkt: Das Reichstagsgebäude stand dort etwas einsam und leer, und er hat ihm die Gesellschaft eines anderen historischen Gebäudes gewünscht. Es haben auch schon andere empfunden, daß es da eine Leere gab. Da haben die Historiker auch etwas gefunden. Genau hier, dem vergangenen Reichstag vis-à-vis und neben der großdeutschen Halle des Volkes, genau hier an dieser Stelle zufällig sollte einst das deutsche Weltreich sein Zentrum haben. Dort sollte das Führer-Palais stehen. Dazu ist es nicht gekommen, und natürlich kann kein Platz der Welt etwas für die Phantasien, die über ihn ausgegossen werden.
    Helmut Kohl hat das wohl auch nicht wissen können. Es hat ihm wohl auch keiner gesagt. Ich zitiere noch einmal Lutz Niethammer:

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Der hätte besser selber hier gesprochen!)

    Vielleicht war's ja nicht nur Nachkriegsarmut und Wiedervereinigungsanspruch, sondern auch ein Quentchen Einsicht und Trauer, daß die Zeitgenossen das für Hitlers Zentrum ausgehobene Riesenloch am Königsplatz nach dem Krieg einfach zuschütten und das Gebäude verkommen ließen. Will sagen: daß sie pathetisch diesen Ort unpathetischen Nutzungen überließen: dem Gesträuch, den Kindern, den Fußballspielern, nachdem die Gemüsefelder der Blockadezeit abgeräumt waren.
    Aber selbst das, dieser vielleicht einzig sinnstiftende Gebrauch eines Platzes, dessen GebäudePhantasien zum Glück und symbolisch nie fertig wurden, selbst der ist dann irgendwann vergessen worden in den letzten 40 Jahren. Warum wohl? Ich glaube, es ist uns eben so passiert . . .

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD — Dr. Ing. Kansy [CDU/CSU]: Hoffentlich haben die Berliner gut zugehört! — Kalisch [CDU/CSU]: Selten so einen Blödsinn gehört!)